Die nachfolgenden Beschreibungen und Definitionen beziehen sich auf Ausbildungsberufe, die nach BBiG und HwO staatlich anerkannt sind oder als staatlich anerkannt gelten. Als staatlich anerkannt im Sinne des § 4 BBiG gelten nach § 103 Absatz 1 BBiG auch die vor dem 1. September 1969 anerkannten Lehrberufe und Anlernberufe oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberufe, deren Berufsbilder, Berufsbildungspläne, Prüfungsanforderungen und Prüfungsordnungen bis zum Erlass von Ausbildungsordnungen nach § 4 BBiG anzuwenden sind.34
Die Anzahl der anerkannten Ausbildungsberufe nach BBiG und HwO hat sich 2020 im Vergleich zum Vorjahr von 324 auf 323 verringert. Dies beruht darauf, dass im Zuge der Neuordnung die Berufe Mediengestalter/-in Bild und Ton sowie Film- und Videoeditor/-in zu einem Ausbildungsberuf zusammengefasst worden sind, sodass der letztgenannte Beruf zum 01.08.2020 außer Kraft trat. Seit 2011 ist damit die Anzahl der anerkannten Ausbildungsberufe von 344 auf 323 gesunken Schaubild A3.1-1.
Die Verteilung der Strukturmodelle der Ausbildungsberufe ist im Vergleich zum Vorjahr fast unverändert; die Entwicklungen der letzten 15 Jahre setzten sich fort:
- Die Anzahl der Monoberufe ging seit 2011 von 262 auf 236 zurück.
- Die Anzahl der Ausbildungsberufe mit Differenzierung (Fachrichtungen oder Schwerpunkte) hat sich von 2011 (82 Ausbildungsberufe) bis 2020 (87 Ausbildungsberufe) leicht erhöht. Ihr Anteil an allen Ausbildungsberufen stieg auf 27%.
- Ausbildungsberufe mit Wahlqualifikationen werden seit 2000 erlassen. Damals gab es fünf anerkannte Ausbildungsberufe mit Wahlqualifikationen, bis zum Jahr 2020 ist die Gesamtzahl auf 27 gestiegen.
- Ausbildungsberufe mit Zusatzqualifikationen werden seit 2005 erlassen. Ihre Gesamtzahl ist von 2005 bis 2017 langsam, aber stetig auf acht gestiegen, ehe 2018 im Bestreben, die durch zunehmende Digitalisierung entstandenen Ausbildungsbedarfe durch Zusatzqualifikationen abzubilden, gleich zwölf weitere Berufe hinzukamen. Die Gesamtzahl erhöhte sich so auf 20 und blieb 2020 im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Aktuell handelt es sich um die folgenden Ausbildungsberufe:
- Musikfachhändler/-in (2009/2015),
- Buchhändler/-in (2011),
- Medientechnologe Druck/Medientechnologin Druck (2011),
- Medientechnologe Siebdruck/Medientechnologin Siebdruck (2011),
- Tourismuskaufmann (Kaufmann für Privat- und Geschäftsreisen)/Tourismuskauffrau (Kauffrau für Privat- und Geschäftsreisen) (2011),
- Textilgestalter/-in im Handwerk (2011),
- Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement (2014),
- Holzmechaniker/-in (2015),
- Anlagenmechaniker/-in (2018),
- Elektroniker/-in für Automatisierungstechnik (2018),
- Elektroniker/-in für Betriebstechnik (2018),
- Elektroniker/-in für Gebäude- und Infrastruktursysteme (2018),
- Elektroniker/-in für Geräte und Systeme (2018),
- Elektroniker/-in für Informations- und Systemtechnik (2018),
- Industriemechaniker/-in (2018),
- Konstruktionsmechaniker/-in (2018),
- Mechatroniker/-in (2018),
- Präzisionswerkzeugmechaniker/-in (2018),
- Werkzeugmechaniker/-in (2018),
- Zerspanungsmechaniker/-in (2018).
Schaubild A3.1-1: Struktur anerkannter Ausbildungsberufe 2011 bis 2020
Strukturmerkmale
Monoberufe beschreiben in sich geschlossene Ausbildungsgänge, deren Qualifikationsprofil formal keine Spezialisierung aufweist. Für alle Auszubildenden sind die Ausbildungsinhalte somit identisch.
Ausbildungsberufe mit Differenzierung sind Ausbildungsgänge mit besonderen Ausbildungsinhalten für einzelne Aufgabenbereiche oder Tätigkeitsfelder. Die Differenzierung erfolgt insbesondere in Form von Schwerpunkten und Fachrichtungen. Eine Differenzierung nach Schwerpunkten berücksichtigt betriebliche Besonderheiten. Im zweiten und dritten Ausbildungsjahr beanspruchen Schwerpunkte in der Regel nicht mehr als sechs Monate der gesamten Ausbildungszeit. Wenn branchenspezifische Besonderheiten vorliegen, erfolgt eine stärkere Differenzierung über Fachrichtungen. Das dritte Ausbildungsjahr ist zur Vermittlung der nötigen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vorgesehen. Im Unterschied zu Schwerpunkten werden die Prüfungsanforderungen für jede Fachrichtung festgelegt.
