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Das Wichtigste in Kürze

Zielsetzung des Kapitels ist es, die indikatorengestützte Berichterstattung des Datenreports zum Berufsbildungsbericht der Bundesregierung um ausgewählte Daten zur Internationalisierung der beruflichen Bildung und zur Entwicklung der Berufsbildung weltweit und insbesondere in Europa zu erweitern. Die Entwicklungen der vereinbarten Benchmarks aus dem gemeinsamen Arbeitsprogramm der EU zu Bildung und Ausbildung „Education and Training 2020“ (ET 2020) und der Jugendarbeitslosigkeit in Europa werden in jeweiligen UnterKapiteln ebenso fortgeschrieben wie die Informationen zur internationalen Mobilität in Ausbildung und Beruf und zur Umsetzung des Gesetzes zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen.

Das Schwerpunktthema der höherqualifizierenden Berufsbildung wird im Kontext der OECD-Bildungsstatistik betrachtet (Kapitel D2). Dabei werden neben OECD-Daten zur Bundesrepublik Deutschland auch Daten aus weiteren ausgewählten Mitgliedsstaaten der OECD betrachtet. In Deutschland nahmen dieser Statistik zufolge im Jahr 2018 30% der jungen Menschen im Alter zwischen 20 und 24 Jahren an einem tertiären Bildungsprogramm (ISCED-Niveau 5-8) teil. Der OECD-Durchschnitt lag im gleichen Jahr bei 33%, wobei in der ausführlichen Darstellung erläutert wird, warum insbesondere für Deutschland die internationale Datenlage lückenhaft ist und die Erfassungsmethodik und Zuordnungslogik der ISCED-Niveaus zu Fehlinterpretationen führen kann. Die Ableitung bildungspolitischer Empfehlungen kann nicht allein aufgrund der vergleichsweise niedrigen Bildungsbeteiligung im tertiären Bereich in Deutschland erfolgen, sondern bedarf einer Einbettung ins gesamte Bildungssystem. Berufliche Höherqualifizierung, die der tertiären Bildung zuzuordnen ist, wird nicht in vollem Umfang angemessen abgebildet. Insbesondere der seitens der OECD vertretene Zusammenhang zwischen der Höhe des Bildungsabschlusses und der Beschäftigungsquote bleibt im Hinblick auf eine damit verbundene Förderung hochschulischer Bildung weiterhin kritikwürdig.

Mit Blick auf weitere internationale und europäische Entwicklungen ist hervorzuheben:

