Mit der Bildungsprämie wurde ab Dezember 2008 die Beteiligung Erwerbstätiger mit niedrigem Einkommen an individueller berufsbezogener Weiterbildung unterstützt. Das Bundesprogramm wird vom BMBF und dem ESF gefördert. Die zuletzt geltenden Konditionen wurden Juli 2017 eingeführt. Ende 2021 endete die Ausgabe von Prämiengutscheinen. Die geförderten Weiterbildungsmaßnahmen müssen bis Ende 2022 abgeschlossen sein.
Programm Bildungsprämie
Mit der Bildungsprämie konnten Weiterbildungsmaßnahmen unterstützt werden, die berufsspezifische Kenntnisse bzw. Fertigkeiten vermittelten, sowie Weiterbildungen, die der Stärkung der allgemeinen Beschäftigungsfähigkeit dienten.
Die Bildungsprämie umfasste zwei Finanzierungsinstrumente, die kumulativ anwendbar waren:
- Prämiengutschein: Mit dem Prämiengutschein unterstützte der Bund Erwerbstätige in ihrem Weiterbildungsinteresse, indem 50 % der Veranstaltungsgebühren übernommen wurden, maximal jedoch 500 €. Den Gutschein konnten Personen erhalten, die mindestens 15 Stunden pro Woche erwerbstätig waren und deren zu versteuerndes Jahreseinkommen 20.000 € (bzw. 40.000 € bei gemeinsamer Veranlagung) nicht überstieg.
- Spargutschein: Das Weiterbildungssparen konnten diejenigen nutzen, die über ein mit der Arbeitnehmersparzulage gefördertes Ansparguthaben nach dem Vermögensbildungsgesetz (VermBG) verfügten. Der Spargutschein der Bildungsprämie ermöglichte es, vorzeitig auf das angesparte Guthaben zuzugreifen, ohne dass dadurch die Arbeitnehmersparzulage verloren ging. Er konnte unabhängig vom Jahreseinkommen in Anspruch genommen und auch als Ergänzung des Prämiengutscheins für den verbleibenden finanziellen Eigenanteil genutzt werden. Durch das Weiterbildungssparen konnten aufwändige und oftmals langfristige Weiterbildungsmaßnahmen leichter finanziert werden.
Für den Erhalt eines Prämien- und/oder Spargutscheins war die Teilnahme an einem Face-to-Face-Beratungsgespräch in einer der bundesweit ca. 500 Beratungsstellen obligatorisch. Seit März 2020 konnten aufgrund der Coronapandemie Beratungsgespräche für die Bildungsprämie telefonisch oder per Videochat auf Distanz geführt werden.
Aufgrund der Auswirkungen der Pandemie auf die Umsetzung wurde das Programm um ein Jahr verlängert. Die Ausgabe der Prämiengutscheine endete zum 31.12.2021. Die Gutscheine sind ein halbes Jahr gültig. Dann muss die Weiterbildung begonnen haben. Die geförderten Weiterbildungsmaßnahmen müssen bis Ende 2022 abgeschlossen sein.
Seit Programmbeginn 2008 bis Ende Dezember 2021 wurden rd. 405.000 Prämiengutscheine und 30.000 Spargutscheine ausgegeben. Den Erfahrungen der beiden vorangegangenen Förderperioden nach werden knapp 75 % der Prämiengutscheine auch eingelöst. Zu den Spargutscheinen liegen keine Einlösezahlen vor. Die Coronapandemie führte in den Jahren 2020 und 2021 jeweils zu einem Rückgang der Jahresnachfrage um 10 %.
Struktur der Programmteilnehmenden
Die Teilnehmerstruktur veränderte sich über die gesamte Programmlaufzeit betrachtet hinsichtlich der soziodemografischen Merkmale überwiegend nur leicht Tabelle B3.6-1. Hervorzuheben ist, dass der Frauenanteil unter den Geförderten durchgängig überproportional hoch war. Dies kann teilweise durch die Überrepräsentation von Frauen unter Geringverdienenden erklärt werden. In der Altersstruktur ist über die Förderphasen hinweg eine Verschiebung hin zu den älteren Jahrgängen erkennbar, welche sowohl den allgemeinen Alterungstrend unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland als auch deren generell steigende Beteiligung an berufsbezogener Weiterbildung widerspiegelt (vgl. Statistisches Bundesamt 2021 und Bundesministerium für Bildung und Forschung 2020, S. 42ff.).
