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Die Zahl der institutionell erfassten ausbildungsinteressierten Jugendlichen schließt alle Personen ein, die entweder einen Ausbildungsvertrag unterschrieben oder aber zumindest zeitweise bei der BA als Ausbildungsstellenbewerber/-innen registriert waren.7 Sie beinhaltet somit neben

  • den Jugendlichen, die ohne Mitwirkung der Beratungs- und Vermittlungsdienste erfolgreich einen Ausbildungsvertrag abschließen,8
  • den Bewerbern/Bewerberinnen, die mithilfe dieser Dienste in eine Berufsausbildung einmünden und
  • den zum Stichtag 30. September noch suchenden Bewerbern/Bewerberinnen,
  • auch jene von der BA registrierten „anderen ehemaligen Bewerber/-innen“, die ihren Vermittlungswunsch vor dem Stichtag wieder aufgaben (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2021b) und deshalb nicht zur offiziellen Ausbildungsplatznachfrage gerechnet werden.

Nach dem erheblichen Rückgang der Gesamtzahl der institutionell erfassten ausbildungsinteressierten Jugendlichen um 8,0 % auf 724.300 im Jahr 2020 ging die Nachfrage im Berichtsjahr 2021 erneut zurück. Gegenüber dem Vorjahr wurden 17.300 Personen bzw. 2,4 % weniger institutionell erfasste Ausbildungsinteressierte gezählt. Dies ist die niedrigste Zahl seit 1992, als erstmals für das wiedervereinigte Deutschland gesamtdeutsche Ausbildungsmarktzahlen errechnet werden konnten. Zwar fiel die Zahl Anfang der 1990er-Jahre demografisch bedingt auch sehr niedrig aus. Anders als in der heutigen Zeit war damals jedoch eine erneute schnelle Zunahme absehbar.

Einmündungs- bzw. Beteiligungsquote (EQI)

Der Anteil der ausbildungsinteressierten Personen, der einen neuen Ausbildungsvertrag abgeschlossen hat (EQI), ist gegenüber dem Vorjahr (EQI = 64,5 %) bundesweit um 2,4 Prozentpunkte auf 66,9 % gestiegen und befindet sich auf einem vergleichbaren Niveau wie 2019 (EQI = 66,7 %), vor der Coronapandemie. Wie die eANR so ist auch die Einmündungsquote von deutlicher regionaler Varianz geprägt. Besonders hohe Einmündungsquoten wurden 2021 in Bayern (EQI = 75,4 %), Thüringen (74,3 %) und Hamburg (72,5 %) beobachtet, unterdurchschnittliche Werte u. a. in Berlin (51,8 %) und Brandenburg (60,2 %) (siehe dazu nochmals Tabelle A1.1.1-5).

Einmündungs- bzw. Beteiligungsquote (EQI)

Der Anteil der ausbildungsinteressierten Personen, der einen neuen Ausbildungsvertrag abschließt, wird als Einmündungsquote (EQI) bzw. Beteiligungsquote ausbildungsinteressierter Personen bezeichnet. Die Quote gibt wieder, wie gut es gelingt, Jugendliche, die sich im Berichtsjahr zumindest zeitweise für eine Berufsausbildung interessieren, auch für eine Beteiligung an Berufsausbildung zu gewinnen.

Differenzierungen nach Arbeitsagenturbezirken zeigen eine noch deutlich größere Varianz. Hier reichte 2021 die Spannweite der Messungen von Werten über 80 % in den Bezirken Rostock (85,2 %), Schwandorf (82,7 %) und Passau (80,9 %) bis hin zu Werten um die 50 % in den Regionen Recklinghausen (53,0 %), Berlin (51,8 %) und Offenbach (48,0 %).