Die Verwendung von Wahlqualifikationen kommt vor allem für hoch spezialisierte Branchen in Betracht, in denen jeder Betrieb ein anderes Spektrum bearbeitet und eine über Fachrichtungen hinausgehende Spezialisierung erforderlich ist. Mit diesem Modell können unterschiedliche „Qualifikationsbündel“ in der zweiten Hälfte der Ausbildung individuell zu einem beruflichen Profil kombiniert werden. Die Anzahl der angebotenen und auszuwählenden Wahlqualifikationseinheiten sowie der zeitliche Umfang während der Ausbildung weisen zum Teil eine erhebliche Variationsbreite auf.
Seit der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes 2005 können Zusatzqualifikationen in Ausbildungsordnungen aufgenommen werden, die die berufliche Handlungsfähigkeit ergänzen oder erweitern. In der Regel kann eine nicht gewählte Wahlqualifikation als Zusatzqualifikation absolviert werden, die geprüft und im Zeugnis dokumentiert wird.
Ausbildungsberufe mit Anrechnungsmöglichkeit
Die Anzahl der Ausbildungsberufe, die auf weitere Berufsausbildungen angerechnet werden können, ist von 2011 (24 Ausbildungsberufe) bis 2020 (21 Ausbildungsberufe) gesunken. Im gleichen Zeitraum sank die Anzahl der Ausbildungsberufe, auf die andere Ausbildungsberufe angerechnet werden können, von 65 (2011) auf 62 (2020) Tabelle A3.1-1.
Ausbildungsberufe mit Anrechnungsmöglichkeit
Die Ausbildungsordnungen (AO) regeln eigenständige Ausbildungsberufe mit unterschiedlicher Ausbildungsdauer. Nach dem BBiG (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 BBiG) kann eine abgeschlossene Berufsausbildung, die 18 bis 24 Monate dauert, in einem in der AO festgelegten Ausbildungsberuf fortgesetzt werden. Diese Berufe, auf die angerechnet werden kann, haben eine Ausbildungsdauer von 36 bis 42 Monaten.
Es wird unterschieden nach Ausbildungsberufen, die angerechnet werden können, und Ausbildungsberufen, auf die angerechnet werden kann. Bei Ausbildungsberufen mit Anrechnungsmöglichkeiten handelt es sich nicht um Stufenausbildung im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 1 BBiG.
Mit der BBiG-Novellierung von 2020 wurden die bestehenden Anrechnungs- und Verzahnungsmöglichkeiten zwischen zwei- und dreijährigen Berufen erweitert: Bei nicht bestandener Abschlussprüfung in einem drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsberuf, der auf einem zweijährigen Ausbildungsberuf aufbaut, wird der Abschluss des zweijährigen Ausbildungsberufs erworben, sofern im ersten Teil mindestens ausreichende Prüfungsleistungen erbracht wurden. Umgekehrt sind Auszubildende mit einem erfolgreichen Abschluss in einem zweijährigen Ausbildungsberuf vom ersten Teil der Abschlussprüfung oder einer Zwischenprüfung eines darauf aufbauenden drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsberufes befreit (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 2a und 2b BBiG). Verordnet wurde diese neue Regelungsmöglichkeit bisher noch nicht.
Tabelle A3.1-1: Anzahl der Ausbildungsberufe mit Anrechnungsmöglichkeit 2011 bis 20201, 2
Ausbildungsdauer
Die Ausbildungsdauer soll grundsätzlich nicht mehr als drei Jahre und nicht weniger als zwei Jahre betragen (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 BBiG). Abweichungen von dieser Regelung sind möglich. So werden beispielsweise auch Ausbildungsberufe mit einer Ausbildungsdauer von dreieinhalb Jahren verordnet.
In den Jahren 2011 bis 2020 sank die Zahl der Ausbildungsberufe mit einer Ausbildungsdauer von 42 Monaten von 54 auf 52. Die Zahl der Ausbildungsberufe mit einer Ausbildungsdauer von 36 Monaten hat sich im Vergleich zum Vorjahr von 246 auf 245 verringert. Die Anzahl der Ausbildungsberufe mit einer Ausbildungsdauer von 24 Monaten ging von 38 im Jahre 2011 auf 26 im Jahre 2020 zurück Schaubild A3.1-2.
(Petra Steiner)
Schaubild A3.1-2: Anzahl der Ausbildungsberufe nach Ausbildungsdauer 2011 bis 2020
-
34
Außerhalb des Geltungsbereichs des BBiG (§ 3 Absatz 2 Nr. 3) gibt es darüber hinaus den vergleichbaren betrieblichen Ausbildungsgang Schiffsmechaniker/-in. Dieser Ausbildungsgang wird bei der folgenden Darstellung nicht mitgezählt.