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Personen, die ihre Berufsqualifikation im Ausland erworben haben, können ihre Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt und damit auch ihre persönliche berufliche Situation durch eine berufliche Anerkennung verbessern (Kapitel C3.4.2). Als gesetzlicher Rahmen dienen hierfür die Anerkennungsgesetze des Bundes und der Länder (Kapitel C3.4.1). Damit hat jeder Mensch mit einem ausländischen Abschluss das Recht auf ein Anerkennungsverfahren, unabhängig von Staatsangehörigkeit, Wohnort oder Aufenthaltsstatus. Eine Vielzahl an Fachkräften hat seit Inkrafttreten der Gesetze diese Möglichkeit genutzt. Allein zu Berufen nach Bundesrecht verzeichnet die Statistik seit 2012 rd. 205.400 Anträge, weitere rd. 66.600 zu Berufen nach Landesrecht. 2020 bewegte sich das Anerkennungsgeschehen im Spannungsfeld von Coronapandemie sowie daraus resultierender Einschränkungen und dem Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (Kapitel C2.2). Letzteres erweitert die Möglichkeiten der Zuwanderung für Fachkräfte aus Drittstaaten: So lagen die Antragszahlen zu Berufen nach Bundesrecht insgesamt leicht unter denen des Vorjahres, die Zahl der vom Ausland aus gestellten Anträge nahm hingegen weiter zu. Außerdem setzte sich der hohe Qualifizierungsbedarf aus den vergangenen Jahren fort: Bei mehr als der Hälfte aller Verfahren beschied die zuständige Stelle eine teilweise Gleichwertigkeit oder erteilte auf dem Weg zur vollen Anerkennung die Auflage einer Ausgleichsmaßnahme (siehe den nachfolgenden Abschnitt „Ergebnisse der amtlichen Statistik“). Die in einer Studie des BIBB-Anerkennungsmonitorings benannten Herausforderungen und Schlussfolgerungen zu diesem Thema können als Grundlage dienen, um Qualifizierungsmaßnahmen bedarfsgerecht auszubauen (Kapitel C3.4.4).

Berufe in den Anerkennungsgesetzen von Bund und Ländern

Rund 600 Berufe fallen unter das Anerkennungsgesetz des Bundes. Dazu gehören vor allem die Ausbildungsberufe nach BBiG/HwO, Heilberufe des Bundes, Meisterberufe und weitere Fortbildungsabschlüsse, bspw. Ärztin/Arzt, Pflegefachmann/-frau, Industriemechaniker/-in oder Bäckermeister/-in.

Zu den Berufen, die unter die Anerkennungsgesetze der Länder fallen, gehören bspw. Lehrer/-in, Erzieher/-in, Ingenieur/-in oder Helferberufe im Gesundheitsbereich.

Grundsätzlich wird bei den Berufen zwischen reglementiert und nicht reglementiert unterschieden. Bei reglementierten Berufen ist die Anerkennung eine Voraussetzung für die Berufsausübung in Deutschland. Reglementiert sind insbesondere Heilberufe, Berufe im Bereich Erziehung/Bildung, aber auch Meisterberufe des zulassungspflichtigen Handwerks sowie weitere Berufe. Bei nicht reglementierten Berufen, z. B. den dualen Ausbildungsberufen nach BBiG/HwO, ist der Nachweis der Gleichwertigkeit keine zwingende Voraussetzung für eine Arbeitsaufnahme, sondern dient der Transparenz. Jedoch kann die Anerkennung in diesen Berufen Voraussetzung für die Fachkräfteeinwanderung sein.

Auch 2021 war das Anerkennungsgeschehen wie 2020 geprägt von den Auswirkungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie. Akteure der Anerkennung reagierten auf die neuen Anforderungen: Beratungen fanden virtuell statt, Präsenzformate zur Qualifizierung wurden in Onlineveranstaltungen umgewandelt.

Über die Jahre zeigt sich insgesamt deutlich, dass zielgruppenorientierte Informationen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen sowie persönliche, niedrigschwellige Beratungsangebote für ein erfolgreiches Anerkennungsverfahren entscheidend sind. Entsprechend wurden vielfältige Angebote etabliert. Dazu gehört das vom BIBB im Auftrag des BMBF betriebene Portal „Anerkennung in Deutschland“ als zentrale Informationsplattform der Bundesregierung, das von 2012 bis 2021 über 19 Mio. Besuche verzeichnete.422 Knapp 2,5 Mio. Besuche entfielen dabei auf das Jahr 2021, etwa 470.000 weniger als im Vorjahr.

