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Vor dem Hintergrund der veränderten Rahmenbedingungen zur Durchführung von Weiterbildungsveranstaltungen während der Coronapandemie untersuchte der wbmonitor Themenschwerpunkt 2021 den Einsatz digitaler Weiterbildungsformate in der Pandemiezeit bis zum Erhebungszeitraum im Sommer 2021 und damit verbundene Fragestellungen. Wenngleich der Weiterbildung in diesem Kontext ein Digitalisierungsschub attestiert wird (vgl. Gollob/Fleischli/Sgier 2021; Weiterbildung Hessen 2020; Wuppertaler Kreis 2020), galt es zugleich auch Grenzen für die Umwandlung von Weiterbildungsveranstaltungen in digitale Formate in den Blick zu nehmen. Darüber hinaus ging wbmonitor den Fragen nach, welche Investitionen die Weiterbildungsanbieter in den Ausbau ihrer digitalen Infrastrukturen vornahmen und wie sie ihre Lehrenden bei der Durchführung von virtueller Weiterbildung unterstützten.

Rechtliche Rahmenbedingungen für Weiterbildungsveranstaltungen während der Coronapandemie

Die Coronapandemie hatte ab März 2020 erhebliche Auswirkungen auf die Durchführung von Weiterbildungsveranstaltungen in Deutschland. Mit Beginn des ersten Lockdowns ließen die von Bund und Ländern beschlossenen Leitlinien zur Eindämmung des Pandemiegeschehens (vgl. Bundesregierung 2020a) bis zur vorrübergehenden Lockerung von Maßnahmen ab Anfang Mai 2020 nur Weiterbildungsveranstaltungen in Onlineformaten bzw. in anderer präsenzunabhängiger Form zu. Anschließend unterlag der Weiterbildungsbereich den länderspezifischen Pandemieregelungen, die kontinuierlich an das aktuelle Infektionsgeschehen angepasst wurden. In der Regel war die Durchführung von Weiterbildungsveranstaltungen in Präsenzform zwischen Mai und November/Dezember 2020 wieder möglich. Im Laufe der zweiten Coronawelle, der mit einem neuerlichen, mehrfach verlängerten bundesweiten Lockdown ab Mitte Dezember 2020 begegnet wurde (vgl. Bundesregierung 2020b, 2021c, 2021d, 2021e, 2021f, 2021g), blieb der Weiterbildungsbereich im Gegenstandsbereich der landesspezifischen Coronaverordnungen. In Anpassung an die bundesweit gültigen Beschlüsse zur Kontaktbeschränkung erklärten die Landesregierungen Weiterbildungsveranstaltungen in Präsenzform i. d. R. für unzulässig (vgl. beispielhaft Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen 2020). Infolge dessen mussten die Anbieter von Weiterbildungen bis zu den Lockerungen im Kontext der bundesweiten Öffnungsschritte ab März 2021 (vgl. Bundesregierung 2021f) erneut weitgehend auf Onlineformate ausweichen.

Die Einordnung der im Folgenden dargestellten Ergebnisse aus der aktuellen Erhebung erfordert zunächst einen kurzen Rückblick auf die Zeit vor der Pandemie sowie die erste Phase der Pandemie. In der Vor-Corona-Zeit war das Präsenzformat die vorherrschende Veranstaltungsform und der Einsatz digitaler Medien und Formate beschränkte sich meist auf eine den Präsenzunterricht unterstützende Form (BIBB-Datenreport 2020, Kapitel B2.1.2). Reine Onlinekurse führte im Vorkrisenjahr 2019 lediglich jede fünfte Einrichtung durch; bei Blended Learning, d. h. der didaktisch zielgerichteten Kombination von Präsenz- und Onlinephasen, traf dies auf immerhin etwas mehr als ein Drittel zu (vgl. ebd.). Während des ersten bundesweiten Lockdowns (Mitte März bis Mitte Mai 2020) wurden Weiterbildungsveranstaltungen aufgrund des Verbots von Präsenzkursen fast ausschließlich online durchgeführt – bei einem großen Teil der bereits laufenden bzw. geplanten Veranstaltungen war eine Umstellung auf Onlineformate jedoch nicht möglich, sodass sie unter- bzw. abgebrochen oder ganz abgesagt werden mussten (BIBB-Datenreport 2020, Kapitel B2.1.2; Christ u. a. 2021). Nach Aufhebung des Lockdowns kehrten zahlreiche Anbieter zwar zum Präsenzformat unter Einhaltung von Hygienekonzepten zurück, Onlineformate blieben jedoch weiterhin ein relevantes Veranstaltungsformat (vgl. ebd.).

