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Der öffentliche Dienst (ÖD) umfasste 2019 insgesamt 4,9 Mio. Beschäftigte, davon rund 3,2 Mio. Tarifbeschäftigte (vgl. Statistisches Bundesamt 2020a). Im Jahr 2019 waren im ÖD insgesamt 250.650 „Personen in Ausbildung“ (vgl. Statistisches Bundesamt 2020b). Im Sinne des BBiG gab es 41.193 Auszubildende in unterschiedlichen Berufsbereichen312 (Kapitel A6.2). Von diesen beruflich Auszubildenden waren 26.028 bzw. 63,2% Frauen, im nicht technischen Bereich bzw. in verwaltenden Qualifikationen sogar 73,2% (24.660 von 33.705).

Im Jahr 2019 nahmen im ÖD 2.847 Personen erfolgreich an Fortbildungs-/Meisterprüfungen teil, davon 1.767 Frauen; über alle Bereiche hinweg waren es insgesamt 90.276 Personen (Kapitel C2.1.2).

Entwicklungsmöglichkeiten beruflich Qualifizierter im nicht technischen öffentlichen Dienst

In der allgemeinen Verwaltung sind eine Vielzahl unterschiedlich gestalteter Fortbildungsprüfungsregelungen der nach BBiG zuständigen Stellen gegeben (vgl. Elsner 2011). Diese konkurrieren mit tarifrechtlichen Abschlüssen und hier insbesondere mit den „Beschäftigtenlehrgängen II“.

Im Bereich der Justiz werden keine beruflichen Anschlussqualifizierungen angeboten. Vereinzelt wird über kurzzeitige Zusatzqualifizierungen für eine beamtenrechtliche Laufbahnzulassung ausgebildet und es können dann die beamtenrechtlichen Aufstiegsoptionen genutzt werden.

Im Bereich der Sozialversicherungen gibt es in der Fachrichtung Gesetzliche Rentenversicherung und knappschaftliche Versicherung seit 2012 die erste bundeseinheitliche, staatlich anerkannte Fortbildungsprüfungsregelung nach dem BBiG. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung bestehen für den Bund anerkannte und für den Bereich der AOK spezifische Angebote. In der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung gibt es ein internes Aufstiegssystem der BA. Der Aufstieg für Beschäftigte in der gesetzlichen Unfallversicherung wird nur über eine akademische Qualifizierung sichergestellt. Dies ergibt ein insgesamt uneinheitliches Bild.

In den Querschnittsbereichen Medien und Information oder Bürowirtschaft mit den Ausbildungsberufen Fachangestellte/-r für Medien- und Informationsdienste und Kaufleute für Büromanagement ist zum einen eine Anschlussqualifizierung regional nur sehr eingeschränkt und teilweise hochschulbasiert möglich (vgl. Holste-Flinspach 2020), zum anderen wird der im ÖD anerkannte und ausgebildete Ausbildungsberuf in der weiteren Aufstiegsqualifizierung teilweise nicht anerkannt Schaubild C2.1.5-1.

Schaubild C2.1.5-1: Überblick Berufliche Aufstiegsfortbildung im ÖD

Weiterentwicklung der Aufstiegsfortbildung im ÖD

In jüngster Zeit sind einige Aktivitäten zur Weiterentwicklung der Aufstiegsfortbildung im ÖD in Gang gesetzt worden:

Ein aktuelles BIBB-Entwicklungsprojekt hat sich mit der Berufsbildung im ÖD befasst; der hier eingesetzte Projektbeirat hat grundlegende Empfehlungen ausgesprochen (vgl. Elsner 2020a, S. 263ff.). Eine Empfehlung lautet, ein Aufstiegskonzept für Mitarbeiter/-innen im ÖD sicherzustellen. In weiteren Empfehlungen geht es um eine verstärkte Forschung zur Weiterentwicklung von Bildungskonzepten, die Zuordnung der Angebote zum DQR und die Herstellung der Durchlässigkeit zu Beamtenlaufbahnen. Dies hat in der Folge zu weitergehenden Aktivitäten geführt, u. a. wurden Voruntersuchungen zu Berufsausbildungen in den Bereichen Justiz sowie Medien und Information eingeleitet (vgl. Elsner 2019, 2020b).

