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Die berufliche Fortbildung gehört zur Berufsbildung im Sinne des BBiG bzw. der HwO. Eine Fortbildungsprüfung nach BBiG/HwO wird in der Regel nach einer dualen Berufsausbildung und einschlägiger, meist mehrjähriger Berufserfahrung abgelegt. Ziel einer beruflichen Fortbildung nach § 1 Abs. 4 BBiG ist es, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erhalten und anzupassen (Anpassungsfortbildung) oder die berufliche Handlungsfähigkeit durch eine höherqualifizierende Berufsbildung zu erweitern und dadurch einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen (Aufstiegsfortbildung).353 Um eine einheitliche Grundlage für die höherqualifizierende Berufsbildung in Deutschland zu schaffen, kann der Bund nach § 53 BBiG bzw. § 42 HwO staatlich anerkannte Abschlüsse der höherqualifizierenden Berufsbildung und hierfür geltende Prüfungsregelungen erlassen (sog. Fortbildungsordnungen). Darüber hinaus können für Fortbildungsabschlüsse, für die keine bundeseinheitlichen Regelungen gelten, die zuständigen Stellen (Kammern) nach § 54 BBiG bzw. § 42f HwO selbst Fortbildungsprüfungsregelungen für ihren regionalen Zuständigkeitsbereich festlegen.

Derzeit bestehen 219 Rechtsverordnungen des Bundes; 544 Fortbildungsberufe werden durch Rechtsvorschriften zuständiger Stellen geregelt (Kapitel B4.1).

Nach § 6 Abs. 2 Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO)354 gelten Personen, die durch eine Meisterprüfung oder eine andere Prüfung der beruflichen Fortbildung nach BBiG/HwO ihre berufs- und arbeitspädagogische Eignung nachgewiesen haben, als berufs- und arbeitspädagogisch geeignet, um in anerkannten Ausbildungsberufen nach BBiG/HwO auszubilden (Kapitel A5.9).

Berichtet werden nachfolgend ausgewählte Ergebnisse der Berufsbildungsstatistik der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder (vgl. Statistisches Bundesamt 2021e). Die Statistik erfasst u. a. sämtliche nach BBiG/HwO abgelegten Prüfungen in bundeseinheitlich durch Rechtsverordnung geregelten Fortbildungsberufen sowie die von den zuständigen Stellen geregelten Fortbildungen. Ebenfalls zu den Fortbildungsprüfungen zählen die durchgeführten Meisterprüfungen in den jeweiligen Ausbildungsbereichen.355

Berufsbildungsstatistik

Die Berufsbildungsstatistik der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder (kurz: Berufsbildungsstatistik) erhebt jährlich u. a. die Teilnahmen und den Prüfungserfolg an Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO. Die Statistik ist eine Vollerhebung, für die Auskunftspflicht besteht. Differenzierungsmerkmale sind das Geschlecht, der Ausbildungsbereich, der Prüfungserfolg, der Fortbildungsberuf, das Geburtsjahr der Teilnehmenden sowie regionale Merkmale. Die zuständigen Stellen melden die während des Kalenderjahres (Berichtsjahr ist das Kalenderjahr, Stichtag ist der 31. Dezember) bei ihnen abgelegten Fortbildungsprüfungen (inkl. Meisterprüfungen). Bei Fortbildungsprüfungen, die aus mehreren Teilen (z. B. Kursen, Modulen) bestehen, werden Prüfungen und Teilnehmer/-innen erst erfasst, wenn es sich um die letzte Stufe handelt, nach deren erfolgreichem Abschluss die neue Berufsbezeichnung geführt werden darf. Gezählt werden auch jene Prüfungen, die nicht erfolgreich bestanden wurden, sofern keine weitere Wiederholungsmöglichkeit besteht. Es wird zudem erfasst, ob es sich bei der jeweiligen Prüfung um eine Wiederholungsprüfung handelt oder nicht. Der Prüfungserfolg wird danach unterschieden, ob die Prüfung bestanden oder nicht bestanden wurde.