Weiterbildungsformate im ersten Halbjahr 2021

Mit der wbmonitor-Umfrage 2021 wurden die verschiedenen Formate der realisierten Weiterbildungsveranstaltungen in den Blick genommen, zum einen bezogen auf den Gesamtjahreszeitraum 2020, zum anderen bezogen auf die erste Jahreshälfte 2021 (d. h. bis Umfragebeginn). Während 2020 im Durchschnitt aller Anbieter ein Drittel (33 %) der Weiterbildungsveranstaltungen in reinen Onlineformaten durchgeführt wurde, waren dies im ersten Halbjahr 2021 mit 55 % mehr als die Hälfte Schaubild B2.1.2-1. Auf Mischformate mit Präsenz- und Onlinephasen bzw. hybride Veranstaltungen mit gleichzeitigen Teilnahmen vor Ort und über das Internet entfielen in beiden Zeiträumen durchschnittlich jeweils 17 % der durchgeführten Weiterbildungsveranstaltungen. Der Anteil reiner Präsenzveranstaltungen war 2020 dagegen mit 47 % annähernd doppelt so hoch wie im ersten Halbjahr 2021 (25 %).

Der höhere Anteil reiner Onlineformate in der ersten Jahreshälfte 2021 ist vor dem Hintergrund der rechtlichen Regelungen des Weiterbildungsgeschehens während der Pandemie zu interpretieren und nicht zwangsläufig als Ausweitung digitaler Weiterbildungsangebote zu verstehen, d. h., hierbei gilt es den anteiligen Jahreszeitraum mit Verbot von Präsenzweiterbildung zu berücksichtigen. So ließen die staatlichen Regelungen im Gesamtzeitraum 2020 mit Ausnahme des ersten bundesweiten Lockdowns von Mitte März bis ca. Mitte Mai die meiste Zeit Präsenzweiterbildung zu (unberücksichtigt lokaler Ausnahmen). Demgegenüber war im ersten Halbjahr 2021 ungefähr die Hälfte des abgefragten Zeitraums von Beschränkungen betroffen und Präsenzveranstaltungen waren i. d. R. erst mit den Öffnungsschritten ab Ende März wieder möglich. Der vergleichsweise höhere Anteil vollständiger Onlineformate in der ersten Jahreshälfte 2021 dürfte also in Verbindung mit einem reduzierten Präsenzangebot stehen. Onlineformate stellten hier vermutlich in vielen Fällen primär eine Ausweichmöglichkeit dar, um während des akuten Pandemiegeschehens überhaupt Weiterbildung durchführen zu können. Diese Annahme wird sowohl durch die Rückkehr zahlreicher Einrichtungen zum Präsenzformat bereits nach Aufhebung des ersten bundesweiten Lockdowns 2020 (BIBB-Datenreport 2021, Kapitel B2.1.2) gestützt, als auch durch die hohe Zustimmung (79 %)303 der Anbieter in der aktuellen Erhebung zu der Aussage, Weiterbildungsveranstaltungen im Präsenzformat durchzuführen, sobald dies rechtlich möglich war bzw. ist.

Schaubild B2.1.2-1: Formate durchgeführter Weiterbildungsveranstaltungen 2020 und im ersten Halbjahr 2021 (mittlere Anteile in %; Basis: Anbieter mit realisierter Weiterbildung im jeweiligen Zeitraum)

