Das Thema der vorzeitigen Vertragslösungen in der dualen Berufsausbildung wird bereits seit dem starken Anstieg der Lösungsquoten im Verlauf der 1980er-Jahre diskutiert. Die Reduktion der Anzahl von Vertragslösungen bzw. die Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen in der dualen Berufsausbildung erhalten insbesondere auch vor dem Hintergrund eines befürchteten Fachkräftemangels große Aufmerksamkeit und stehen weiterhin auf der bildungspolitischen Agenda. In diesem Kontext werden vor allem Ziele zur Förderung der dualen Berufsausbildung von Jugendlichen mit schwierigen Startchancen sowie zur Sicherung der Qualität der Berufsausbildung formuliert (vgl. Allianz für Aus- und Weiterbildung 2019-2021, inzwischen verlängert bis 31. Dezember 2022). Auch vor dem Hintergrund der besonderen Herausforderungen infolge der Coronapandemie und den erfolgten Maßnahmen rücken vorzeitige Vertragslösungen bzw. die Stabilisierung bestehender Ausbildungsverhältnisse in den Fokus. Da das aktuelle Berichtsjahr der Berufsbildungsstatistik 2020 ist, können erste Effekte für die Ausbildungsverläufe unter Pandemiebedingungen betrachtet werden; siehe hierzu ausführlicher Uhly 2021b. Längerfristige Folgen werden sich erst in den kommenden Berichtsjahren zeigen. Zur aktuellen Ausbildungsmarktbilanz 2021 siehe Kapitel A1.
Sowohl die vorzeitige Lösung von Ausbildungsverträgen ( vorzeitige Vertragslösungen) als auch das Nichtbestehen der Abschlussprüfung kann zu einem gänzlichen Ausbildungsabbruch, also einem Ende des Ausbildungsverhältnisses ohne (dualen) Berufsabschluss, führen. Dieses Kapitel hat vorzeitige Lösungen von Ausbildungsverträgen zum Gegenstand und basiert auf Daten der Berufsbildungsstatistik (Kapitel A5.1). Analysen zum Prüfungserfolg liegen in Kapitel A5.7 vor. Zum Ausbildungsverlauf der Ausbildungsanfängerkohorte 2008 siehe BIBB-Datenreport 2015, Kapitel A4.7 und Uhly 2015.
Zu den Begriffen „vorzeitige Vertragslösungen“ und „Ausbildungsabbrüche“
( Vorzeitige Vertragslösungen) in der dualen Berufsausbildung erfolgen i. d. R. durch einen Aufhebungsvertrag oder durch Kündigung. Ob eine vorzeitige Vertragslösung einen gänzlichen Abbruch der dualen Berufsausbildung bedeutet, kann auf Basis der Berufsbildungsstatistik nicht betrachtet werden, da sie keine personenbezogenen Verlaufsdaten liefert (Kapitel A5.1).
Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge (kurz: Vertragslösungen)
Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge sind definiert als vor Ablauf der im Berufsausbildungsvertrag genannten Ausbildungszeit gelöste Ausbildungsverträge.
Eine Form der vorzeitigen Lösung eines Berufsausbildungsverhältnisses stellt die Kündigung von Ausbildungsverträgen dar. Sie wird in § 22 Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelt; demnach kann ein Ausbildungsverhältnis während der Probezeit (maximal vier Monate) von beiden Seiten jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Nach der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen nur noch seitens der Auszubildenden möglich, und zwar aus den beiden Gründen „Ausbildung in einer anderen Berufstätigkeit“ oder „Aufgabe der Berufsausbildung“. Will der Ausbildungsbetrieb den Vertrag nach der Probezeit kündigen, muss dieser – in Anbetracht der besonderen Bedeutung des Ausbildungsverhältnisses für die berufliche Entwicklung – einen „wichtigen Grund“ angeben.
Weitere Fälle vorzeitiger Vertragslösung sind: der Abschluss von Aufhebungsvereinbarungen; das Schließen eines gerichtlichen Vergleichs, der eine Aufhebung zum Gegenstand hat; die Anfechtung des Ausbildungsvertrags, z. B. wegen Irrtums oder wegen Täuschung nach §§ 119ff. BGB; der Tod des/der Auszubildenden (nicht der Tod des/der Ausbildenden, da dann in der Regel dessen Rechtsnachfolger/-in Ausbilder/-in wird); die tatsächliche Beendigung wegen Fernbleibens von der Ausbildung oder wegen unterlassener Ausbildung.
Da die Berufsbildungsstatistik nur Daten zu Verträgen bzw. Ausbildungsverhältnissen erhebt, die tatsächlich angetreten wurden, werden Vertragslösungen, die vor Antritt der Ausbildung erfolgen, nicht erfasst.
Der Verbleib nach der Vertragslösung wird nicht erhoben: Monatsgenaue Ausbildungsverläufe innerhalb des dualen Systems (vertraglich vereinbarter Beginn und vereinbartes Ende des Vertrages, Vertragslösung, Prüfungsteilnahme und -ergebnis) werden nur für den jeweiligen Ausbildungsvertrag erfasst. Die Daten aus den verschiedenen Ausbildungsverträgen einer Person bzw. die Daten zu einem Ausbildungsvertrag aus den verschiedenen Berichtsjahren können nicht miteinander verknüpft werden. Es liegen somit keine vollständigen Verlaufsdaten vor; Vertragslösungen ohne bzw. mit gänzlichem Ausbildungsabbruch im dualen System können nicht differenziert werden (Kapitel A5.1, Uhly 2015).