  • Der Trend einer rückläufigen Jugendarbeitslosigkeit setzte sich in Europa auch im Jahr 2019 fort. Sie betrug im europäischen Durchschnitt 14,4%. Auch wenn betriebsintegrierten Formen der Ausbildung eine wachsende Bedeutung zukommt und sie nicht nur in Ländern mit einem dualen System zu beobachten sind, bleiben junge Menschen (15 bis 24 Jahre) stärker vom Risiko der Arbeitslosigkeit bedroht als ältere Altersgruppen (relative Jugendarbeitslosigkeit). In Deutschland ging die Jugendarbeitslosigkeit weiterhin leicht zurück und ist im Jahr 2019 mit 5,8% auf dem niedrigsten Niveau im Vergleich aller betrachteten Länder (Kapitel D1.3).
  • Im internationalen Vergleich der betrieblichen Ausbildungsquoten (basierend auf nationalen Daten sowie den Erwerbstätigenzahlen der ILO) weist Deutschland nach der Schweiz das stärkste Verhältnis von betrieblichen Auszubildenden an allen Erwerbstätigen auf. Seit 2016 liegt das Niveau stabil bei 3,2%, wobei die Prozentwerte jeweils vor dem Hintergrund einer steigenden absoluten Zahl der Erwerbstätigen zu interpretieren sind.
    In Ländern wie Kanada oder Australien befinden sich die meisten Auszubildenden in klassisch handwerklichen Berufen. In Deutschland gibt es hingegen hohe Ausbildungszahlen in technisch-handwerklichen Berufen sowie vor allem im Bereich der Kaufleute (Kapitel D1.1).
  • Die auf Deutschland bezogenen Daten zur Erreichung der europäischen Benchmarks im EU-Arbeitsprogramm „Allgemeine und berufliche Bildung 2020“ (ET 2020) bilden in der 10-Jahresspanne (2009 bis 2019) aufschlussreiche Entwicklungen ab (Kapitel D1.2): Bei der Beschäftigungsquote der 20- bis 34-Jährigen (EU-Benchmark: 82%) kann Deutschland innerhalb der EU mittlerweile die zweithöchste Quote mit 92,7% vorweisen. Diesem Wert liegt eine moderat positive Entwicklung innerhalb der EU in den letzten zehn Jahren (auch der weltweiten Finanzkrise) zugrunde. Auswirkungen der COVID-19-Pandemie bleiben abzuwarten.
    Mit 35,5% der 30- bis 34-Jährigen, die einen Bildungsabschluss erzielen, der im EU-Kontext unter tertiärer Bildung gefasst wird, liegt Deutschland unterhalb des EU-Mittelwerts von plus 40,3%. Im zehnjährigen Beobachtungsraum ist das für Deutschland ein Anstieg von plus 6,1% seit 2009, allerdings liegt auch hier der Wert unterhalb des EU-weiten Mittels von 9,2%. Europaweit wie national ist hier ein Stadt-Land-Gefälle in der Längsschnittanalyse zu konstatieren, das sich über die Jahre verstärkt hat zugunsten höherer Teilhabezahlen an tertiärer Bildung in den Städten. Auch gilt in der Bewertung zu berücksichtigen, dass die ausgewerteten Bildungsdaten den Bereich der beruflichen Aufstiegsfortbildung nicht vollständig umfassen und in Europa das jeweilige nationale Verständnis, was unter „tertiärer Bildung“ zu verstehen ist, divergiert.Auch bei der Beteiligung Erwachsener am lebenslangen Lernen (EU-Benchmark: mindestens 15%) verharrt Deutschland mit einem Wert von 8,2% stabil unter dem EU-Durchschnitt von 10,8%. Sehr nah, aber auch hier konstant über dem vereinbarten Ziel, liegt Deutschland beim Anteil der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger/-innen (EU-Benchmark: 10%; Wert für Deutschland 2019: 10,3%). Bei diesem Indikator ist sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene eine geschlechtsspezifische Diskrepanz erkennbar, insofern, dass seit 2009 konstant weniger Frauen als Männer ihre Ausbildung vorzeitig abbrechen. Hinsichtlich der mit PISA erhobenen Grundkompetenzen ist festzustellen, dass sich die Werte in der EU in den letzten zehn Jahren kaum verbessert und für Deutschland sogar verschlechtert haben.
  • Grenzüberschreitende Mobilität und damit verbundene Auslandserfahrung haben in der europäischen wie nationalen Bildungspolitik eine hohe Priorität (Kapitel D3): Die Folgen des Brexit wie insbesondere auch die Auswirkungen der Coronapandemie haben insgesamt jedoch dazu geführt, dass die meisten Auslandsaufenthalte in 2020 nicht in der geplanten Form durchgeführt werden konnten.
    Im Jahr 2020 hat der Rat der Europäischen Union in ihrer Empfehlung zur Aus- und Weiterbildung das Ziel formuliert, den Anteil junger Menschen, der im Rahmen einer beruflichen Erstausbildung internationale Erfahrungen gesammelt hat, um zwei Prozentpunkte auf die neu gültige europäische Benchmark von 8% zu steigern. Auf nationaler Ebene gilt der Benchmark von 10% bis 2020. Aktuelle Schätzungen gehen für das Jahr 2019 von einer Mobilitätsquote in der beruflichen Erstausbildung in Deutschland von 7% aus. Mit 23.131 bewilligten Stipendien für Auslandsaufenthalte von Lernenden ist die Zahl der Erasmus+ finanzierten Auslandsaufenthalte erstmals seit 2007 gesunken (minus ca. 12%). In dieser Entwicklung schlagen sich die Unsicherheiten im Jahr 2020 nieder, ob Auslandsaufenthalte im Vereinigten Königreich – dem zahlenmäßig wichtigsten Zielland – im Rahmen des jährlichen Aufrufs noch förderfähig bleiben. Für 2019 ausgelaufene Erasmus+-Projekte wurde ermittelt, dass die Industriekaufleute innerhalb der dualen Berufe weiterhin international am mobilsten sind: 11,6% dieser Auszubildenden nutzten die Möglichkeit eines Auslandsaufenthalts im Rahmen von Erasmus+. Stark unterrepräsentiert bleiben in der Auslandsmobilität die Verkaufsberufe.
    Im nationalen Förderprogramm „AusbildungWeltweit“, das nach einer Pilotphase im Jahr 2019 gestartet ist und weltweite Auslandsaufenthalte in der Berufsausbildung unterstützt, wurden bisher ca. 1.200 Aufenthalte in 44 Ländern bewilligt. Hauptzielländer waren China und die USA.
  • Bei der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen setzte sich der Trend steigender Anträge vor allem zu Qualifikationen aus Drittstaaten fort (Kapitel D4): Von April 2012 bis Ende 2019 wurden insgesamt 173.823 Anträge auf Anerkennung einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation nach dem Bundesgesetz gestellt.
    Bei den 43.128 im Jahr 2019 gestellten Anträgen
    • handelte es sich in mehr als drei Viertel aller Fälle (33.120) um Berufe, die bundesrechtlich geregelt sind. Der Anstieg der Zahl der Anträge im Vergleich zum Vorjahr beruht wesentlich auf Zuwächsen im Bereich der insgesamt ca. 600 bundesrechtlich geregelten Berufe;
    • war die Nachfrage bei den bundesrechtlich geregelten Berufen erneut mit deutlichem Abstand am höchsten bei den medizinischen Gesundheitsberufen, insbesondere bei den reglementierten Referenzberufen Gesundheits- und Krankenpfleger/-in sowie Arzt/Ärztin; die landesrechtlich geregelten Berufe wurden von den Ingenieurinnen und Ingenieuren angeführt, gefolgt von den Lehrerinnen und Lehrern;
    • war auch bei den nicht reglementierten Berufen auf Bundesebene ein Zuwachs um 5% zu verzeichnen. Hier bildeten Kaufmann bzw. -frau für Büromanagement, Elektroniker/-in und Elektroanlagenmonteur/-in die drei antragsstärksten nicht reglementierten deutschen Referenzberufe;
    • wurde die berufliche Qualifikation der Antragstellenden bei bundesrechtlich geregelten Berufen am häufigsten in Bosnien und Herzegowina, auf den Philippinen (nahezu vollständig Qualifikationen im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege) und in Serbien erworben. Berufsqualifikationen aus Syrien, die im Jahr 2018 diese Reihenfolge noch anführten, sind nun an vierter Stelle zu finden;
    • wurden rund 30% der Anträge zu bundesrechtlich geregelten Berufen aus dem Ausland gestellt. Für 2019 war mit 9.840 Auslandsanträgen die bisher höchste gemeldete Antragszahl seit Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes zu verzeichnen. Hier bezogen sich die meisten Anträge ebenfalls auf die medizinischen Gesundheitsberufe. Die Mehrzahl der Auslandsanträge stammen aus Drittstaaten, angeführt von den Philippinen und Serbien.