Unterschiede hinsichtlich der Verbreitung reiner Onlineveranstaltungen

Es ist davon auszugehen, dass sich verschiedene Weiterbildungsveranstaltungen nicht gleichermaßen zur Durchführung in Onlineformaten eignen. Erste diesbezügliche Hinweise liefert eine nach Anbietertypen differenzierte Betrachtung der Anteile reiner Onlineveranstaltungen an allen realisierten Weiterbildungen im betrachteten Pandemiezeitraum. Mit Abstand die höchsten Anteile berichteten Universitäten, Fachhochschulen sowie wissenschaftliche Akademien – durchschnittlich 83 % der Veranstaltungen im ersten Halbjahr 2021 und 58 % im Jahr 2020 fanden bei diesen ausschließlich online statt Schaubild B2.1.2-2. Neben der grundsätzlichen Eignung akademischer Lehrinhalte für ortsunabhängige Formate dürften diesbezüglich auch die günstigen technischen Voraussetzungen sowohl seitens der Einrichtungen und der Lehrenden als auch seitens der Teilnehmenden zum Tragen kommen. Demgegenüber führten berufliche Schulen sowie wirtschaftsnahe Bildungszentren von Kammern, Innungen oder Berufsverbänden in der ersten Jahreshälfte 2021 jeweils nur vier von zehn (42 %) Weiterbildungsveranstaltungen und 2020 jeweils ein Viertel (24 %) rein online durch. Ausschlaggebend für die unterdurchschnittlichen Anteilswerte dieser beiden Anbietertypen dürften in erster Linie fachpraktische Bestandteile von Weiter- bzw. Fortbildungen sein, die sich nicht bzw. nicht adäquat in den Onlinemodus übersetzen lassen (vgl. nächster Abschnitt). Auffällig ist ferner, dass bei den VHS die höchste Zunahme der durchschnittlichen Anteile vollständiger Onlinekurse zwischen den beiden Zeiträumen zu beobachten ist: Wurde 2020 durchschnittlich nur jeder fünfte VHS-Kurs (20 %) rein online durchgeführt, war dies in der ersten Jahreshälfte 2021 jeder zweite (54 %). Dies kann jedoch nicht unmittelbar als eine Verstärkung der Digitalisierung des Weiterbildungsangebots interpretiert werden, da unklar bleibt, in welchem Ausmaß die Einrichtungen ihr Kursprogramm im ersten Halbjahr 2021 überhaupt verwirklichen konnten bzw. im Kontext der Pandemiebeschränkungen Veranstaltungen abgesagt werden mussten. Während des ersten bundesweiten Lockdowns 2020 waren die VHS hiervon in besonderem Maße betroffen (BIBB-Datenreport 2021, Kapitel B2.1.2). Die negative Wirtschaftsstimmung dieses Anbietertyps im Sommer 2021 (Kapitel B2.1.1) deutet darauf hin,  dass die VHS auch während der zweiten Welle des Infektionsgeschehens starke Einschnitte ihres Veranstaltungsprogramms hinnehmen mussten.

Schaubild B2.1.2-2: Anteile reiner Onlineveranstaltungen an allen durchgeführten Weiterbildungsveranstaltungen, differenziert nach Art der Einrichtung (mittlere Anteile in %; Basis: Anbieter mit realisierter Weiterbildung im jeweiligen Zeitraum)

Faktoren, die der Nutzung von Onlineformaten entgegenstehen

Der Durchführung von Weiterbildungsveranstaltungen als reine Onlineformate können verschiedene Faktoren entgegenstehen. Am häufigsten sehen die Anbieter diesbezüglich die fehlende persönliche Begegnung vor Ort als ausschlaggebend an: Auf fast zwei Drittel (73 %)304 trifft die Aussage zu, dass diese ein wesentlicher Bestandteil der Veranstaltungen ist und online nicht ersetzt werden kann Schaubild B2.1.2-3. Weitere 20 % sehen dies zwiespältig (Antwortkategorie „teils/teils“) und lediglich 6 % sehen offensichtlich keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Interaktion vor Ort und in virtueller Form.305 Mit Blick auf die unterschiedlichen Lerninhalte und Adressatengruppen der verschiedenen Anbietertypen kommen für die durchweg hohe Zustimmung zu dieser Aussage306 vermutlich verschiedene Beweggründe zum Tragen; bspw., dass Lehrende in Präsenzveranstaltungen besser individuelle Verständnisschwierigkeiten von Teilnehmenden erkennen und darauf reagieren können oder, dass die soziale Interaktion vor Ort ein Bestandteil der Teilnahmemotivation sein kann. Knapp zwei Drittel (64 %) der Einrichtungen sehen reine Onlineformate für Zielgruppen bestimmter Weiterbildungsveranstaltungen als didaktisch nicht geeignet an. Wenngleich dazu keine weitergehenden Informationen vorliegen, zielte die Einschätzung möglicherweise häufig auf Personengruppen mit begrenzten Fähigkeiten bzw. Kenntnissen im Umgang mit Internet und digitaler Technik und/oder eingeschränkter Offenheit gegenüber deren Nutzung in Weiterbildungsveranstaltungen ab, die eine wesentliche Voraussetzung für die Teilnahmebereitschaft darstellt (vgl. Schmidt-Hertha/Rott 2021). Eine unzureichende digitale Ausstattung aufseiten der Teilnehmenden war für 35 % und damit deutlich weniger Anbieter ausschlaggebend für den Verzicht auf Onlineformate. Bezüglich der Ausstattung der eigenen Einrichtung nannten lediglich 16 % diesen Hinderungsgrund.