Die Gründe für Vertragslösungen werden im Rahmen der Berufsbildungsstatistik nicht (mehr) erhoben (vgl. Uhly 2015, S. 25 und BIBB-Datenreport 2014, Kapitel A4.7).
Vertragslösung ≠ Abbruch: Nicht jede vorzeitige Vertragslösung stellt einen Abbruch der Ausbildung dar, und nicht jeder Abbruch geht mit einer Vertragslösung einher. Beide Begriffe haben eine gemeinsame Schnittmenge, sind jedoch nicht deckungsgleich (vgl. Uhly 2015 und 2013).
Zum Verbleib nach der Vertragslösung liegen eine Vielzahl an unterschiedlichen Studien vor, die zu weitgehend übereinstimmenden Befunden kommen. Etwa die Hälfte114 aller Personen mit vorzeitiger Vertragslösung schließt relativ zeitnah erneut einen Ausbildungsvertrag im dualen System ab (vgl. Uhly 2015 und 2013).115 In diesen Fällen handelt es sich also um Vertragswechsel innerhalb des Systems der dualen Berufsausbildung (mit und ohne Berufswechsel) und nicht um Ausbildungsabbrüche.
Je nach weiterem Verlauf nach der vorzeitigen Vertragslösung sind die Folgen für die Auszubildenden (und die Ausbildungsbetriebe) unterschiedlich einzuschätzen, nicht immer stellen sie ein Scheitern dar (vgl. Lettau 2017116; Stalder/Schmid 2016). Eine aktuelle Studie – auf Basis des Ausbildungspanels Saarland – kommt zu dem Schluss, „… dass Personen, die ihre Ausbildung lediglich unterbrechen, nahezu die gleichen Verdienstchancen aufweisen wie Auszubildende ohne Vertragslösung. Personen ohne abgeschlossene Ausbildung schneiden im Vergleich dazu deutlich schlechter ab“ (Patzina/Wydra-Somaggio 2021, S. 1).
Da die Vertragslösungsquote keine Abbruchquote ist, kann sie auch nicht uneingeschränkt mit der Studienabbruchquote des Hochschulbereichs verglichen werden, die nur vollständige Austritte aus dem Hochschulstudium in Deutschland erfasst und Hochschul- sowie Studienfachwechsel sowie erfolglose Zweitstudiengänge nicht mit einbezieht (BIBB-Datenreport 2015, Kapitel A4.7). Für die Absolventenkohorte 2018 ermittelte das DZHW für deutsche Studierende in Bachelorstudiengängen eine Studienabbruchquote von 27 % (Universitäten: 32 %, Fachhochschulen: 23 %); für die ausländischen Studierenden ergab sich für Bachelorstudiengänge eine Abbruchquote von fast 50 % (48 % bzw. 49 % für Bildungsinländer/-innen bzw. Bildungsausländer/-innen)117 (vgl. Heublein/Richter/Schmelzer 2020). Die Vertragslösungsquote in der dualen Berufsausbildung fällt schon niedriger aus als die Studienabbruchquote, obwohl die Lösungsquote auch die Lösungen beinhaltet, die mit Vertragswechsel innerhalb des dualen Systems einhergehen. Eine grobe Kalkulation einer Abbruchquote im dualen System in Anlehnung an die Berechnung der Studienabbruchquote (vgl. Uhly 2015, S. 37) für die Absolventenkohorte 2018 ergibt 20,6 % Ausbildungsabbrüche im dualen System.118 D. h., aus einem groben Vergleich von Erstabsolventen- und Anfängerzahlen ergibt sich ein rechnerischer Anteil von ca. 21 % der Anfänger/-innen einer dualen Berufsausbildung (BBiG/HwO), die keinen Berufsabschluss innerhalb des dualen Systems erwarben.119 Die so kalkulierte Abbruchquote in der dualen Berufsausbildung lag damit deutlich unterhalb der Lösungsquote (2018: 26,5 %). Man kann davon ausgehen, dass die Abbruchquote im dualen System deutlich unterhalb der Studienabbruchquote liegt.
Zur Einordnung der Größenordnung der Lösungsquote wäre auch ein Vergleich mit entsprechenden Indikatoren anderer Berufsbildungsbereiche sinnvoll. Für die schulische Berufsausbildung oder die Beamtenausbildung liegt jedoch derzeit keine entsprechende Quote vor.
Die im Folgenden dargestellten Befunde betreffen immer vorzeitige Vertragslösungen in der dualen Berufsausbildung insgesamt und nicht Ausbildungsabbrüche im Speziellen.
Vorzeitige Vertragslösungen 2020 nach Zeitpunkt der Lösung
Im Berichtsjahr 2020 wurden bundesweit 137.784 Ausbildungsverträge vor Ablauf der im Ausbildungsvertrag genannten Ausbildungszeit gelöst Tabelle A5.6-1. Betrachtet man den Zeitraum zwischen Beginn der Ausbildungsverträge und der vorzeitigen Lösung, so zeigt sich, dass – wie auch in den Vorjahren – fast zwei Drittel der gelösten Ausbildungsverträge innerhalb des ersten Jahres nach Beginn des Ausbildungsvertrages fielen. 32,1 % aller Vertragslösungen erfolgten noch während der Probezeit120 und 31,6 % nach der Probezeit, aber noch innerhalb der ersten zwölf Monate nach Beginn des Ausbildungsverhältnisses. Auch in das zweite Jahr nach Vertragsbeginn fiel mit 25,4 % noch ein großer Anteil der Lösungen; bei 11 % der Lösungen lag der Vertragsbeginn länger als 24 Monate zurück. Im längerfristigen Zeitvergleich stieg der Anteil der Vertragslösungen, die innerhalb der Probezeit erfolgten, an; seit 2016 schwankt er jedoch nur wenig (siehe auch BIBB-Datenreport 2021, Kapitel A5.6).
