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Das Thema der vorzeitigen Vertragslösungen in der dualen Berufsausbildung wird bereits seit dem starken Anstieg der Lösungsquoten im Verlauf der 1980er-Jahre diskutiert. Die Reduktion der Anzahl von Vertragslösungen bzw. die Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen in der dualen Berufsausbildung erhält insbesondere auch vor dem Hintergrund eines befürchteten Fachkräftemangels große Aufmerksamkeit und steht weiterhin auf der bildungspolitischen Agenda. In diesem Kontext werden insbesondere Ziele zur Förderung der dualen Berufsausbildung von Jugendlichen mit schwierigen Startchancen sowie zur Sicherung der Qualität der Berufsausbildung formuliert (vgl. Allianz für Aus- und Weiterbildung 2019–2021). Auch aufgrund der Situation, bedingt durch die Coronapandemie und den in diesem Kontext erfolgten Maßnahmen, rücken vorzeitige Vertragslösungen in den Fokus. Da das aktuelle Berichtsjahr der Berufsbildungsstatistik 2019 ist, werden hier noch keine Zusammenhänge mit der Ausbildungssituation vor dem Hintergrund von Corona analysiert und diskutiert; zur aktuellen Ausbildungsmarktbilanz 2020 siehe Kapitel A1.

Sowohl die vorzeitige Lösung von Ausbildungsverträgen (vorzeitige Vertragslösungen ) als auch das Nichtbestehen der Abschlussprüfung kann zu einem gänzlichen Ausbildungsabbruch, also einem Ende des Ausbildungsverhältnisses ohne (dualen) Berufsabschluss, führen. Dieses Kapitel hat vorzeitige Lösungen von Ausbildungsverträgen zum Gegenstand und basiert auf Daten der Berufsbildungsstatistik (Kapitel A5.1). Zu einer Analyse der Gründe für bzw. der Verläufe nach Vertragslösungen auf Basis des Nationalen Bildungspanels (NEPS) siehe BIBB-Datenreport 2020, Kapitel A8.3. Analysen zum Prüfungserfolg liegen in Kapitel A5.7 vor. Zum Ausbildungsverlauf der Ausbildungsanfängerkohorte 2008 siehe BIBB-Datenreport 2015, Kapitel A4.7 und Uhly 2015.

Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge (kurz: Vertragslösungen)

Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge sind definiert als vor Ablauf der im Berufsausbildungsvertrag genannten Ausbildungszeit gelöste Ausbildungsverträge.

Eine Form der vorzeitigen Lösung eines Berufsausbildungsverhältnisses stellt die Kündigung von Ausbildungsverträgen dar. Sie wird in § 22 Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelt; demnach kann ein Ausbildungsverhältnis während der Probezeit (maximal vier Monate) von beiden Seiten jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Nach der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen nur noch seitens der Auszubildenden möglich, und zwar aus den beiden Gründen „Ausbildung in einer anderen Berufstätigkeit“ oder „Aufgabe der Berufsausbildung“. Will der Ausbildungsbetrieb den Vertrag nach der Probezeit kündigen, muss dieser – in Anbetracht der besonderen Bedeutung des Ausbildungsverhältnisses für die berufliche Entwicklung – einen „wichtigen Grund“ angeben.

Weitere Fälle vorzeitiger Vertragslösung sind: der Abschluss von Aufhebungsvereinbarungen; das Schließen eines gerichtlichen Vergleichs, der eine Aufhebung zum Gegenstand hat; die Anfechtung des Ausbildungsvertrags, z. B. wegen Irrtums oder wegen Täuschung nach §§ 119ff. BGB; der Tod des/der Auszubildenden (nicht der Tod des/der Ausbildenden, da dann in der Regel dessen Rechtsnachfolger/-in Ausbilder/-in wird); die tatsächliche Beendigung wegen Fernbleibens von der Ausbildung oder wegen unterlassener Ausbildung.

Da die Berufsbildungsstatistik nur Daten zu Verträgen bzw. Ausbildungsverhältnissen erhebt, die tatsächlich angetreten wurden, werden Vertragslösungen, die vor Antritt der Ausbildung erfolgen, nicht erfasst.

Der Verbleib nach der Vertragslösung wird nicht erhoben: Monatsgenaue Ausbildungsverläufe innerhalb des dualen Systems (vertraglich vereinbarter Beginn und vereinbartes Ende des Vertrages, Vertragslösung, Prüfungsteilnahme und -ergebnis) werden nur für den jeweiligen Ausbildungsvertrag erfasst. Die Daten aus den verschiedenen Ausbildungsverträgen einer Person bzw. die Daten zu einem Ausbildungsvertrag aus den verschiedenen Berichtsjahren können nicht miteinander verknüpft werden. Es liegen somit keine vollständigen Verlaufsdaten vor; Vertragslösungen ohne bzw. mit gänzlichem Ausbildungsabbruch im dualen System können nicht differenziert werden (Kapitel A5.1, Uhly 2015).

Die Gründe für Vertragslösungen werden im Rahmen der Berufsbildungsstatistik nicht (mehr) erhoben (vgl. Uhly 2015, S. 25 und BIBB-Datenreport 2014, Kapitel A4.7).

Vertragslösung ≠ Abbruch: Nicht jede vorzeitige Vertragslösung stellt einen Abbruch der Ausbildung dar, und nicht jeder Abbruch geht mit einer Vertragslösung einher. Beide Begriffe haben eine gemeinsame Schnittmenge, sind jedoch nicht deckungsgleich (vgl. Uhly 2015 und 2013b).