Schaubild B2.1.2-3: Hinderungsgründe für Onlineformate (Anteile in %)

Deutlich häufiger lag es an den konkreten Inhalten der Bildungsveranstaltung, dass Onlineformate nicht eingesetzt werden konnten. Fast jede zweite Einrichtung (47 %) gab an, dass körperliche Erfahrung ein wesentlicher Bestandteil von Veranstaltungen ist, die online nicht realisierbar ist. Dass diesbezüglich betriebliche Bildungseinrichtungen mit 59 % den höchsten Anteilswert aufweisen, dürfte u. a. damit zusammenhängen, dass in dieser Anbietergruppe zahlreiche Einrichtungen im Gesundheitsbereich verortet sind (z. B. Bildungseinrichtungen von Kliniken).307 Deren Weiter- bzw. Fortbildungen können körperbezogene Bestandteile wie bspw. die Einübung bestimmter Pflegetechniken beinhalten. Bei insgesamt 39 % der Weiterbildungsanbieter kommen bestimmte Maschinen, Geräte oder Materialien zum Einsatz, was in Onlineformaten allenfalls durch Simulationen substituiert werden kann. Am häufigsten trifft dies erwartungsgemäß auf die beruflichen Schulen bzw. Fachschulen (60 %) sowie die Bildungszentren von Kammern, Innungen und Berufsverbänden (67 %) zu. Bei entsprechender thematischer Ausrichtung z. B. auf handwerkliche Berufe verfügen diese üblicherweise über Lehrwerkstätten für praktische Unterweisungen. Lediglich Minderheiten der Weiterbildungsanbieter gaben an, dass der Gesamtaufwand der Umstellung auf Onlineformate – hinsichtlich zeitlicher und finanzieller Ressourcen – zu hoch gewesen sei (30 %), Onlineformate nicht nachgefragt wurden (27 %), oder dass keine Lehrenden zur Durchführung von Online-Weiterbildungsveranstaltungen zur Verfügung standen (14 %).

Beurteilung der digitalen Infrastruktur von Anbietern und Teilnehmenden

Insbesondere während der Zeiten des pandemiebedingten Verbots von Präsenzveranstaltungen stellen digitale Infrastrukturen eine zentrale Ressource zur Realisierung von Weiterbildungsveranstaltungen dar. Eine hinreichende Ausstattung mit Hard- und Software sowie ein schneller und stabiler Internetzugang sind nicht nur aufseiten der Einrichtungen und des angestellten Personals erforderlich, sondern stellen auch für freiberufliche Honorarkräfte eine wesentliche Voraussetzung dar, um in digitalen Weiterbildungsveranstaltungen von Zuhause aus lehren zu können. Darüber hinaus hängt das Gelingen digitaler Weiterbildung von den technischen Möglichkeiten der Teilnehmenden ab.