Tabelle B3.6-1: Programm Bildungsprämie – Kernindikatoren im Zeitverlauf (Anteil in % der Programmteilnehmenden)
Lediglich in Bezug auf den Beschäftigungsstatus kam es bei Programmteilnehmenden über den Förderzeitraum hinweg zu deutlichen Veränderungen in der Zusammensetzung. Im Zeitverlauf nahm der Anteil der Vollzeitbeschäftigten ab, während der Anteil der Teilzeitbeschäftigten stark und der der Selbstständigen leicht zunahm. Erklärungen hierfür könnten der allgemeine Anstieg Teilzeiterwerbstätiger in Deutschland sowie die Einkommensentwicklung sein. Durch die steigenden Einkommen dürften viele Vollzeitbeschäftigte aus der Förderung gefallen sein, da die Einkommensgrenze der Bildungsprämie mit Ausnahme der Jahre 2010 und 2011 konstant blieb. Seit 2016 wurde auch erfasst, ob Gutscheinempfänger/-innen einen befristeten Vertrag hatten. Befristet Beschäftigte machten seitdem 18 % aller Teilnehmenden aus, während im selben Zeitraum nur etwa 8 % aller Erwerbstätigen in Deutschland befristet beschäftigt waren.349 Möglicherweise hängt dieser Unterschied mit dem höheren Qualifikationsdruck auf befristet Beschäftigte zusammen. Für detailliertere Ausführungen zu den Merkmalen der Teilnehmenden sei auf den BIBB-Datenreport 2020, Kapitel B3.6 verwiesen.
Die Bildungsprämie wird vor allem von Beschäftigten und Selbstständigen in solchen Branchen genutzt, in denen es einen hohen Weiterbildungsdruck bei gleichzeitig eher niedrigen Einkommen gibt und/oder sich die Arbeitgeber traditionell seltener an den Kosten der Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden beteiligen (vgl. Expertenkommission Finanzierung Lebenslangen Lernens 2004, S. 33f.). Dies ist z. B. im therapeutischen Bereich der Fall. So ist das Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen der am stärksten vertretene Wirtschaftsbereich (44 %), gefolgt vom Bereich „Erziehung und Unterricht“ mit 10 % (BIBB-Datenreport 2020, Kapitel B3.6, Schaubild B3.6-1).
Programmteilnehmende mit Migrationshintergrund350
Das Schwerpunktthema dieses Datenreports ist die Nutzung des Potenzials qualifizierter Zuwanderung. In diesem Kontext soll an dieser Stelle die weitere Qualifizierung von Menschen mit eigener oder indirekter Zuwanderungserfahrung durch die Bildungsprämie betrachtet werden. Angesichts der großen Heterogenität der Teilnehmenden mit Migrationshintergrund können über die vorliegenden deskriptiven Beobachtungen hinaus keine allgemeingültigen Aussagen über das Verhalten von Personen mit Migrationshintergrund gemacht werden.
Von 2008 bis 2021 stieg der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund, denen ein Gutschein ausgestellt wurde, von 15 % auf 22 % Schaubild B3.6-1. Dieser Trend spiegelt den allgemeinen Anstieg der Erwerbstätigen in Deutschland mit Migrationshintergrund wider (vgl. Statistisches Bundesamt 2006 bis 2021). In Schaubild B3.6-1 ist der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an allen Gutscheinempfängern/-empfängerinnen sowie der entsprechende Anteil mit Migrationshintergrund von allen Personen, die den empfangenen Gutschein tatsächlich einlösten, dargestellt. Es zeigt sich, Menschen mit Migrationshintergrund lösten ihren Prämiengutschein weniger oft ein (70 % gegenüber 74 % derjenigen ohne Migrationshintergrund), sodass der Anteil von Personen mit Migrationshintergrund an den Gutscheineinlösenden im Durchschnitt mehr als einen Prozentpunkt unter ihrem Anteil an den Gutscheinempfängern/-empfängerinnen liegt. Dieser Unterschied kann zum Teil über die Überrepräsentation von Personen mit Migrationshintergrund in Teilnehmergruppen mit geringerer Einlösequote (z. B. Jüngere, bestimmte Branchen) zusammenhängen.
