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Die unternommenen Vergleiche der vor und nach Zuzug ausgeübten Tätigkeit zeigen auf, dass sowohl Migranten und Migrantinnen ohne Fluchthintergrund als auch Geflüchtete in Deutschland häufiger Helfer- und Anlerntätigkeiten und seltener Spezialisten- oder Expertentätigkeiten ausüben, als es vor Zuzug der Fall gewesen ist. Dabei wurde für die Gruppe der Geflüchteten eine langsamere Angleichung der Tätigkeitsstruktur in Deutschland an die Tätigkeitsstruktur vor Einwanderung als bei Zugezogenen ohne Fluchthintergrund festgestellt. Auch wenn in diesem Beitrag die kürzere Aufenthaltsdauer der Geflüchteten und der rechtliche Zuzugsweg als Erklärungsfaktoren hervorgehoben wurden, so sind hierbei weitere Faktoren zu nennen. Hierzu gehören die Art des Migrationsprozesses, die gesundheitlichen Folgen, die für Geflüchtete durch die Flucht entstehen (vgl. Metzing/Schacht/Scherz 2020), und der sehr heterogene und teilweise lange Prozess des Asylverfahrens (Kosyakova/Brenzel 2020).

Zudem ergibt sich für Frauen stets eine geringere Übereinstimmung des Anforderungsniveaus der vor und nach Zuzug ausgeübten Tätigkeit. Besonders groß ist diese geschlechterspezifische Lücke bei Zugezogenen ohne Fluchthintergrund aus Drittstaaten. Des Weiteren wurde empirisch herausgearbeitet, dass die Verwertbarkeit von vor Einwanderung erworbenen Qualifikationen auch von der spezifischen Berufswahl abhängt.

Die vorliegenden deskriptiven Ergebnisse vermitteln in Verbindung mit weiterer Forschung (bspw. Eberhard/Schuß 2021) einen Eindruck darüber, dass das Qualifikationsniveau zwar eine Voraussetzung für eine gelingende Integration in den Arbeitsmarkt ist. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass die Übertragbarkeit dieser Qualifikationen nach Deutschland für Personen mit vor Zuzug abgeschlossener beruflicher und akademischer Bildung aufgrund der Spezifizität der Qualifikationen mit Hürden verbunden ist. Dadurch wird die wichtige Rolle der Anerkennung von im Herkunftsland erworbenen Qualifikationen und die Wichtigkeit des Anerkennungsprozesses betont, der in der Diskussion um die Gestaltung der deutschen Integrationspolitik eine zentrale Rolle einnehmen sollte. Qualifikationen, die vor Zuzug erworben wurden und in Deutschland nicht im Arbeitsmarkt eingesetzt werden können, verursachen Kosten für die Zugezogenen sowie für den deutschen Arbeitsmarkt; Ähnliches gilt für einen langen und komplizierten Anerkennungsprozess.

(Eric Schuß)