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Einleitung

Die Pflegeausbildung erfolgt nach dem Pflegeberufegesetz (PflBG) des Bundes und ist in erster Linie eine grundständige und dual strukturierte Ausbildung. Die Gesetzgebungskompetenz für Fachweiterbildungen im Gesundheitsbereich liegt, aufgrund der föderalen Zuständigkeit, bei den 16 Bundesländern. Neben der vertikalen Durchlässigkeit, die beispielweise in Führungspositionen mündet, ermöglicht das System der Pflegeberufe die horizontale Spezialisierung über Fachweiterbildungen, die nach abgeschlossener Ausbildung und zeitlich vorgegebener Berufserfahrung angeschlossen werden können. Diese Weiterbildungen im Berufskontext werden im Unterschied zu den Angeboten der Fachschulen und der höherqualifizierenden Berufsbildung nach BBiG/HwO nicht als Aufstiegsfortbildung bezeichnet. Eine Fachweiterbildung in der Pflege trägt zu einer Spezialisierung in einem hochkomplexen pflegerischen Bereich und zur Erreichung eines zusätzlichen qualifizierten Abschlusses bei. Durch das Absolvieren einer berufsbegleitenden Fachweiterbildung erlangt die Pflegefachkraft fachspezifische Kompetenzen. Neben der Vermittlung wissenschaftlichen Basiswissens werden Kompetenzen zur Reflektion und Evaluation im interdisziplinären Team entwickelt. So kann die Qualität in der Versorgung der pflegebedürftigen Menschen kontinuierlich verbessert werden. Es gibt verschiedene Bereiche im Gesundheitssystem, in denen von der Pflegefachkraft eine fachspezifische Fachweiterbildung gefordert wird. Deshalb wird beispielsweise im onkologischen Bereich eine onkologische Pflegefachweiterbildung, für den Bereich Hygiene eine Hygienefachweiterbildung, für die Psychiatrie eine psychiatrische Fachweiterbildung und für die ambulante Versorgung die Weiterbildung Fachkraft in der häuslichen Pflege angeboten. Fachweiterbildungsstätten in der Pflege sind oft an Krankenhäusern angesiedelt, jedoch bieten auch externe Akademien und Hochschulen Pflegefachweiterbildungen an.

Der vorliegende Beitrag fokussiert die Fachweiterbildung in der Intensivpflege und Anästhesie und zeigt im Vergleich die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Weiterbildungsregelungen der einzelnen Bundesländer auf.

Pflegeausbildung und professionelle Pflege

Nach der Definition des International Council of Nurses (ICN)318 umfasst die professionelle Pflege die eigenverantwortliche Versorgung und Betreuung von Menschen aller Altersgruppen und deren Familien. Pflege umfasst in allen Settings die Prävention sowie die Förderung der Gesundheit und die Versorgung und Betreuung kranker, behinderter und sterbender Menschen. Weitere Aufgaben der Pflege sind die Wahrnehmung der Interessen und Bedürfnisse (Advocacy) von Betroffenen, die Pflegeforschung, die Mitwirkung in der Gestaltung der Gesundheitspolitik sowie das Management des Gesundheitswesens und in der Pflegebildung.

Ländervergleich

Informationen über die Fachweiterbildung der Intensivpflege und Anästhesie in den einzelnen Bundesländern sind sehr unterschiedlich zugänglich. Es gibt keine bundesweite Grundlage, entscheidend sind die jeweiligen Landesverordnungen. Während die Weiterbildung in jedem Bundesland angeboten wird, verfügen jedoch nur 13 der 16 Bundesländer über eigene Verordnungen. Bayern, Berlin und Sachsen-Anhalt haben andere Vorgaben.

Viele der Verordnungen lehnen sich an die Empfehlungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft319 an. Diese beschreiben sehr ausführlich den Weiterbildungsverlauf mit ihren Inhalten und halten Dokumente und Vorlagen für Urkunden bereit. Die bisher am längsten gültige Prüfungsordnung gibt es im Saarland; viele Prüfungsverordnungen sind in den letzten zwei Jahren aktualisiert worden. Auch die Prüfungsverordnungen für die Fachweiterbildung in der Intensivpflege, die zuletzt im Jahr 2019 verabschiedet wurde, basiert in einigen Bundesländern auf der Empfehlung der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Dagegen haben andere Bundesländer eine umfangreiche übergeordnete eigenständige Verordnung für die Weiterbildung in der Intensivpflege in ihrem Landesrecht verankert. Einige wenige Verordnungen sind seit 2008 nicht mehr angepasst worden. Jedoch ist bisher noch in keinem Bundesland eine Anpassung an das am 1. Januar 2020 in Kraft getretene PflBG zu erkennen. Die Heterogenität der Länderregelungen ist in Tabelle C2.2.2-1 Internet dargestellt.

