Im folgenden Kapitel werden die Bestandszahlen der Auszubildenden im Zeitverlauf insgesamt sowie differenziert nach den einzelnen Zuständigkeitsbereichen und ausgewählten Merkmalen (Geschlecht, Staatsangehörigkeit) auf Basis der Daten der Berufsbildungsstatistik (Kapitel A5.1) betrachtet. Es handelt sich bei den Bestandszahlen um eine Zählung der Auszubildenden über alle Ausbildungsjahre (1., 2., 3. und 4. Ausbildungsjahr). Hierzu zählen alle Personen, die jeweils zum 31. Dezember in einem Ausbildungsverhältnis mit einem Ausbildungsvertrag nach BBiG bzw. HwO stehen. Die Bestandszahlen geben daher Aufschluss über den Umfang der gesamten Ausbildungsleistung von Betrieben und Berufsschulen.
Am 31. Dezember 2019 waren bundesweit 1.328.964 Personen als Auszubildende in einer dualen Berufsausbildung nach BBiG bzw. HwO gemeldet. Die Bestandszahl ist damit im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken (-0,1%) Tabelle A5.2-1.
Bei dem regionalen Vergleich zeigt sich, dass dieser Rückgang lediglich in Westdeutschland zu sehen ist (-0,3%). In Ostdeutschland ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen (+0,6%). Die Betrachtung der Langzeitentwicklung zeigt jedoch, dass sich seit 1997 – dem Jahr mit dem höchsten Auszubildendenbestand für Ostdeutschland – die Zahl an Auszubildenden in den östlichen Bundesländern mehr als halbierte (-55,2%). In Westdeutschland ist diese Entwicklung zeitverzögert erst seit dem Jahr 2008 (2008 vs. 2019: -12,1%) zu erkennen. Insgesamt zeigen die Berechnungen für die regionale Entwicklung des Auszubildendenbestands, dass auch im Berichtsjahr 2019 nur noch jede/-r siebte Jugendliche (14,2%) in Ostdeutschland ausgebildet wurde. 1997 war es noch rund jede/-r Vierte (25,9%).
Der deutliche Rückgang bei den Bestandszahlen bis zum Jahr 2016 ist auf den starken demografischen Einbruch in der jugendlichen Wohnbevölkerung zurückzuführen. Dies galt in den vergangenen Jahren insbesondere für Ostdeutschland. Eine Übersicht zur langfristigen Entwicklung der Auszubildendenzahlen differenziert nach den einzelnen Bundesländern seit 1992 findet sich in Tabelle A5.2-2 Internet.68 Zur Analyse der aktuellen Entwicklung am Ausbildungsstellenmarkt für das Berichtsjahr 2020 vgl. Kapitel A1 und Oeynhausen u.a. 2020.
Tabelle A5.2-1: Auszubildende am 31. Dezember nach Zuständigkeitsbereichen, Bundesgebiet sowie West- und Ostdeutschland 1992 bis 2019 (Teil 1)1
Tabelle A5.2-1: Auszubildende am 31. Dezember nach Zuständigkeitsbereichen, Bundesgebiet sowie West- und Ostdeutschland 1992 bis 2019 (Teil 2)1
Bestandsentwicklung in den Zuständigkeitsbereichen
Maßgeblich für die Zuordnung der Auszubildenden zu den Zuständigkeitsbereichen ist in der Regel nicht der Ausbildungsbetrieb, sondern die für den Ausbildungsberuf zuständige Stelle (Erläuterung in Kapitel A1.2). So sind in der Berufsbildungsstatistik beispielsweise diejenigen Auszubildenden, die im öffentlichen Dienst oder in den freien Berufen für Berufe der gewerblichen Wirtschaft ausgebildet werden, – je nach zuständiger Stelle – den Bereichen Industrie und Handel oder Handwerk zugeordnet.