Ausbildungsinteressierte, die ihren Vermittlungswunsch vorzeitig aufgaben

Die Größe der institutionell erfassten ausbildungsinteressierten Personen unterscheidet sich von der offiziellen Ausbildungsplatznachfrage durch Einschluss jener von der BA registrierten Ausbildungsstellenbewerber/-innen, die ihren Vermittlungswunsch noch vor dem Stichtag wieder aufgaben (in der Ausbildungsmarktstatistik der BA: „andere ehemalige Bewerber/-innen“). 2021 lag deren Zahl bei 166.200 Personen; ihr Anteil an allen 707.100 ausbildungsinteressierten Personen betrug somit bundesweit 23,5 %. Wie Tabelle A1.1.3-1 zeigt, verblieben von diesen 166.200 Personen 58.900 im Bildungssystem, 25.800 in Erwerbstätigkeit und 4.700 in gemeinnützigen oder sozialen Diensten. Für weitere 76.700 andere ehemalige Bewerber/-innen lagen keine Angaben zu ihrem Verbleib vor. Seit 2016 kann die Statistik der BA hier Informationen zur Arbeitslosigkeit aus der Arbeitsmarktstatistik zuspielen. Demnach waren zum 30. September 2021 von den Bewerbern und Bewerberinnen, für die kein Vermittlungsauftrag mehr lief und für die ansonsten kein Verbleib bekannt war, 20.400 arbeitslos gemeldet. Auch aus den BA/BIBB-Bewerberbefragungen ist bekannt, dass sich von allen unbekannt verbliebenen Bewerbern/Bewerberinnen in der Regel nur ein geringer Teil in einer vollqualifizierenden Ausbildung (betrieblich, schulisch, hochschulisch) befindet, während relativ viele arbeitslos bzw. ohne Beschäftigung sind oder lediglich jobben (Kapitel A8.1).

Tabelle A1.1.3-1: Verbleibsstatus der ausbildungsinteressierten Personen im Jahr 2021 nach Bundesländern

Ausbildungsinteressierte, die Beratungs- und Vermittlungsdienste einschalten

Die Gesamtzahl der bei der BA registrierten Ausbildungsstellenbewerber/-innen lag 2021 bei 433.500 Tabelle A1.1.3-2. Der Anteil aller bei der BA gemeldeten Bewerber/-innen an allen 707.100 institutionell erfassten Ausbildungsinteressierten im Jahr 2021 lag somit bei 61,3 %. Dieser Wert kann grob als rechnerische „Einschaltquote“ interpretiert werden – grob deshalb, weil in der Gesamtzahl der Ausbildungsinteressierten jene Jugendlichen fehlen, die sich selbst bei fortgesetzt erfolgloser Ausbildungsplatzsuche um keine institutionelle Unterstützung durch die Beratungs- und Vermittlungsdienste bemühen und deshalb auch nirgendwo institutionell erfasst werden können.

Tabelle A1.1.3-2: Vergleich von Merkmalen der Bewerber/-innen in Abhängigkeit von deren Vermittlungsstatus im Berichtsjahr 2020/2021

Wie statistische Analysen zeigen, hängen die Größe des Anteils der Ausbildungsinteressierten, die bei ihrer Ausbildungsstellensuche die Ausbildungsvermittlung der BA in Anspruch nehmen, und die Größe des Anteils der Ausbildungsinteressierten, die ihren Vermittlungswunsch vorzeitig aufgeben („andere ehemalige Bewerber/-innen“), von der Lage auf dem Ausbildungsmarkt ab (BIBB-Datenreport 2020, Kapitel A1.1). Je mehr Ausbildungsplatzangebote den Ausbildungsinteressierten gegenüberstehen (hohe Angebots-Nachfrage-Relation aus Sicht der Jugendlichen), desto kleiner fällt der Anteil der „ehemaligen Bewerber/-innen“ aus (vgl. ebd.). Umgekehrt steigt der Anteil der „ehemaligen Bewerber/-innen“, wenn den Ausbildungsinteressierten weniger Ausbildungsplatzangebote gegenüberstehen (geringe Angebots-Nachfrage-Relation aus Sicht der Jugendlichen). Die aktuelle Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt stützt diesen Zusammenhang. Gegenüber dem Vorjahr ging der Anteil der bei der BA gemeldeten Bewerber/-innen um 4 Prozentpunkte von 65,3 % auf 61,3 % zurück, wohingegen sich die Angebotsnachfragerelation von 96,6 im Jahr 2020 auf 99,1 im Jahr 2021 aus Sicht der Jugendlichen positiv entwickelte.