Zu den Begriffen „vorzeitige Vertragslösungen“ und „Ausbildungsabbrüche“

Vorzeitige Vertragslösungen in der dualen Berufsausbildung erfolgen i. d. R. durch einen Aufhebungsvertrag oder durch Kündigung. Ob eine vorzeitige Vertragslösung einen gänzlichen Abbruch der dualen Berufsausbildung bedeutet, kann auf Basis der Berufsbildungsstatistik nicht betrachtet werden, da sie keine personenbezogenen Verlaufsdaten liefert (Kapitel A5.1). Eine grobe Kalkulation in Anlehnung an die Berechnung der Studienabbruchquote für das Berichtsjahr 2012 ergab ca. 16% Ausbildungsabbrüche im dualen System,111 d. h., ca. 16% der Anfänger/-innen einer dualen Berufsausbildung (BBiG/HwO) erwarben keinen Berufsabschluss innerhalb des dualen Systems. Hierbei wurden Abbrüche also ausschließlich mit Bezug zur dualen Berufsausbildung betrachtet.112 Die so kalkulierte Abbruchquote in der dualen Berufsausbildung lag damit deutlich unterhalb der Lösungsquote (2012: 24,4%).

Zum Verbleib nach der Vertragslösung liegen eine Vielzahl an unterschiedlichen Studien113 vor, die zu weitgehend übereinstimmenden Befunden kommen. Etwa die Hälfte aller Personen mit vorzeitiger Vertragslösung schließt relativ zeitnah erneut einen Ausbildungsvertrag im dualen System ab (vgl. Uhly 2015 und 2013b und Kapitel A8.3).114 In diesen Fällen handelt es sich also um Vertragswechsel innerhalb des Systems der dualen Berufsausbildung (mit und ohne Berufswechsel) und nicht um Ausbildungsabbrüche.

Verschiedene Studien auf Basis von Verlaufsdaten (integrierten Erwerbsbiografien des IAB – ergänzt um Variablen aus weiteren Datenquellen) liefern Befunde zum weiteren Ausbildungs- und Erwerbsverlauf nach vorzeitiger Vertragslösung im dualen System. Analysen auf Basis des Ausbildungspanels Saarland (vgl. Wydra-Somaggio 2017) kommen unter Berücksichtigung eines langfristigen Zeitverlaufs zu einem deutlich höheren Anteil von Auszubildenden mit Vertragslösung, die erneut einen Ausbildungsvertrag im dualen System abschließen (72%); wenn berücksichtigt wird, dass auch ein Teil die zweite Ausbildung erfolglos beendet, so ergibt diese Analyse, dass nur ca. 56% der vorzeitigen Vertragslösungen Ausbildungsabbrüche darstellen (vgl. Wydra-Somaggio 2017, S. 23). Zu weiteren Analysen auf Basis der integrierten Erwerbsbiografien des IAB (Kotte 2018) und deren Vergleichbarkeit mit den Indikatoren auf Basis der Berufsbildungsstatistik für die duale Berufsausbildung (BBiG/HwO) BIBB-Datenreport 2020, Kapitel A5.6.

Die Vertragslösungsquote ist keine Abbruchquote und kann deshalb auch nicht mit der Studienabbruchquote verglichen werden, die nur vollständige Austritte aus dem Hochschulstudium in Deutschland erfasst und Hochschul- sowie Studienfachwechsel und erfolglose Zweitstudiengänge nicht mit einbezieht115 (BIBB-Datenreport 2015, Kapitel A4.7). Je nach weiterem Verlauf nach der vorzeitigen Vertragslösung sind die Folgen für die Auszubildenden (und die Ausbildungsbetriebe) unterschiedlich einzuschätzen, nicht immer stellen sie ein Scheitern dar (vgl. Lettau 2017116 und Stalder/Schmid 2016).

Die im Folgenden dargestellten Befunde betreffen immer vorzeitige Vertragslösungen in der dualen Berufsausbildung insgesamt und nicht Ausbildungsabbrüche im Speziellen.

Vorzeitige Vertragslösungen 2019 nach Zeitpunkt der Lösung

Im Berichtsjahr 2019 wurden bundesweit 154.149 Ausbildungsverträge vor Ablauf der im Ausbildungsvertrag genannten Ausbildungszeit gelöst Tabelle A5.6-1. Betrachtet man den Zeitraum zwischen Beginn der Ausbildungsverträge und der vorzeitigen Lösung, so zeigt sich, dass – wie auch in den Vorjahren – ca. zwei Drittel der gelösten Ausbildungsverträge innerhalb des ersten Jahres nach Beginn des Ausbildungsvertrages fielen. 33,1% aller Vertragslösungen erfolgten noch während der Probezeit117 und 32,9% nach der Probezeit, aber noch innerhalb der ersten zwölf Monate nach Beginn des Ausbildungsverhältnisses. Auch in das zweite Jahr nach Vertragsbeginn fiel mit 23,7% noch ein großer Anteil der Lösungen; bei 10,2% der Lösungen lag der Vertragsbeginn länger als 24 Monate zurück. Der Anteil der Vertragslösungen, die innerhalb der Probezeit erfolgten, an allen vorzeitigen Vertragslösungen lag seit 1993 bei ca. 25%. Seit 2006 stieg dieser Anteil bis 2015 nahezu stetig auf mehr als ein Drittel an. Seit 2005 wurde die maximale Dauer der Probezeit mit dem Berufsbildungsreformgesetz von bis zu drei auf bis zu vier Monate ausgeweitet, was an sich schon zu einem Anstieg des Anteils der Vertragslösungen, die in die Probezeit fallen, führen kann. Betrachtet man die Verteilung der Vertragslösung auf die Ausbildungsjahre (Ausbildungsstadien),118 so wird jedoch deutlich, dass der Anteil der „frühen“ Vertragslösungen, die insgesamt im ersten Ausbildungsjahr erfolgen, seit 2005 zunimmt (vgl. Uhly 2015) und dass hier nicht nur ein Effekt der Ausweitung der Probezeit vorliegt.