In den Ausbildungsberufen des Zuständigkeitsbereichs der Freien Berufe fanden vorzeitige Vertragslösungen mit 37,5 % aller Vertragslösungen etwas häufiger in der Probezeit statt. In den Ausbildungsberufen der Hauswirtschaft traten nur 20,2 % aller Vertragslösungen in die Probezeit; 17 % der Lösungen erfolgten in diesen Berufen später als zwei Jahre nach Beginn des Ausbildungsvertrages. Auch von den insgesamt relativ wenigen Vertragslösungen in den Ausbildungsberufen des Öffentlichen Dienstes fielen 16,1 % erst im dritten Jahr nach Ausbildungsbeginn und später an. Ansonsten zeigt sich jedoch insgesamt eine ähnliche Verteilung der Vertragslösungen über die Zeit nach Beginn des Ausbildungsverhältnisses im Vergleich der Zuständigkeitsbereiche.
Tabelle A5.6-1: Vorzeitige Vertragslösungen nach Zuständigkeitsbereichen und Zeitpunkt der Vertragslösung (absolut und in % aller Vertragslösungen), Bundesgebiet 20201,2,3
Vertragslösungsquote
Die Vertragslösungsquote der dualen Berufsausbildung kann als Näherungswert für den Anteil der gelösten Ausbildungsverträge an den begonnenen Ausbildungsverträgen interpretiert werden. Sie ist keine personenbezogene Quote. Der Anteil der Auszubildenden, die (mindestens) eine Vertragslösung aufweisen, wird unterhalb der Lösungsquote liegen und kann für Deutschland auf Basis der Berufsbildungsstatistik nicht ermittelt werden.121
Im Berichtsjahr 2020 ergab sich eine Lösungsquote von insgesamt 25,1 % (LQneu), d. h., 2020 wurde ca. ein Viertel der (2020 und den Jahren davor) begonnenen Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst; während der Probezeit betrug die Lösungsquote 8,6 %, nach der Probezeit 16,5 % Tabelle A5.6-2. Somit ist die Lösungsquote im Jahr 2020 erstmals seit 2015 wieder deutlich gesunken (-1,8 PP) und dies trotz der schwierigen Rahmenbedingungen für die Berufsausbildung im Kontext der Coronapandemie. Zur Analyse des Vertragslösungsgeschehens unter Pandemiebedingungen siehe ausführlich Uhly 2021b. Zur Entwicklung der Lösungsquote im längerfristigen Zeitverlauf siehe Uhly 2021b, BIBB-Datenreport 2021, Kapitel A5.6, BIBB-Datenreport 2014, Kapitel A4.7, BIBB-Datenreport 2018, Kapitel A5.6 und Uhly 2015, S. 39f.
Vertragslösungsquote (kurz: Lösungsquote) – „Schichtenmodell“, neue Berechnungsweise
Die Lösungsquote nach dem Schichtenmodell wird entsprechend folgender Formel berechnet:
Wie ist diese Formel zu verstehen?
Sie kann als Näherungswert für den Anteil der im Berichtsjahr (BJ) begonnenen Ausbildungsverträge, die im Laufe der Ausbildung vorzeitig gelöst werden, interpretiert werden.
Betrachtet man zunächst die erste Teilquote, so enthält diese für das BJ 2020 nur einen Teil der Verträge, die 2020 begonnen und vorzeitig gelöst wurden. Der Anteil gelöster Verträge wird sich noch erhöhen, da einige der 2020 begonnenen Verträge, die in 2020 nicht gelöst wurden, 2021 oder später noch gelöst werden. Da mit Datenstand BJ 2020 noch unbekannt ist, wie viele der Verträge künftig noch gelöst werden, kann man stellvertretend Vergangenheitswerte heranziehen. Die Anteile der 2019 oder früher begonnenen Verträge, die im Jahr 2020 gelöst wurden, können als stellvertretende Größen für den Anteil der 2020 begonnenen Verträge, die in den kommenden Jahren gelöst werden, betrachtet werden. Die Differenzierung wird aus pragmatischen Gründen auf vier Teilquoten begrenzt.
Zu weiteren Details zur Lösungsquotenberechnung siehe https://www.bibb.de/de/4705.php und Uhly 2021a.
Zur Abgrenzung gegenüber weiteren Größen und Indikatoren zum Thema (Befunde aus Studien, grobe Kalkulation der Ausbildungsabbruchquote auf Basis der Berufsbildungsstatistik, Ausbildungsabbruchs-Indikator von Eurostat) siehe Uhly 2015.
