Der digitale Wandel verändert Arbeits- und Kompetenzanforderungen, die an Beschäftigte gestellt werden und führt dadurch zu einem größeren Weiterbildungsbedarf (vgl. Arntz u. a. 2016). Es lässt sich beobachten, dass eine stärkere Technologienutzung in Betrieben auch mit einer stärkeren Bildungsorientierung, sprich: einer höheren Beteiligung an Aus- und Weiterbildung einhergeht (vgl. Baum/Lukowski 2019). Im betrieblichen Kontext kann die Weiterbildung auf unterschiedlichem Wege stattfinden. Neben der Teilnahme an Kursen, Lehrgängen oder Seminaren, findet das Lernen im Betrieb häufig auch außerhalb formaler Kurse während des Arbeitsprozesses statt. Eine sehr formalisierte Form der Fort- und Weiterbildung sind sogenannte Aufstiegsfortbildungen, bei denen Beschäftigte einen anerkannten Fortbildungsabschluss erwerben. Aufstiegsfortbildungen der DQR-Ebene 6 stellen für Beschäftigte aus dem dualen System eine Höherqualifizierung dar, die gemäß DQR mit einem Bachelorabschluss gleichgesetzt sind. Sie schaffen damit für Beschäftigte mit einer Berufsausbildung Karriereperspektiven und eröffnen Möglichkeiten für den beruflichen Aufstieg sowie für die Übernahme von verantwortlichen Fach- und Führungsaufgaben (vgl. Weiß 2014; Bußmann/Seyda 2016; Hall 2020). Für Betriebe ist die Förderung von Aufstiegsfortbildungen eine Möglichkeit, den wachsenden Bedarf an spezialisierten Fachkräften zu decken (vgl. Bußmann/Seyda 2016).
Dieser Beitrag stellt anhand der Daten des BIBB-Betriebspanels zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung (Erläuterung in Kapitel A7.3) dar, in welchem Umfang Betriebe in Deutschland Aufstiegsfortbildungen fördern und inwieweit zwischen betrieblicher Digitalisierung und Aufstiegsfortbildungen ein Zusammenhang besteht. Mit dem Schwerpunkt auf Aufstiegsfortbildungen ergänzt der Beitrag Informationen zur betrieblichen Weiterbildungsbeteiligung, die auf anderen Datenquellen beruhen (Kapitel B1.2.2).
Formen betrieblich geförderter Fort- und Weiterbildung
Das BIBB-Qualifizierungspanel differenziert betrieblich geförderte Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen nach 1) allgemeinen Weiterbildungsmaßnahmen in Form von Kursen und Seminaren, 2) nicht kursförmigen Weiterbildungsmaßnahmen, die außerhalb organisierter Kurse direkt am Arbeitsplatz stattfinden, wie z. B. die Einarbeitung am Arbeitsplatz oder das selbstgesteuerte Lernen anhand von Computerprogrammen sowie 3) Aufstiegsfortbildungen. Weiterbildungsmaßnahmen gelten als betrieblich gefördert, wenn Betriebe ihre Beschäftigten für die Teilnahme ganz oder teilweise freistellen oder wenn sie die Kosten für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen ganz oder teilweise übernehmen. Aufstiegsfortbildungen unterscheiden sich von anderen Weiterbildungsmaßnahmen, da hier ein anerkannter Fortbildungsabschluss, beispielweise ein Meister- oder Technikerabschluss, erworben wird, mit dem Beschäftigte ihr formales Qualifikationsniveau erhöhen. Die für Fortbildungsabschlüsse geltenden Prüfungs-vorschriften werden entweder durch Rechtsverordnungen des Bundes oder der Länder oder durch Rechtsvorschriften der zuständigen Stellen festgelegt (Kapitel C2.1.1).
Nach den Ergebnissen des BIBB-Qualifizierungspanels haben im Referenzjahr 2018 insgesamt 62% der Betriebe Weiterbildungsmaßnahmen ihrer Beschäftigten in Form von Kursen oder Seminaren unterstützt. In mehr als der Hälfte der Betriebe (57%) haben Beschäftigte an nichtkursförmigen Weiterbildungsmaßnahmen teilgenommen. Der Anteil der Betriebe mit Teilnehmerinnen/Teilnehmern an Aufstiegsfortbildung war erwartungsgemäß deutlich geringer. Etwa jeder achte Betrieb (12%) förderte mindestens eine/-n Beschäftigte/-n im Rahmen einer Aufstiegsfortbildung.
Beteiligung von Betrieben an Aufstiegsfortbildungen nach Strukturmerkmalen
Schaubild C3.6-1 stellt den Anteil der Betriebe mit Aufstiegsfortbildungen im Referenzjahr 2018 nach ausgewählten Strukturmerkmalen dar. Der Vergleich über die Wirtschaftszweige hinweg zeigt eine überdurchschnittlich hohe Förderung an Aufstiegsfortbildungen in medizinischen und pflegerischen Dienstleistungsbetrieben (25%), im Bereich öffentlicher Dienst, Erziehung und Unterricht (15%), in Betrieben des verarbeitenden Gewerbes (14%) sowie im Bereich unternehmensnahe Dienstleistungen (13%). Weniger verbreitet war dagegen die Förderung von Aufstiegsfortbildungen in Betrieben der Wirtschaftszweige „Land-, Forstwirtschaft und Bergbau“, „Bauwirtschaft“ und „überwiegend persönlichen Dienstleistungen“.