Der Bedarf an Informationen zum Thema Anerkennung ist nicht nur für in Deutschland lebende Fachkräfte relevant, sondern besteht auch bereits vor der Einreise: 45 % der Besuche erfolgten aus Deutschland, die Besuche aus dem Ausland (55 %) sind mit Abstand am häufigsten aus der Türkei zu verzeichnen Tabelle D4-1.

Tabelle D4-1: Besuche des Portals „Anerkennung in Deutschland“ gesamt und nach den zehn häufigsten Herkunftsländern, 2021 (absolut)

Der Anerkennungs-Finder ist die wesentliche Orientierungshilfe auf dem Portal für Fachkräfte.423 Etwa die Hälfte aller Gesamtaufrufe des Portals erfolgten auf den Anerkennungs-Finder. Dieser stellt für jeden Beruf passgenaue Informationen zum Anerkennungsverfahren (u. a. Beratungsstellen, rechtliche Regelungen, zuständige Stellen) zur Verfügung. Dabei werden insbesondere die reglementierten Berufe nachgefragt und überwiegend die Berufsprofile zu den antragsstarken Gesundheitsberufen aufgerufen. Der Beruf Gesundheits- und Krankenpfleger/-in war im Jahr 2021 auf Platz 1 der am häufigsten aufgerufenen Profile.

Auch die Beratungslandschaft ist über die Jahre gewachsen und hat sich den stetig ändernden Bedarfen angepasst. So haben etwa zuständige Stellen, Migrantenorganisationen, Auslandshandelskammern (im Rahmen des DIHK-Projekts „Pro Recognition“), IQ-Beratungsstellen oder die Hotline „Arbeiten und Leben in Deutschland“ einen wichtigen Beitrag geleistet. Eine Beratung durch die bundesweit 170 IQ-Anlaufstellen haben bspw. zwischen Anfang 2020 und Mitte 2021 etwa 62.700 Personen in Anspruch genommen.424 Mit Inkrafttreten des FEG wurde zudem das bestehende Beratungsangebot mit der Zentralen Servicestelle Berufsanerkennung (ZSBA) ergänzt. Diese richtet sich an Fachkräfte, die im Ausland leben und von dort den Antrag auf Anerkennung stellen.

(Ricarda Knöller)

 

Ergebnisse der amtlichen Statistik

Amtliche Statistik nach § 17 BQFG (Bund)

Den hier dargestellten Ergebnissen liegen – sofern nicht anders angegeben –  Daten der amtlichen Statistik zu bundesrechtlich geregelten Berufen nach §17 BQFG (Bund) bzw. Fachgesetzen und Verordnungen, die auf § 17 BQFG (Bund) verweisen, zugrunde. Die Statistik wird jährlich durch die Statistischen Ämter von Bund und Ländern erhoben, Stichtag ist der 31. Dezember des jeweiligen Berichtsjahres. Es handelt sich dabei um Meldungen der für die Anerkennung zuständigen Stellen an die Statistischen Landesämter, die beim Statistischen Bundesamt zu einer bundesweiten Statistik zusammengeführt sind. Das BIBB hat nach § 17 Abs. 7 BQFG (Bund) Zugang zu den Summendatensätzen der amtlichen Statistik zu Berufen nach Bundesrecht.

Die hier dargestellten Ergebnisse sind anonymisiert. Durch das Anonymisierungsverfahren werden jegliche Werte auf das nächstkleinere oder -größere Vielfache von 3 gerundet (bspw. 4 -> 3; 5 -> 6). Infolgedessen können die Summen der Einzelwerte einer Zeile oder Spalte von den jeweils ausgewiesenen Zeilen- oder Spaltensummen abweichen, da Summen auf Basis der Echtwerte gebildet und diese erst anschließend anonymisiert werden. Die entstehenden Rundungsdifferenzen können besonders dann bedeutsam sein, wenn viele kleine Werte addiert werden. Prozentuale Angaben sind auf Basis der Echtwerte berechnet.

