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Rund 205.400 Anträge auf Anerkennung wurden seit Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes allein zu bundesrechtlich geregelten Berufen gemeldet. Dies geht aus den Daten der amtlichen Statistik hervor, die aktuell für den Zeitraum 2012 bis 2020 zur Verfügung stehen.389 Eine Bilanz über zehn Jahre ist damit noch nicht möglich, aber auch der Blick auf neun Jahre liefert wichtige Erkenntnisse: Das Antragsgeschehen erstreckte sich grundsätzlich auf ein breites Berufsspektrum, konzentrierte sich aber deutlich bei reglementierten Berufen – rund drei Viertel der Anträge entfielen auf diesen Bereich. Mit Ausnahme weniger tausend Anträge handelte es sich dabei ausschließlich um medizinische Gesundheitsberufe390 (rd. 154.500 Anträge), allen voran Gesundheits- und Krankenpfleger/-in sowie Arzt/Ärztin. Ein Viertel der Anträge entfiel auf den nicht reglementierten Bereich, darunter häufig auf Mechatronik-, Energie- und Elektroberufe391 Schaubild C3.4.3-1.

Eine deutliche Entwicklung zeigte sich hingegen bei den Staaten, in denen die Fachkräfte ihre berufliche Qualifikation erworben hatten (Ausbildungsstaaten). Auf den Gesamtzeitraum gesehen liegt ein nahezu 60:40-Verhältnis zwischen Anträgen zu Qualifikationen aus Drittstaaten und EU/EWR/Schweiz vor Schaubild C3.4.3-2. Während in den Anfangsjahren mehrheitlich in EU/EWR/Schweiz qualifizierte Fachkräfte einen Antrag auf Anerkennung stellten, wurde das Antragsgeschehen ab 2016 mehrheitlich von in Drittstaaten qualifizierten Fachkräften (bspw. Westbalkanstaaten) bestimmt – 2020 waren es fast drei Viertel der Anträge.

Schaubild C3.4.3-1: Anträge auf Anerkennung zu bundesrechtlich geregelten Berufen nach Art der Reglementierung (kategorisiert), 2012 bis 2020 gesamt

Schaubild C3.4.3-2: Anträge auf Anerkennung zu bundesrechtlich geregelten Berufen nach Ausbildungsstaat (kategorisiert), 2012 bis 2020 gesamt

Über die Jahre zugenommen hat auch die Nachfrage nach Anerkennung von im Ausland lebenden Fachkräften (sog. Auslandsanträge): War zu Beginn etwa jeder zehnte Antrag ein Auslandsantrag, so umfasste der Anteil mit rd. 11.000 Auslandsanträgen zuletzt über ein Drittel des Geschehens. Es ist die deutliche Zunahme von Anträgen aus Drittstaaten, die diese Entwicklung bedingen.392

Bei fast 120.000 Verfahren seit Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes erging ein Bescheid über die volle Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifikation mit dem deutschen Referenzberuf. Gerade bei reglementierten Berufen ist dies eine zentrale Voraussetzung für die Erlaubnis zur Ausübung des Berufs (Kapitel C3.4.1).

Gleichwohl sind bei reglementierten Berufen über die Zeit Ausgleichsmaßnahmen (Kapitel C3.4.4) auf dem Weg zu einem voll anerkannten Abschluss in den Fokus gerückt: Meldeten die zuständigen Stellen für das Jahr 2014 knapp 1.700 Bescheide mit der „Auflage“ einer Ausgleichsmaßnahme, so lagen 2019 und 2020 bisherige Höchstwerte mit jeweils rd. 13.000 derart beschiedener Verfahren vor Schaubild C3.4.3-3. Dies betraf in erster Linie Abschlüsse aus Drittstaaten. Im nicht reglementierten Bereich verzeichneten teilweise gleichwertig beschiedene Verfahren über die Jahre eine leichte Zunahme. Hier können wesentliche Unterschiede durch Anpassungsqualifizierungen (Kapitel C3.4.4) ausgeglichen werden.

Zusammenfassend kann festgehalten werden: Die Anträge auf Anerkennung entfielen vor allem auf medizinische Gesundheitsberufe und damit auf einen Bereich, in dem Fachkräfte aktuell und perspektivisch dringend benötigt werden. Fachkräfte, für die mit der Einführung des Anerkennungsgesetzes überhaupt erstmals die Möglichkeit auf eine Gleichwertigkeitsprüfung geschaffen wurde (Kapitel C3.4.1), nahmen diese in Anspruch – vor allem in Drittstaaten Qualifizierte, aber auch solche mit in Deutschland nicht reglementierten Berufen. Die Zunahme auferlegter Ausgleichsmaßnahmen und teilweise gleichwertig beschiedener Verfahren erfordert eine tiefergehende Auseinandersetzung mit Qualifizierungsmaßnahmen (Kapitel C3.4.4).

(Nadja Schmitz)

Schaubild C3.4.3-3: Entwicklung der Bescheide mit „Auflage“ einer Ausgleichsmaßnahme und teilweiser Gleichwertigkeit bei bundesrechtlich geregelten Berufen, 2012 bis 2020 (absolut)

  • 389

    Zeitreihen für die hier thematisierten Indikatoren, anhand derer die Entwicklungen detailliert nachvollzogen werden können, finden sich in Kapitel D4.

  • 390

    Berufe nach der Berufshauptgruppe 81 „medizinische Gesundheitsberufe“ der KldB 2010

  • 391

    Berufe nach der Berufshauptgruppe 26 „Mechatronik-, Energie- und Elektroberufe“ der KldB 2010

  • 392

    Bei 83 % der rd. 11.000 Auslandsanträge 2020 hatten die Antragstellenden ihren Wohnort in einem Drittstaat.