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Die betriebliche Ausbildung spielt für Betriebe und Unternehmen in Deutschland weiterhin eine wichtige Rolle, um den Bedarf an qualifizierten Nachwuchskräften zu decken. Die Zahl der Ausbildungsbetriebe ist jedoch seit Jahren rückläufig. In der Coronapandemie setzte sich diese Entwicklung fort. Ende 2020 bildeten von den insgesamt 2,16 Mio. Betrieben mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen nur noch 419.700 Betriebe Jugendliche und junge Erwachsene aus. Damit lag der Anteil an Ausbildungsbetrieben an allen Betrieben bei 19,4 % und ging gegenüber dem Vorjahr erneut leicht zurück (Kapitel A7.1).

In diesem Kurzbeitrag wird auf Grundlage des BIBB-Betriebspanels zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung die betriebliche Ausbildungsbeteiligung in den Berichtsjahren 2020 und 2021 anhand ausgewählter Indikatoren, differenziert nach betrieblichen Strukturmerkmalen, untersucht.

Dafür werden folgende Indikatoren für die Ausbildungsjahre 2019/2020 und 2020/2021 herangezogen:178

  • Anteil der Betriebe, die Ausbildungsstellen nach BBiG/HwO angeboten haben,
  • Anteil der Betriebe, die Ausbildungsverträge nach BBiG/HwO neu abgeschlossen haben,
  • Anteil der Betriebe, in denen mindestens eine Ausbildungsstelle nach BBiG/HwO unbesetzt geblieben ist.

BIBB-Betriebspanel zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung (BIBB-Qualifizierungspanel)

Das BIBB-Qualifizierungspanel ist eine jährliche Wiederholungsbefragung, mit der repräsentative Längs- und Querschnittsdaten zum betrieblichen Qualifizierungsgeschehen in Deutschland erhoben werden. Die Auswahl der Betriebe erfolgt über eine disproportional geschichtete Zufallsstichprobe aus der Grundgesamtheit aller Betriebe mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

Die betrieblichen Angaben werden über laptopgestützte persönlich-mündliche Interviews (CAPI) und optional über internetgestützte Interviews (CAWI) erhoben. Im Jahr 2021 haben mehr als 4.000 Betriebe an der Befragung teilgenommen. Die Interviews wurden aufgrund der Kontaktbeschränkungen durch die Coronapandemie größtenteils telefonisch durch die Interviewerinnen und Interviewer des CAPI-Stabs durchgeführt. Aktuelle Informationen zum BIBB-Qualifizierungspanel und deren Konzeption sind unter www.qualifizierungspanel.de abrufbar.

Bedarf der Wirtschaft an selbst ausgebildeten Fachkräften

Der Anteil an Betrieben, die für das Ausbildungsjahr 2020/2021 Ausbildungsstellen nach BBiG/HwO angeboten haben, lag durchschnittlich bei 19 % Tabelle A7.3-1. Im Ausbildungsjahr 2020/2021 hat demnach weniger als jeder fünfte Betrieb der insgesamt 2,16 Mio. Betriebe Ausbildungsstellen für Jugendliche angeboten. Der Anteilswert hat sich somit gegenüber dem Vorjahr nicht verändert. Mit Blick auf die Ergebnisse zur Ausbildungsmarktsituation auf Basis der Erhebung zum 30. September des BIBB und der Ausbildungsmarktstatistik der BA (BIBB-Datenreport 2021, Kapitel A1.1), die einen deutlichen Rückgang des betrieblichen Ausbildungsstellenangebots im Jahr 2020 konstatieren, ist zu berücksichtigen, dass der im vorliegenden Beitrag verwendete Indikator nicht die Anzahl der angebotenen Ausbildungsstellen angibt, sondern den Anteil der Betriebe, die für das jeweilige Ausbildungsjahr eine oder mehrere Ausbildungsstellen angeboten haben. Die Differenzierung nach Strukturmerkmalen zeigt, dass der Anteil der Betriebe mit Ausbildungsstellenangebot bei Großbetrieben mit 200 und mehr Beschäftigten im Jahresvergleich gesunken ist (von 80 % auf 76 %), während der entsprechende Anteil bei Betrieben anderer Größenklassen leicht gestiegen bzw. konstant geblieben ist. Damit ist gerade bei solchen Betrieben ein Rückgang zu verzeichnen, deren Angebot für gewöhnlich mehr als eine Ausbildungsstelle umfasst.

Die Unterscheidung nach Wirtschaftssektoren macht zunächst deutlich, dass es im Verarbeitenden Gewerbe mit 28 % und der Bauwirtschaft mit 33 % überdurchschnittlich viele Betriebe mit Ausbildungsstellenangeboten bzw. einen Bedarf an selbst ausgebildeten Nachwuchskräften gibt. Im Jahresvergleich lässt sich dabei vor allem für Betriebe aus der Bauwirtschaft, dem Primärsektor sowie unternehmensnahen Dienstleistungsbetrieben eine Zunahme an Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten festhalten. Im Verarbeitenden Gewerbe sowie im Handels- und Reparaturgewerbe waren die entsprechenden Anteile im Ausbildungsjahr 2020/2021 dagegen rückläufig.

