Auf Grundlage der Daten zur Bevölkerung in Privathaushalten sind 2020 deutliche Unterschiede in den nfQ-Quoten nach Nationalität ersichtlich Tabelle A11.3-1. Während junge Erwachsene zwischen 20 und 34 Jahren mit einer deutschen Staatsbürgerschaft eine nfQ-Quote von nur 10,0 % vorwiesen, waren es bei den ausländischen Gleichaltrigen mit einer Quote von 34,0 % mehr als dreimal so viele. Jene mit einer türkischen Staatsangehörigkeit waren sogar zu 39,5 % beruflich nicht formal qualifiziert.
Der Anteil der 20- bis 34-Jährigen ohne Berufsabschluss mit deutscher Staatsbürgerschaft betrug bei Frauen 9,2 % und bei Männern 10,8 %. Die nfQ-Quote der ausländischen Staatsbürgerinnen in dieser Altersgruppe lag bei 32,6 %, die der ausländischen Männer 35,3 %. Bei jungen Erwachsenen mit türkischer Staatsbürgerschaft lag die nfQ-Quote insgesamt bei 39,5 %, für Frauen (39,9 %) fiel der Wert in dieser Personengruppe etwas höher aus, als für Männer (39,1 %). Die nfQ-Quote der Personen mit türkischer Staatsangehörigkeit lag damit über der Quote der Ausländer/-innen insgesamt.
Bei Migranten und Migrantinnen ohne eigene Migrationserfahrung, zu denen das Statistische Bundesamt all jene Personen zählt, die entweder selbst oder von denen ein Elternteil eine ausländische Staatsbürgerschaft besitzt, jedoch nicht selbst zugewandert sind, betrug die Quote 17,6 % Tabelle A11.3-1. Migranten und Migrantinnen mit eigener Migrationserfahrung, d. h. selbst zugewanderte Personen mit Migrationshintergrund, hatten hingegen einen Ungelerntenanteil von 34,8 %, wobei der Anteil bei den Männern (35,9 %) über dem der Frauen lag (33,5 %).
Tabelle A11.3-1: 20- bis 34-Jährige ohne Berufsabschluss nach Migrationsstatus 2016 bis 2020 (in %)
Im Zeitverlauf ist zu erkennen, dass die nfQ-Quoten bei den Personen mit eigener Migrationserfahrung im Zeitverlauf von 2016 bis 2019 angestiegen sind; die ermittelten Werte für das Jahr 2020 deuten mit aller Vorsicht darauf hin, dass es 2020 zu einem weiteren Anstieg gekommen sein könnte. Migrantinnen mit eigener Migrationserfahrung hatten seit 2016 einen geringeren nfQ-Anteil als die Männer dieser Gruppe. Im Zeitverlauf zeigt sich, dass unter den jungen Männern mit eigener Migrationserfahrung die nfQ-Quote stärker angestiegen ist als bei den Frauen mit eigener Migrationserfahrung.
Der Anstieg der Fluchtmigration in den Jahren 2015 und 2016, der sich methodisch bedingt im MZ erst 2016 bemerkbar machte,254 führte zu einer Erhöhung der nfQ-Quote ab 2015 in der Gesamtbevölkerung. Insbesondere infolge der Neuzuwanderung255 der 20- bis 34-Jährigen aus den Kriegs- und Krisenländern Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien.256 Im Jahr 2016 kamen 30 % der 20- bis 34-Jährigen Neuzugewanderten aus diesen Ländern. Die nfQ-Quote betrug 2016 in dieser Gruppe 61,7 %, wohingegen die nfQ-Quote aller Neuzugewanderten bei 41,1 % lag. Bei Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft schwankte die nfQ-Quote ab 2015 geringfügig um den Wert von 9,5 % Schaubild A11.3-1.
Zusammenfassend ist somit der wachsende nfQ-Anteil unter den Migrantinnen und Migranten mit eigener Migrationserfahrung ausschlaggebend für den Anstieg der Gesamtquote der Bevölkerung in Privathaushalten im Alter von 20 bis 34 Jahren. Verstärkt wurde diese Entwicklung durch die Fluchtmigration in den Jahren 2015 und 2016. Die Ergebnisse zeigen jedoch weiterhin, dass ein hoher nfQ-Anteil nicht nur in dieser Gruppe zu verorten ist. Um die nfQ-Quote junger Erwachsener nachhaltig zu senken, ist insgesamt der Unterschied im Erwerb eines beruflichen Bildungsabschlusses zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund zu fokussieren.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass bei der Interpretation der Ergebnisse im Lichte der erhöhten Fluchtmigration in den vergangenen Jahren beachtet werden muss, dass gerade neuzugewanderte Geflüchtete im MZ untererfasst sind. Durch die Eingrenzung auf Personen in Privathaushalten wurden alle jene in Gemeinschaftsunterkünften wie Aufnahmeeinrichtungen hier nicht berücksichtigt.
Ab dem Jahr 2020 fand eine weitreichende Änderung der Erhebungsmethodik des MZ statt (vgl. Hundenborn/Enderer 2019) und bedingt durch die Coronapandemie gab es vermehrte Antwortausfälle. Es ist damit zu rechnen, dass dadurch die Vergleichbarkeit der Ergebnisse des Mikrozensus 2020 (Endergebnis, Stand Februar 2022) mit vorherigen Jahrgängen stark eingeschränkt bis unmöglich ist. Dies trifft insbesondere dann zu, je kleiner die untersuchte Subpopulation ist. Der Anstieg der NfQ im Jahr 2020 Schaubild A11.3-1 bei Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit im aktuellen oder Vorjahr aus Krisengebieten kann daher nicht interpretiert werden.
(Michael Kalinowski)
Schaubild A11.3-1: nfQ-Quote der 20- bis 34-Jährigen mit deutscher oder ausländischer Staatsangehörigkeit (in %)
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254
Da zu Beginn der Fluchtmigration die Flüchtlinge zumeist in Notunterkünften untergebracht waren, hatten diese keine Auswahlchance, im MZ befragt zu werden.
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255
Neuzugewanderte sind im aktuellen oder im Vorjahr erstmals auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugezogen.
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256
Die Länderliste orientiert sich am IAB-Zuwanderungsmonitor (vgl. Brücker u. a. 2020).