Die Voraussetzungen für die an der Fachweiterbildung Teilnehmenden sind deutschlandweit weitestgehend einheitlich geregelt. Es wird eine erfolgreich abgeschlossene examinierte Pflegeausbildung von allen Bundesländern gefordert. Zusätzlich muss in den meisten Bundesländern eine anschließend mindestens ein- oder zweijährige berufliche Tätigkeit in der Pflege nachgewiesen werden, von der mindestens sechs Monate in einem intensivpflegerischen Bereich absolviert wurde. Bundesländer, auf die diese Regelung nicht zutrifft, setzen ausschließlich eine sechsmonatige Tätigkeit in einem intensivpflegerischen Bereich voraus.

In allen Bundesländern wird die Fachweiterbildung Intensivpflege in theoretischen und praktischen Unterricht sowie in praktische Weiterbildung an verschiedenen Einsatzorten unterteilt. Die verschiedenen Einheiten werden im Wechsel durch Blockunterricht und den praktischen Einsatzorten organisiert. In einigen Bundesländern sind die Unterrichtseinheiten modularisiert. Die staatlich anerkannte Abschlussprüfung findet schriftlich, mündlich und, ausgenommen Berlin und Bremen, praktisch statt. Als schriftliche Prüfung ist entweder eine Klausur oder eine Facharbeit zu schreiben. Die Noten der einzelnen Modulabschlussprüfungen werden bei der Bewertung hinzugezogen. In der mündlichen Prüfung werden entweder Fragen beantwortet oder eine vorgegebene exemplarische Fallsituation anhand bestimmter Kriterien bearbeitet bzw. es wird ein übergreifendes Kolloquium durchgeführt. Die praktische Abschlussprüfung wird im pflegerischen Setting an Patientinnen und Patienten vorgenommen. Eine Ausnahme stellt hier Mecklenburg-Vorpommern dar. Hier dürfen sich die Absolventen und Absolventinnen die Prüfungsform entweder als eine Simulationsprüfung, eine mündliche Prüfung oder eine praktische Prüfung aussuchen. Die Dauer der Fachweiterbildung beträgt in der Regel zwei Jahre; in Berlin, Niedersachsen und Sachsen auf längere Antragstellung, in Sachsen-Anhalt und Hamburg kann sie jedoch in dem Zeitraum bis zu fünf Jahre absolviert werden. In Schleswig-Holstein, Thüringen und im Saarland sehen Gesetz und Verordnungsblatt keine Zeitangabe vor.

Die Fachweiterbildung wird mit Ausnahme von zwei Bundesländern (Hamburg und Schleswig-Holstein) in die Schwerpunktbereiche Intensivpflege und Anästhesie unterteilt.

Die Praxisanteile während der Fachweiterbildung betragen in den verschiedenen Intensivpflegebereichen und der Anästhesie durchweg mindestens 1.600 bis zu 2.000 praktische Stunden, der theoretische Unterricht überwiegend 720 bis 820 Unterrichtsstunden. In den Verordnungen werden vor allem fachspezifische Intensivstationen, Intensivüberwachungsstationen, Intermediate Care und das Gebiet der Anästhesie genannt. In Baden-Württemberg, Hamburg, Brandenburg, Thüringen und in Schleswig-Holstein werden Praxisanleitungen während der praktischen Einsätze gefordert. Auf der Suche nach einer im Rahmen der Fachweiterbildung zu erlangenden zusätzlichen integrierten Qualifikation wie beispielsweise die Erlaubnis zur Praxisanleitung werden nur in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Hamburg als Wahlpflichtbereiche angeboten.

Zu den Kosten der Fachweiterbildung in der Intensivpflege werden in den Verordnungen sämtlicher Bundesländern keinerlei Angaben gemacht. Der Blick auf die einzelnen Ausbildungsstätten lässt jedoch Beträge von bis zu 6.000 € identifizieren. Bei manchen Krankenhausträgern, die die Kosten für die Weiterbildung übernehmen, wird der in der Intensivpflege weitergebildete Pflegende bis zu zwei Jahre für den Verbleib in der zahlenden Einrichtung verpflichtet.

Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen an die Fachausbildung in den Verordnungen der einzelnen Bundesländer, sind die Lernziele vielfältig und unterschiedlich definiert, weshalb sie an dieser Stelle auch nicht vertiefend dargestellt werden können.

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Fachweiterbildung in der Intensivpflege und Anästhesie tragen die Pflegefachpersonen die Berufsbezeichnung „(Pflege)Fachkraft für Intensivpflege“, „Fachpfleger/-in für Intensivpflege und Anästhesie“ oder „Fachgesundheits- und Krankenpfleger/-in für Intensivpflege und Anästhesie“. Nur in Schleswig-Holstein wird die Fachweiterbildung in den Bereichen Intensivpflege und die Anästhesiepflege separat angeboten. In Hamburg führen die pädiatrischen integrierten Module zu der Fachweiterbildung in der Intensivpflege zu einer ergänzenden Berufsbezeichnung zum/zur Fachgesundheits- und Krankenpfleger/-in oder zum/zur Fachgesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-in für Intensivpflege mit Spezialisierung.

Unterschiede gibt es in den Bundesländern auch bei der Anrechnung der Fachweiterbildung. So sind einige Länder bereits in Richtung Akademisierung ausgerichtet, sind dementsprechend modularisiert und vergeben nach erfolgreichem Abschluss 120 Credit Points, die bei der Aufnahme zu einem Bachelorstudium durch Anrechnung eine Verkürzung der Studienzeit ermöglicht.

Herausforderungen der Weiterentwicklung der Fachweiterbildung

Die unterschiedlichen Anforderungen an Struktur und Inhalte der Fachweiterbildung in der Intensivpflege und Anästhesie lassen erheblich heterogene Kompetenzniveaus der Absolventen/Absolventinnen zu. Dadurch wird die berufliche Mobilität der Absolventen/Absolventinnen zwischen den einzelnen Bundesländern erschwert. Allerdings werden, möglicherweise auch aufgrund des hohen Personalbedarfs, die unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Fachweiterbildungen in den einzelnen Bundesländern toleriert.

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) fordert bereits seit einigen Jahren, die beruflichen Fachweiterbildungen der Pflege in den Funktionsdiensten, unter anderem der Intensivpflege und Anästhesie, in allen Bundesländern einheitlich rechtlich verbindlich zu regeln und einheitliche geschützte Weiterbildungsbezeichnungen für die Absolventen/Absolventinnen festzulegen.

Durch die zusätzliche zweijährige Qualifizierung werden die Weiterbildungsabsolventen/-absolventinnen für die Pflege, Versorgung und Betreuung von Patienten/Patientinnen und ihren Angehörigen auf intensivmedizinischen Abteilungen professionell vorbereitet. Die Fachweiterbildung in der Pflege führt aber nicht ohne Weiteres zu einem beruflichen Aufstieg.

Parallel wird die Akademisierung durch das Abschließen der Fachweiterbildung in der Intensivpflege und Anästhesie auf Bachelorniveau diskutiert. Einige Bundesländer haben bereits mit der Umstrukturierung begonnen, indem sie die Unterrichtseinheiten durch Module abgelöst haben. Demzufolge haben die fachweitergebildeten Pflegekräfte in manchen Bundesländern einen Anspruch auf Credit Points.

Mit Blick auf das aktuelle PflBG und der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen wären in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft einheitliche und anerkannte Vorgaben für die Fachweiterbildung Intensivpflege und Anästhesie für die Absolventen/Absolventinnen von großem Vorteil. International betrachtet liegen in anderen Ländern dem Fachweiterbildungsabschluss der verschiedenen Bundesländer vergleichbare Abschlüsse bisweilen auf der Masterebene (DKG) vor. Durch die fehlende europaweite Vereinheitlichung von Vorgaben bleibt jedoch die europäische und internationale Anerkennung der Fachweiterbildung Intensiv- und Anästhesiepflege vor allem im Hinblick auf die Durchlässigkeit für die berufliche Mobilität weiterhin unklar.

(Bettina Dauer)

  • 318

    Vgl. https://www.icn.ch/ (Stand: 28.01.2021).

  • 319

    Die Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG) ist ein gemeinnütziger Interessen- und Dachverband von Spitzen- und Landesverbänden der Krankenhausträger.