Betrachtet man die Bestandszahlen an Auszubildenden nach den einzelnen Zuständigkeitsbereichen, zeigen sich unterschiedliche Entwicklungen beim Vorjahresvergleich. Während es in den Bereichen Industrie und Handel, Landwirtschaft und Hauswirtschaft zu leichten Rückgängen kam, konnten das Handwerk, der öffentliche Dienst und die freien Berufe leichte Zuwächse verzeichnen Schaubild A5.2-1, Tabelle A5.2-1.
Schaubild A5.2-1: Entwicklung der Zahl der Auszubildenden am 31. Dezember von 1992 bis 2019 nach Zuständigkeitsbereichen (Basis = 1992)
Im quantitativ deutlich größten Zuständigkeitsbereich Industrie und Handel waren zum 31. Dezember 2019 bundesweit 769.335 Auszubildende (rund 58% des Gesamtbestandes) beschäftigt. Allerdings verzeichnete der Bereich im Vergleich zum Vorjahr einen leichten Rückgang von 0,5%. Dies ist ausschließlich auf die Entwicklung in Westdeutschland zurückzuführen (-0,5%). In Ostdeutschland verblieb die Zahl an Auszubildenden nahezu auf dem Vorjahresniveau (+/-0,0%). Der bundesweit niedrigste Bestand in diesem Bereich war 1995 mit 702.867 Auszubildenden erreicht, der höchste im Jahr 2008 mit 934.221.
Im Handwerk, dem zweitgrößten Zuständigkeitsbereich, kam es, nach stetig rückläufigen Bestandszahlen bis zum Jahr 2016, in den letzten drei Berichtsjahren bis 2019 wieder zu einem Anstieg. Die Bestandszahl stieg hier im Vergleich zum Vorjahr jedoch nur leicht um 0,1% auf 367.461 Auszubildende. Auch hier gestaltete sich die Entwicklung in Ost- und Westdeutschland unterschiedlich. In den ostdeutschen Bundesländern konnte ein Anstieg von 1,5% verzeichnet werden, in Westdeutschland kam es hingegen zu einem leichten Rückgang (-0,1%). Der Langzeitvergleich zeigt, dass nach einer positiven Entwicklung bis Mitte der 1990er-Jahre im Zuge des Aufbaus handwerklicher Wirtschaftsstrukturen in Ostdeutschland die bundesweit rückläufige Tendenz bei der Zahl der Auszubildenden in diesem Bereich seit 1998 anhielt und im Jahr 2016 den tiefsten Stand seit 1992 markierte. Durch den Anstieg in den Jahren 2017 bis 2019 ist dieser negative Trend vorerst gestoppt. Dennoch zeigt sich beim Blick auf die vergangenen Jahre, dass insgesamt der Rückgang der Auszubildendenzahlen in Ostdeutschland deutlich stärker war als in Westdeutschland. 1997 wurden in Ostdeutschland noch 179.223 Personen im Zuständigkeitsbereich Handwerk ausgebildet. Im Jahr 2019 waren dies lediglich noch 50.817. Dies bedeutet einen Rückgang von rund 72% (Westdeutschland: rund -30%; Bundesgebiet: rund -42%).
Die Anzahl der Ausbildungsverhältnisse in den dualen Ausbildungsberufen des Zuständigkeitsbereichs des öffentlichen Dienstes ist auch 2019 erneut deutlich gestiegen (+2,7%). Damit verzeichnete dieser Bereich seit dem Berichtsjahr 2014 einen Zuwachs von 18,7% (2014: 34.713 vs. 2019: 41.193). Dennoch ist der Bestand an Auszubildenden auch in diesem Zuständigkeitsbereich seit 1993 deutlich rückläufig. Lag er 1993 noch bei 73.512, so ist er im Laufe der Jahre bis zum Berichtsjahr 2019 auf 41.193 (-44,0%) gesunken. Der Abwärtstrend ab 1994 resultierte – neben der demografischen Entwicklung – vor allem aus der Privatisierung im Post- und Bahnbereich sowie der Aufhebung des dualen Ausbildungsberufs Sparkassenkaufmann/-kauffrau und dem Wechsel der entsprechenden Ausbildungsberufe in den Zuständigkeitsbereich von Industrie und Handel. Der deutliche Rückgang im Jahr 2007 dürfte zu einem gewissen Teil auf die Umstellung in der Berufsbildungsstatistik zurückzuführen sein69 sowie auf ein verändertes Ausbildungsverhalten im öffentlichen Dienst (BIBB-Datenreport 2010, Kapitel A5.2.1).