In den Ausbildungsberufen des Zuständigkeitsbereichs der freien Berufe fanden vorzeitige Vertragslösungen mit 38,7% aller Vertragslösungen etwas häufiger in der Probezeit statt. In den Ausbildungsberufen der Hauswirtschaft traten nur 15,9% aller Vertragslösungen in die Probezeit und in vergleichsweise starkem Maße erfolgten sie zu späteren Zeitpunkten der Ausbildung; 16,9% der Lösungen erfolgten in diesen Berufen später als zwei Jahre nach Beginn des Ausbildungsvertrages. Auch von den insgesamt relativ wenigen Vertragslösungen in den Ausbildungsberufen des öffentlichen Dienstes fielen 14,8% erst im dritten Jahr nach Ausbildungsbeginn und später an. Ansonsten zeigt sich jedoch insgesamt eine ähnliche Verteilung der Vertragslösungen über die Zeit nach Beginn des Ausbildungsverhältnisses im Vergleich der Zuständigkeitsbereiche.

Tabelle A5.6-1: Vorzeitige Vertragslösungen nach Zuständigkeitsbereichen und Zeitpunkt der Vertragslösung (absolut und in % aller Vertragslösungen), Bundesgebiet 20191, 2, 3

Vertragslösungsquote

Die Vertragslösungsquote der dualen Berufsausbildung, die als Näherungswert für den Anteil der gelösten Ausbildungsverträge an begonnenen Ausbildungsverträgen interpretiert werden kann, betrug im Berichtsjahr 2019 insgesamt 26,9% (LQneu); während der Probezeit betrug die Lösungsquote 9,0%, nach der Probezeit 17,9% Tabelle A5.6-2. Die Lösungsquote ist keine personenbezogene Quote. Der Anteil der Auszubildenden, die (mindestens) eine Vertragslösung aufweisen, wird unterhalb der Lösungsquote liegen und kann für Deutschland auf Basis der Berufsbildungsstatistik nicht ermittelt werden.119

Vertragslösungsquote (kurz: Lösungsquote) – „Schichtenmodell“, neue Berechnungsweise

Die Lösungsquote nach dem Schichtenmodell wird entsprechend folgender Formel berechnet:

Wie ist diese Formel zu verstehen?

Sie kann als Näherungswert für den Anteil der im Berichtsjahr (BJ) begonnenen Ausbildungsverträge, die im Laufe der Ausbildung vorzeitig gelöst werden, interpretiert werden.

Betrachtet man zunächst die erste Teilquote, so enthält diese für das BJ 2019 nur einen Teil der Verträge, die 2019 begonnen und vorzeitig gelöst wurden. Der Anteil gelöster Verträge wird sich noch erhöhen, da einige der 2019 begonnenen Verträge, die in 2019 nicht gelöst wurden, 2020 oder später noch gelöst werden. Da mit Datenstand BJ 2019 noch unbekannt ist, wie viele der Verträge künftig noch gelöst werden, kann man stellvertretend Vergangenheitswerte heranziehen. Der Anteil der 2018 oder früher begonnenen Verträge, die 2019 gelöst wurden, kann als stellvertretende Größen für den Anteil der 2019 begonnenen Verträge, die in den kommenden Jahren gelöst werden, betrachtet werden. Die Differenzierung wird aus pragmatischen Gründen auf vier Teilquoten begrenzt.

LQneu und LQalt

Das Quotensummenverfahren wurde auch schon vor der Revision der Berufsbildungsstatistik angewandt (LQalt), allerdings konnten hierbei für einzelne Bestandteile nur Näherungswerte verwendet werden. Bei LQneu wird im Vergleich zu LQalt eine verbesserte Berechnungsweise angewandt, sie kann jedoch erst ab dem Berichtsjahr 2010 (ab 2009 mit drei Teilquoten) berechnet werden.

Zu weiteren Details zur Lösungsquotenberechnung siehe https://www.bibb.de/de/4705.php und https://www.bibb.de/dokumente/pdf/dazubi_daten.pdf.

Zur Abgrenzung gegenüber weiteren Größen und Indikatoren zum Thema (Befunde aus Studien, grobe Kalkulation der Ausbildungsabbruchquote auf Basis der Berufsbildungsstatistik, Ausbildungsabbruchs-Indikator von Eurostat) siehe Uhly 2015.

Tabelle A5.6-2: Vertragslösungsquote in % der begonnenen Ausbildungsverträge, Bundesgebiet 1993 bis 20191

Vertragslösungsquote – Entwicklungen im Zeitverlauf

Betrachtet man die Entwicklung der Lösungsquote seit Anfang der 1990er-Jahre, ergab sich für 2016 erstmals ein Wert leicht oberhalb des üblichen Schwankungsbereichs (20% bis 25%) Tabelle A5.6-2, Schaubild A5.6-1. Seit 2008 stieg die Lösungsquote im Bundesdurchschnitt nahezu stetig leicht an (Ausnahmen: 2012: +/-0,0 Prozentpunkte [PP]), 2014: -0,4 PP und 2017: -0,1 PP). Auch im Berichtsjahr 2019 war im bundesweiten Durchschnitt ein leichter Anstieg der Lösungsquote um 0,4 PP zu verzeichnen.

Betrachtet man die Entwicklung getrennt für Ost- und Westdeutschland, zeigt sich, dass die durchschnittliche Lösungsquote in Ostdeutschland nach 1995 zunächst leicht und ab dem Berichtsjahr 2006 deutlich über der durchschnittlichen Quote Westdeutschlands lag. Seit dem Berichtsjahr 2012 entfernte sie sich nicht mehr weiter von der westdeutschen Lösungsquote und näherte sich sogar im weiteren Verlauf etwas an Schaubild A5.6-1 (Teil a). Mit Blick auf die jährliche Veränderung der Quote (Prozentsatzdifferenzen) Schaubild A5.6-1 (Teil b) wird ersichtlich, dass die Entwicklung der Lösungsquote Ostdeutschlands in einzelnen Jahren von der Entwicklung in Westdeutschland deutlich nach oben abwich; seit 2012 stimmte die Entwicklung wieder tendenziell mit der Entwicklung in Westdeutschland überein und seit 2017 verläuft sie im ostdeutschen Durchschnitt etwas günstiger als im westdeutschen Durchschnitt. Im Berichtsjahr 2019 stieg die Lösungsquote Westdeutschlands leicht an (+0,5 PP), im Durchschnitt der ostdeutschen Länder ging sie geringfügig zurück (-0,2 PP).