Im Zeitraum von 1992 bis 2006 ging die Zahl der bestandenen Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO von 132.424 auf 96.526 Prüfungen (-27,1 %) zurück.356 Der Rückgang fiel für Männer (-29,1 %) deutlich stärker aus als für Frauen (-22,9 %).357 Dieser Abwärtstrend setzte sich in den darauffolgenden Jahren zunächst nicht weiter fort: 2011 bis 2013 wurden jeweils wieder über 100.000 bestandene Fortbildungsprüfungen registriert. Im Jahr 2012 wurde mit 102.987 ein Höchststand erreicht. Seitdem ist wieder eine kontinuierliche Verringerung der Zahl der bestandenen Fortbildungsprüfungen erkennbar Schaubild B4.2-1.

Im Berichtsjahr 2020 führten die Coronapandemie und die zu ihrer Eindämmung durchgeführten Maßnahmen zu einem massiven Rückgang bei den Fortbildungsprüfungen. Die Zahl der insgesamt registrierten Fortbildungsprüfungen verringerte sich um 13.146 (-12,1 %) von 108.861 (2019) auf 95.715 (2020). Die Zahl der bestandenen Fortbildungsprüfungen ging um 11.991 (-13,3 %) zurück, nur noch 78.285 Teilnehmer und Teilnehmerinnen haben eine Fortbildungsprüfung erfolgreich bestanden Tabelle B4.2-1 (für eine lange Zeitreihe Tabelle B4.2-2 Internet).

Schaubild B4.2-1: Entwicklung der bestandenen Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO 1992 bis 2020 nach Geschlecht

Tabelle B4.2-1: Teilnahmen an Fortbildungsprüfungen und bestandene Prüfungen nach BBiG/HwO 2010 bis 2020 nach Ausbildungsbereichen und Geschlecht (Teil 1)

Tabelle B4.2-1: Teilnahmen an Fortbildungsprüfungen und bestandene Prüfungen nach BBiG/HwO 2010 bis 2020 nach Ausbildungsbereichen und Geschlecht (Teil 2)

Die meisten Fortbildungsprüfungen wurden weiterhin in den Ausbildungsbereichen Industrie und Handel sowie im Handwerk durchgeführt. Im Bereich Industrie und Handel verringerte sich die Zahl der Teilnahmen gegenüber dem Vorjahr um 7,0 % (-4.191) auf 55.941. Die Zahl der bestandenen Prüfungen ging um 7,3 % (-3.165) zurück und lag bei 40.470. Im Zeitraum von 2010 bis 2015 waren die Zahlen der bestandenen Prüfungen kontinuierlich gestiegen, seitdem gehen sie wieder zurück.

Im Handwerk gab es 2020 im Vergleich zu den anderen Bereichen den stärksten Einbruch bei den Fortbildungsprüfungen: Hier ging die Zahl der registrierten Prüfungen um 21,5 % (-8.193) auf 29.829 zurück und die Zahl der bestandenen Prüfungen verringerte sich um 21,6 % (-8.028) auf 29.100. Über die Ursachen für diesen starken Rückgang gerade im Handwerk kann hier nur spekuliert werden: Möglicherweise waren die Vorbereitungskurse, Prüfungsmodalitäten und -termine für die Fortbildungsprüfungen im Handwerk stärker von der Coronapandemie betroffen als in anderen Fortbildungsbereichen.

Der Bereich des Öffentlichen Dienstes war von der Coronapandemie hingegen kaum betroffen: Die Zahl der Teilnahmen blieb fast unverändert (2.994) und die Zahl der bestandenen Prüfungen ging nur um 2,7 % (-78) zurück. Insgesamt ist hier im Zeitverlauf seit 2010 ein ansteigender Trend zu erkennen.

In den Freien Berufen gingen die Prüfungsteilnahmen um 10,3 % (-552) zurück. Die Zahl der bestandenen Prüfungen verringerte sich ebenfalls um 8,9 % (-405). Von 2010 bis 2018 waren die Prüfungszahlen in diesem Bereich gestiegen; 2019 und vor allem 2020 setzte sich dieser Trend nicht weiter fort. Auch der Bereich Landwirtschaft war von den Auswirkungen der Coronapandemie recht stark betroffen: Hier ging die Zahl der Prüfungsteilnahmen um 14,6 % (-327) auf 1.920 zurück, die erfolgreichen Prüfungen verringerten sich um 20,2 % (-402) auf 1.593.

