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Qualifizierung im Rahmen arbeitsmarktpolitischer Instrumente wird durch die Agenturen für Arbeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gefördert. Die Förderung hilfebedürftiger erwerbsfähiger Personen durch die Jobcenter erfolgt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Zum 1. Januar 2019 wurden mit dem Qualifizierungschancengesetz die Möglichkeiten der Förderung der beruflichen Weiterbildung Beschäftigter und die Beratungsangebote für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (als Weiterbildungsberatung) sowie für Arbeitgeber (als Arbeitsmarktberatung) ausgeweitet. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, frühzeitig und präventiv die Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern, dem Eintritt und der Verfestigung von Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken sowie Betrieben deren Anpassungs- und Qualifizierungsbedarfe zu verdeutlichen. Die Förderung beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wurde ebenfalls neu gefasst.

Zu den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten, die Personen in den Rechtskreisen SGB II und SGB III Qualifizierung ermöglichen, zählen die berufliche Weiterbildung, die berufliche Weiterbildung für behinderte Menschen sowie die ESF-Qualifizierung während Kurzarbeit Tabelle B3.1-1.

Fördervoraussetzungen

Die Förderung der beruflichen Weiterbildung ist in den §§ 81ff. SGB III geregelt. Voraussetzung für eine Förderung durch die BA ist die Feststellung, dass durch eine Weiterbildung eine berufliche Eingliederung erreicht oder drohende Arbeitslosigkeit abgewendet werden kann. Arbeitslose Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können auch gefördert werden, um durch die Erweiterung ihrer beruflichen Kompetenzen die individuelle Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern, wenn dies „nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig ist“ (§ 81 (1) SGB III). Der nachträgliche Erwerb eines Berufsabschlusses wird für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gefördert, die über keinen anerkannten Berufsabschluss verfügen (bzw. nach mehrjähriger an- oder ungelernter Tätigkeit voraussichtlich nicht mehr in ihrem Beruf beschäftigt werden), wenn sie für den Beruf geeignet sind, ein erfolgreiche Teilnahme erwartet werden kann und durch den Berufsabschluss die Beschäftigungschancen voraussichtlich verbessert werden (vgl. § 81 (2) SGB III). Außerdem muss eine Beratung durch die Agentur für Arbeit stattgefunden haben und Maßnahme sowie Träger müssen für die Förderung zugelassen sein.

Die Förderung beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist in § 82 geregelt. Zu den Voraussetzungen gehört u. a., dass Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die über ausschließlich arbeitsplatzbezogene kurzfristige Anpassungsfortbildungen hinausgehen. Die Maßnahme muss außerhalb des Betriebes oder von einem zugelassenen Träger im Betrieb durchgeführt werden und mehr als 120 Stunden umfassen. In welcher Höhe die Weiterbildungskosten und ggf. Arbeitsentgeltzuschüsse von der BA oder dem Betrieb übernommen werden, hängt von zahlreichen Faktoren ab, insbesondere der Betriebsgröße, Merkmalen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und dem Vorhandensein einer Betriebsvereinbarung oder eines Tarifvertrags über Weiterbildung.

Liegen die Voraussetzungen für eine Förderung vor, wird grundsätzlich ein Bildungsgutschein ausgestellt, mit dem die Übernahme der Weiterbildungskosten zugesichert wird. Der Bildungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional und auf bestimmte Bildungsziele beschränkt werden.

Neben den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die durch die Agenturen für Arbeit nach SGB III gefördert werden, gehören auch hilfebedürftige erwerbsfähige Personen, die nach SGB II gefördert werden, zu den förderfähigen Personen. Im Rechtskreis SGB II können abweichend von dem üblichen Bildungsgutscheinverfahren Weiterbildungsmaßnahmen vergeben werden, wenn die Eignung und die persönlichen Lebensverhältnisse des Arbeitssuchenden dies erfordern und keine geeignete Maßnahme verfügbar ist. Dadurch soll die Weiterbildungsteilnahme arbeitsmarktferner Personengruppen erleichtert werden (vgl. § 16 (3a) SGB II).

Für Sonderprogramme der BA gelten spezielle Förderbedingungen.

Förderstatistik der BA

Die Förderung beruflicher Weiterbildung unterscheidet drei Kategorien:

  1. Weiterbildung mit Abschluss: Umschulungen bei einem Träger und betriebliche Einzelmaßnahmen mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf.
  2. Abschlussorientierte berufliche Weiterbildung: Weiterbildungen mit zertifizierter Teilqualifikation.
  3. Sonstige berufliche Weiterbildungen: Dazu gehören u. a. berufsbezogene, übergreifende Weiterbildungen sowie berufliche Aufstiegsweiterbildungen und Maßnahmen zur Förderung von Grundkompetenzen, die an die Aufnahme einer beruflichen Weiterbildung mit Abschluss heranführen.

Berufsbezogene, übergreifende Weiterbildungen sowie der Erwerb von Teilqualifikationen werden von der BA, aber nicht von den zugelassenen kommunalen Trägern erfasst.