Für das erste Berichtsjahr 2012 wurden die für die Anerkennung zuständigen Stellen in einigen Fällen erst im Laufe des Berichtsjahres bestimmt und mussten ihre Berichtssysteme neu aufbauen. Daher sind die Meldungen möglicherweise nicht in allen Fällen vollumfänglich und termingerecht erfolgt. Für das Berichtsjahr 2013 erfolgte die Meldung einiger Berichtsstellen unvollständig und fehlerhaft. Für Bremen liegen keine Daten für das Jahr 2015 vor. Daher wurden für dieses Bundesland die Angaben von 2014 übernommen. Für die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein liegt für das Berichtsjahr 2016 eine Untererfassung in niedriger dreistelliger Höhe im Bereich der medizinischen Gesundheitsberufe vor. Insofern ist das Bundesergebnis als Untergrenze zu betrachten.

Nach der amtlichen Statistik ist ein Antrag erst dann meldepflichtig, wenn die Antragsunterlagen vollständig vorliegen und damit der Fristlauf für eine Entscheidung im Anerkennungsverfahren beginnt.

Berufe nach Bundesrecht

Zu Berufen nach Bundesrecht verzeichnete die amtliche Statistik für das Jahr 2020 gut 31.500 neue Anträge auf Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation; damit lag das Antragsgeschehen etwas unter dem des Vorjahres (-4,8 %). Erneut entfielen rund drei Viertel der Anträge auf reglementierte Berufe – auch wenn das Aufkommen hier im Vergleich zum Vorjahr um rd. 2.300 Anträge sank (-8,7 %). Fast jeder vierte Antrag bezog sich auf einen nicht reglementierten Beruf. Die Antragszahlen verzeichneten hier einen Zuwachs von rd. 700 Anträgen (+10,3 %) Tabelle D4-2.

Tabelle D4-2: Neue Anträge zu bundesrechtlich geregelten Berufen gesamt sowie nach Art der Reglementierung, 2012 bis 2020 (absolut und in %)

Deutscher Referenzberuf

Die Nachfrage nach Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen zu medizinischen Gesundheitsberufen blieb trotz leichten Rückgangs im Vergleich zum Vorjahr hoch, fast drei Viertel der Anträge 2020 (74 %) umfasste dieser Bereich.245 Am antragsstärksten waren dabei mit Abstand erneut die beiden Berufe Gesundheits- und Krankenpfleger/-in sowie Ärztin/Arzt. Beides sind reglementierte Berufe und die Feststellung der vollen Gleichwertigkeit durch ein Anerkennungsverfahren eine der Voraussetzungen für die uneingeschränkte Berufsausübung in Deutschland. Den bisherigen Spitzenwert des Antragsaufkommens aus dem Jahr 2019 erreichten beide Berufe allerdings nicht.426

2020 war es erstmals möglich, Anträge zu dem neu eingeführten Beruf Pflegefachmann/-fachfrau zu stellen. Er wird den Beruf Gesundheits- und Krankenpfleger/-in im Anerkennungsgeschehen der kommenden Jahre sukzessive ablösen.427 Mit fast 900 Anträgen lag er auf Rang vier der antragsstärksten Berufe.

Im Bereich der nicht reglementierten Berufe verzeichnete 2020 die Nachfrage zum Beruf Koch/Köchin einen merklichen Anstieg.428 Schaubild D4-1 zeigt die zehn häufigsten deutschen Referenzberufe für das Jahr 2020. Sie umfassen 74 % aller Anträge.

Schaubild D4-1: Neue Anträge zu bundesrechtlich geregelten Berufen bei den zehn häufigsten Referenzberufen, 2020 (absolut)

Ausbildungsstaat

Insgesamt haben Qualifikationen aus Drittstaaten zunehmend an Bedeutung gewonnen (Kapitel C3.4.3). Mit einem Anteil von 74 % der rd. 31.500 Anträge setzte sich dieser Trend auch 2020 fort. Bei gut einem Viertel der Anträge handelte es sich um einen Ausbildungsstaat aus einem Land der EU/EWR/Schweiz Tabelle D4-3.