Auf einer siebenstufigen Skala mit den Polen „1 = sehr schlecht“ und „7 = sehr gut“ beurteilten die Anbieter ihre eigenen digitalen Infrastrukturen mit einem Mittelwert von 5,1 und die der Honorarkräfte mit 4,8 besser als die technischen Voraussetzungen der Teilnehmenden (4,1). Wenngleich die Ausstattung mit digitaler Technik auch aufseiten der Einrichtungen ausbaufähig zu sein scheint, korrespondiert dies mit den zuvor genannten Ergebnissen, nach denen eine unzureichende Ausstattung der Teilnehmenden häufiger als Hinderungsgrund für die Durchführung von Onlineveranstaltungen berichtet wurde, als eine unzureichende Ausstattung auf Einrichtungsebene. Möglicherweise ist diese Diskrepanz neben dem Vorhandensein entsprechender Endgeräte u. a. auch damit zu erklären, dass Weiterbildungsanbieter vorwiegend in urbanen Regionen und kreisfreien Städten angesiedelt sind und sich ihr Einzugsgebiet in das ländliche Umland erstrecken kann (vgl. Schrader/Martin 2021; Koscheck/Ohly 2014). Insofern können hier Unterschiede hinsichtlich der Qualität der Internetabdeckung und -geschwindigkeit zwischen Stadt und Land zum Tragen kommen – insbesondere in ländlich geprägten Gemeinden bestehen Defizite hinsichtlich einer Breitbandverfügbarkeit mit hoher Übertragungsgeschwindigkeit (vgl. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur 2021). Korrespondierend dazu weisen VHS, die gemäß ihrem Bildungsauftrag auch im ländlichen Raum mit Angeboten vor Ort präsent sind, unter den verschiedenen Anbietertypen die niedrigsten Mittelwerte hinsichtlich der Beurteilung der digitalen Infrastrukturen auf (Einrichtung: 4,3; Honorarkräfte: 4,1; Teilnehmende: 3,6), wohingegen die Werte der Universitäten, Fachhochschulen und wissenschaftlichen Akademien die höchsten sind (5,7; 5,3; 5,0).

Investitionen in digitale Konferenzsysteme und Software für digitale Formate

Dass die Anbieter ihre digitale Infrastruktur vergleichsweise gut bewerteten, hängt möglicherweise auch mit den seit Pandemiebeginn erfolgten Investitionen in diesem Bereich zusammen; nahezu alle Anbieter (97 %)308 verbesserten ihre Ausstattung mit digitaler Hard- bzw. Software und/oder nahmen in diesem Kontext Dienstleistungen in Anspruch. Da während der Lockdownphasen Weiterbildung ortsunabhängig durchgeführt werden musste und digitale Weiterbildungsformate dementsprechend weit verbreitet waren (s. o.), ist es wenig überraschend, dass seit 2020309 am häufigsten in digitale Konferenzsysteme investiert wurde, z. B. in Headsets, Webcams bzw. Konferenzkameras und Mikrofone (83 % aller Anbieter) Schaubild B2.1.2-4. Am zweithäufigsten wurden Software bzw. Softwarelizenzen zur Realisierung digitaler Weiterbildungsformate (77 %) genannt und damit ebenfalls ein Bereich, in dem bedingt durch die neuartige Situation ein akuter Bedarf gedeckt werden musste. Von der Mehrheit der Einrichtungen wurden zudem digitale Endgeräte wie Notebooks, Laptops oder Tablets genannt, sowohl für Lehrende (61 %) als auch für Beschäftigte in anderen Tätigkeitsfeldern der Weiterbildung (57 %). Dabei handelte es sich vermutlich in den meisten Fällen um ergänzende Anschaffungen zur Realisierung von Lehrtätigkeiten aus den eigenen vier Wänden heraus bzw. zur Ausweitung von Homeoffice (BIBB-Datenreport 2021, Kap. B2.1.2). Investitionen in digitale Endgeräte für Teilnehmende nahm demgegenüber nur etwas mehr als ein Drittel (35 %) der Anbieter vor.

Schaubild B2.1.2-4: Investitionen in digitale Infrastruktur bzw. diesbezügliche Dienstleistungen seit 2020 (Anteile in %)

Jede zweite Einrichtung (51 %) schaffte (zusätzliche) digitale Videokameras an, um damit bspw. Lehrvideos bzw. Tutorials aufnehmen und bereitstellen zu können. Die Hälfte der Anbieter (50 %) investierte zudem in Maßnahmen zur Verbesserung der Datensicherheit bzw. des Datenschutzes im Kontext digitaler Weiterbildung. Geringfügig weniger Anbieter nahmen externe IT-Dienstleistungen in Anspruch, um digitale Infrastruktur von Experten bzw. Expertinnen installieren bzw. implementieren zu lassen (47 %) oder deren anschließende Administration und Wartung zu gewährleisten (46 %). Dass weniger als die Hälfte der Anbieter (44 %) ihren Internetzugang ausweiteten bzw. verbesserten (z. B. hinsichtlich der Geschwindigkeit und Volumen der Datenübertragung), kann entweder auf bereits optimale Internetanbindungen oder auf fehlende Angebote besserer Qualität zurückzuführen sein.