In der Förderstatistik werden Förderungen bzw. Teilnahmen von Personen an Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung erfasst. Gezählt werden nicht Personen, sondern Förderfälle bzw. Teilnahmen; eine Person, die in einem Zeitraum oder an einem Zeitpunkt mehrere Förderleistungen erhält, wird daher mehrfach gezählt.

Tabelle B3.1-1: Teilnahme an beruflicher Weiterbildung in den Rechtskreisen SGB III und SGB II im Jahr 2019

Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW)

Die Förderung von Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung nach SGB III (Arbeitsförderung) und nach SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) ist eines der wesentlichen Elemente der aktiven Arbeitsförderung. Sie soll die individuellen Chancen von Menschen am Arbeitsmarkt und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verbessern. Dazu können Qualifikationen an geänderte Anforderungen angepasst oder bislang fehlende Berufsabschlüsse erworben werden.

In den vergangenen neun Jahren entwickelte sich die FbW relativ konstant – nach einem vorübergehenden Anstieg der FbW mit einem Höhepunkt 2009. Im Jahr 2019 ist die Zahl der Eintritte in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen (+8,7%). Diese Zunahme fällt in den westdeutschen Bundesländern mit 10,4% deutlich höher aus als in den ostdeutschen Bundesländern (+4%). Auch der durchschnittliche Jahresbestand war in den letzten sieben Jahren relativ konstant, mit einer Tendenz des Anwachsens der Teilnehmenden aus dem Rechtskreis SGB III. Der Anteil von Maßnahmen, die nach SGB III gefördert werden am Jahresdurchschnittsbestand lag im Berichtszeitraum zwischen ca. 49,4% (2012) und aktuell 65,2%. In den westdeutschen Bundesländern lag der Anteil der nach SGB III geförderten Maßnahmen in diesem Zeitraum immer über 50%, während in den ostdeutschen Bundesländern bis einschließlich 2016 der Anteil an SGB-II-Förderungen im Bestand überwog; 2017 hat der SGB-III-Anteil im Jahresdurchschnittsbestand in den ostdeutschen Bundesländern mit 52,2% erstmals mehr als die Hälfte des Jahresdurchschnittsbestandes erreicht und ist 2019 auf 60,4% angestiegen Schaubild B3.1-1 und Schaubild B3.1-2.

Schaubild B3.1-1: Eintritte in Förderung der beruflichen Weiterbildung nach SGB II und SGB III (inkl. Reha) von 2010 bis 2019

Schaubild B3.1-2: Durchschnittlicher Jahresbestand in Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung nach SGB II und SGB III (inkl. Reha) von 2010 bis 2019

Der Anteil der Eintritte von Frauen in FbW-Maßnahmen hat sich im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert. Der Anteil von Eintritten in Maßnahmen mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf ist 2019 leicht gestiegen. Bei dieser Zahl ist zu berücksichtigen, dass unter „berufliche Weiterbildung mit Abschluss“ Gruppen- und betriebliche Einzelumschulungen gefasst werden. Maßnahmen, die auf die Teilnahme an einer Externenprüfung vorbereiten (Kapitel B3.4) sowie zertifizierte Teilqualifikationen sind darin nicht enthalten. Von den Eintritten in berufliche Weiterbildung entfielen 2019 40,9% auf Personen ohne Berufsabschluss (2018: 39,7%) Tabelle B3.1-2.

Tabelle B3.1-2: Eintritte in FbW (inkl. Reha) nach ausgewählten Merkmalen 2012 bis 2019 (in %)

Der Anteil der unter 25-Jährigen bei den Eintritten lag 2019 leicht unter Vorjahresniveau (2018: 7,2%). Der Fokus bei der Betreuung der unter 25-Jährigen mit Qualifikationsbedarf liegt auf der Vermittlung in Berufsausbildung. Der Anteil der Ausländer/-innen an den Eintritten in Weiterbildung ist weiter gestiegen, von 23,7% auf 26,2%; der Anteil von Langzeitarbeitslosen ging 2019 von 10,3% weiter auf 9,2% zurück (vgl. Statistisches Bundesamt 2019b, 2021d).

Da Geringqualifizierte auch weiterhin schlechtere Arbeitsmarktchancen haben – die Arbeitslosenquote von Personen ohne Berufsabschluss betrug 2019 17,7% und 52% aller Arbeitslosen waren ohne Berufsabschluss (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020a: Arbeitsmarkt 2019, S. 18) – unterstützt die BA sowohl arbeitslose als auch beschäftigte Arbeitnehmer/-innen mit Umschulungen, Teilqualifizierungen und Vorbereitungskursen auf die Externenprüfung, die direkt (Weiterbildung mit Abschluss) oder in Teilschritten (abschlussorientierte berufliche Weiterbildung) zum Berufsabschluss führen. Im Jahr 2019 wurden 52.236 Eintritte in Weiterbildung mit Abschluss und 74.993 Eintritte in abschlussorientierte berufliche Weiterbildung erfasst (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020j). Junge Erwachsene zwischen 25 und 35 Jahren ohne Berufsabschluss werden zusätzlich mit der Initiative Zukunftsstarter angesprochen.