Seit der Revision der Berufsbildungsstatistik wird das Merkmal „Zugehörigkeit der Ausbildungsstätte zum öffentlichen Dienst“ erfasst. Daraus ergibt sich, dass für das Jahr 2019 zu den 41.193 gemeldeten Auszubildenden des öffentlichen Dienstes mindestens 17.595 Auszubildende hinzugerechnet werden müssen, die im öffentlichen Dienst in Berufen der anderen Zuständigkeitsbereiche ausgebildet wurden (zu 55,0% gehörten sie dem Bereich Industrie und Handel, zu 16,9% dem Handwerk und zu 19,3% der Landwirtschaft an; den freien Berufen und der Hauswirtschaft entstammten 5,6% bzw. 3,2% der Auszubildenden). Allerdings muss davon ausgegangen werden, dass das Merkmal „Zugehörigkeit der Ausbildungsstätte zum öffentlichen Dienst“ im Rahmen der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter noch untererfasst ist.70 Für detaillierte Analysen zur dualen Berufsausbildung des öffentlichen Dienstes auf Basis der Berufsbildungsstatistik siehe Uhly 2020c.
In den freien Berufen ist der Auszubildendenbestand von 2018 nach 2019 erneut leicht gestiegen (+0,6%). Hier war der Anstieg in Westdeutschland mit +0,6% höher als in Ostdeutschland (+0,1%). Bundesweit lag die Bestandszahl im Jahr 1996 mit 160.593 Auszubildenden am höchsten. Seither war ein relativ konstanter Rückgang zu verzeichnen, der seit dem Jahr 2015 zum Stillstand gekommen ist. Im Langzeitvergleich ergibt sich dennoch, dass 2019 knapp 30% weniger Auszubildende im Bereich der freien Berufe zu finden waren als Mitte der 1990er-Jahre.
Im Zuständigkeitsbereich Landwirtschaft war die Zahl der Auszubildenden im Vergleich zum Vorjahr erneut leicht rückläufig und lag 2019 bei 32.331 (-0,5%). Regional zeigt sich hier allerdings eine unterschiedliche Entwicklung. In Westdeutschland ging der Bestand um 1,0% zurück, wohingegen es in Ostdeutschland zu einem Anstieg von 1,4% kam. Langfristig betrachtet nahm der Bestand an Auszubildenden in Berufen der Landwirtschaft zwischen 1993 und 2007 stark zu (+13.209 bzw. 44,5%). Seit dem Jahr 2008 geht die Bestandszahl jedoch wieder deutlich zurück und 2019 war sie nahezu identisch mit dem Wert von 1992.
Auch im Berichtsjahr 2019 war im vergleichsweise kleinen Zuständigkeitsbereich Hauswirtschaft der Bestand an Auszubildenden – wie bereits in den vergangenen Jahren – erneut rückläufig (Bundesrepublik: -3,0%; Westdeutschland: -3,4%; Ostdeutschland: -2,0%). Hier wurden 2019 lediglich noch 5.184 Personen ausgebildet. Der rückläufige Trend zeigt sich seit Ende der 1990er-Jahre. Die meisten Auszubildenden wurden mit 14.097 im Jahr 1998 erreicht. Damit lag der Bestand 2019 im Vergleich nur noch bei gut einem Drittel des Höchstwertes von 1998 (-63,2%). Ein noch deutlicherer Rückgang zeigt sich bei der regionalen Differenzierung: In Ostdeutschland fiel der Bestand an Auszubildenden im Bereich der Hauswirtschaft allein in den letzten 15 Jahren (2004 bis 2019) um rund 74%.