Im Zeitverlauf schwankte die Lösungsquote seit den 1990er-Jahren bundesweit deutlich im Zusammenhang mit der Lage am Ausbildungsmarkt. Je günstiger die Angebots-Nachfrage-Relation aus Sicht der Ausbildungsstellennachfragenden war, desto höher fiel die Lösungsquote aus. Ein eher von der Ausbildungsmarktlage unabhängiger, starker Anstieg der Quote war für die 1980er-Jahre zu verzeichnen. Zur Entwicklung der Lösungsquote im Zeitverlauf vgl. BIBB-Datenreport 2014, Kapitel A4.7, BIBB-Datenreport 2018 Kapitel A5.6 und Uhly 2015, S. 39f.).

Schaubild A5.6-1: Lösungsquote 1993 bis 2019, Bundesgebiet insgesamt, Ost- und Westdeutschland (absolut und Prozentpunktdifferenz)1

Lösungsquoten nach Geschlecht und Staatsangehörigkeit der Auszubildenden

Im Gesamtdurchschnitt des dualen Systems ergab sich für das Berichtsjahr 2019 eine nahezu gleiche Lösungsquote für Frauen (26,7%) und Männer (27,1%) Tabelle A5.6-3. Während der Probezeit lag die Lösungsquote der Frauen bei 9,7% und damit 1,2 Prozentpunkte über der Quote der Männer. Nach der Probezeit fiel die Lösungsquote der Frauen mit 17,0% um mehr als 1,5 Prozentpunkte geringer aus als die der Männer.

Deutlichere Unterschiede hinsichtlich der Lösungsquoten von Frauen und Männern zeigten sich in den Zuständigkeitsbereichen Handwerk und öffentlicher Dienst, in etwas geringerem Maße auch in den Bereichen Landwirtschaft, freie Berufe und Hauswirtschaft. Tabelle A5.6-3. Auffallend ist, dass die Lösungsquoten der Frauen in jenen Zuständigkeitsbereichen höher ausfielen, in denen Frauen unterrepräsentiert waren. Umgekehrt waren die Lösungsquoten der Männer in den Zuständigkeitsbereichen vergleichsweise hoch, in denen der Männeranteil an den Auszubildenden geringer war. Zum Frauenanteil in den Zuständigkeitsbereichen Kapitel A5.2.

Deutliche Unterschiede in den Lösungsquoten zeigen sich bei den Verträgen der Auszubildenden mit deutscher und ausländischer Staatsangehörigkeit. Ausländische Auszubildende hatten in allen Zuständigkeitsbereichen höhere Lösungsquoten als deutsche Auszubildende Tabelle A5.6-3. Von den Ausbildungsverträgen der ausländischen Auszubildenden wurden im Durchschnitt 35,3% vorzeitig gelöst, von den Ausbildungsverträgen der Auszubildenden mit deutschem Pass nur 25,8%. Diese Relation zeigt sich auch bei den Lösungen innerhalb und nach der Probezeit. Sehr hohe Lösungsquoten ausländischer Auszubildender ergaben sich mit 41,8% in der Landwirtschaft. Für die Ausbildungsberufe der Hauswirtschaft ergab sich im Berichtsjahr 2019 auf Basis der Datenmeldungen mit 25,2% eine relativ geringe Lösungsquote ausländischer Auszubildender; allerdings schwankt diese Quote jährlich stark bei insgesamt relativ geringen Fallzahlen. Teilweise sind die Unterschiede in den Lösungsquoten zwischen deutschen und ausländischen Auszubildenden auch auf Unterschiede hinsichtlich des höchsten allgemeinbildenden Schulabschlusses zurückzuführen.

Tabelle A5.6-3: Vertragslösungsquoten (LQneu in %) nach Personenmerkmalen und Zuständigkeitsbereichen, Bundesgebiet 20191, 2

Lösungsquoten nach allgemeinbildendem Schulabschluss

Bei der Betrachtung der Lösungsquoten nach dem zuvor erworbenen allgemeinbildenden Schulabschluss (Kapitel A5.5.1) zeigt sich deutlich, dass die Lösungsquote umso höher ausfiel, je niedriger der allgemeinbildende Schulabschluss der Auszubildenden war Tabelle A5.6-3. So wiesen Auszubildende ohne Hauptschulabschluss mit 39,4% eine deutlich höhere Lösungsquote auf als Studienberechtigte (16,1%). Bei den Verträgen der Auszubildenden ohne bzw. mit Hauptschulabschluss ergab sich für das Berichtsjahr 2019 eine Lösungsquote von jeweils ca. 39%. Die Verträge von Auszubildenden mit Realschulabschluss wurden zu 25,3% vorzeitig gelöst. Diese Rangfolge der Abschlussgruppen zeigt sich ähnlich in allen Zuständigkeitsbereichen. In den Ausbildungsberufen des Handwerks (23,7%) und der freien Berufe (24,8%) fielen allerdings die Lösungsquoten der Studienberechtigten vergleichsweise hoch aus. In den Ausbildungsberufen des öffentlichen Dienstes betrug die Lösungsquote derer ohne Hauptschulabschluss lediglich 3,6%, allerdings bei sehr kleiner Anzahl begonnener Ausbildungsverträge der Auszubildenden mit dieser Vorbildung (33 begonnenen Ausbildungsverhältnissen im Jahr 2019) und jährlich stark schwankender Lösungsquote dieser Personengruppe.

