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Bei den in den vorangegangenen Kapiteln genannten Quoten handelt es sich jeweils um eine Momentaufnahme der unmittelbaren Situation nach Abschluss einer dualen Ausbildung, und zwar aus Sicht der Betriebe (direkte Übernahme nach Ausbildungsende, Kapitel A10.1.1) sowie aus Sicht der ausgebildeten Personen (Arbeitslosmeldung bei der BA, Kapitel A10.1.2). Von diesen Ergebnissen sind die Erwerbs- bzw. Arbeitslosenquoten dualer Absolventinnen und Absolventen in mittelfristiger oder langfristiger Perspektive zu unterscheiden. So ergibt sich auf Basis der Daten des Mikrozensus für die 18- bis 24-Jährigen, die eine duale Ausbildung abgeschlossen haben, für das Jahr 2020 eine Erwerbslosenquote von 3,9 %. Sie ist zwar deutlich niedriger als in unmittelbarem Anschluss an die Ausbildung, liegt aber 1 Prozentpunkt über dem Vorjahresniveau (2,9 %). Hier zeigen sich, ebenso wie der bei der Arbeitslosenquote insgesamt, vermutlich die Auswirkungen von Corona auf den Arbeitsmarkt. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass der Mikrozensus 2020 methodisch neugestaltet wurde und daher die Ergebnisse nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar sind.227

Wenn man die betrachtete Altersspanne auf die 18- bis 34-Jährigen ausweitet, ist es zudem möglich, anhand der Daten des Mikrozensus die Erwerbslosenquoten für Personen mit unterschiedlichen Ausbildungsabschlüssen zu berechnen und miteinander zu vergleichen228 Tabelle A10.1.3-1: Insgesamt steigt die Erwerbslosenquote von 4,5 % im Jahr 2019 auf 5,5 % im Jahr 2020. Im Vergleich zur Erwerbslosenquote der nicht formal Qualifizierten (Kapitel A11), die 2020 bei 15,7 % lag (2019: 14,2 %), fällt die Quote für Personen mit einer dualen Ausbildung sehr niedrig aus. Denn mit abgeschlossener dualer Ausbildung lag die Erwerbslosenquote in dieser Altersgruppe im Jahr 2020 bei 3,4 % (2019: 3,0 %). Mit Berufsfachschulabschluss229 waren es ebenfalls 3,4 % (2,9 % im Vorjahr) und mit einem Meister- oder Technikerabschluss 1,5 %230 (2019: 1,0 %). Für Personen mit einem Fachhochschulabschluss, Universitätsabschluss oder einer Promotion ergibt sich 2020 eine Erwerbslosenquote von 3,5 % (2019: 2,3 %) und damit ein besonders deutlicher Anstieg; hierbei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass diese Personengruppe durchschnittlich älter ist und ihr Abschluss zumeist weniger lange zurückliegt.

Erwerbslosen- vs. Arbeitslosenquoten

Erwerbslosen- und Arbeitslosenquoten liegen unterschiedliche Erhebungskonzepte zugrunde. Die Arbeitslosenquote bezieht sich auf die Summe der registrierten Arbeitslosen. Erwerbslosigkeit wird dagegen über Befragungen ermittelt. Dabei gilt jede Person zwischen 15 und 74 Jahren als erwerbslos, die weniger als eine Stunde pro Woche erwerbstätig ist, sich aber in den vier Wochen vor der Befragung aktiv um eine Arbeitsstelle bemüht hat und für diese Arbeit binnen zwei Wochen zur Verfügung steht. Tatsächlich unterscheiden sich beide Quoten meist stark voneinander. So lag 2020 die allgemeine Erwerbslosenquote in Deutschland bei 4,5 %, die Arbeitslosenquote aber bei 6,1 %.231

Tabelle A10.1.3-1: 18- bis 34-Jährige in Privathaushalten nach beruflichem Abschluss und Erwerbsstatus 2020 (Hochrechnungen in Tsd.) und Erwerbslosenquote

Personen mit Fortbildungsabschlüssen (z. B. Meister/-in, Techniker/-in etc., Kapitel B4.1 und B4.2), also Abschlüssen, die in der Regel auf einer dualen Berufsausbildung aufbauen, haben derzeit die geringsten Erwerbslosenquoten. Berufsfachschulabschlüsse, betriebliche Ausbildung und 2020 nun auch Fachhochschulabschluss, Universitätsabschluss oder Promotion liegen auf ähnlichem Niveau. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass schulische und akademische Berufsabschlüsse nicht nur für andere Berufsbereiche qualifizieren, sondern meist auch mit einer höheren Schulbildung einhergehen.232 Insgesamt stiegen die Erwerbslosenquoten bei jungen Menschen 2020 und beenden damit relativ deutlich den Trend der Vorjahre. Die Erwerbslosenquoten sind dennoch für alle formal Qualifizierten auf geringem Niveau, deutlich höher sind sie bei nicht formal Qualifizierten.

(Ralf Dorau)

  • 227

    Für den neu gestalteten Mikrozensus wurde ein komplett neues IT-System aufgebaut, dessen Einführung die Erhebungsdurchführung einschränkte. Verschärft wurde diese Situation durch die Coronapandemie, die die bisher überwiegend persönlich vor Ort durchgeführten Befragungen nahezu unmöglich machte. Die Qualität der Jahresergebnisse aus dem Mikrozensus 2020 ist auf Bundesebene im Allgemeinen trotz der genannten Schwierigkeiten gewährleistet. Allerdings ist die gewohnte fachliche und regionale Auswertungstiefe nicht erreichbar.  Ausführliche Informationen zu den Änderungen beim Mikrozensus ab dem Jahr 2020 sowie den Auswirkungen der Neugestaltung und der Coronakrise auf den Mikrozensus 2020 sind auf einer eigens eingerichteten Themenseite www.destatis.de/mikrozensus2020 verfügbar.

  • 228

    Die Ausweitung der Altersgruppe ist notwendig, damit ausreichend große Fallzahlen für die einzelnen Ausbildungsabschlüsse vorliegen.

  • 229

    Einschließlich Abschluss eines Vorbereitungsdienstes für den mittleren Dienst in der öffentlichen Verwaltung.

  • 230

    Allerdings ist der Anteil der Erwerbslosen mit Fortbildungsabschlüssen wegen geringer Fallzahlen nur von eingeschränkter Aussagekraft.

  • 231

    Siehe Bundesagentur für Arbeit, Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt, Dezember und Jahr 2020 (https://www.arbeitsagentur.de/datei/arbeitsmarktbericht-dezember-2020_ba146814.pdf, Zugriff: 07.12.2021)

  • 232

    Bei berufsfachschulischen und dualen Ausbildungen zeigen sich keine unterschiedlichen Arbeitsmarktchancen, wenn schulische Vorbildung, unterschiedliche Berufsbereiche und die regionale Verteilung dieser beiden Qualifikationen auf Ost- und Westdeutschland berücksichtigt werden (vgl. Hall/Schade 2005).