Der Zuständigkeitsbereich Seeschifffahrt umfasste ausschließlich Meldungen für den Beruf Schiffsmechaniker/-in und war dementsprechend klein. Seit 2008 wird er nicht mehr für die Berufsbildungsstatistik gemeldet (Bestand bei letzter Meldung 2007: 963 Auszubildende).71
Frauenanteil in dualen Ausbildungsberufen
Auch im Berichtsjahr 2019 ist der Frauenanteil an allen Auszubildenden im dualen System der Berufsausbildung mit 35,3% im Vergleich zum Vorjahr erneut recht deutlich zurückgegangen (2018: 36,1%) Tabelle A5.2-3. Damit setzte sich der rückläufige Trend der vergangenen Jahre fort. Der Anteil weiblicher Auszubildender lag 2019 fast sechs Prozentpunkte niedriger als noch Anfang der 2000er-Jahre (2002: 41,0%). Die Gründe hierfür sind vielfältig und zum Teil auch dem demografischen Wandel geschuldet. Infolge niedriger Geburtenraten ist die Zahl der jungen Frauen und Männer in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Bei den Männern konnte die dadurch entstandene Nachfragelücke nach dualer Ausbildung durch die starke Zuwanderung männlicher Migranten verringert werden. Zu einem derartigen Kompensationseffekt kam es bei den Frauen nicht bzw. nur bedingt. Außerdem hatte eine insgesamt in den letzten Jahren gestiegene schulische Vorbildung für beide Geschlechter unterschiedliche Folgen. Die jungen Frauen wandten sich zunehmend von den dualen Ausbildungsangeboten in den vermeintlich „einfacheren“ Dienstleistungsberufen ab und gingen stattdessen verstärkt auf Ausbildungsangebote der Gesundheits-, Pflege- und Sozialberufe, des öffentlichen Dienstes und der Hochschulen ein.72
Tabelle A5.2-3: Frauenanteil an allen Auszubildenden nach Zuständigkeitsbereichen, Bundesgebiet 1992 bis 2019 (in %)1
Weitere Gründe für dieses Ungleichgewicht bei den geschlechtsspezifischen Anteilen liegen – den Ergebnissen der BA/BIBB-Bewerberbefragung zufolge – auch maßgeblich an den unterschiedlichen beruflichen Wünschen. Frauen interessieren sich vorrangig für kaufmännische und Dienstleistungsberufe und streben überproportional eine schulische Berufsausbildung an (vgl. Beicht/Walden 2014a). Hinzu kommt, dass als Folge der Tertiarisierung – also dem Wandel hin zur Dienstleistungsgesellschaft – zunehmend auch Männer eine Ausbildung im Dienstleistungsbereich aufnehmen und dadurch der ohnehin schon starke Konkurrenzdruck unter den Bewerberinnen in ihren bevorzugten Berufen zunehmend durch männliche Konkurrenz weiter erhöht wird (vgl. Kroll 2015). Dennoch kommen gewerblich-technische Berufe, die im dualen Berufsbildungssystem nach wie vor eine bedeutende Rolle spielen, für Frauen kaum in Betracht. Diese Unterschiede zeigen sich auch deutlich bei einer berufsspezifischen Betrachtung und bei dem Vergleich des Frauenanteils in den unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen.
So gibt es Zuständigkeitsbereiche, in denen relativ konstant fast ausschließlich Frauen zu finden sind. Der Frauenanteil bei den freien Berufen ist in den letzten Jahren zwar leicht rückläufig, mit 91,7% sind hier aber immer noch rund neun von zehn Auszubildenden weiblich. Gleiches gilt mit 86,6% Frauenanteil für den Bereich der Hauswirtschaft. Mit Anteilswerten zwischen 63% und 65% ist der Anteil an Frauen im Zuständigkeitsbereich des öffentlichen Dienstes seit 1999 ebenfalls überdurchschnittlich hoch und ist im Vergleich zum Jahr 1992 (50,7%) im Zeitverlauf deutlich angestiegen. Allerdings zeigen sich auch hier in den letzten Jahren stetig leichte Rückgänge Tabelle A5.2-3.