Die Relationen von Lösungsquoten während und nach der Probezeit fielen über alle Schulabschlüsse hinweg ähnlich aus Tabelle A5.6-3. Allerdings war der Anteil der Vertragslösungsquote nach der Probezeit an der Gesamtlösungsquote der jeweiligen Vorbildungsgruppe umso höher, je niedriger der allgemeinbildende Schulabschluss war.

Vertragslösungsquoten nach Ländern, Zuständigkeitsbereichen und Ausbildungsberufen

Die Lösungsquoten unterschieden sich deutlich zwischen den Ländern. Sie reichten von durchschnittlich ca. 23,8% in Baden-Württemberg bis 35,7% in Berlin Tabelle A5.6-4. Insgesamt fielen die Lösungsquoten in Ostdeutschland eher höher aus;120 allerdings waren sie auch in Rheinland-Pfalz (30,0%) vergleichsweise hoch.

Ebenso deutlich variierten die Lösungsquoten zwischen den Zuständigkeitsbereichen Tabelle A5.6-4. In den Berufen des Handwerks zeigte sich mit 35,2% im Bundesdurchschnitt die höchste Lösungsquote, auch bei den freien Berufen (30,1%) zeigte sich eine vergleichsweise hohe Lösungsquote. Eine sehr niedrige durchschnittliche Lösungsquote von nur 6,4% ergab sich lediglich für die Berufe des Zuständigkeitsbereichs öffentlicher Dienst. Im Zuständigkeitsbereich Industrie und Handel fiel sie mit 23,5% leicht unterdurchschnittlich aus.

Die Lösungsquoten variierten noch deutlicher zwischen den einzelnen dualen Ausbildungsberufen Tabelle A5.6-5. Betrachtet man die 20 Berufe121 mit den jeweils höchsten und niedrigsten Lösungsquoten, reichten die Lösungsquoten von unter 5% bis über 50%. Es zeigen sich weitgehend übereinstimmende Ergebnisse gegenüber den Vorjahren. Unterschiede zu den Vorjahren beruhen nur auf wenigen Rangplatzdifferenzen. Sehr hohe Lösungsquoten waren vor allem in Dienstleistungsberufen aus den Tätigkeitsbereichen Transport, Körperpflege sowie Reinigung122 (z. B. Friseur/-in, Berufskraftfahrer/-in, Gebäudereiniger/-in, Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice, Kosmetiker/-in und Fachkraft für Schutz und Sicherheit) sowie in den Berufen des Hotel- und Gaststättengewerbes (z. B. Restaurantfachleute, Koch/Köchin, Fachmann/Fachfrau für Systemgastronomie und Fachkraft im Gastgewerbe, Hotelfachmann/-fachfrau123) zu beobachten; außerdem wiesen einige Bauberufe (Gerüstbauer/-in, Bauten- und Objektbeschichter/-in, Dachdecker/-in sowie Maler und Lackierer/Malerin und Lackiererin) und Lebensmittelberufe des Handwerks (Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk, Fleischer/-in und Bäcker/-in) sehr hohe Lösungsquoten auf. Auch wenn im Durchschnitt im Handwerk die Lösungsquote höher ausfällt, findet man sehr hohe Lösungsquoten nicht in besonderer Weise in Handwerksberufen; allerdings gibt es kaum größere Handwerksberufe mit sehr niedrigen Lösungsquoten (siehe hierzu auch Uhly 2015 und BIBB-Datenreport 2016, Kapitel A4.7). Niedrige Lösungsquoten von – z. T. deutlich – unter 12% wiesen neben den Ausbildungsberufen des Zuständigkeitsbereichs öffentlicher Dienst (z. B. Fachangestellte/-r für Medien- und Informationsdienste, Verwaltungsfachangestellte/-r, Sozialversicherungsfachangestellte/-r, Justizfachangestellte/-r und Fachangestellte/-r für Arbeitsmarktdienstleistungen) vor allem kaufmännische Dienstleistungsberufe (z. B. Industriekaufmann/-kauffrau und Bankkaufmann/-kauffrau), aber auch technische Produktionsberufe und Laborberufe der Industrie auf (z. B. Chemikant/-in, Chemielaborant/-in und Biologielaborant/-in, Fluggerätmechaniker/-in, Elektroniker/-in für Automatisierungstechnik, Mechatroniker/-in, Industriemechaniker/-in). Mit dem Ausbildungsberuf Forstwirt/-in fällt auch ein Ausbildungsberuf des Bereichs Landwirtschaft unter die Berufe mit sehr geringen Lösungsquoten.

Tabelle A5.6-4: Vertragslösungsquoten in % der begonnenen Ausbildungsverträge (LQneu) nach Zuständigkeitsbereichen2 und Ländern 20191, 2

Tabelle A5.6-5: Ausbildungsberufe mit den höchsten und niedrigsten Vertragslösungsquoten in %, Bundesgebiet 20191, 2

Ursachen von Vertragslösungen und Maßnahmen zu ihrer Verringerung

Die hier dargestellten deskriptiven Ergebnisse dürfen nicht kausal interpretiert werden. Wenn die Lösungsquoten beispielsweise bei Jugendlichen mit Hauptschulabschluss oder in Berufen des Handwerks im Durchschnitt sehr hoch ausfallen, dann bedeutet dies nicht, dass der Hauptschulabschluss oder das Handwerk an sich die Ursache für das höhere Lösungsrisiko sind. Die Ursachen für Vertragslösungen sind vielfältig und komplex (vgl. Uhly 2015). Jugendliche mit Hauptschulabschluss findet man beispielsweise eher in Berufen mit instabileren Ausbildungsverhältnissen, außerdem weniger wahrscheinlich in ihrem Wunschberuf, was auch zu einem höheren Lösungsrisiko führt. Im Handwerk findet man deutlich höhere Anteile an Auszubildenden mit geringeren Schulabschlüssen als im Bereich Industrie und Handel; zudem liegen hier eher kleinbetriebliche Strukturen vor. Beides erhöht das Lösungsrisiko (vgl. Rohrbach-Schmidt/Uhly 2015).