Tabelle A5.6-2: Vertragslösungsquote in % der begonnenen Ausbildungsverträge, Bundesgebiet 2010 bis 20201
Lösungsquoten nach Geschlecht und Staatsangehörigkeit der Auszubildenden
Im Gesamtdurchschnitt des dualen Systems ergab sich für das Berichtsjahr 2020 eine nahezu gleiche Lösungsquote für Frauen (25,4 %) und Männer (24,8 %) Tabelle A5.6-3. Während der Probezeit lag die Lösungsquote der Frauen bei 9,5 % und damit 1,5 Prozentpunkte über der Quote der Männer. Nach der Probezeit fiel die Lösungsquote der Frauen mit 15,9 % um 0,9 Prozentpunkte geringer aus als die der Männer.
Deutlichere Unterschiede hinsichtlich der Lösungsquoten von Frauen und Männern zeigten sich in den Zuständigkeitsbereichen Handwerk, Landwirtschaft, Hauswirtschaft und in den Ausbildungsberufen des Öffentlichen Dienstes Tabelle A5.6-3. Auffallend ist, dass mit Ausnahme der Hauswirtschaft die Lösungsquoten von Frauen in jenen Zuständigkeitsbereichen höher ausfielen, in denen Frauen unterrepräsentiert waren (Handwerk, Landwirtschaft sowie Industrie und Handel). Umgekehrt waren die Lösungsquoten von Männern in den Zuständigkeitsbereichen vergleichsweise hoch, in denen der Männeranteil an den Auszubildenden geringer war (Öffentlicher Dienst und Freie Berufe). Zum Frauenanteil in den Zuständigkeitsbereichen Kapitel A5.2.
Deutliche Unterschiede in den Lösungsquoten zeigen sich bei den Verträgen der Auszubildenden mit deutscher und ausländischer Staatsangehörigkeit. Auszubildende ohne deutsche Staatsangehörigkeit hatten in allen Zuständigkeitsbereichen höhere Lösungsquoten als deutsche Auszubildende Tabelle A5.6-3. Von den Ausbildungsverträgen der ausländischen Auszubildenden wurden im Durchschnitt 33,2 % vorzeitig gelöst, von den Ausbildungsverträgen der Auszubildenden mit deutschem Pass nur 24,0 %. Diese Relation zeigt sich auch bei den Lösungen innerhalb und nach der Probezeit. Sehr hohe Lösungsquoten ausländischer Auszubildender ergaben sich mit 45,1 % in der Landwirtschaft. Für die Ausbildungsberufe des Öffentlichen Dienstes ergab sich im Berichtsjahr 2020 mit 7,8 % eine relativ geringe Lösungsquote ausländischer Auszubildender. Teilweise sind die Unterschiede in den Lösungsquoten zwischen deutschen und ausländischen Auszubildenden auch auf Unterschiede hinsichtlich des höchsten allgemeinbildenden Schulabschlusses zurückzuführen.
Tabelle A5.6-3: Vertragslösungsquoten (LQneu in %) nach Personenmerkmalen und Zuständigkeitsbereichen, Bundesgebiet 20201,2
Lösungsquoten nach allgemeinbildendem Schulabschluss
Bei der Betrachtung der Lösungsquoten nach dem zuvor erworbenen allgemeinbildenden Schulabschluss (Kapitel A5.5.1) zeigt sich deutlich, dass die Lösungsquote umso höher ausfiel, je niedriger der allgemeinbildende Schulabschluss der Auszubildenden war Tabelle A5.6-3. So wiesen Auszubildende ohne und mit Hauptschulabschluss mit ca. 35 % bis 36 % eine deutlich höhere Lösungsquote auf als Studienberechtigte (15,6 %). Die Verträge von Auszubildenden mit Realschulabschluss wurden zu 23,6 % vorzeitig gelöst. Diese Rangfolge der Abschlussgruppen zeigt sich ähnlich in allen Zuständigkeitsbereichen. In den Ausbildungsberufen des Handwerks (21,3 %), der Hauswirtschaft (27,9 %) und der Freien Berufe (22,9 %) fielen allerdings die Lösungsquoten der Studienberechtigten vergleichsweise hoch aus. In den Ausbildungsberufen des Öffentlichen Dienstes wurden keine Ausbildungsverträge derer ohne Hauptschulabschluss gelöst, allerdings liegt hier eine sehr kleine Anzahl begonnener Ausbildungsverträge der Auszubildenden mit dieser Vorbildung vor (30 begonnene Ausbildungsverhältnisse 2020) und jährlich stark schwankende Lösungsquoten dieser Personengruppe.
Die Relationen von Lösungsquoten während und nach der Probezeit fielen über alle Schulabschlüsse hinweg ähnlich aus Tabelle A5.6-3.
Im Vergleich zum Vorjahr ging die Lösungsquote bei allen hier betrachteten Personengruppen zurück (vgl. Uhly 2021b).
Vertragslösungsquoten nach Ländern, Zuständigkeitsbereichen und Ausbildungsberufen
Die Lösungsquoten unterschieden sich deutlich zwischen den Ländern. Sie reichten von durchschnittlich 22 % in Baden-Württemberg bis 32,4 % in Berlin Tabelle A5.6-4. Insgesamt fielen die Lösungsquoten in Ostdeutschland eher höher aus;122 allerdings war sie auch in Rheinland-Pfalz (27 %), im Saarland und in Niedersachsen (jeweils 26,6 %) vergleichsweise hoch und in Sachsen (24,7 %) relativ niedrig.