Die Fachgewerkschaft ver.di hat ein Konzept zur Aufstiegsfortbildung mit drei Ebenen im ÖD vorgelegt (vgl. Pieper 2020). Ziel ist die Schaffung einer bundesweiten Anerkennung für die berufliche Aufstiegsfortbildung für den Verwaltungsdienst, um die Attraktivität des ÖD zu erhalten und die Karrierechancen insbesondere auch für Frauen zu verbessern. Das Konzept sieht die Schaffung von Fortbildungsangeboten ausgehend von der beruflichen Erstausbildung über Abschlüsse auf Ebene des Bachelor Professionals bis zum Master Professional vor.

2019 hat der IT-Planungsrat das Forschungs- und Umsetzungsprojekt Qualifica Digitalis zur digitalen Qualifizierung des öffentlichen Sektors mit dem Schwerpunkt Berufsbildung initiiert (vgl. IT-Planungsrat 2020). Projektbeginn war der 1. Januar 2020, die Dauer ist auf ca. 2,5 Jahre ausgelegt. Die Federführung im Projekt hat das Land Bremen in Kooperation mit dem Bund unter Beteiligung weiterer Bundesländer und Kommunen. Neben weiteren namhaften Forschungsinstituten ist auch das BIBB beratend in die Erarbeitung eingebunden.313 Es soll eine wissenschaftliche Analyse und Aufbereitung zu veränderten Kompetenzanforderungen, Qualifikationsentwicklungen, Qualifizierungsmöglichkeiten und zum Rechtsstatus der Beschäftigten im öffentlichen Sektor durch die Digitalisierung (einschl. des Einsatzes von künstlicher Intelligenz) der Verwaltung erstellt werden. Im Ergebnis sollen die Entwicklungen der Qualifizierung durch die Digitalisierung einschließlich Lehr-/Lernkonzepten und -methoden in der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung bewertet werden. Damit werden strategische Schlussfolgerungen für den künftigen Qualifizierungsprozess im öffentlichen Sektor erarbeitet, insbesondere im Hinblick auf Qualifizierungsstrategien einschließlich konkreter Umsetzungsvorschläge für die berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung und die Personalentwicklung der öffentlichen Verwaltung.

Ein wichtiger, konkreter Schritt zur Weiterentwicklung der Aufstiegsfortbildung im ÖD ist die bundesweite Vereinheitlichung der Rahmenpläne für die Fortbildungen der zuständigen Stellen zum/zur Verwaltungsfachwirt/-in durch den Bundesverband Verwaltungsschulen und Studieninstitute (BVSI) im Jahr 2017 (vgl. Bundesverband Verwaltungsschulen und Studieninstitute 2017). Inhaltlich werden für die allgemeine Verwaltung die zu vermittelnden Ziele durch Methoden-, Sozial- und Rechtskompetenzen, politikbezogene sowie wirtschaftliche und durch Verwaltungsmanagement-Kompetenzen näher konkretisiert. Des Weiteren werden Anforderungen an die abzulegende Prüfung sowie an Stundenumfang und Präsenzzeiten bestimmt.

Damit sind erstmals gemeinsame Eckdaten für die Aufstiegsfortbildung der Verwaltungsfachwirte mit Lernzielen geschaffen worden, die auch eine bundesweite Regelung einer einheitlichen Abschlussprüfung durch den Bundesgesetzgeber nahelegen.

Fazit

Die Aufstiegsfortbildungen im nicht technischen ÖD basieren bisher auf keinem kongruent ausformulierten Konzept, z. B. im Hinblick auf Standards oder auf ein systematisches Angebot auf allen Bildungsebenen. Hier besteht Diskussions- und Nachholbedarf im Verhältnis zu den anderen Sektoren, um den Anschluss an die modernen Entwicklungen in der Berufsbildung zu halten. In jüngster Zeit gibt es erste Ansätze und Initiativen, entsprechende Konzepte zu erarbeiten und umzusetzen.

Zukunftsweisend wäre ein Modell eines Aufstiegsfortbildungssystems für den öffentlichen Dienst, das einen konsequenten vertikalen Aufstieg von der beruflichen Erstausbildung über Anpassungsfortbildungen, die anrechenbar auf aufstiegssichernde Fortbildungsabschlüsse der zweiten Ebene sind, bis hin zu einem Aufstieg in eine dritte Fortbildungsebene gewährleistet. Gleichzeitig könnte ein solches Modell horizontale Zugänge in die Hochschulqualifizierung und in das beamtenrechtliche Laufbahnsystem bieten.

(Martin Elsner)