Werden Auszubildende oder Ausbildungsbetriebe direkt nach den Gründen für vorzeitige Vertragslösungen befragt (BIBB-Datenreport 2020, Kapitel A8.3), kommen die verschiedenen Studien zu weitgehend übereinstimmenden Befunden. Je nachdem, ob (ehemalige) Auszubildende oder Ausbildungsbetriebe befragt werden, werden als Gründe für die Vertragslösungen bzw. Vertragslösungsüberlegungen eher die betrieblichen Ausbildungsbedingungen oder die Ausbildungsleistungen der Jugendlichen genannt. Werden Betriebe bzw. Ausbilder/-innen befragt, werden vor allem Gründe genannt, die in der Verantwortung der Jugendlichen liegen, wie eine mangelhafte Berufsorientierung bzw. Berufswahl, eine mangelnde Leistungsbereitschaft (Fehlzeiten, unzureichende Identifikation mit dem Betrieb, mangelndes Durchhaltevermögen) sowie Leistungsfähigkeit (unzureichende Leistung im Betrieb, Überforderung) der Auszubildenden. Werden Jugendliche bzw. (ehemalige) Auszubildende befragt, nennen diese überwiegend betriebliche Gründe, wie Kommunikationsprobleme bzw. Konflikte mit Ausbildern und Ausbilderinnen und Vorgesetzten, eine mangelhafte Ausbildungsqualität (Beschäftigung statt Ausbildung, mangelnde Vermittlung von Ausbildungsinhalten); außerdem nennen sie Arbeitsbedingungen wie unbezahlte Überstunden, ungünstige Arbeitszeiten und Urlaubsregelungen. Berufsbezogene Gründe werden vor allem von denjenigen genannt, die angaben, dass sie ihren Wunschberuf nicht realisieren konnten oder andere Vorstellungen vom Beruf hatten (vgl. Uhly 2015). Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die direkte Frage nach Gründen noch keine Ursachenanalyse darstellt und – wie die Befunde zeigen – die Gefahr nachträglicher Rechtfertigungen sowie wechselseitiger Schuldzuschreibungen besteht (vgl. Uhly 2015).

Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Einführung einer Mindestausbildungsvergütung erhielt der Zusammenhang zwischen Ausbildungsvergütung und Vertragslösungsquote stärkere Aufmerksamkeit in der öffentlichen Diskussion. Allerdings mangelt es an umfassenden Forschungsdatensätzen, die auch entsprechende Kausalanalysen zulassen. Die Berufsbildungsstatistik erfasst derzeit weder die Gründe für Vertragslösungen, noch die Ausbildungsvergütung;124 deshalb kann auch kein statistischer Zusammenhang zwischen Ausbildungsvergütung und vorzeitigen Vertragslösungen alleine auf Basis der Berufsbildungsstatistik geprüft werden. Kropp u. a. (2014, S. 21) stellen auf Basis von Prozessdaten der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau für die Ausbildungsanfänger/-innen 2008 und 2011 sowie der BIBB-Datenbank Ausbildungsvergütung fest125, dass neben dem Effekt des Schulabschlusses auch ein statistisch signifikanter Zusammenhang vorzeitiger Vertragslösungen mit der (durchschnittlichen tariflich vereinbarten) Vergütung besteht. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass auch dieser statistische Zusammenhang nicht kausal interpretiert werden darf. Man kann annehmen, dass weitere Größen wie die Ausbildungsqualität (vgl. Negrini u. a. 2015, S. 95126), die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen etc.127 mit der Vergütung korrelieren und ihrerseits Einfluss auf die Vertragslösungsquote nehmen. Der gemessene Effekt wird dann fälschlicherweise (in kausalem Sinne) der tariflichen Ausbildungsvergütung zugeschrieben. Zudem zeigen verschiedene Erhebungen, dass für die Ausbildungsplatzwahl Vergütungsaspekte nicht die wichtigste Rolle spielen (BIBB-Datenreport 2019, Kapitel A5.6). Es ist auch plausibel anzunehmen, dass bei angetretenen Ausbildungsverhältnissen (nur solche Ausbildungsverhältnisse werden von der Berufsbildungsstatistik erfasst) die Ausbildungsvergütung bekannt war und dann nicht der wichtigste Grund im Falle einer Vertragslösung sein wird. Neuber-Pohl (2021) stellt auf Basis der Analyse von IAB-Daten der integrierten Erwerbsbiografien auch einen negativen Effekt der Ausbildungsvergütung auf „non-completion“ fest; ein deutlicherer Vergütungseffekt zeigt sich bei dieser Analyse allerdings für den nach der Ausbildung erwartbaren Lohn. Alles in allem kann angenommen werden, dass die Ausbildungsvergütung eine gewisse Rolle auch bei Vertragslösungen spielt, aber wohl eher keine dominierende (vgl. auch Uhly 2013a).

Dass neben dem Schulabschluss der Auszubildenden auch betriebliche und berufliche Merkmale einen signifikanten Effekt auf das Vertragslösungsrisiko haben, zeigen Analysen auf Basis eines erweiterten Kohortendatensatzes der Berufsbildungsstatistik.128 Die Befunde weisen auf die Bedeutung von Ausbildungsmarktsegmenten hin und sprechen für einen systematischen von den Merkmalen der Auszubildenden unabhängigen Einfluss der betrieblichen Ausbildungsbedingungen, des Ausbildungsmodells und der Attraktivität des Ausbildungsberufs auf die Vertragslösungswahrscheinlichkeit (vgl. Rohrbach-Schmidt/Uhly 2015). Auch eine multivariate Analyse des betrieblichen Vertragslösungsgeschehens auf Basis des BIBB-Qualifizierungspanels zeigt, dass das Vertragslösungsrisiko bei stark investitionsorientierter betrieblicher Berufsausbildung geringer ausfällt (vgl. Rohrbach-Schmidt/Uhly 2016).