Ebenso variierten die Lösungsquoten zwischen den Zuständigkeitsbereichen Tabelle A5.6-4. In den Berufen des Handwerks zeigte sich mit 31,9 % im Bundesdurchschnitt die höchste Lösungsquote, auch bei den Freien Berufen (29,5 %) zeigte sich eine vergleichsweise hohe Lösungsquote. Eine sehr niedrige durchschnittliche Lösungsquote von nur 6,6 % ergab sich lediglich für die Berufe des Zuständigkeitsbereichs Öffentlicher Dienst. Im Zuständigkeitsbereich Industrie und Handel sowie Landwirtschaft fiel sie mit 22,0 % bzw. 23,9 % unterdurchschnittlich aus. In der Mehrheit der Zuständigkeitsbereiche ging die Lösungsquote 2020 zurück. Ein Anstieg war lediglich in der Hauswirtschaft (+1,2 PP) und in geringem Maße in den Ausbildungsberufen des Öffentlichen Dienstes (+0,2 PP) zu beobachten (vgl. Uhly 2021b).
Die Lösungsquoten variierten noch deutlicher zwischen den einzelnen dualen Ausbildungsberufen Tabelle A5.6-5. Betrachtet man die 20 Berufe123 mit den jeweils höchsten und niedrigsten Lösungsquoten, reichten die Lösungsquoten von unter 5 % bis über knapp 45 %. Es zeigen sich weitgehend übereinstimmende Ergebnisse gegenüber den Vorjahren. Unterschiede zu den Vorjahren beruhen meist nur auf wenigen Rangplatzdifferenzen. Sehr hohe Lösungsquoten waren vor allem in Dienstleistungsberufen, insbesondere124 aus den Tätigkeitsbereichen Transport, Körperpflege sowie Reinigung125 (z. B. Berufskraftfahrer/-in, Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice, Friseur/-in, Kosmetiker/-in, Gebäudereiniger/-in und Fachkraft für Schutz und Sicherheit) sowie in den Berufen des Hotel- und Gaststättengewerbes (z. B. Fachmann/Fachfrau für Systemgastronomie und Fachkraft im Gastgewerbe, Restaurantfachmann/-fachfrau, Koch/Köchin, Hotelfachmann/-fachfrau126) zu beobachten; außerdem wiesen einige Bauberufe (Bauten- und Objektbeschichter/-in, Gerüstbauer/-in, Dachdecker/-in sowie Maler und Lackierer/Malerin und Lackiererin) und Lebensmittelberufe des Handwerks (Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk und Fleischer/-in) sehr hohe Lösungsquoten auf. Auch wenn im Durchschnitt im Handwerk die Lösungsquote höher ausfällt, findet man sehr hohe Lösungsquoten nicht in besonderer Weise in Handwerksberufen; allerdings gibt es kaum größere Handwerksberufe mit sehr niedrigen Lösungsquoten (siehe hierzu auch Uhly 2015 und BIBB-Datenreport 2016, Kapitel A4.7).
Niedrige Lösungsquoten von – z. T. deutlich – unter 12 % wiesen neben den Ausbildungsberufen des Zuständigkeitsbereichs Öffentlicher Dienst (z. B. Verwaltungsfachangestellte/-r, Fachangestellte/-r für Arbeitsmarktdienstleistungen, Sozialversicherungsfachangestellte/-r und Justizfachangestellte/-r) vor allem kaufmännische Dienstleistungsberufe (z. B. Industriekaufmann/-kauffrau und Bankkaufmann/-kauffrau), aber auch technische Produktionsberufe und Laborberufe der Industrie auf (z. B. Biologielaborant/-in, Chemielaborant/-in, Chemikant/-in, Elektroniker/-in für Automatisierungstechnik, Fluggerätmechaniker/-in, Fertigungsmechaniker/-in, Mechatroniker/-in und Werkzeugmechaniker/-in).
Im Vergleich zum Vorjahr ging die Lösungsquote im Jahr 2020 in allen Ländern, bei den meisten Zuständigkeitsbereichen und der Mehrheit der Ausbildungsberufe zurück (vgl. Uhly 2021b).
Tabelle A5.6-4: Vertragslösungsquoten in % der begonnenen Ausbildungsverträge (LQneu) nach Zuständigkeitsbereichen und Ländern 20201,2
Tabelle A5.6-5: Ausbildungsberufe mit den höchsten und niedrigsten Vertragslösungsquoten in %, Bundesgebiet 20201,2
Ursachen von Vertragslösungen und Maßnahmen zu ihrer Verringerung
Die hier dargestellten deskriptiven Ergebnisse dürfen nicht kausal interpretiert werden. Wenn die Lösungsquoten bspw. bei Jugendlichen mit Hauptschulabschluss oder in Berufen des Handwerks im Durchschnitt sehr hoch ausfallen, dann bedeutet dies nicht, dass der Hauptschulabschluss oder das Handwerk an sich die Ursache für das höhere Lösungsrisiko sind. Die Ursachen für Vertragslösungen sind vielfältig und komplex (vgl. Uhly 2015). Jugendliche mit Hauptschulabschluss findet man bspw. eher in Berufen mit instabileren Ausbildungsverhältnissen, außerdem weniger wahrscheinlich in ihrem Wunschberuf, was auch zu einem höheren Lösungsrisiko führt. Im Handwerk findet man deutlich höhere Anteile an Auszubildenden mit geringeren Schulabschlüssen als im Bereich Industrie und Handel; zudem liegen hier eher kleinbetriebliche Strukturen vor. Beides erhöht das Lösungsrisiko (vgl. Rohrbach-Schmidt/Uhly 2015).