Trotz eines leichten Rückgangs gingen die meisten Anträge erneut zu in Bosnien und Herzegowina erworbenen Qualifikationen ein.429 Dicht dahinter folgten die Ausbildungsstaaten Serbien und – mit etwas Abstand – Rumänien. Merklich verhaltener war 2020 die Nachfrage nach Anerkennung zu philippinischen oder syrischen Qualifikationen. Deutlich mehr Anträge als im Vorjahr wies die Statistik hingegen für den Ausbildungsstaat Türkei aus.430

Tabelle D4-3: Neue Anträge zu bundesrechtlich geregelten Berufen nach Ausbildungsstaat (kategorisiert), 2012 bis 2020 (absolut und in %)

Die zehn häufigsten Ausbildungsstaaten 2020 in Schaubild D4-2 umfassen gut die Hälfte aller Anträge (51 %).

Die amtliche Statistik gibt auch Auskunft zur Staatsangehörigkeit der Antragstellenden: Analog zu der Verteilung der Ausbildungsstaaten stammten die Anträge in den vergangenen Jahren überwiegend von Staatsangehörigen eines Drittstaates, 2020 waren es rd. 70 %. Nicht ganz jede/-r zehnte Antragstellende hatte die deutsche Staatsangehörigkeit Tabelle D4-4. Damit bildeten sie nach serbischen und vor bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigkeiten eine der drei antragsstärksten Gruppen im Jahr 2020. Schaubild D4-3 zeigt die zehn häufigsten Staatsangehörigkeiten der Antragstellenden für das Jahr 2020, die 52 % aller Anträge umfassen.

Schaubild D4-2: Anzahl der neuen Anträge zu bundesrechtlich geregelten Berufen bei den zehn häufigsten Ausbildungsstaaten, 2020 (absolut)

Tabelle D4-4: Neue Anträge zu bundesrechtlich geregelten Berufen nach Ausbildungsstaat (kategorisiert), 2012 bis 2020 (absolut und in %)

Schaubild D4-3: Neue Anträge zu bundesrechtlich geregelten Berufen bei den zehn häufigsten Staatsangehörigkeiten, 2020 (absolut)

Auslandsanträge

Der Rechtsanspruch auf ein Anerkennungsverfahren gilt unabhängig vom Wohnort der Anerkennungsinteressierten. Daher können auch im Ausland lebende Personen einen Antrag auf Anerkennung ihrer ausländischen Berufsqualifikation stellen. Mit einem Anteil von über einem Drittel (rd. 11.000 Auslandsanträge) des Gesamtaufkommens verzeichneten Auslandsanträge damit 2020 den bisherigen Höchstwert seit Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes431 Tabelle D4-5.

83 % der rd. 10.900 Auslandsanträge 2020 stammten aus Drittstaaten, 17 % aus einem Land der EU/EWR/Schweiz. Die Auslandsanträge bezogen sich wie im Vorjahr in der Hauptsache auf medizinische Gesundheitsberufe.432 Ein sprunghafter Anstieg zeigte sich bei den nicht reglementierten Berufen: War das Antragsaufkommen mit einem Anteil von 8 % (rd. 760 Auslandsanträge) an den Auslandsanträgen 2019 vergleichsweise verhalten, so bezog sich 2020 jeder fünfte Auslandsantrag (rd. 2.100 Anträge) auf einen nicht reglementierten Beruf. Hier ist ein Zusammenhang mit dem im März 2020 in Kraft getretenen FEG anzunehmen, das vereinfachte Zuwanderungsmöglichkeiten für nicht akademische Fachkräfte mit anerkanntem Abschluss aus Drittstaaten ermöglicht.

Tabelle D4-5: Neue Anträge zu bundesrechtlich geregelten Berufen nach Wohnort der Antragstellenden (kategorisiert), 2012 bis 2020 (absolut und in %)

Ausgang der Anerkennungsverfahren

Für 2020 meldeten die zuständigen Stellen rd. 36.700 beschiedene Verfahren zu bundesrechtlich geregelten Berufen, etwa 2.000 mehr als im Vorjahr. Im Gegensatz zum Antragsaufkommen blieb die steigende Entwicklung der vergangenen Jahre damit an dieser Stelle ungebrochen. Über die Hälfte der beschiedenen Verfahren endete mit einem Bescheid über die volle Gleichwertigkeit, bei gut einem Drittel wurde die „Auflage“ einer Ausgleichsmaßnahme erteilt, deren Absolvierung zum 31.12.2020 noch ausstand. Zu nicht ganz jedem zehnten Verfahren sprachen die zuständigen Stellen eine teilweise Gleichwertigkeit aus. Der Anteil an Verfahren, bei denen die zuständigen Stellen keine Gleichwertigkeit feststellten, lag erneut im niedrigen einstelligen Prozentbereich.