Im volumenmäßig kleinsten Bereich der Hauswirtschaft sind im Gegensatz zu den anderen Bereichen 2020 gestiegene Zahlen zu vermelden. Mit 243 Prüfungen wurde gegenüber 2019 in etwa eine Verdoppelung der Prüfungszahlen erzielt und die Zahl der erfolgreich bestandenen Prüfungen stieg prozentual betrachtet ebenfalls stark an und lag bei 186. Allerdings sind im Zeitverlauf wiederholt sehr starke Schwankungen und Abweichungen zwischen einzelnen Jahren zu beobachten, was die Interpretation der Daten erschwert.

Die Prüfungserfolgsquote lag im Pandemiejahr 2020 bei insgesamt 81,8 % und damit nur rd. einen Prozentpunkt unter der Vorjahresquote (82,9 %). Seit 2012 (86,9 %) ging sie stetig leicht zurück. Diese Rückgänge sind bei beiden Geschlechtern zu beobachten. Männer (82,2 %) schnitten 2020 wieder etwas erfolgreicher ab als Frauen (81,1 %). Die jeweils höheren Erfolgsquoten von Männern sind durchgängig seit 1992 zu beobachten. Im Bereich Industrie und Handel lag die Prüfungserfolgsquote 2020 bei 72,3 % und hat sich damit gegenüber 2019 nur leicht verringert. In diesem Bereich wurde die bislang höchste Erfolgsquote mit 78,7 % im Berichtsjahr 2012 erreicht, seit diesem Jahr ist eine kontinuierliche Verringerung erkennbar. Im Handwerk wurde mit einem Wert von 97,6 % im Vergleich zu allen anderen Ausbildungsbereichen und unverändert zum Vorjahr erneut die höchste Prüfungserfolgsquote erreicht. Mit Ausnahme der Freien Berufe (+1,4 Prozentpunkte) verringerte sich in allen anderen Bereichen die Prüfungserfolgsquote im Jahr 2020 recht deutlich; am stärksten ging die Erfolgsquote im Bereich Landwirtschaft zurück (-5,8 Prozentpunkte).

Nach Fachrichtungen differenziert zeigt sich eine Dominanz kaufmännischer Fortbildungsberufe Tabelle B4.2-3. Im Jahr 2020 qualifizierten 38.247 der 78.285 bestandenen Prüfungen (48,9 %) für einen kaufmännischen Beruf (1992 lag der Anteil noch bei 40 %). Unter den bestandenen kaufmännischen Prüfungen waren vor allem Fachwirte und Fachwirtinnen (18.690 Abschlüsse), Betriebswirte und Betriebswirtinnen (3.942 Abschlüsse) sowie Fachkaufleute (3.633 Abschlüsse) vertreten. Den zweitgrößten Anteil (41,4 %) nahmen mit insgesamt 32.394 Abschlüssen die Meisterprüfungen ein. An erster Stelle sind hier Prüfungen zum Handwerksmeister und zur Handwerksmeisterin zu nennen (18.237 Abschlüsse), gefolgt von Industriemeistern und Industriemeisterinnen (9.945 Abschlüsse) sowie Fachmeistern und Fachmeisterinnen (2.346 Abschlüsse).

Tabelle B4.2-3: Bestandene Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO 2010 bis 2020 nach Fachrichtungen

Im Pandemiejahr 2020 ist − wie oben berichtet − die Zahl der bestandenen Prüfungen gegenüber 2019 um insgesamt 13,3 % zurückgegangen. Starke Rückgänge sind insbesondere bei den kaufmännischen (-17,3 %) und den sonstigen Fortbildungsprüfungen (-16,2 %) zu beobachten. Besonders betroffen waren hier Fachkaufleute und Fachwirte/Fachwirtinnen mit einem Minus von jeweils rd. 25 % sowie Fachhelfer/-innen im Gesundheitswesen und sonstige gewerblich-technische Fortbildungsprüfungen mit einem Minus von jeweils rd. 17 %. Im Vergleich dazu fiel der Rückgang bei den bestandenen Meisterprüfungen mit einem Minus von insgesamt 7,2 % schwächer aus. Betroffen waren hier vor allem die Prüfungen zum/zur Handwerksmeister/-in (-9,0 %) und die sonstigen Meisterprüfungen (-11,8 %).