Von den insgesamt 34.695 im Jahr 2019 beschiedenen Verfahren zu bundesrechtlich geregelten Berufen endeten bei den reglementierten Berufen 50,4% und bei den nicht reglementierten Berufen 49,3% mit einer vollen Gleichwertigkeit. Die Differenzierung nach Herkunft der Qualifikation zeigt deutliche Unterschiede zwischen Qualifikationen aus der EU und aus Drittstaaten. Erging für Qualifikationen aus der EU (inkl. EWR und Schweiz) in 80,3% der beschiedenen Verfahren die volle Gleichwertigkeit – oftmals verbunden mit einer automatischen Anerkennung nach der europäischen Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (2005/36/EG) – so beschieden zuständige Stellen bei Verfahren für Qualifikationen aus Drittstaaten in 39,4% der Fälle die volle Gleichwertigkeit.

Der weiterhin hohe Informationsbedarf zum Thema Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen bleibt an den insgesamt ca. 16,5 Mio. Seitenaufrufen des Informationsportals der Bundesregierung (www.anerkennung-in-deutschland.de) seit 2012 erkennbar. Zu Jahresbeginn 2020 war im Umfeld des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes, das im März 2020 in Kraft trat, ein hohes Interesse an den Portalinformationen erkennbar, das dann aufgrund der Mobilitätsbeschränkungen durch die COVID-19-Pandemie zunächst zurückging. In der Gesamtbetrachtung 2020 entsprechen 2,9 Mio. Seitenbesuche weitgehend denen des Vorjahres (2,8 Mio.). Seit Juni 2020 steht das Portal in einer komplett überarbeiteten Fassung zur Verfügung. Es bietet seine Informationen in elf Sprachen an, wobei neben der deutschen Fassung Englisch und Türkisch die nachgefragtesten Sprachversionen stellen.

(Birgit Thomann)