Berufe- und Branchenscreening
Im Rahmen des Berufe- und Branchenscreenings wurden im Zeitraum 2016 bis 2018 insgesamt 14 Ausbildungsberufe auf Veränderungen, die durch die Digitalisierung verursacht wurden, untersucht und Handlungsempfehlungen abgeleitet.
Für Einzelberufe wurden Teilstudien erstellt und als Wissenschaftliche Diskussionspapiere veröffentlicht. Zusätzlich wurde in einer Gesamtstudie eine vergleichende Auswertung vorgenommen und übergreifende Handlungsempfehlungen abgeleitet:
Ausgangslage und Ziele
Die zunehmende Digitalisierung, also die Durchdringung der Arbeitswelt mit neuen, digitalen Technologien, führt sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch im Dienstleistungsbereich zu grundlegenden Veränderungen von Arbeitsprozessen. Damit einher gehen strukturelle Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, bei denen bestehende Berufe sich verändern, evtl. neue Berufe entstehen und bestimmte Berufe sogar verschwinden werden. Auch die Tätigkeiten und Tätigkeitsanforderungen von Beschäftigten werden sich verändern. Sie können z. B. durch den Einsatz digitaler Technologien anspruchsvoller werden, können die Beschäftigten unterstützen oder können eine Tätigkeit vollkommen ersetzen und damit den Beschäftigten an dieser Stelle überflüssig machen.
Es gibt bereits zahlreiche Untersuchungen, die die Auswirkungen der Digitalisierung auf das Arbeits- und Beschäftigungssystem und die damit einhergehenden gesellschaftlichen Herausforderungen thematisieren. In der Regel beschäftigen sie sich allerdings mit branchenübergreifenden Konsequenzen und verfolgen einen primär technikzentrierten Ansatz.
In der Forschungsinitiative "Fachkräftequalifikation und Kompetenzen für die digitalisierte Arbeit von morgen" als Teil der Initiative Berufsbildung 4.0 des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in Kooperation mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) wird jedoch ein anderer Ansatz verfolgt. Die staatlich anerkannten Ausbildungsberufe innerhalb des dualen Berufsbildungssystems bilden bisher das Fundament, welches die Reaktion und Flexibilität ermöglicht, um den Herausforderungen einer sich ändernden Arbeitswelt zu begegnen. Zwölf Ausbildungsberufe verschiedener Branchen und Wirtschaftszweige wurden im Hinblick auf den Einfluss von Digitalisierung auf die beruflichen Tätigkeits- und Kompetenzprofile analysiert und Rückschlüsse auf die Berufsbildung gezogen. Als Ziel der Untersuchung werden Handlungsempfehlungen sowohl für die Gestaltung von Aus- und Weiterbildung als auch für die Weiterentwicklung systemischer Rahmenbedingungen abgeleitet.
Ausgewählte Ausbildungsberufe
Die ausgewählten Ausbildungsberufe wurden unter Berücksichtigung bereits laufender und früherer Untersuchungen1 kriteriengeleitet ausgewählt. Das bedeutet, dass die Berufe, die bereits in laufende Untersuchungen eingebunden sind, für das Berufe-Screening nicht mehr in die Auswahl einbezogen wurden.
Die Auswahl erfolgte in Abstimmung mit dem BMBF nach folgenden Kriterien:
- Berufe, von denen zu erwarten ist, dass sie in besonderer Weise – in positivem oder negativem Sinn – von der Digitalisierung betroffen sind und die Ergebnisse zugleich exemplarischen Charakter haben.
- Berufe verschiedener Wirtschaftsbereiche und Branchen, um ein möglichst umfassendes Bild der Berufe-Welt abbilden zu können (gewerblich-technische, kaufmännische, handwerkliche, landwirtschaftliche, freie und dienstleistungsbezogene Berufe). Die Ausbildungsberufe sind dabei jeweils als Zugang in diese Wirtschaftsbereiche und Branchen zu verstehen.
- "Große" und "kleine" Berufe mit einer angemessenen Zahl an Auszubildenden, orientiert an mindestens 500 bestehenden Ausbildungsverhältnissen pro Beruf.
- Berufe mit unterschiedlicher Ausbildungsdauer (zweijährige, dreijährige und dreieinhalbjährige Berufe).
- Berufe, bei denen der Zeitpunkt der letzten Neuordnung in der Regel mindestens fünf Jahre zurückliegt.