Schaubild C3.6-1: Anteil der Betriebe mit Aufstiegsfortbildungen im Jahr 2018 nach Strukturmerkmalen (in %)
Des Weiteren stieg der Anteil der Betriebe mit Aufstiegsfortbildungen mit der Betriebsgröße. 63% der Großbetriebe förderten Aufstiegsfortbildungen, bei Kleinst- und Kleinbetrieben war es nur etwa jeder zwölfte Betrieb (8%). Dieses Ergebnis ist jedoch auch darauf zurückzuführen, dass mit der Höhe der Beschäftigtenzahl auch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass eine solche Förderung für wenigstens eine Beschäftigte oder einen Beschäftigten geleistet wird. Deutliche Unterschiede finden sich zudem zwischen aktuell ausbildenden Betrieben und Betrieben, die keine Auszubildenden beschäftigten. Über ein Viertel (27%) der Ausbildungsbetriebe unterstützte Aufstiegsfortbildungen von Beschäftigten; bei Betrieben ohne Auszubildende war es dagegen nur jeder zwölfte Betrieb (8%). In Ausbildungsbetrieben scheint der Bedarf an Beschäftigten mit Fortbildungsabschluss besonders hoch zu sein, und es ist zu vermuten, dass Beschäftigten hier gleichzeitig Karriereperspektiven offenstehen, die zu einer hohen Teilnahmebereitschaft an Aufstiegsfortbildungen vonseiten der Beschäftigten führen.
Betriebliche Digitalisierung und Aufstiegsfortbildungen
Für die Untersuchung wird der Digitalisierungsindex 2019 verwendet, welcher eine Kategorisierung von Betrieben anhand ihres Technologisierungsgrades erlaubt.
Digitalisierungsindex 2019
Seit der Erhebungswelle 2016 wird im BIBB-Qualifizierungspanel eine differenzierte Erfassung der Nutzung digitaler Technologien in Betrieben vorgenommen. Diese umfasste in der Erhebungswelle 2019 folgende Technologien:
- Nicht portable digitale Informations- und Kommunikationstechnologien
- Portable digitale Informations- und Kommunikationstechnologien
- Digitale Netzwerktechnologien zur Unterstützung der Geschäfts- und Arbeitstätigkeiten
- Auf die digitale Präsenz und Selbstdarstellung des Betriebs bezogene Anwendungen
- Nicht sensorbasierte computergesteuerte Anlagen und digitale Arbeitsgeräte bzw. -mittel zur Erstellung von Produkten und Dienstleistungen
- Sensorbasierte computergesteuerte Anlagen und digitale Arbeitsgeräte bzw. -mittel zur Erstellung von Produkten und Dienstleistungen
- Speziell auf Dienstleistungen für Kunden bezogene digitale Technologienspeziell auf Vernetzung mit Lieferanten und zwischen Betrieben bezogene digitale Technologien
- Personal- oder arbeitsorganisationsbezogene Technologien
- Digitale Technologien, die sich auf Sammlung, Speicherung und Verarbeitung großer Datenmengen beziehen
- Eigenes Angebot oder Nutzung von Smart Services und browserbasierten Dienstleistungen, die eine zweckgebundene temporäre Nutzung von Analyse- und Wartungssoftware gegen Entgelt erlauben
- Digitale Technologien, die sich auf Datensicherheit und Datenschutz beziehen und in der Regel im Betriebssystem eines Computers fest verankert sind
- Individuelle, auf spezielle Bedürfnisse zugeschnittene Sicherheitstechnologien
- Digitale Technologien, die relativ autonom und unabhängig von der Bedienung durch Beschäftigte arbeiten
- Digitale Technologien, die auf dem Einsatz künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen basieren
Um das Technologisierungsniveau der Betriebe quantitativ einschätzen zu können, wurde aus den im Jahr 2019 erhobenen Technologien ein linearer Index erstellt. Hierfür wurden zunächst ähnliche Technologien zu jeweils einer Variablen zusammengefasst: 1) nicht portable und portable Informations- und Kommunikationstechnologien; 2) nicht sensorbasierte und sensorbasierte computergesteuerte Anlagen sowie 3) Technologien zu Datensicherheit/Datenschutz und Sicherheitstechnologien). Der Index reicht von null „keine digitalen Technologien enthalten“ bis zehn „alle digitalen Technologien enthalten“. Der elfstufige Index wird wiederum zu einem dreistufigen Digitalisierungsgradindex zusammengefasst, der die Ausprägungen „Niedriger Technologisierungsgrad“ (null bis zwei digitale Technologien), „Mittlerer Technologisierungsgrad“ (drei bis sechs digitale Technologien) und mit sieben oder mehr Technologien „hoher Technologisierungsgrad“ umfasst.
Schaubild 3.6-2 zeigt den Anteil Betriebe mit Aufstiegsfortbildungen im Jahr 2018 nach Technologisierungsgrad. Hierbei ist zu erkennen, dass Betriebe mit einem hohen Technologisierungsgrad überdurchschnittlich häufig (18%) Aufstiegsfortbildungen ihrer Beschäftigten förderten, wohingegen die Förderung unter Betrieben mit niedrigem Technologisierungsgrad deutlich geringer (5%) war.
Dieses Ergebnis ist insbesondere vor dem Hintergrund interessant, dass Aufstiegsfortbildungen für Beschäftigte einen innerbetrieblichen Karrieresprung bedeuten können und somit die Belegschaft auch von der Digitalisierung zu profitieren scheint.
(Sabine Mohr, Felix Lukowski)