Die getätigten Investitionen reichten nach eigener Einschätzung bei sechs von zehn Einrichtungen (61 %) aus, um ihr Weiterbildungsangebot während der Coronapandemie sicherzustellen; knapp ein Viertel (23 %) sah dies nur teilweise erfüllt und für 16 % waren die Investitionen nicht hinreichend.

Finanzierungsquellen für getätigte Investitionen

Die überwiegende Mehrheit der Einrichtungen zog ihren regulären Haushalt zur Finanzierung der getätigten Investitionen heran (79 %)310. Allerdings konnte lediglich ein Drittel (34 %) der Anbieter dieser Gruppe die Finanzierung ausschließlich darüber bestreiten – 41 % gaben zusätzlich eine weitere der insgesamt sieben abgefragten Finanzierungsquellen311 an und ein Viertel (25 %) sogar zwei oder mehr. Dies ist ein Anhaltspunkt dafür, dass die erforderlichen Investitionen zur Aufrechterhaltung des Weiterbildungsbetriebs in vielen Fällen in einer Größenordnung lagen, die von den eingeplanten Mitteln offensichtlich nicht vollständig abgedeckt werden konnten. Korrespondierend zu dieser Annahme griffen 45 % aller Anbieter auf Rücklagen zurück. Überdurchschnittlich häufig traf dies mit 58 % auf privat-kommerzielle Anbieter zu, wohingegen berufliche Schulen (15 %) und VHS (30 %) als i. d. R. öffentliche Einrichtungen deutlich seltener diese Möglichkeit nutzen konnten. Ein Viertel der Einrichtungen (25 %) setzte staatliche Fördermittel zum Ausbau der digitalen Infrastruktur ein, wobei als Spezifizierung eine Vielzahl an Förderprogrammen genannt wurde, die von den allgemeinen Coronahilfsmaßnahmen über den Digitalpakt Schule bis zu digitalisierungsspezifischen Förderprogrammen der einzelnen Bundesländer reichten.312 Lediglich ein Fünftel (19 %) der Anbieter erhielt einen Zuschuss vom Träger der Einrichtung bzw. profitierte von einer (teilweisen) Kostenübernahme durch diesen. Nur ein kleiner Teil der Anbieter (8 %) war in der Lage bzw. gewillt, die Investitionen – zumindest zum Teil – über Preiserhöhungen an die Kunden und Kundinnen weiterzugeben. Dies dürfte einerseits auf staatlich vorgegebene Kostensätze und andererseits auf den Konkurrenzdruck auf dem Weiterbildungsmarkt (Kapitel B2.1.1) zurückzuführen sein. Anlassbezogene Spenden (6 %) erhielt nur eine kleine Minderheit der Anbieter; noch weniger (4 %) nahmen einen Firmen- bzw. Unternehmenskredit zur Finanzierung der genannten Investitionen auf.

Unterstützung der Lehrenden bei der Durchführung von Onlineweiterbildung

Neben der Verfügbarkeit der notwendigen digitalen Infrastruktur entscheiden die Lehrenden bzw. deren Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien darüber, ob und in welchem Umfang und wie gewinnbringend digitale Medien und Formate in Lehr-Lern-Prozessen eingesetzt werden (vgl. Schmidt-Hertha u. a. 2020). Die Notwendigkeit zum Einsatz digitaler Weiterbildungsformate in der Pandemiezeit und damit einhergehend neue bzw. zusätzliche Anforderungen setzt auch bei diesen eine erhöhte Flexibilität voraus. So gaben etwa sieben von zehn Einrichtungen (69 %)313 an, umfangreiche didaktisch-methodische Anpassungen zur Durchführung von Weiterbildung in digitalen Formaten vorgenommen zu haben. Mit Blick auf diese Situation fragte wbmonitor die Anbieter, wie sie ihre Lehrenden (Angestellte bzw. Honorarkräfte)314 hinsichtlich der Durchführung von Onlineveranstaltungen unterstützten.