Werden Auszubildende oder Ausbildungsbetriebe direkt nach den Gründen für vorzeitige Vertragslösungen befragt,127 kommen die verschiedenen Studien zu weitgehend übereinstimmenden Befunden. Je nachdem, ob (ehemalige) Auszubildende oder Ausbildungsbetriebe befragt werden, werden als Gründe für die Vertragslösungen bzw. Vertragslösungsüberlegungen eher die betrieblichen Ausbildungsbedingungen oder die Ausbildungsleistungen der Jugendlichen genannt. Werden Betriebe bzw. Ausbilder/-innen befragt, werden vor allem Gründe genannt, die in der Verantwortung der Jugendlichen liegen, wie eine mangelhafte Berufsorientierung bzw. Berufswahl, eine mangelnde Leistungsbereitschaft (Fehlzeiten, unzureichende Identifikation mit dem Betrieb, mangelndes Durchhaltevermögen) sowie Leistungsfähigkeit (unzureichende Leistung im Betrieb, Überforderung) der Auszubildenden. Werden Jugendliche bzw. (ehemalige) Auszubildende befragt, nennen diese überwiegend betriebliche Gründe, wie Kommunikationsprobleme bzw. Konflikte mit Ausbildern und Ausbilderinnen und Vorgesetzten, eine mangelhafte Ausbildungsqualität (Beschäftigung statt Ausbildung, mangelnde Vermittlung von Ausbildungsinhalten). Außerdem nennen sie Arbeitsbedingungen wie unbezahlte Überstunden, ungünstige Arbeitszeiten und Urlaubsregelungen. Berufsbezogene Gründe werden vor allem von denjenigen genannt, die angaben, dass sie ihren Wunschberuf nicht realisieren konnten oder andere Vorstellungen vom Beruf hatten (vgl. Uhly 2015). Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die direkte Frage nach Gründen noch keine Ursachenanalyse darstellt und – wie die Befunde zeigen – die Gefahr nachträglicher Rechtfertigungen sowie wechselseitiger Schuldzuschreibungen besteht (vgl. Uhly 2015).
Verschiedene Studien zeigten auch einen Zusammenhang zwischen Ausbildungsvergütung und Vertragslösungsrisiko, aber auch hier kann eher davon ausgegangen werden, dass eine gewisse Korrelation, aber kein eindeutiger kausaler Zusammenhang besteht (siehe hierzu BIBB-Datenreport 2021, Kapitel A5.6). Dass neben dem Schulabschluss der Auszubildenden auch betriebliche und berufliche Merkmale einen signifikanten Effekt auf das Vertragslösungsrisiko haben, zeigen Analysen auf Basis eines erweiterten Kohortendatensatzes der Berufsbildungsstatistik.128 Die Befunde weisen auf die Bedeutung von Ausbildungsmarktsegmenten hin und sprechen für einen systematischen von den Merkmalen der Auszubildenden unabhängigen Einfluss der betrieblichen Ausbildungsbedingungen, des Ausbildungsmodells und der Attraktivität des Ausbildungsberufs auf die Vertragslösungswahrscheinlichkeit (vgl. Rohrbach-Schmidt/Uhly 2015). Auch eine multivariate Analyse des betrieblichen Vertragslösungsgeschehens auf Basis des BIBB-Qualifizierungspanels zeigt, dass das Vertragslösungsrisiko bei stark investitionsorientierter betrieblicher Berufsausbildung geringer ausfällt (vgl. Rohrbach-Schmidt/Uhly 2016). Ahrens u. a. 2021 zeigen, dass die Stabilität von Ausbildungsverhältnissen auch durch Kompromisse zwischen Berufswünschen und der Berufswahl beeinflusst werden. Sie unterscheiden nach Gottfredson drei Dimensionen der Berufswahl (Geschlechtstyp, Prestige und berufliches Interesse/Arbeitsfeld). Die Autorinnen und Autoren stellen auf Basis einer Analyse der Startkohorte 9 des NEPS fest, dass insbesondere Kompromisse hinsichtlich der beruflichen Interessen den erfolgreichen Abschluss einer Berufsausbildung gefährden (vgl. Ahrens u. a. 2021, S. 28).