Gefördert werden können Qualifizierungen in Berufen, für die nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist (Kapitel B3.4). Für erfolgreich absolvierte Zwischenprüfungen bzw. Abschlussprüfungen nach beruflicher Weiterbildung können seit 1. August 2016 Weiterbildungsprämien in Höhe von 1.000 € bzw. 1.500 € gezahlt werden. Derzeit werden Daten dazu nur für Förderungen im Rechtskreis SGB III veröffentlicht. Im Zeitraum August 2016 bis Dezember 2019 wurden 1.795 Austritte mit ausgezahlter Weiterbildungsprämie zur Zwischenprüfung, 18.996 Austritte mit ausgezahlter Weiterbildungsprämie zur Abschlussprüfung sowie 10.570 Austritte, für die sowohl eine Weiterbildungsprämie für die Zwischen- als auch für die Abschlussprüfung gezahlt wurden, erfasst (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020j).

Förderung beschäftigter Arbeitnehmer/-innen in Unternehmen

Weiterbildung von Beschäftigten, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen, und von geringqualifizierten Beschäftigten, um ihnen zusätzliche Qualifikationen für den Arbeitsmarkt zu verschaffen und ihre Beschäftigungschancen und Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten bzw. zu erweitern war die Zielsetzung des erstmals 2006 aufgelegten und seit April 2012 entfristeten Programms Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer Unternehmen (WeGebAU). Das Programm WeGebAU bot als Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung Zuschüsse zu Weitbildungskosten und einen Arbeitsentgeltzuschuss für weiterbildungsbedingte Ausfallzeiten sowie eine Pauschale zu den Sozialversicherungsbeiträgen. Der Umfang der jeweiligen Förderungen hing von zahlreichen Faktoren ab, wie Betriebsgröße und Alter der Beschäftigten.

2018 wurden in WeGebAU 36.877 Zugänge erfasst, davon 24.230 Zugänge in Weiterbildung und 12.647 Arbeitsentgeltzuschüsse.

Mit dem Qualifizierungschancengesetz wurde zum 1. Januar 2019 die Förderung der Weiterbildung beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer neu geregelt und erweitert. Die Förderung soll darauf gerichtet sein, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die berufliche Tätigkeiten ausüben, die durch Technologien ersetzt werden können oder in sonstiger Weise vom Strukturwandel betroffen sind, eine Anpassung und Fortentwicklung ihrer beruflichen Kompetenzen zu ermöglichen.

Als Voraussetzung für die Übernahme von Weiterbildungskosten durch die BA wird in § 82 (1) festgelegt, dass

  1. Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die über ausschließlich arbeitsplatzbezogene kurzfristige Anpassungsfortbildungen hinausgehen,
  2. der Erwerb eines anerkannten Berufsabschlusses in der Regel mindestens vier Jahre zurückliegt,
  3. die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer in den letzten vier Jahren vor Antragsstellung nicht an einer nach dieser Vorschrift geförderten beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat,
  4. die Maßnahme außerhalb des Betriebes oder von einem zugelassenen Träger im Betrieb, durchgeführt wird und mehr als 160 Stunden dauert,
  5. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.

Die Höhe der Grundförderung ist von der Betriebsgröße abhängig: Bei Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten kann von einer Kostenbeteiligung des Arbeitgebers abgesehen werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer bei Beginn der Teilnahme das 45. Lebensjahr vollendet hat oder schwerbehindert ist. Die Zuschüsse zum Arbeitsentgelt während der Weiterbildung können für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, bei denen die Voraussetzungen für eine Weiterbildungsförderung aufgrund eines fehlenden Berufsabschlusses erfüllt sind, in voller Höhe übernommen werden, inkl. des darauf entfallenden pauschalen Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Die Mindestbeteiligung des Arbeitgebers an den Lehrgangskosten verringert sich bei Vorliegen einer Betriebsvereinbarung über die berufliche Weiterbildung oder eines Tarifvertrages, der betriebsbezogen berufliche Weiterbildung vorsieht, sowie bei erhöhtem Weiterbildungsbedarf im Betrieb.

Tabelle B3.1-3: Weiterbildung beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Grundförderung

Initiative Zukunftsstarter

Unter dem Namen „Zukunftsstarter“ wurde im Zeitraum vom 1. August 2016 bis Ende 2020 die Initiative Erstausbildung junger Erwachsener (2013 bis 2015) fortgesetzt, mit dem Ziel, bis 2020 insgesamt 120.000 junge Erwachsene zwischen 25 und 35 Jahren ohne Berufsabschluss (Kapitel A11, Kapitel B3.4) für eine abschlussorientierte Qualifizierung zu gewinnen. Im Jahr 2019 haben 29.800 (2018: 27.000) junge Erwachsene eine abschlussorientierte Weiterbildung begonnen, davon 19.600 im Rechtskreis SGB III und 10.200 im Rechtskreis SGB II. Zusätzlich haben 7.300 junge Erwachsene eine nicht geförderte Berufsausbildung aufgenommen. 3.300 junge Menschen haben an Maßnahmen zur Verbesserung von Grundkompetenzen teilgenommen (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020f: Geschäftsbericht 2019).

(Katrin Gutschow)