Anders stellt sich die Situation in den quantitativ großen Zuständigkeitsbereichen Industrie und Handel und Handwerk dar. Im Bereich Industrie und Handel ist der Frauenanteil seit Mitte der 1990er-Jahre von 43,5% (1996) um knapp 10 Prozentpunkte auf 33,9% im Jahr 2019 gesunken. Im Bereich Handwerk sind Frauen traditionell deutlich unterrepräsentiert und dies hat sich in den letzten Jahren weiter verstärkt. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Frauenanteil hier von 19,2% (2018) auf 18,2% im Jahr 2019 zurückgegangen. Und auch bei der Entwicklung der letzten zehn Jahre zeigt sich ein deutlicher Rückgang von knapp 6 Prozentpunkten (2009: 24,0% Frauenanteil). Auch im Bereich der Landwirtschaft sind Frauen weiterhin deutlich unterrepräsentiert (23,1%). Dies ist allerdings der einzige Bereich, in dem der Frauenanteil in den letzten Jahren nicht rückläufig war, sondern kontinuierlich kleinere Zuwächse zu verzeichnen hatte.
Bei einer Betrachtung der einzelnen Ausbildungsberufe im dualen System zeigt sich eine deutliche Geschlechtersegregation derart, dass ein Großteil der Ausbildungsberufe entweder überwiegend mit Frauen oder überwiegend mit Männern besetzt ist (vgl. Richter/Jahn 2015). Diese berufsstrukturellen Unterschiede sind seit Mitte der 1980er-Jahre annähernd unverändert (vgl. Uhly 2007). Ebenfalls unverändert ist seit Jahren eine starke Fokussierung beider Geschlechter auf nur wenige Berufe. Diese ist allerdings bei Frauen deutlich stärker ausgeprägt als bei Männern. So zeigte sich, dass sich über die Hälfte (50,5%) aller weiblichen Auszubildenden im dualen System im Jahr 2019 auf nur neun Berufe verteilte; das Spektrum bei den männlichen Auszubildenden war dagegen mit 16 Berufen deutlich größer. Die starke Fokussierung – insbesondere junger Frauen – auf wenige Berufe wurde schon in der Vergangenheit beobachtet (vgl. Kroll 2015). Die Ursachen hierfür sind vielfältig und sowohl bei den nachfragenden Jugendlichen als auch beim Angebotsspektrum und dem Rekrutierungsverhalten der Betriebe zu suchen.
Ausländeranteil in dualen Ausbildungsberufen
Der Anteil an Auszubildenden mit ausländischem Pass73 hatte sich seit Anfang der 1990er-Jahre bis zum Jahr 2006 beinahe halbiert (1994: 8,0% vs. 2006: 4,2%). Dieser zwischenzeitliche Rückgang ist z. T. auf verstärkte Einbürgerungen zurückzuführen. In der Wohnbevölkerung ging der Anteil ebenfalls zurück. Überdies dürften erhebliche Engpässe auf dem Ausbildungsstellenmarkt in der Vergangenheit aber auch zu einer längeren und schwierigeren Übergangsphase – insbesondere für ausländische Jugendliche – beigetragen haben (vgl. Kroll/Granato 2013).
Dieser rückläufige Trend hat sich in den letzten Jahren umgekehrt. Der Ausländeranteil ist wieder stetig angestiegen und hat 2019 mit 10,7% erneut einen Höchststand erreicht Tabelle A5.2-4. Diese Entwicklung dürfte maßgeblich durch den deutlichen Anstieg der Zahl Geflüchteter bedingt sein. Insbesondere die Bestandszahlen der ausländischen Auszubildenden mit einer Staatsangehörigkeit aus einem (nichteuropäischen) Asylherkunftsland74 haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen (Bestand 2012: 2.763 vs. 2019: 47.553).75 Allerdings ist festzuhalten, dass es sich bei der Gruppe der Auszubildenden mit einer Staatsangehörigkeit aus einem Asylherkunftsland nicht um eine eindeutige Abgrenzung von Geflüchteten handelt. Hier können ebenso gut zu einem Teil Personen enthalten sein, die schon länger in Deutschland leben und die auch über andere Migrationswege (u. a. Arbeitsmigration, Familiennachzug) nach Deutschland gekommen sind.