Am häufigsten setzten die Anbieter diesbezüglich auf interne Aktivitäten. In jeweils mehr als drei Viertel315 der Einrichtungen halfen eigene Mitarbeitende mit hoher Digitalkompetenz (anderen) Lehrenden im technischen Umgang mit Onlineformaten und/oder deren Gestaltung (79 %) bzw. es wurden interne Weiterbildungsveranstaltungen zum Ausbau digitaler Kompetenzen in Eigenregie durchgeführt oder eingekauft (78 %) Schaubild B2.1.2-5. 76 % erstellten Handreichungen zur Bedienung von Hard- und Software, um Lehrenden deren Anwendung zu erleichtern bzw. bei Bedienungsproblemen als unmittelbare Hilfestellung zu dienen. Zwei Drittel (65 %) der Einrichtungen organisierten für ihre Lehrenden einen Erfahrungsaustausch in Form von Arbeitsgruppen zur Digitalisierung oder eher informell geprägten Stammtischen. Gut sechs von zehn Anbietern (62 %) stellten Fachliteratur zur eigenständigen Kompetenzerweiterung hinsichtlich digitaler Themen bereit.

Schaubild B2.1.2-5: Maßnahmen zur Unterstützung Lehrender bei der Durchführung von Onlineveranstaltungen (Anteile in %)

Etwa ebenso viele Einrichtungen (61 %) förderten die Teilnahme an externen Weiterbildungsveranstaltungen, indem sie Mitarbeitende für deren Dauer freistellten und/oder Kosten für Schulungsgebühren trugen. Dass in weniger als einem Drittel (29 %) der Einrichtungen Lehrende von individueller Unterstützung durch die Digitalisierungsstelle bzw. Digitalisierungsbeauftragte eines Weiterbildungsverbands oder Trägers profitierten, dürfte vorrangig darauf zurückzuführen sein, dass nur Teile der in der Weiterbildung tätigen Einrichtungen verbandlich organisiert bzw. in Trägerstrukturen eingebunden sind. Am seltensten (27 %) wurde individuelles Coaching durch externe Experten bzw. Expertinnen zu digitalen Kompetenzen in Anspruch genommen.

Trotz der vielfältigen Unterstützungsmaßnahmen der Einrichtungen scheint allerdings noch Entwicklungspotenzial hinsichtlich der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zu bestehen. Nur etwa jede zweite Einrichtung (47 %)316 stimmte im Sommer 2021 der Aussage zu, dass ihre Lehrenden didaktisch gut auf die Wissensvermittlung in Onlineformaten eingestellt sind. 39 % blickten dagegen zwiespältig darauf (Antwortkategorie „teils/teils“) und 14 %317 sahen die Anforderungen an digitale Kompetenzen bislang sogar als nur ansatzweise oder gar nicht erfüllt an.

In der Gesamtschau der dargestellten Ergebnisse lässt sich festhalten, dass der Anteil digitaler Weiterbildungsformate seit dem Beginn der Pandemie deutlich gewachsen ist. 84 %318 der Anbieter gaben dementsprechend an, dass sie durch die veränderten Rahmenbedingungen seit Beginn der Pandemie die Digitalisierung ihres Weiterbildungsangebots verstärkt haben. Dies liegt insbesondere daran, dass die Anbieter in den Phasen von Schließungen gezwungen waren, Weiterbildungsveranstaltungen in den digitalen Raum zu verlagern und dadurch mehr Weiterbildung online stattfand als noch vor Beginn der Pandemie. Um entsprechende Anpassungen vornehmen zu können, mussten häufig (zusätzliche) Investitionen in die digitale Infrastruktur sowie in die Unterstützung der Lehrenden getätigt werden, die zu regulären Bedingungen in dieser Form bzw. in diesem Umfang mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erfolgt wären. Immerhin 64 % der Anbieter nahmen jedoch an, dass sich die infrastrukturellen Investitionen zukünftig finanziell für ihre Einrichtung auszahlen werden.319 So gingen fast sieben von zehn Anbietern (68 %) davon aus, dass sie auch nach Überwindung der Pandemie mehr Onlineweiterbildungen anbieten werden als in der Vor-Corona-Zeit320 und etwa die Hälfte (49 %) gab an, dass sie zukünftig ihr Weiterbildungsangebot auf Mischformate mit Präsenz- und Onlinebestandteilen (z. B. Blended Learning, hybride Formate) ausrichten wollen.321

Vor diesem Hintergrund dürfte zukünftig – abhängig von der thematischen und adressatenspezifischen Ausrichtung – ein breites Spektrum an traditionell präsenzbasierten bis hin zu vollständig digitalen Weiterbildungsformaten zu erwarten sein.