Eine Verbesserung der Berufsorientierung und die Begleitung der Jugendlichen beim Übergang von der Schule in die Berufsausbildung,129 Präventionsmaßnahmen der Berufsberatung oder an Berufsschulen130 sowie ausbildungsbegleitende Hilfen sind sinnvolle Maßnahmen, die Jugendliche auf ihrem Weg zum Berufsabschluss unterstützen können. Allerdings reichen Maßnahmen zur Senkung von Vertragslösungen in der dualen Berufsausbildung, die allein bei den Auszubildenden ansetzen, nicht aus. Auf Basis der Analysen der Berufsbildungsstatistik alleine kann man zwar keine erforderlichen Maßnahmen eindeutig ableiten. Die Befunde auf Basis der Statistik sowie der vorliegenden Studien machen jedoch deutlich, dass erfolgreiche Maßnahmen auch bei der Attraktivität der Ausbildung sowie der Ausbildungsqualität der Betriebe und insbesondere dem Umgang mit Konflikten ansetzen sollten (vgl. hierzu auch Uhly 2015). Das Instrument der assistierten Ausbildung (§ 74 SGB III, i. d. F., die ab 29.05.2020 gilt) bietet den Vorteil, dass es sowohl für Auszubildende als auch für Ausbildungsbetriebe Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen der dualen Berufsausbildung bietet. Die BIBB-Fachstelle überaus bietet eine Übersicht über Förderprogramme und -initiativen in Bund, Ländern und EU sowie Regelinstrumente des Bundes.131

(Alexandra Uhly)

  • 111

    Es handelt sich um eine grobe Kalkulation, die mit größeren Unsicherheiten behaftet ist und deshalb auch nicht jährlich berechnet wird. Als ein Abbruch („Drop Out“) aus Perspektive des Systems der dualen Berufsausbildung kann der Anteil derjenigen, die zwar eine duale Berufsausbildung beginnen, jedoch (bis zu einem bestimmten Zeitpunkt) keinen dualen Berufsabschluss nach BBiG/HwO erreichen, betrachtet werden.

  • 112

    Im Rahmen der Berufsbildungsstatistik liegen auch keine Informationen darüber vor, ob noch ein anderer Berufsabschluss in anderen Bildungsbereichen (z. B. schulische Berufsausbildung, Beamtenausbildung) bzw. ein Studienabschluss erreicht wurde. Auch konnte kein längerer Zeitraum berücksichtigt werden, zu dem noch ein Wiedereinstieg in eine duale Berufsausbildung oder eine sogenannte Externenzulassung zur Abschlussprüfung erfolgt sein könnte.

  • 113

    Die letzte bundesweite Erhebung des BIBB zum Verbleib nach Vertragslösung (vgl. Schöngen 2003) stammt aus dem Jahr 2002. Bis heute folgten viele Studien für einzelne Regionen und Kammerbezirke, die alle zu ähnlichen Ergebnissen gelangen. Der Anteil derjenigen, die erneut einen Ausbildungsvertrag im dualen System (nach BBiG/HwO) abschließen, liegt häufig schon nach relativ kurzer Zeit nach der Vertragslösung (wenige Monate bis zu einem Jahr) bei ca. 50% (vgl. z. B. Greilinger 2019, S. 93f.; Kropp u. a. 2014, S. 20; Ernst/Spevacek 2012, S. 9; Piening u. a. 2012, S. 51; Schöngen 2003, S. 12. Auch für die Schweiz zeigen sich ähnliche Befunde, vgl. z. B. Schmid/Neumann/Kriesi 2016, S. 16). Dieser Anteil wird weiter steigen, wenn ein längerer Zeitraum nach der Vertragslösung betrachtet wird. Auch wenn zu den anschließenden Berufsausbildungen neben dualen Berufsausbildungsverhältnissen nach BBiG/HwO noch andere Berufsbildungen gezählt werden, fällt dieser Anteil höher aus. Wird ein relativ kurzer Zeitraum betrachtet und zudem nur der Wiedereinstieg in den gleichen Kammerbezirk, dann fällt der Anteil geringer aus (vgl. Mischler 2014). Siehe auch die Analyse auf Basis des NEPS in BIBB-Datenreport 2020, Kapitel A8.3.

  • 114

    Neuere Längsschnittanalysen auf Basis von Individualdaten für die zweijährige Schweizer duale Berufsausbildung kommen ebenfalls zu diesem Ergebnis (vgl. Schmid/Neumann/Kriesi 2016, S. 16). Für einzelne Kantone der Schweiz wurden deutlich höhere Quoten berichtet (vgl. Kriesi u. a. 2016, S. 6).

  • 115

    Für die Absolventenkohorte 2018 ermittelte das DZHW für deutsche Studierende in Bachelorstudiengängen eine Studienabbruchquote von 27% (Universitäten: 32%, Fachhochschulen: 23%); für die ausländischen Studierenden ergab sich für Bachelorstudiengänge eine Abbruchquote von fast 50% (48% bzw. 49% für Bildungsinländer/-innen bzw. Bildungsausländer/-innen); wobei hierbei auch dann von Abbruch gesprochen wird, wenn das Studium im Ausland fortgesetzt wird (vgl. Heublein/Richter/Schmelzer 2020).

  • 116

    Grundsätzlich kann man zur Analyse von Ausbildungsverläufen im dualen System auch den Längsschnittdatensatz des National Education Panel Survey (NEPS) verwenden. Aufgrund der Fallzahlen können allerdings keine weitergehenden beruflichen und regionalen Differenzierungen vorgenommen werden. Zudem ist zu beachten, dass der Zeitpunkt der Ausbildung der analysierten Startkohorte sechs „Erwachsene“ des NEPS in unterschiedlichen Jahren lag, sodass hier mehrere Ausbildungsjahrgänge zusammengefasst sind.

