Am 1. Januar 2020 wurde die erste Berufliche Hochschule in Deutschland in Hamburg (BHH) gegründet. An der Beruflichen Hochschule können Schulabgänger und Schulabgängerinnen mit Hochschulzugangsberechtigung innerhalb von vier Jahren sowohl einen Ausbildungs- als auch einen Hochschulabschluss (Bachelor) erlangen. In drei Bildungsgängen werden die Ausbildungen Industriekaufmann/-kauffrau, Kauffrau/Kaufmann für Marketingkommunikation oder Bankkauffrau/Bankkaufmann jeweils mit einem Bachelorstudium der Betriebswirtschaftslehre (BWL) verzahnt. In einem weiteren Bildungsgang wird die Verbindung einer handwerklichen oder gewerblich-technischen dualen Berufsausbildung (z. B. in den Bereichen Tischlerei, Zimmerei, Gärtnerei, Bäckerei, Konditorei oder Kochhandwerk) mit einem BWL-Studium angeboten. Darüber hinaus kann die Ausbildung Fachinformatiker/-in mit einem Bachelorstudium der Informatik kombiniert werden. Weder für die Studierenden noch für die Unternehmen entstehen dabei Studiengebühren. Der erste Jahrgang geht zum Wintersemester 2021/2022 an den Start.
Im Rahmen dieses studienintegrierenden Ausbildungsangebots starten Ausbildung und Studium gleichzeitig, d. h., die Lernenden schließen mit einem Ausbildungsbetrieb einen Vertrag für eine Ausbildung oder Lehre nach BBiG/HwO ab und schreiben sich gleichzeitig an der Hochschule ein. Während beim dualen Studium die Lernorte relativ unverzahnt nebeneinanderstehen, werden diese durch ein eigenständiges Curriculum an der Beruflichen Hochschule zusammengeführt (vgl. Euler/Severing 2019). Es werden sowohl berufspraktische Kompetenzen als auch theoretisch-systematisches Wissen erworben und praktisch angewandt. Durch die inhaltlich-curriculare Verzahnung der betrieblichen, berufsschulischen und hochschulischen Lernorte können innerhalb von vier Jahren sowohl ein Berufsabschluss als auch ein Bachelorabschluss erworben werden.
In der Grundstufe im ersten und teils zweiten Jahr ist die reguläre Ausbildung mit anrechenbaren Modulen eines Studiums verzahnt. Am Ende der Grundstufe können die Lernenden erfahrungsbasiert darüber entscheiden, ob sie die studienintegrierende Ausbildung fortsetzen oder ausschließlich eine Ausbildung absolvieren möchten (vgl. Garbade/Hartung 2019) – gegebenenfalls mit anschließender Fortbildung. Bereits erbrachte hochschulische Leistungen werden in Zertifikaten bescheinigt und können in der Fortbildung eingesetzt werden oder aber zu einem späteren Zeitpunkt in ein Studium einfließen.
Mit diesem Modell bieten die Bildungsgänge der BHH „das Beste aus drei Welten: anspruchsvolle praktische Fertigkeiten im Lehrbetrieb, breites Wissen über das gesamte Berufsfeld in der Berufsschule sowie akademische Kompetenzen und wissenschaftliche Methoden in der Hochschule“ (Pressemitteilung BHH vom 24. Januar 2020).
(Gunther Spillner)