Für jeden Ausbildungsberuf/Berufsbereich wurden typische Fallbeispiele untersucht, in denen die Digitalisierung bereits vollständig oder in Teilbereichen Einzug gehalten hat. Typische Fallbeispiele sind z. B. Unternehmen, die als digitale Schrittmacher gelten, also bereits heute in besonderem Maße die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, aber auch Unternehmen, die den Status quo einer Branche charakterisieren, z.B. in Bezug auf Unternehmensgröße, Produktionssparten, regionale Verteilung oder den Stand der Technik.
Fragestellungen
Im Rahmen des Berufe-Screenings wurde folgenden Fragestellungen nachgegangen:
- Welche Digitalisierungs- und Vernetzungsansätze finden sich in der betrieblichen Praxis?
- Welche Tätigkeiten bzw. Tätigkeitsprofile entstehen durch die Digitalisierung in den zu untersuchenden Berufen/Berufsfeldern?
- Welche Kompetenzen sind für Fachkräfte erforderlich?
- Wie passen diese Tätigkeiten und Kompetenzen zu bestehenden Ausbildungsberufen und Fortbildungen?
- Fallen zukünftig Berufe weg, bedarf es neuer Berufe, wie verändern sich Berufe?
- Was heißt das für die Erstausbildung (Strukturmodelle, Ausbildungsgestaltung, Zusatzqualifikationen)?
- Verändern sich berufliche Entwicklungsmöglichkeiten (Fortbildung/Karriere)?
- Welche Folgen hat die Digitalisierung auf Anlerntätigkeiten und akademische Abschlüsse?
- Welche fördernden und hemmenden Faktoren ergeben sich für die Gestaltung von Berufsbildung?
- Welche Folgen haben die Ergebnisse für das Berufsverständnis?
Untersuchungsdesign
Das Berufescreening bestand aus einer qualitativen und einer quantitativen Phase. Der gemeinsame Untersuchungsansatz basierte im empirischen Teil auf einer Sektoranalyse für jeden der untersuchten Berufsbereiche (Auswertung von vorliegenden Studien, Literatur und Strukturdaten) und auf exemplarischen betrieblichen Fallstudien. Auf der Grundlage der identifizierten Veränderungen im Hinblick auf Arbeitsaufgaben und Qualifikationsbedarfe wurde für die sich anschließende quantitative Phase ein Fragebogenkonzept erstellt und durch eine Onlinebefragung die breitere Gültigkeit der Veränderungen überprüft. Befragte Personengruppen waren Vorgesetzte von Fachkräften, Fachkräfte und Ausbilder in den jeweiligen Ausbildungsberufen; insgesamt wurden 2.087 verwertbare Rücklaufe in die Auswertung einbezogen.
Die wichtigsten Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Untersuchung
Auswirkungen der Digitalisierung auf Berufe
Im Ergebnis zeigt sich, dass alle untersuchten Berufe von der Digitalisierung betroffen sind, jedoch der "digitale" Durchdringungsprozess in den Betrieben und an den Arbeitsplätzen ungleichzeitig erfolgt. Hinzu kommt, dass der Digitalisierungsgrad der Betriebe je nach Beruf in Tiefe und Breite unterschiedlich ist. Laut einem Monitoring, durchgeführt im Auftrag des BMWi, hat sich der Digitalisierungsindex2 der Industrie von 39 Punkten in 2016 auf 45 Punkte in 2018 erhöht. Für 2023 wird ein Indexwert von 48 Punkten erwartet. (siehe Abbildung 3).
An diesen Zahlen ist ebenfalls erkennbar, dass auf längere Sicht ein Nebeneinander von eher konventionellen und von innovativen, digitalisierten Betrieben in allen Wirtschaftsbereichen existiert und diese von einer unterschiedlichen Veränderungsdynamik geprägt sind. Dies wirkt sich auch auf die Arbeitsaufgaben und Anforderungsprofile aus: auch in hochdigitalisierten Betrieben werden neben digitalisierten Aufgaben weiterhin konventionelle Aufgaben zu verrichten sein. Die Untersuchung zeigt aber auch, dass Digitalisierung in der Berufsbildung kein neues Phänomen ist, sondern seit Längerem bereits aufgrund von Bedarfen der betrieblichen Praxis in Ausbildungsordnungen berücksichtigt wurde (z. B. Mediengestalter/-in, Technischer Produktdesigner/Technische Produktdesignerin oder Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel).