  • 117

    Nach § 20 BBiG muss die Probezeit mindestens einen Monat betragen; sie kann bis zu vier Monate dauern. Für die Berichtsjahre 2007 bis 2015 wurde die Probezeit im Rahmen der Berufsbildungsstatistik grundsätzlich mit vier Monaten kalkuliert, seit dem Berichtsjahr 2016 wird sie erhoben. Dabei zeigte sich, dass von den im Berichtsjahr 2019 begonnenen Ausbildungsverhältnissen 71,2% mit einer Probezeit von vier Monaten gemeldet wurden; weitere 24,2% mit drei, nur 0,6% mit zwei, 3,4% mit einem Monat und 0,5% mit null Monaten Probezeit. Letzteres ist nur in besonderen Ausnahmefällen möglich.

  • 118

    Es wurde nicht unterschieden nach der Dauer seit Vertragsbeginn, sondern danach, in welchem Ausbildungsstadium (erstes, zweites, … Ausbildungsjahr) die Vertragslösung erfolgt. Bis 2006 wurden Vertragslösungen nur nach den Ausbildungsjahren differenziert erhoben; Monat und Jahr von Vertragsbeginn und Vertragslösung waren nicht erfasst.

  • 119

    Für die Schweiz wurden 2016 durch das schweizerische Bundesamt für Statistik erstmals nationale Ergebnisse zu Lehrvertragsauflösungen veröffentlicht (vgl. Schmid/Neumann/Kriesi 2016, S. 8ff.). Die vertragsbezogene Lösungsquote (LVA-Quote) – vergleichbar der deutschen Lösungsquote, allerdings ex post auf Basis von Verlaufsdaten ermittelt – wurde zunächst lediglich für die zweijährigen Ausbildungsberufe veröffentlicht. Mittlerweile wurde auch für die gesamte Eintrittskohorte eine LVA-Quote veröffentlicht. Sie betrug für die Eintrittskohorte 2015 bis einschließlich 2019 für die duale Berufsausbildung 25,8% (vgl. Bundesamt für Statistik 2020). Die personenbezogene LVA-Quote betrug in diesem Zeitraum in der Schweiz nur 21,3%; der Unterschied zur vertragsbezogenen Quote ergibt sich daraus, dass manche Auszubildende mehrfach Vertragslösungen erfahren.

  • 120

    Hierbei ist allerdings zu beachten, dass in Ostdeutschland der Anteil der öffentlich finanzierten Ausbildungsverhältnisse höher ausfiel und Vertragslösungen auch bei einem Wechsel von solchen Ausbildungsplätzen in ein betrieblich finanziertes Berufsausbildungsverhältnis auftreten können; solche Vertragswechsel können als Erfolge betrachtet werden.

  • 121

    Einbezogen wurden staatlich anerkannte Ausbildungsberufe des dualen Systems mit mindestens 300 begonnenen Verträgen im Jahr 2019.

  • 122

    Zur Unterscheidung von primären und sekundären Dienstleistungsberufen sowie Fertigungsberufen siehe Kapitel A5.4.

  • 123

    Bei den Hotelkaufleuten fällt die Lösungsquote mit 31,8% auch überdurchschnittlich aus; der Beruf liegt allerdings auf Rangplatz 54.

  • 124

    Ab dem Berichtsjahr 2020 erhebt die Berufsbildungsstatistik auch die Ausbildungsvergütung (vgl. § 88 und § 106 BBiG, in der Fassung, die ab 1. Januar 2020 gilt).

  • 125

    Auf Basis von Daten zu den begonnenen Ausbildungsverhältnissen der Jahre 2008 und 2011 der IHK Halle-Dessau, die um weitere Variablen ergänzt wurden; u. a. Ausbildungsvergütungsdaten teilweise aus der Datenbank Ausbildungsvergütungen des BIBB (vgl. Beicht 2018), teilweise geschätzt.

  • 126

    Das Projekt „Stabile Lehrverträge – die Rolle des Ausbildungsbetriebs“ (STABIL) basiert auf einer Querschnittserhebung bei 335 Ausbildungsbetrieben, die die beiden Berufe Koch/Köchin und Maler/-in ausbilden. Berufsbildner/-innen und Auszubildende wurden befragt. Der Zusammenhang zwischen Ausbildungsqualität und vorzeitigen Vertragslösungen wurde auf Basis einer Clusteranalyse untersucht (vgl. Negrini u. a. 2015, S. 87f. und S. 93f.).

  • 127

    Variablen, die im Analysedatensatz nicht enthalten waren, sodass deren Effekte nicht kontrolliert werden konnten.

  • 128

    Leider enthalten die Daten der Berufsbildungsstatistik nahezu keine betrieblichen Merkmale, sodass deren Einfluss nicht unmittelbar geprüft werden kann. Bei der Analyse von Rohrbach-Schmidt/Uhly (2015) wurde der Kohortendatensatz erweitert, indem Betriebs- und Berufsmerkmale – wie die Betriebsgröße oder die Nettokosten der Ausbildung – als Durchschnittsgrößen in den Ausbildungsberufen (auf Basis der BIBB-Erhebung der Kosten und des Nutzens der betrieblichen Ausbildung 2007 ermittelt) und Variablen zur Ausbildungsmarktlage aufgenommen wurden.

  • 129

    Siehe hierzu die Themenseite des Bundesinstituts für Berufsbildung „Übergänge in Ausbildung und Beruf“ https://www.bibb.de/de/44.php

  • 130

    Vgl. beispielsweise das Projekt Praelab http://www.praelab-hdba.de/ oder das hessische Programm QuABB http://www.quabb-hessen.de/ausbildungsabbrueche-vermeiden.html (QuABB sieht auch Beratungsleistungen für Betriebe, Lehrer und Eltern vor). Siehe hierzu auch das Schweizer Pilotprojekt „gemeinsam zum Erfolg“ (Laupper 2017).

  • 131

    Siehe www.ueberaus.de/programme bzw. www.ueberaus.de/regelinstrumente