Ausgang der Anerkennungsverfahren

Das Ergebnis der Anerkennungsverfahren unterscheidet sich formal bei reglementierten und nicht reglementierten Berufen.

Nicht reglementierte Berufe: Hier bescheiden die zuständigen Stellen als Ergebnis der Gleichwertigkeitsprüfung die volle, teilweise oder keine Gleichwertigkeit. Das Anerkennungsverfahren ist einstufig und mit der Ausstellung eines entsprechenden Bescheides abgeschlossen. Bei teilweiser Gleichwertigkeit haben die Antragstellenden die Möglichkeit, die Unterschiede zwischen der ausländischen Berufsqualifikation und dem deutschen Referenzberuf durch eine Anpassungsqualifizierung auszugleichen. Im Anschluss wird die volle Gleichwertigkeit beschieden. Dafür bedarf es einer erneuten Antragstellung.

Reglementierte Berufe: Hier können die zuständigen Stellen als Ergebnis der Gleichwertigkeitsprüfung eine volle Gleichwertigkeit, keine Gleichwertigkeit oder die „Auflage“ einer Ausgleichsmaßnahme bescheinigen. Das Anerkennungsverfahren kann zweistufig sein. Die zuständigen Stellen können auf Grundlage der Dokumentenprüfung unmittelbar die volle oder keine Gleichwertigkeit feststellen und das Verfahren damit beenden. Ergibt die Gleichwertigkeitsprüfung wesentliche Unterschiede zwischen der ausländischen Berufsqualifikation und dem deutschen Referenzberuf, wird zunächst eine Ausgleichsmaßnahme auferlegt (Eignungs- bzw. Kenntnisprüfung oder Anpassungslehrgang). Absolvieren die Antragstellenden diese erfolgreich, ergeht im Anschluss ein Bescheid über die volle Gleichwertigkeit. Dementsprechend kann den in Tabelle D4-6 dargestellten vollen Gleichwertigkeiten bei reglementierten Berufen eine erfolgreich absolvierte Ausgleichsmaßnahme vorausgegangen sein. Sind neben der vollen Gleichwertigkeit auch alle weiteren Voraussetzungen erfüllt (bspw. bestandene Fachsprachprüfung), erfolgt die Berufszulassung (bspw. Approbation oder Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung).

Anerkennung bei reglementierten und nicht reglementierten Berufen

Analog zum Antragsaufkommen entfiel mit rd. 29.900 der insgesamt rd. 36.700 beschiedenen Verfahren 2020 der überwiegende Teil auf reglementierte Berufe. Auch differenziert nach Art der Reglementierung wird deutlich, dass 2020 etwa die Hälfte der Anerkennungsverfahren mit einer vollen Gleichwertigkeit endete – bei reglementierten Berufen mit einem Anteil von 55 % etwas häufiger als bei nicht reglementierten Berufen (49 %).

Bei reglementierten Berufen kann der Weg zur vollen Gleichwertigkeit über eine erfolgreich absolvierte Ausgleichsmaßnahme führen: 2020 hatten Antragstellende der Statistik zufolge bei rd. 7.600 der rd. 16.400 mit voller Gleichwertigkeit beschiedenen Verfahren zu reglementierten Berufen eine solche Maßnahme absolviert.

Bei den übrigen im Jahr 2020 beschiedenen Verfahren sprachen die zuständigen Stellen in der Hauptsache eine teilweise Gleichwertigkeit aus (nicht reglementierte Berufe) bzw. legten eine zum 31.12.2020 noch nicht absolvierte Ausgleichsmaßnahme auf (reglementierte Berufe).

Anerkennung bei Qualifikationen aus Drittstaaten und EU/EWR/Schweiz

Analog zum Antragsaufkommen lagen auch den beschiedenen Anerkennungsverfahren 2020 überwiegend Qualifikationen aus Drittstaaten zugrunde. Auch werden – wie in den Vorjahren – Unterschiede in den Verfahrensausgängen deutlich: So endeten über 80 % der Verfahren zu Qualifikationen aus Ländern der EU/EWR/Schweiz mit einem Bescheid über die volle Gleichwertigkeit, bei Qualifikationen aus Drittstaaten waren es mit 45 % hingegen weniger als die Hälfte.