Dieser Zusammenhang ist plausibel, berücksichtigt man, dass das neue Ausbildungsjahr zum Stichtag der Ausbildungsmarktbilanz (30. September) bereits mehrere Wochen alt ist und sich Bewerber/-innen bei drohender Erfolglosigkeit rechtzeitig – d.h., bereits längere Zeit vor dem Bilanzierungsstichtag – um Alternativen bemühen müssen. Nach Beginn dieser Alternativen (wie z. B. erneuter Schulbesuch) erscheint es offenbar vielen jungen Menschen sinnvoll, diese Alternativen auch zu Ende zu führen, den Vermittlungsauftrag damit bereits vor dem Stichtag zu stornieren und den Ausbildungswunsch auf das nächste Ausbildungsjahr zu verschieben. Für eine solche Strategie spricht auch, dass die Vermittlungschancen im Nachvermittlungsgeschäft des „fünften Quartals“ (ab dem 1. Oktober bis zum Ende des Kalenderjahres) relativ gering sind (Kapitel A1.1.4).

Die vorzeitige Aufgabe des Vermittlungswunsches resultiert jedoch nicht ausschließlich aus einer schwierigen Ausbildungsmarktlage und individuellen Vermittlungshemmnissen, sondern erfolgt in vielen Fällen auch freiwillig. Das Interesse an einer dualen Berufsausbildung steht bei vielen Jugendlichen im Zusammenhang mit konkurrierenden Interessen an anderen Ausbildungsformen wie einer schulischen Berufsausbildung oder einem Studium. Dies gilt insbesondere für jene Jugendliche, die über höhere schulische Vorbildungen verfügen und sich hierüber auch mehr Optionen für ihren weiteren Bildungsweg verschafft haben.

Somit gilt insgesamt, dass es sich bei den Ausbildungsinteressierten, die vorzeitig ihren Vermittlungswunsch wieder aufgeben, um eine sehr heterogen zusammengesetzte Gruppe handelt. Wie Tabelle A1.1.3-2 zeigt, sind die verschiedenen Schulabschlüsse und Altersgruppen in keiner anderen Bewerbergruppe („einmündende Bewerber/-innen“, „Bewerber/-innen mit Alternative zum 30. September“, „unversorgte Bewerber/-innen“) so breit und gleichmäßig verteilt wie bei den „anderen ehemaligen Bewerbern/Bewerberinnen“.

Altbewerber/-innen

Im Berichtsjahr 2021 hatten insgesamt 203.200 bzw. 46,9 % der insgesamt 433.500 registrierten Ausbildungsstellenbewerber/-innen die Schule bereits in einem früheren Jahr als dem Berichtsjahr verlassen. Von ihnen hatten 71.600 die Schule im Vorjahr und 131.600 in noch früheren Jahren beendet Tabelle A1.1.3-2. Verglichen mit dem Vorjahr ging ihre Zahl zurück und sank um 7.400 (-3,5 %) auf insgesamt 203.200. Verglichen mit 2019 (221.600) ist die Gesamtzahl der Bewerber/-innen mit Schulabgang in früheren Jahren um 18.400 bzw. 8,3 % gesunken. Gleichzeitig stieg jedoch ihr Anteil an allen bei der BA registrierten Ausbildungsstellenbewerbern und -bewerberinnen von 43,3 % im Jahr 2019 auf 46,9 % im Jahr 2021 um 3,6 Prozentpunkte.