Klassifikation der Wirtschaftssektoren im BIBB-Qualifizierungspanel

  • Primärsektor (Land-, Forstwirtschaft, Bergbau, Energie-, Wasserversorgung, Abfallwirtschaft),
  • Verarbeitendes Gewerbe (Herstellung von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen, Elektro-, Metallgewerbe, Maschinen-, Fahrzeugbau, Herstellung sonstiger Güter wie Holz, Papier, Nahrungsmittel, Textilien),
  • Bauwirtschaft (Hoch- und Tiefbau, vorbereitende Baustellenarbeiten, -installation),
  • Handel und Reparatur (Kfz-Handel, Groß- und Einzelhandel, Reparaturgewerbe),
  • Unternehmensnahe Dienstleistungen (finanz-, rechts- und wohnungswirtschaftliche Dienstleistungen, Forschung/Entwicklung, Architektur-, Ingenieurbüros, Werbung/Marktforschung, Leiharbeit, Reise-, Sicherheitsgewerbe),
  • Personenbezogene Dienstleistungen (Beherbergungs-, Gastronomiegewerbe, Informations-, Kommunikationsgewerbe, Verkehrs-, Lagergewerbe, Friseurgewerbe, sonstige personenbezogene Dienstleistungen),
  • Medizinische und pflegerische Dienstleistungen (Gesundheits-, Sozialwesen, Arztpraxen, Kliniken, Heime),
  • Öffentliche Dienstleistungen (Öffentliche Verwaltung, Erziehung, Unterricht, Verbände, Interessenvertretungen, Organisationen ohne Erwerbscharakter).

Tabelle A7.3-1: Indikatoren zur betrieblichen Ausbildungsbeteiligung nach Strukturmerkmalen 2020 und 2021 (in %)

Erfolg und Probleme bei der Besetzung von Ausbildungsstellen

Trotz der Bereitschaft zur Ausbildung fallen die Erfolgsquoten auf dem Ausbildungsmarkt recht unterschiedlich aus. Ausgehend von der Gesamtheit aller Betriebe in Deutschland hat wie im Vorjahr etwa jeder zehnte Betrieb zum Ausbildungsjahr 2020/2021 Auszubildende neu eingestellt (10 %). Betrachtet man nur die Betriebe mit Ausbildungsstellenangebot, zeigt sich, dass nur etwas mehr als jeder zweite Betrieb mit Ausbildungsstellenangebot (52 %) mindestens ein Angebot erfolgreich besetzen konnte. Dieser Anteil ist im Vergleich zum Ausbildungsjahr 2019/2020 (54 %) leicht zurückgegangen. Gleichzeitig blieben bei 47 % der Betriebe mit Angebot die angebotenen Ausbildungsstellen vollständig oder teilweise unbesetzt, was einem leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahreswert (46 %) entspricht.

Bei der Erfolgsquote für die Besetzung von Ausbildungsstellen gibt es große Unterschiede zwischen einzelnen Betriebsgruppen. Mit zunehmender Betriebsgröße steigt bei den Betrieben mit Ausbildungsangebot der Anteil derer, die mindestens eine Ausbildungsstelle erfolgreich besetzen konnten, während vor allem Kleinbetriebe hohe Anteile an Betrieben verzeichnen, die ihre Ausbildungsstellen nicht oder nur teilweise besetzen konnten. Diese Befunde gelten sowohl für das Ausbildungsjahr 2019/2020 als auch 2020/2021. Allerdings scheinen sich im Zuge der Coronapandemie die Besetzungsschwierigkeiten bei Betrieben ab einer Größe von 20 Beschäftigten verstärkt zu haben, während sich die Situation bei Kleinbetrieben mit bis zu 19 Beschäftigten nicht weiter verschlechterte.

Auch zwischen Wirtschaftszweigen gibt es Unterschiede. Ausgehend von Betrieben mit Ausbildungsstellenangebot (Spalten 6 und 10) lässt sich festhalten: Bei der Neueinstellung von Auszubildenden waren Betriebe aus dem Verarbeitenden Gewerbe, dem Primärsektor sowie aus dem Bereich der Öffentlichen Dienstleistungen überdurchschnittlich erfolgreich. Dagegen weist vor allem das Handels- und Reparaturgewerbe einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Betrieben mit unbesetzten Stellen auf (52 %).

Dies gilt auch für Betriebe mit einer Zugehörigkeit zur Industrie- und Handelskammer. Von diesen Betrieben konnte im Ausbildungsjahr 2020/2021 mehr als jeder zweite Betrieb (51 %) mit Ausbildungsstellenangeboten nicht alle angebotenen Stellen besetzen. Anders als im Vorjahr fiel der entsprechende Anteil bei den Handwerksbetrieben im Vergleich dazu etwas niedriger aus (48 %).

Insgesamt zeigen die Analysen, dass Rekrutierungsschwierigkeiten auf dem Ausbildungsstellenmarkt fortbestehen und sich im Zuge der Coronapandemie zumindest leicht verstärkten. Weiterhin sind es vor allem Kleinbetriebe, die von Besetzungsschwierigkeiten betroffen sind, allerdings scheint sich das Problem auf andere Betriebsgruppen auszuweiten.

(Sabine Mohr)

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    Die im BIBB-Qualifizierungspanel erhobenen Indikatoren beziehen sich auf das Angebot an Ausbildungsstellen, die Neueinstellungen und die unbesetzten Ausbildungsstellen für das jeweilige Ausbildungsjahr. Im Falle von Ausbildungsstellen für das Ausbildungsjahr 2020/2021 sind dies also bspw. die Ausbildungsstellen, die zum 1. August 2020 (oder später) angetreten worden sind.