(Stefan Koscheck, Johannes Christ – Deutsches Institut für Erwachsenenbildung)

  • 303

    Die Anteilswerte „stimme zu“ und „stimme eher zu“ wurden zusammengefasst.

  • 304

    Die Anteilswerte „trifft voll und ganz zu“ und „trifft eher zu“ wurden zusammengefasst.

  • 305

    Anteilswerte „trifft eher nicht zu“ und „trifft überhaupt nicht zu“ zusammengefasst.

  • 306

    Die zusammengefassten Anteilswerte „trifft voll und ganz zu“ und „trifft eher zu“ reichen von 64 % bei den privat-kommerziellen Anbietern bis 81 % bei den VHS.

  • 307

    Betriebliche Bildungseinrichtungen weisen den Themenbereich „soziale, medizinische, pflegerische, pädagogische Weiterbildung“ mit 42 % häufiger als Angebotsschwerpunkt auf als der Durchschnitt aller Anbieter (27 %).

  • 308

    Der Anteilswert bezieht sich auf Anbieter, die Investitionen in mindestens einem der folgend aufgeführten Bereiche getätigt haben.

  • 309

    Differenzierte Abfragen für das Jahr 2020 und das erste Halbjahr 2021 wurden an dieser Stelle zusammengefasst.

  • 310

    Die im Folgenden dargestellten Anteilswerte beziehen sich auf die Anbieter, die seit Jahresbeginn 2020 in ihre digitale Infrastruktur investiert haben.

  • 311

    Neben dem regulären Haushalt umfassten diese: Rücklagen; Preiserhöhung der Leistungen; Zuschuss des Trägers bzw. Übernahme durch den Träger; Firmenkredit bzw. Unternehmenskredit (auch KfW); staatliches Förderprogramm (z. B. Digitalförderprogramm eines Bundeslandes); anlassbezogene Spende(n).

  • 312

    Diese wurden zusätzlich über ein offenes Antwortformat erfasst.

  • 313

    Aussage „Unsere Einrichtung hat im Zuge der Pandemie umfangreiche didaktisch-methodische Anpassungen zur Durchführung von Weiterbildung in Onlineformaten vorgenommen.“ Die Anteilswerte „stimmte zu“ und „stimme eher zu“ wurden zusammengefasst.

  • 314

    Die differenzierten Abfragen für angestellte Lehrende und Honorarkräfte wurden an dieser Stelle zusammengefasst.

  • 315

    Die im Folgenden dargestellten Anteilswerte beziehen sich auf Einrichtungen mit lehrendem Personal, d. h. mit lehrtätigen Angestellten und/oder Honorarkräften. Die Angaben beziehen sich auf den Zeitraum der letzten zwölf Monate vor Umfrageteilnahme.

  • 316

    Die Anteilswerte „stimme zu“ und „stimme eher zu“ wurden zusammengefasst.

  • 317

    Die Anteilswerte „stimme eher nicht zu“ und „stimme nicht zu“ wurden zusammengefasst.

  • 318

    Die Anteilswerte „stimme zu“ und „stimme eher zu“ wurden zusammengefasst.

  • 319

    Aussage „Die seit 2020 vorgenommenen Investitionen in digitale Infrastruktur werden sich zukünftig für unsere Einrichtung finanziell auszahlen.“ Die Anteilswerte „stimme zu“ und „stimme eher zu“ wurden zusammengefasst. Der genannte Anteilswert bezieht sich auf Anbieter mit Investitionen in digitale Infrastruktur.

  • 320

    Aussage „Nach Bewältigung der Pandemie wird unsere Einrichtung mehr Onlineweiterbildungen anbieten als in der Vor-Corona-Zeit. Die Anteilswerte „stimme zu“ und „stimme eher zu“ wurden zusammengefasst.

  • 321

    Die Anteilswerte „stimme zu“ und „stimme eher zu“ wurden zusammengefasst.