Im Zeitverlauf schwankte die Lösungsquote seit den 1990er-Jahren bundesweit im Zusammenhang mit der Lage am Ausbildungsmarkt. Je günstiger die Angebots-Nachfrage-Relation aus Sicht der Ausbildungsstellennachfragenden war, desto höher fiel die Lösungsquote aus (vgl. Uhly 2015, S. 39 und BIBB-Datenreport 2013, Kapitel A4.7). Dies kann dadurch bedingt sein, dass bei einer aus Sicht der Auszubildenden günstigen Ausbildungsmarktlage bei Unzufriedenheit mit einer angetretenen Ausbildungsstelle eher die Chance zu einem Wechsel in ein präferiertes Ausbildungsverhältnis besteht. Vor dem Hintergrund einer im Vergleich zum Vorjahr gleichbleibenden ANR im Jahr 2020 hätte man eher kein Sinken der Lösungsquote im Jahr 2020 erwartet. Der Rückgang der Lösungsquote 2020 war jedoch deutlich. Er war für alle Personengruppen, alle Länder, die meisten Zuständigkeitsbereiche und Berufe zu beobachten. Wie könnte dies also erklärt werden? Die ANR ist nicht der einzige Indikator für die Ausbildungsmarktlage und man kann annehmen, „dass im Jahr 2020 auch bei gleichbleibender ANR aus individueller Perspektive derjenigen, die einen Ausbildungsplatz erhalten haben, eine geringere Chance auf einen Wechsel in einen eher präferierten Ausbildungsplatz besteht (geringere Kontaktmöglichkeiten, Einschränkungen hinsichtlich der Geschäftstätigkeit, Unsicherheiten, ob Ausbildungsbetriebe auch noch einstellen, insgesamt eine größere Unsicherheit hinsichtlich der künftigen Entwicklungen). Bei den Auszubildenden dürften unter den gegebenen Unsicherheiten c. p. ein höheres Interesse an der Aufrechterhaltung eines Ausbildungsverhältnisses bestanden haben, selbst dann, wenn gewisse Unzufriedenheit oder Konflikte bestanden. Zudem gab es auch seitens verschiedener Akteure des Ausbildungsgeschehens im dualen System (Betriebe, Kammern, Verbände, Politik etc.) erhebliche Bemühungen, Ausbildungsverhältnisse trotz der schwierigeren Bedingungen der Coronakrise aufrechtzuerhalten“ (Uhly 2021b, S. 17).
Die Befunde auf Basis der Berufsbildungsstatistik sowie der vorliegenden Studien machen deutlich, dass erfolgreiche Maßnahmen zur Stabilisierung von Ausbildungsverhältnissen auch bei der Attraktivität der Ausbildung, der Passung zwischen Auszubildenden und Ausbildungsplatz sowie der Ausbildungsqualität der Betriebe und insbesondere dem Umgang mit Konflikten ansetzen sollten (vgl. hierzu auch Uhly 2015). Eine Verbesserung der Berufsorientierung und die Begleitung der Jugendlichen beim Übergang von der Schule in die Berufsausbildung,129 Präventionsmaßnahmen der Berufsberatung oder an Berufsschulen130 sowie ausbildungsbegleitende Hilfen sind sinnvolle Maßnahmen, die Jugendliche auf ihrem Weg zum Berufsabschluss unterstützen können. Allerdings reichen Maßnahmen zur Senkung von Vertragslösungen in der dualen Berufsausbildung, die allein bei den Auszubildenden ansetzen, nicht aus. Das Instrument der assistierten Ausbildung (§ 74 SGB III, i. d. F., die ab 29.05.2020 gilt) bietet den Vorteil, dass es sowohl für Auszubildende als auch für Ausbildungsbetriebe Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen der dualen Berufsausbildung bietet. Die BIBB-Fachstelle „überaus“ bietet eine Übersicht über Förderprogramme und -initiativen in Bund, Ländern und EU sowie Regelinstrumente des Bundes.131
(Alexandra Uhly)
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114
Dieser Anteil schwankt je nach Spezifika der Studien (Region, Zuständigkeitsbereich, Länge des Zeitraums nach der Vertragslösung, der betrachtet wird usw.) zwischen ca. 40 % und 70 % (BIBB-Datenreport 2021, Kapitel A5.6). Patzina/Wydra-Somaggio (2021) kommen auf der Basis der Analyse des Ausbildungspanels Saarland auf einen geringeren Anteil (was aber aufgrund der Begrenzung der Analyse auf ein „balanced“ Panel begründet ist, da hier Fälle mit unvollständigen Daten im Zeitverlauf ausgeschlossen werden). Werden alle Fälle einbezogen, zeigen sich bei diesen Daten auch 50 %. Zu verschiedenen Studien und den jeweiligen Anteilen derjenigen mit Wiedereintritt siehe auch BIBB-Datenreport 2020, Kapitel A5.6, Fußnoten 113f.
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115
Zu den Befunden verschiedener Studien auf Basis der integrierten Erwerbsbiografien des IAB und deren Vergleichbarkeit mit den Indikatoren auf Basis der Berufsbildungsstatistik für die duale Berufsausbildung (BBiG/HwO) siehe auch BIBB-Datenreport 2020 und 2021 Kapitel A5.6.
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116
Grundsätzlich kann man zur Analyse von Ausbildungsverläufen im dualen System auch den Längsschnittdatensatz des National Education Panel Survey (NEPS) verwenden. Aufgrund der Fallzahlen können allerdings keine weitergehenden beruflichen und regionalen Differenzierungen vorgenommen werden. Zudem ist zu beachten, dass der Zeitpunkt der Ausbildung der analysierten Startkohorte sechs „Erwachsene“ des NEPS in unterschiedlichen Jahren lag, sodass hier mehrere Ausbildungsjahrgänge zusammengefasst sind.
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117
Hierbei wird allerdings auch dann von Abbruch gesprochen, wenn das Studium im Ausland fortgesetzt wird.
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118
Es handelt sich um eine grobe Kalkulation, die mit größeren Unsicherheiten behaftet ist und deshalb auch nicht jährlich berechnet wird. Als ein Abbruch („Drop Out“) aus Perspektive des Systems der dualen Berufsausbildung kann der Anteil derjenigen, die zwar eine duale Berufsausbildung beginnen, jedoch (bis zu einem bestimmten Zeitpunkt) keinen dualen Berufsabschluss nach BBiG/HwO erreichen, betrachtet werden.