Tabelle A5.2-4: Ausländeranteil an allen Auszubildenden nach Zuständigkeitsbereichen, Bundesgebiet 1992 bis 2019 (in %)1
Für eine Einschätzung des Ausmaßes der Integration in die duale Berufsausbildung ist der Ausländeranteil unter den Auszubildenden kein geeigneter Indikator. Um diese Einschätzung vornehmen zu können, muss der Ausländeranteil unter den Auszubildenden in Relation zum Ausländeranteil in der Wohnbevölkerung im entsprechenden Alter gesetzt werden. Dies geschieht mit der Analyse der Ausbildungsanfängerquote der Jugendlichen in Kapitel A5.8. Der Ausländeranteil eignet sich jedoch für einen Vergleich der Zuständigkeitsbereiche bzw. auch für Analysen auf der Ebene der Einzelberufe.
Mit Ausnahme der Hauswirtschaft ist der Anteil der Ausländer und Ausländerinnen in allen Zuständigkeitsbereichen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen Tabelle A5.2-4. Wie bereits in den letzten Jahren konnte das Handwerk auch 2019 mit einem Plus von 1,3 Prozentpunkten die deutlichsten Zuwächse verzeichnen. Damit liegt der Ausländeranteil im Handwerk 2019 mit 14,4% knapp 10 Prozentpunkte höher als noch im Jahr 2006 (4,8%). Beispiele für Berufe mit einem überdurchschnittlich hohen Ausländeranteil unter den Auszubildenden im Bereich des Handwerks sind: Bäcker/-in (32,3%), Friseur/-in (30,2%) und Parkettleger/-in (28,0%).
Auch im größten Zuständigkeitsbereich Industrie und Handel lag der Anteil an Ausländern und Ausländerinnen 2019 mit 8,9% erneut über dem Wert vom Vorjahr, aber auch weiterhin unter dem Gesamtdurchschnitt von 10,7%. Im Langzeitvergleich hat sich der Ausländeranteil hier seit Mitte der 2000er-Jahre deutlich mehr als verdoppelt (2006: 3,7%). Einzelne ausgewählte Berufe mit einem überproportional hohen Ausländeranteil waren hier: Fachkraft im Gastgewerbe (46,0%), Fachmann/-frau für Systemgastronomie (29,4%), Restaurantfachmann/-fachfrau (28,6%) und Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice (28,1%).
Der Zuständigkeitsbereich der freien Berufe ist im Vergleich weiterhin der Bereich mit dem höchsten Ausländeranteil und dieser ist von 2018 (14,5%) auf 2019 noch einmal um 1,2 Prozentpunkte auf nunmehr 15,7% gestiegen. Ausschlaggebend für den hohen Anteil an ausländischen Auszubildenden sind die überproportional hohen Anteile in den stark besetzten Berufen Zahnmedizinische/-r Fachangestellte/-r (Ausländeranteil: 27,6%) und Pharmazeutisch-kaufmännische/-r Angestellte/-r (Ausländeranteil: 24,0%). Außerdem findet man in diesen beiden Berufen in der Gruppe der ausländischen Auszubildenden fast ausschließlich Frauen (95,7% bzw. 88,2%). Darüber hinaus ist auffällig, dass sich knapp ein Drittel (32,5%) aller weiblichen Auszubildenden mit ausländischem Pass 2019 in der Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten, Medizinischen Fachangestellten oder Pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten befand.