Der hohe Anteil voller Gleichwertigkeiten bei Erstgenannten (EU/EWR/Schweiz) ist überwiegend auf die automatische Anerkennung nach der europäischen Richtlinie 2005/36/EG zurückzuführen. Die Richtlinie sieht die automatische Anerkennung für bestimmte reglementierte Berufe vor, zu denen auch die antragsstarken Referenzberufe Gesundheits- und Krankenpfleger/-in (respektive Pflegefachmann/-frau) sowie Ärztin/Arzt gehören.433

Die Anzahl der Bescheide mit „Auflage“ einer Ausgleichsmaßnahme, die zum 31.12. des jeweiligen Berichtsjahres noch nicht absolviert war, verzeichnete bei Qualifikationen aus Drittstaaten bis 2019 einen merklichen Anstieg und schloss 2020 an das Vorjahresniveau an. Für Qualifikationen aus Ländern der EU/EWR/Schweiz spielten sie hingegen mit einem Anteil von knapp 7 % der beschiedenen Verfahren eine untergeordnete Rolle. Bei nicht ganz jedem zehnten Verfahren der jeweiligen Herkunftsregionen stellten die zuständigen Stellen eine teilweise Gleichwertigkeit fest.

Tabelle D4-6 zeigt den Ausgang der beschiedenen Verfahren pro Jahr, sowohl gesamt als auch differenziert nach Art der Reglementierung und kategorisiertem Ausbildungsstaat.

Tabelle D4-6: Ergebnisse der beschiedenen Verfahren zu bundesrechtlich geregelten Berufen gesamt sowie nach Regelungsbereich und Ausbildungsstaat (kategorisiert), 2012 bis 2020 (absolut und in %) (Teil 1)

Tabelle D4-6: Ergebnisse der beschiedenen Verfahren zu bundesrechtlich geregelten Berufen gesamt sowie nach Regelungsbereich und Ausbildungsstaat (kategorisiert), 2012 bis 2020 (absolut und in %) (Teil 2)

Tabelle D4-6: Ergebnisse der beschiedenen Verfahren zu bundesrechtlich geregelten Berufen gesamt sowie nach Regelungsbereich und Ausbildungsstaat (kategorisiert), 2012 bis 2020 (absolut und in %) (Teil 3)

Berufe nach Landesrecht

Das Anerkennungsgeschehen zu Berufen nach Landesrecht wird durch das Statistische Bundesamt zu einer Anerkennungsstatistik landesrechtlicher Berufe (koordinierte Länderstatistik) zusammengeführt. Demnach meldeten zuständige Stellen für 2020 rd. 10.400 neue Anträge auf Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation für einen Beruf nach Landesrecht. 90 % der Anträge entfielen auf reglementierte Berufe, die verbleibenden 10 % auf nicht reglementierte. Zu je rd. einem Drittel bezogen sich die Anträge auf Qualifikationen aus einem Land der EU oder des übrigen Europas, zu rund 20 % aus Asien Tabelle D4-7.

Die größte Nachfrage bestand bei den reglementierten Berufen Ingenieur/-in, Lehramt/Lehrer/-in und Erzieher/-in. Am häufigsten hatten Antragstellende ihre berufliche Qualifikation in Syrien, der Türkei oder Polen erworben. Schaubild D4-4 zeigt die fünf häufigsten Referenzberufe und Ausbildungsstaaten zu Anträgen bei Berufen nach Landesrecht für 2020. Sie umfassen 76 % (Referenzberufe) beziehungsweise 31 % (Ausbildungsstaaten) der neuen Anträge 2020.

Nach Angaben der Statistik wurden 2020 rd. 10.500 Verfahren zu Berufen nach Landesrecht beschieden. Fast die Hälfte der beschiedenen Verfahren endete mit einem Bescheid über die volle Gleichwertigkeit, bei gut einem Drittel wurde die „Auflage“ einer Ausgleichsmaßnahme erteilt, deren Absolvierung zum 31.12.2020 noch ausstand. Bei rd. 13 % der Verfahren bescheinigten die zuständigen Stellen keine Gleichwertigkeit (Entscheidung „negativ“) Tabelle D4-8.