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119
Im Rahmen der Berufsbildungsstatistik liegen auch keine Informationen darüber vor, ob noch ein anderer Berufsabschluss in anderen Bildungsbereichen (z. B. schulische Berufsausbildung, Beamtenausbildung) bzw. ein Studienabschluss erreicht wurde. Auch konnte kein längerer Zeitraum berücksichtigt werden, zu dem noch ein Wiedereinstieg in eine duale Berufsausbildung oder eine sog. Externenzulassung erfolgt sein könnte.
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120
Nach § 20 BBiG muss die Probezeit mindestens einen Monat betragen; sie kann bis zu vier Monate dauern. Für die Berichtsjahre 2007 bis 2015 wurde die Probezeit im Rahmen der Berufsbildungsstatistik grundsätzlich mit vier Monaten kalkuliert, seit dem Berichtsjahr 2016 wird sie erhoben. Dabei zeigte sich, dass von den im Berichtsjahr 2020 begonnenen Ausbildungsverhältnissen 72,2 % mit einer Probezeit von vier Monaten gemeldet wurden; weitere 23,2 % mit drei, nur 0,6 % mit zwei, 3,5 % mit einem Monat und 0,4 % mit null Monaten Probezeit. Letzteres ist nur in besonderen Ausnahmefällen möglich.
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121
Für die Schweiz wurden 2016 durch das schweizerische Bundesamt für Statistik erstmals nationale Ergebnisse zu Lehrvertragsauflösungen veröffentlicht (vgl. Schmid/Neumann/Kriesi 2016, S. 8ff.). Die vertragsbezogene Lösungsquote (LVA-Quote) – vergleichbar der deutschen Lösungsquote, allerdings ex post auf Basis von Verlaufsdaten ermittelt – wurde zunächst lediglich für die zweijährigen Ausbildungsberufe veröffentlicht. Mittlerweile wurde auch für die gesamte Eintrittskohorte eine LVA-Quote veröffentlicht. Sie betrug für die Eintrittskohorte 2015 bis einschließlich 2020 für die duale Berufsausbildung 26,2 % (vgl. Bundesamt für Statistik 2021). Die personenbezogene LVA-Quote betrug in diesem Zeitraum in der Schweiz nur 21,3 %; der Unterschied zur vertragsbezogenen Quote ergibt sich daraus, dass manche Auszubildende mehrfach Vertragslösungen erfahren.
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122
Hierbei ist allerdings zu beachten, dass in Ostdeutschland der Anteil der öffentlich finanzierten Ausbildungsverhältnisse höher ausfiel und Vertragslösungen auch bei einem Wechsel von solchen Ausbildungsplätzen in ein betrieblich finanziertes Berufsausbildungsverhältnis auftreten können; solche Vertragswechsel können als Erfolge betrachtet werden.
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123
Einbezogen wurden staatlich anerkannte Ausbildungsberufe des dualen Systems mit mindestens 300 begonnenen Verträgen im Jahr 2020.
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124
Auch die Ausbildungsberufe Sport- und Fitnesskaufmann/-kauffrau sowie Zahnmedizinische/-r Fachangestellte/-r weisen hohe Lösungsquoten auf. Sie werden den sekundären Dienstleistungsberufen zugeordnet (Kapitel A5.4), die größtenteils niedrige Lösungsquoten aufweisen.
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125
Zur Unterscheidung von primären und sekundären Dienstleistungsberufen sowie Fertigungsberufen siehe Kapitel A5.4.
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126
Bei den Hotelkaufleuten fällt die Lösungsquote mit 31,8 % auch überdurchschnittlich aus; der Beruf liegt allerdings auf Rangplatz 54.
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127
Zu einer Analyse der Gründe für bzw. der Verläufe nach Vertragslösungen auf Basis des Nationalen Bildungspanels (NEPS) siehe BIBB-Datenreport 2020, Kapitel A8.3.
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128
Leider enthalten die Daten der Berufsbildungsstatistik nahezu keine betrieblichen Merkmale, sodass deren Einfluss nicht unmittelbar geprüft werden kann. Bei der Analyse von Rohrbach-Schmidt/Uhly (2015) wurde der Kohortendatensatz erweitert, indem Betriebs- und Berufsmerkmale – wie die Betriebsgröße oder die Nettokosten der Ausbildung – als Durchschnittsgrößen in den Ausbildungsberufen (auf Basis der BIBB-Erhebung der Kosten und des Nutzens der betrieblichen Ausbildung 2007 ermittelt) und Variablen zur Ausbildungsmarktlage aufgenommen wurden.
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129
Siehe hierzu die Themenseite des Bundesinstituts für Berufsbildung „Übergänge in Ausbildung und Beruf“ https://www.bibb.de/de/44.php.
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130
Vgl. bspw. das Projekt Praelab: http://www.praelab-hdba.de/ oder das hessische Programm QuABB: http://www.quabb-hessen.de/ausbildungsabbrueche-vermeiden.html (QuABB sieht auch Beratungsleistungen für Betriebe, Lehrer und Eltern vor). Siehe hierzu auch das Schweizer Pilotprojekt „gemeinsam zum Erfolg“ (Laupper 2017).
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131
Siehe www.ueberaus.de/programme bzw. www.ueberaus.de/regelinstrumente