Der Anteil an ausländischen Auszubildenden im öffentlichen Dienst ist im Vergleich zu den vorher beschriebenen Entwicklungen nur leicht um 0,1 Prozentpunkte gestiegen und verblieb mit 3,4% auf recht niedrigem Niveau. Ähnlich stellte sich die Situation im Bereich der Landwirtschaft dar (Ausländeranteil 2018: 3,1% vs. 2019: 3,3%). Einzig im Bereich der Hauswirtschaft ist der Anteil an ausländischen Auszubildenden zwischen 2018 und 2019 leicht von 8,5% auf 8,2% gesunken.
(Stephan Kroll)
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68
Eine ausführlichere Übersicht zu ausgewählten Merkmalen auf Basis der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge differenziert nach den einzelnen Bundesländern findet sich in Kapitel A5.3.
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69
Nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes führte die Umstellung der Datenlieferung im Jahr 2007 insbesondere im Zuständigkeitsbereich des öffentlichen Dienstes zu Einschränkungen in der zeitlichen Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Allerdings zeigt sich auch in der BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge im Jahr 2007 ein starker Rückgang in den Berufen des öffentlichen Dienstes (siehe https://www.bibb.de/dokumente/pdf/naa309/naa309_2007re_tab002_1land.pdf). Insofern ist unklar, in welchem Ausmaß der Rückgang in den Ausbildungsberufen des öffentlichen Dienstes in der Berufsbildungsstatistik durch die Umstellung der Datenlieferung und in welchem Maße durch reale Entwicklungen bedingt ist.
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70
Auf Basis eines für das Berichtsjahr 2016 durchgeführten Abgleichs mit Daten der Personalstandstatistik des Statistischen Bundesamtes könnte eine Untererfassung für das Berichtsjahr 2016 von ca. 17% vorgelegen haben (Kapitel A6.2). Der Abgleich ist nicht unproblematisch und muss unter spezifischen Annahmen erfolgen, siehe hierzu Uhly/Kroll (2020): Erläuterungen zum Datensystem Auszubildende (DAZUBI), Hinweise zu den einzelnen Berichtsjahren, https://www.bibb.de/dokumente/pdf/dazubi_berichtsjahre.pdf
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71
Da der Ausbildungsberuf nicht nach BBiG oder HwO geordnet ist, sondern einen vergleichbar geregelten Beruf außerhalb des Geltungsbereichs des BBiG darstellt, wurde er bis 2007 freiwillig gemeldet (die gesetzliche Grundlage für die Berufsbildungsstatistik, insbesondere § 88 BBiG, betrifft nur Ausbildungsberufe, die nach BBiG bzw. HwO geregelt sind). Mit den erweiterten Meldepflichten im Rahmen der Revision der Berufsbildungsstatistik durch das Berufsbildungsreformgesetz (BerBiRefG) wurde die Datenmeldung im Jahr 2008 eingestellt. Ausbildungsverträge werden im Zuständigkeitsbereich der Seeschifffahrt weiterhin abgeschlossen.
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Für ausführlichere Informationen zu den Gründen sinkender Ausbildungsbeteiligung junger Frauen siehe auch Dionisius/Kroll/Ulrich 2018.
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In der Berufsbildungsstatistik wird die Staatsangehörigkeit der Auszubildenden erfasst, ein möglicher Migrationshintergrund kann jedoch nicht ausgewiesen werden. Als ausländische Auszubildende werden alle Auszubildenden ohne deutschen Pass gezählt. Jugendliche, die sowohl über eine deutsche als auch eine nicht deutsche Staatsangehörigkeit verfügen, werden nicht als ausländische Auszubildende erfasst.
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Es handelt sich hierbei um eine Differenzierung der BA. Das Aggregat „Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus einem der zugangsstärksten Herkunftsländern von Asylbewerbern“ oder kurz „Asylherkunftsländer“ wird (seit Juni 2016) durch die BA folgendermaßen definiert: „In das Aggregat wurden die nichteuropäischen Länder aufgenommen, die in den letzten Jahren zu den Ländern mit den meisten Asylerstanträgen gehörten; es umfasst folgende acht Länder: Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien.“ (Bundesagentur für Arbeit 2017e)
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Eine differenziertere Analyse zu dieser Personengruppe findet sich in Kroll/Uhly 2018.