Geringfügige Veränderungen zeigen sich bei den sonstigen kaufmännischen Fortbildungsprüfungen, die mit knapp 12.000 bestandenen Prüfungen in etwa die Anzahl von 2019 erreichten. Positiv entwickelte sich lediglich die Fachrichtung andere Fortbildungsprüfungen in Dienstleistungsberufen, die bei insgesamt niedrigem Niveau ein Plus von 3,4 % verbuchen konnte.

Wie Tabelle B4.2-4 zeigt, unterscheiden sich die Fachrichtungen der absolvierten Fortbildungsabschlüsse deutlich nach dem Geschlecht. Da Frauen mehrheitlich in einem Dienstleistungsberuf und Männer mehrheitlich in einem gewerblich-technischen Beruf ausgebildet werden (Kapitel A5.4), lag der Anteil der Frauen, die eine kaufmännische Fortbildungsprüfung absolvierten, mit 73,0% erwartungsgemäß höher als bei Männern (36,0 %). Bei Männern dominierten Meisterprüfungen (54,2 %), die bei Frauen nur einen Anteil von 17,2 % ausmachten. Der Anteil sonstiger Fortbildungsprüfungen lag bei Männern und Frauen ähnlich hoch (9,7 % bzw. 9,8 %), wobei Frauen meist Prüfungen zur Fachhelferin im Gesundheitswesen (7,4 %) und Männer sonstige gewerblich-technische Fortbildungsprüfungen (9,3 %) absolvierten. Der Frauenanteil bei den kaufmännischen Fortbildungsprüfungen lag 2020 mit 51,9 % erneut weit über dem durchschnittlichen Frauenanteil (34,7 %). Bei den Meisterabschlüssen lag der Frauenanteil mit 14,4 % hingegen deutlich darunter.

(Michael Friedrich)

Tabelle B4.2-4: Bestandene Fortbildungsprüfungen nach BBiG/HwO 2020 nach Fachrichtungen und Geschlecht

  • 353

    Die Teilnahme an einer geregelten Fortbildung kann durch staatliche Förderinstrumente wie das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (Kapitel B3.2), das Aufstiegs- oder Weiterbildungsstipendium (Kapitel B3.3) sowie die Bildungsprämie (Kapitel B3.6) unterstützt werden (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2013, S. 65f.).

  • 354

    Siehe https://www.foraus.de/dokumente/pdf/ausbilder_eignungsverordnung.pdf

  • 355

    Neben den auf Bundes- oder Kammerebene geregelten Berufen nach BBiG/HwO gibt es Aufstiegsfortbildungen an Fachschulen wie z. B. staatlich geprüfte/-r Betriebswirt/-in oder staatlich geprüfte/-r Techniker/-in. Diese Abschlüsse setzen ebenfalls eine berufliche Erstausbildung und Berufserfahrungen voraus, sind aber auf der Grundlage der Schulgesetze länderspezifisch geregelt (Kapitel B4.3).

  • 356

    2007 erfolgte eine Revision der Berufsbildungsstatistik. Durch die Neukonzeption der Statistik im Jahr 2007 ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse vor und nach der Umstellung nur eingeschränkt möglich. Auch der „Einbruch“ in den Prüfungszahlen 2009 kann der Umstellungsphase geschuldet sein.

  • 357

    Dies erklärt sich v. a. durch den starken Rückgang der bestandenen Fortbildungsprüfungen von Handwerksmeistern/-meisterinnen sowie Industriemeistern/-meisterinnen (vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 3 für die Jahre 1992 und 2006).