Auch wenn die Bewerber/-innen wegen ihres früheren Schulentlassjahres früher als Altbewerber/-innen bezeichnet wurden, ist nicht sicher, ob sie sich tatsächlich bereits einmal in früheren Jahren für eine Berufsausbildungsstelle interessiert hatten. Seit 2014 enthält die BA-Ausbildungsmarktstatistik deshalb auch Angaben über die gemeldeten Bewerber/-innen für Berufsausbildungsstellen, die nicht nur im aktuellen Berichtsjahr, sondern bereits auch in früheren Jahren mit Unterstützung einer Arbeitsagentur oder eines Jobcenters eine Ausbildungsstelle gesucht haben.

Bewerber/-innen mit Kontakt zu den Beratungs- und Vermittlungsdiensten in früheren Jahren

Bei der Interpretation der Zahlen zu den Bewerbern/Bewerberinnen, die bereits in früheren Jahren Kontakt zu den Beratungs- und Vermittlungsdiensten hatten, nimmt die BA die Zuordnung zu den Jahreskategorien danach vor, wann die Person zuletzt in früheren Jahren als Bewerber/-in gemeldet war. Es sind also keine Aussagen darüber möglich, ob z. B. eine Person, die zum letzten Mal ein Jahr vor dem Berichtsjahr gemeldet war, auch schon in früheren Jahren mit Unterstützung der BA eine Ausbildungsstelle gesucht hatte. Umgekehrt darf aus dem längeren Zurückliegen der letzten Erfassung als Bewerber/-in nicht geschlossen werden, dass die Person sich während des gesamten Zeitraums vergebens um eine Ausbildungsstelle bemüht hatte.

Von den bundesweit 433.500 gemeldeten Bewerbern/Bewerberinnen des Jahres 2021 hatten sich 183.200 Personen (42,3 %) auch schon in mindestens einem der letzten fünf Berichtsjahre für eine Ausbildungsstelle beworben Tabelle A1.1.3-3. Dies waren 700 (-0,4 %) weniger als 2020. Gleichwohl ist der Anteil der Bewerber/-innen aus früheren Berichtsjahren an allen gemeldeten Bewerbern/Bewerberinnen erneut gestiegen (2020: 38,9 %). Jugendliche, bei denen die Übergangsphase in Ausbildung einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt, halten offenbar noch häufiger als in früheren Jahren den Kontakt zu den Beratungs- und Vermittlungsdiensten aufrecht.

Frühere Analysen hatten bereits gezeigt, dass die Gruppe der Altbewerber/-innen sehr heterogen ist, mit teils guten, aber auch zum Teil ungünstigen Vermittlungsvoraussetzungen. Je länger der Schulentlassungszeitpunkt zurücklag, je schlechter das Zeugnis ausfiel, je älter die Bewerber/-innen waren, desto geringer waren die Chancen auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz.9

Tabelle A1.1.3-3: Registrierte Ausbildungsstellenbewerber/-innen in Deutschland differenziert nach dem letzten Status der Ausbildungssuche vor dem jeweils aktuellen Berichtsjahr

  • 7

    Methodische Anmerkungen zur Erfassung der ausbildungsinteressierten Personen sowie anderer Größen zur Beschreibung der Ausbildungsmarktverhältnisse finden sich bei Matthes u. a. 2015, S. 44ff.

  • 8

    Ihre Zahl wird rechnerisch ermittelt als Differenz zwischen der Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge und der von der BA registrierten Ausbildungsstellenbewerber/-innen, die in eine Berufsausbildungsstelle einmünden.

  • 9

    BIBB-Datenreport 2018, Kapitel A8.1 und BIBB-Datenreport 2019, Kapitel A8.1 mit Analysen auf Basis der BA/BIBB-Bewerberbefragungen.