(Nadja Schmitz)

Tabelle D4-7: Neue Anträge zu landesrechtlich geregelten Berufen gesamt sowie nach Reglementierung und Ausbildungsstaat (kategorisiert), 2020 (absolut)

Schaubild D4-4: Neue Anträge zu landesrechtlich geregelten Berufen bei den fünf häufigsten Referenzberufen und Ausbildungsstaaten, 2020 (absolut)

Tabelle D4-8: Ergebnisse der beschiedenen Verfahren zu landesrechtlich geregelten Berufen, 2020 (absolut)

  • 422

    Siehe https://www.anerkennung-in-deutschland.de. Zu den Informationsangeboten im Internet gehören darüber hinaus auch das BQ-Portal (https://www.bq-portal.de) und die Datenbank „anabin“ (Anerkennung und Bewertung ausländischer Bildungsnachweise, https://anabin.kmk.org/anabin.html).

  • 423

    Für „Profis“, also die in einer Beratungsstelle oder Behörde mit dem Thema Anerkennung professionell betrauten Personen, steht der „Profi-Filter“ zur Verfügung.

  • 424

    Siehe https://www.anerkennung-in-deutschland.de/assets/content/Medien_Dokumente-Fachpublikum/iq-anerkennungsberatung-daten-2021-01.pdf (Stand: 13.01.2022)

  • 425

    Gemeint ist hiermit die Berufshauptgruppe „Medizinische Gesundheitsberufe“ nach der Klassifikation der Berufe (KldB) 2010. Anzahl der Anträge in dieser Berufshauptgruppe 2020: 23.361, 2019: 26.073.

  • 426

    2019: 14.359 Anträge zu Gesundheits- und Krankenpfleger/-in, 6.525 Anträge zu Ärztin/Arzt. Der Rückgang bei der Gesundheits- und Krankenpflege bleibt 2020 auch dann bestehen, wenn man den Nachfolgeberuf Pflegefachmann/-frau zum Antragsaufkommen hinzuaddiert.

  • 427

    Das Pflegeberufegesetz (Gesetz über die Pflegeberufe) (PflBG) führt seit 2020 die bisherigen Ausbildungen im Pflegebereich zu der generalistischen Ausbildung „Pflegefachmann/-frau“ zusammen. Nach der Übergangsvorschrift (§ 66a PflBG) können Anerkennungsverfahren noch bis Ende 2024 nach den bisherigen Regelungen durchgeführt werden.

  • 428

    Zum Vergleich: 2019 verzeichnete die Statistik 168 Anträge und 2018 159 Anträge für Koch/Köchin.

  • 429

    Ausbildungsstaat Bosnien und Herzegowina 2019: 3.081 Anträge (Rang 1)

  • 430

    Ausbildungsstaat Philippinen 2019: 2.589 Anträge (Rang 2); Ausbildungsstaat Syrien 2019: 2.514 Anträge (Rang 4), Ausbildungsstaat Türkei 2019: 783 Anträge (Rang 12)

  • 431

    Es ist besonders in den Anfangsjahren von einer Untererfassung der Auslandsanträge auszugehen. Bitte hierzu den methodischen Hinweis bei Tabelle D4-5 beachten.

  • 432

    79 % der 2020 gemeldeten rd. 10.900 Auslandsanträge entfielen auf die Berufshauptgruppe „medizinische Gesundheitsberufe“ nach der Klassifikation der Berufe (KldB) 2010, darunter 6.576 Auslandsanträge zu Gesundheits- und Krankenpfleger/-in, 567 Auslandsanträge auf Ärztin/Arzt, 369 auf Physiotherapeut/-in.

  • 433

    Automatische Anerkennung für Sektorenberufe nach der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (Europäische Berufsanerkennungsrichtlinie), reformiert mit der Richtlinie 2013/55/EU. Zu den Sektorenberufen gehören folgende bundesrechtlich geregelten Berufe: Arzt/Ärztin, Zahnarzt/Zahnärztin, Apotheker/-in, Tierarzt/-ärztin, Gesundheits- und Krankenpfleger/-in (abgelöst durch den seit 2020 neuen Beruf Pflegefachmann/-frau) sowie Hebamme/Entbindungspfleger. Außerdem zählt der landesrechtlich geregelte Beruf Architekt/-in zu den Sektorenberufen. Für diese Berufe werden die Ausbildungsstandards europaweit als so einheitlich eingestuft, dass auf individuelle Einzelfallprüfungen verzichtet und die Gleichwertigkeit i. d. R. direkt anerkannt wird. Alle diese Berufe sind reglementiert.