Die Zahl junger Erwachsener ohne einen formalen beruflichen Abschluss ist ein wesentlicher arbeitsmarktpolitischer Indikator, denn Personen ohne Berufsabschluss tragen auch bei guter konjunktureller Lage ein höheres Risiko der Arbeitslosigkeit (Kapitel A10.1.3). So betrug 2019 die Arbeitslosenquote derer ohne Berufsabschluss 17,0%, während insgesamt nur 5,2% aller Personen in Deutschland arbeitslos waren (vgl. Röttger/Weber/Weber 2020). Des Weiteren verdienen sie im Durchschnitt deutlich weniger als Beschäftigte mit Berufsausbildung (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020). Die Reduktion der Quote nicht formal Qualifizierter (nfQ) junger Erwachsener verbessert somit maßgeblich ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Nicht formal Qualifizierte (nfQ)
Als nfQ bzw. „Ungelernte“ werden alle (erwerbsfähigen) Personen bezeichnet, die keine „erfolgreiche, zertifizierte Teilnahme an formalen (standardisierten, staatlich geregelten oder anerkannten) Bildungsgängen“ (Gottsleben 1987, S. 1), also keinen Abschluss einer dualen oder rein schulischen Berufsausbildung oder eines Fachhochschul- oder Hochschulstudiums (oder gleichwertigen Abschlusses), vorweisen können. Personen mit Anlernausbildung bzw. mit einem Praktikum gelten als nicht formal qualifiziert. Da sich unter den nfQ vor allem in den untersuchten Altersjahrgängen eine erhebliche Anzahl an Personen befindet, die ihre berufliche Ausbildung noch nicht beendet haben oder ihren freiwilligen Wehrdienst, Bundesfreiwilligendienst oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr leisten, wurden bei der Auswertung der Mikrozensusdaten Schüler/-innen,240 Studierende, Auszubildende und Freiwilligendienstleistende nicht zu denjenigen ohne abgeschlossene Berufsausbildung gezählt. Der Anteil der nfQ bezieht sich auf die Anzahl aller Personen in der entsprechenden Alterskohorte.
Zurzeit liegen auf Basis des MZ Daten bis zum Jahr 2019 vor. Demzufolge ist in der Bevölkerung in Privathaushalten der Anteil junger Erwachsener im Alter von 20 bis 34 Jahren ohne Berufsausbildung 2019 gegenüber dem Vorjahr erneut gestiegen. Der Anteil stieg um 0,3 Prozentpunkte, sodass der Anstieg bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% statistisch signifikant ist.241 Auch hochgerechnet stieg die Anzahl der nicht formal qualifizierten jungen Erwachsenen zum Vorjahr an. 2,16 Mio. der 20- bis 34-Jährigen waren nicht formal qualifiziert, was einem Anstieg um rund 40 Tsd. Personen entspricht Schaubild A11.1-1.
Während im Vergleich zum Vorjahr die Ungelerntenquote in der jüngeren Teilgruppe der 20- bis 24-Jährigen mit 13,8% nahezu identisch blieb und um 0,1 Prozentpunkte gefallen ist (2018: 13,9%), ist in den älteren Teilgruppen ein Anstieg zu verzeichnen. Bei den 25- bis 34-Jährigen belief sich der Anstieg auf 0,5 Prozentpunkte, nachdem die Quote in den Jahren 2016 bis 2018 nur moderat um 0,2 bzw. 0,1 Prozentpunkte angestiegen ist (2016: 14,3%; 2017:14,5%; 2018: 14,6%) Tabelle A11.1-1. Die Quote unter den Älteren war höher: So überstieg 2019 die Quote der 25- bis 34-Jährigen die der 20- bis 24-Jährigen um 1,3 Prozentpunkte. Gegenüber dem Vorjahr ist der Abstand größer geworden (2018: 0,7 Prozentpunkte). Der Grund für den Zusammenhang zwischen Alter und dem Anteil der nfQ ist, dass Personen der jüngeren Kohorten sich noch zu größeren Teilen im Bildungswesen befinden.
Mikrozensus (MZ)
Die Auswertungen dieses Kapitels basieren auf dem MZ des Statistischen Bundesamtes. Der MZ ist eine repräsentative Studie, an der jährlich 1% der Bevölkerung in Deutschland über eine laufende Haushaltsstichprobe beteiligt ist und dient der Bereitstellung statistischer Informationen über die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung sowie über die Erwerbstätigkeit, den Arbeitsmarkt und die Ausbildung.
Das Frageprogramm besteht aus einem festen Grundprogramm mit jährlich wiederkehrenden Tatbeständen, die überwiegend mit Auskunftspflicht belegt sind. Darüber hinaus gibt es in vierjährigem Rhythmus Zusatzprogramme, die teilweise von der Auskunftspflicht befreit sind. Das jährliche Grundprogramm des MZ umfasst unter anderem Merkmale zur Person (z. B. Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit), den Familien- und Haushaltszusammenhang sowie darüber hinaus die Merkmale Haupt- und Nebenwohnung, Erwerbstätigkeit, Arbeitssuche, Arbeitslosigkeit, Nichterwerbstätigkeit, Schüler/-in, Student/-in, allgemeiner und beruflicher Ausbildungsabschluss.
Aufgrund einer veränderten Erhebungsmethode sind die Ergebnisse ab 2017 nur noch auf Basis der Bevölkerung in Privathaushalten erhältlich. Ergebnisse für frühere Jahre wurden hieraufhin angepasst und unterscheiden sich von den Ergebnissen in früheren Datenreporten (BIBB-Datenreport 2018, Kapitel A11). Die Ergebnisse basieren auf den Daten des Zensus 2011.
Schaubild A11.1-1: Entwicklung der Zahl und des Anteils der jungen Erwachsenen im Alter von 20 bis 34 Jahren ohne Berufsausbildung von 1996 bis 20191
Tabelle A11.1-1: Junge Erwachsene ohne Berufsausbildung von 2015 bis 20191
Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist die Umstellung des Fragebogens für den MZ mit der Welle 2017 zu beachten. Viele individuelle Merkmale wie auch das Qualifikationsniveau werden seitdem ausschließlich an Personen in privaten Haushalten gerichtet. Die hier berichteten nfQ-Quoten für das Jahr 2019 umfassen demnach keine Personen in Gemeinschaftsunterkünften (z. B. Seniorenheime, Gefängnisse, Klöster und Aufnahmeeinrichtungen).
Auf Basis der Bevölkerung in Privathaushalten ist die nfQ-Quote in den westdeutschen Bundesländern und bei jungen Erwachsenen mit eigener Migrationserfahrung gestiegen (Kapitel A11.3). Des Weiteren fallen Unterschiede zwischen türkischstämmigen Migranten und Migrantinnen mit eigener Migrationserfahrung auf: So lag die nfQ-Quote der Frauen dieser Personengruppe 11,4 Prozentpunkte über der entsprechenden Quote der Männer (Frauen mit türkischem Migrationshintergrund und eigener Migrationserfahrung: 56,5%, Männer der entsprechenden Personengruppe: 45,1%).
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Dabei wurden alle Personen als Schüler/-innen klassifiziert, die innerhalb der letzten zwölf Monate eine Schule besucht haben.
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Das 95%-Konfidenzintervall der nfQ-Quote der 20- bis 34-Jährigen liegt bei etwa ± 0,15 Prozentpunkten. Es ist zu beachten, dass das Konfidenzintervall nur das Design des Mikrozensus berücksichtigt, nicht aber die gebundene Hochrechnung. Auch die nachfolgend berichteten Konfidenzintervalle basieren auf dieser Einschränkung.