Schaubild B3.6-1: Programm Bildungsprämie – Gutscheinempfänger/-innen und -einlöser/-innen mit Migrationshintergrund (Anteil in %)
Im Vergleich zu den übrigen Teilnehmern und Teilnehmerinnen der Bildungsprämie sind unter den Teilnehmenden mit Migrationshintergrund Männer häufiger vertreten (30 % vs. 21 %). Darüber hinaus haben Teilnehmer/-innen mit Migrationshintergrund häufiger ein sehr geringes als auch ein sehr hohes Bildungsniveau im Vergleich zu den anderen Teilnehmenden (ISCED 0-2: 8 % vs. 2 %; ISCED 5-6: 39 % vs. 35 %). Der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund und mittleren Bildungsgraden ist wie in der Vergleichsgruppe am größten, fällt hier aber um 10 Prozentpunkte niedriger aus (ISCED 3-4: 53 % vs. 63 %). Ein Teil dieses Unterschieds hängt mit der unterschiedlichen Alterszusammensetzung der Gruppen zusammen. Auch weisen insbesondere die Teilnehmenden mit Migrationshintergrund ohne deutsche Staatsbürgerschaft weniger oft eine Berufsausbildung (ISCED 3-4: 42 %) und dagegen häufiger entweder keinen bzw. nur einen niedrigen Berufsabschluss (14 %) oder einen universitären Abschluss (44 %) vor. Sie machen 18 % aller Teilnehmenden mit Migrationshintergrund aus.
Auch in Bezug auf den Beschäftigungsstatus bestehen deutliche Unterschiede. Teilnehmer/-innen mit Migrationshintergrund arbeiten häufiger als Angestellte in Vollzeit (43 % zu 38 %) und seltener in Teilzeit (54 % zu 59 %). Sie sind auch seltener selbstständig tätig (18 % zu 24 %). Zudem verteilen sie sich gleichmäßiger als Teilnehmende ohne Migrationshintergrund auf unterschiedliche Wirtschaftsbereiche. Zwar kommen auch die Teilnehmenden mit Migrationshintergrund am häufigsten aus dem Bereich „Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen“, ihr Anteil ist dort aber geringer als bei den Deutschstämmigen (33 % zu 46 %). Stattdessen ist ein größerer Teil als bei den Deutschstämmigen in den unternehmensbezogenen und sonstigen Dienstleistungen, in Handel und Reparatur und im Gastgewerbe tätig (zusammen 35 % zu 23 %).
Jede/-r Gutscheinempfänger/-in der Bildungsprämie wird nach seiner oder ihrer gegenwärtigen Motivation zur beruflichen Weiterbildung gefragt. Teilnehmende mit Migrationshintergrund gaben häufiger die Vorbereitung auf einen Berufswechsel oder das Anstreben einer höheren Position oder Laufbahngruppe an Schaubild B3.6-2. Sie waren seltener durch die Anpassung an neue Aufgaben, das Erwerben ergänzender Kenntnisse für den Beruf oder eines Zertifikats oder Prüfungsabschlusses zur beruflichen Weiterbildung motiviert. In Bezug auf die Motivationsfaktoren Einarbeitung, Sicherung des Arbeitsplatzes und Vorbereitung von Selbstständigkeit bestehen keine Unterschiede nach Migrationshintergrund. Der Migrationshintergrund erklärt nur einen kleinen Teil der Varianz bei den angegebenen Weiterbildungsmotiven.
(Sarah Schneider-Alia, Bert Butz)
Schaubild B3.6-2: Programm Bildungsprämie – Motivation zur beruflichen Weiterbildung nach Migrationshintergrund (Mehrfachnennung) (Anteil in % der Programmteilnehmenden)
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Daten zu befristeter Beschäftigung in Deutschland stammen aus der Datenbank GENESIS-Online des Statistischen Bundesamts.
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Ein Migrationshintergrund ist gegeben, wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist: wenn (a) eine Person keine deutsche Staatsbürgerschaft hat oder eingebürgert wurde, (b) sie nicht auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik geboren wurde und 1950 oder später zugewandert ist oder (c) ein Elternteil der Person nach Deutschland zugewandert oder ausländischer Herkunft ist.