Die durch die Digitalisierung bedingten typischen Folgen für die Facharbeit sind veränderte Prozessabläufe und teilweise substituierte Technologien, z. B. durch den 3-D-Druck. Die Qualifikationsanforderungen in den Berufsbildern wandeln sich: grundlegende IT-Kompetenzen werden Standard in allen Berufen, neben den IT-Kernberufen entwickeln sich mehr IT-Mischberufe und es entstehen hybride Qualifikationsvarianten. Eine klare Abgrenzung zwischen Berufen und Berufsbereichen wird zunehmend schwieriger; Berufe werden insgesamt "bereichsübergreifender", z. B. rücken kaufmännische, informationstechnische und produktionstechnische Berufe näher zusammen. Bei gewerblich-technischen Berufen werden berufsfeldbezogene Roh- und Werkstoffe berufsübergreifend eingesetzt (z. B. beim Textilen Bauen: Faserverbundstoffe, wie z.B. Carbon, Aramid, Glasfasern oder Textil- und Kunststoffverarbeitung).
Veränderung von Aufgabenzuschnitten, Tätigkeiten und Kompetenzen
Im Berufescreening wurde berufsbezogen danach gefragt, wie sich die Aufgaben und Tätigkeiten aufgrund der Digitalisierung verändern werden. Dabei zeigt sich (vgl. Abbildung 4), dass nach Einschätzung der Befragten besonders stark an Bedeutung gewinnen werden:
- IT-gestütztes Messen und Prüfen (77 %),
- IT-Sicherheit gewährleisten (75 %),
- IT-gestützte Fehlersuche (74 %),
- IT-gestütztes Datenmanagement (71 %) und
- IT-gestütztes Planen und Vorbereiten (70 %).
Mit gleichbleibender Bedeutung rechnen die Befragten am häufigsten insbesondere mit Blick auf
- Informationen beschaffen (62 %),
- manuelle Fehlersuche (59 %),
- maschinelles Fertigen (56 %) und
- analoges Messen und Prüfen (55 %).
Daneben gibt es Bereiche, denen tendenziell eine eher rückläufige Bedeutung zugeschrieben wird: Dokumentieren, maschinelles Fertigen und manuelle Fehlersuche.
Zusammenfassend sind über alle untersuchten Berufe hinweg Veränderungen hinsichtlich von Tätigkeitsmustern festzustellen. Infolge der Digitalisierung gewinnen die meisten Berufe an Komplexität. Routinetätigkeiten und körperlich schwere Arbeiten werden durch digitale Assistenzsysteme unterstützt und z.T. substituiert. Zunehmend zentralisierte und unterstützte Überwachungs-, Reparatur- und Wartungsprozesse verringern Laufwege in der Produktion und ermöglichen ein mobiles, ferngesteuertes Arbeiten.
Veränderung von Handlungskompetenzen
Aus dem durchgeführten Berufescreening ist abzulesen, dass sich mit zunehmender Digitalisierung die Erwartungen an die Kernkompetenzen der Fachkräfte weiter verschieben. Berufliche Fachkompetenz bleibt wichtig. Der Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien, digitales Arbeiten und IT-Sicherheit werden immer mehr in Arbeitsaufgaben einbezogen, bzw. werden Teil der Arbeitsaufgabe selbst. Prozess- und Systemverständnis, Flexibilität, Problemlösefähigkeit sowie Kommunikationsfähigkeit spielen eine entscheidende Rolle. Insbesondere stellt die Fähigkeit zu lernen – sowohl im Sinne einer selbstständigen Erweiterung des Handelns im Rahmen der Fachaufgaben eines Berufs als auch im Hinblick darauf, bereits Gelerntes auf neuartige Kontexte übertragen zu können – eine zentrale Kompetenzanforderung dar.
Die in Berufen festzustellende Veränderung der Arbeitsplätze und Aufgabenzuschnitte der Fachkräfte auf Grund des zunehmenden Einsatzes digitaler Technologien führt in einigen Berufsfeldern zu deutlich erkennbaren vertikalen Verschiebungen. Als Folge stehen die Fachkräfte zunehmend in Konkurrenz zu akademisch ausgebildeten Fachkräften oder zu An- und Ungelernten. Während z. B. bei den Industriekaufleuten eine vertikale Verschiebung in den bisher weitgehend von akademisch ausgebildeten Fachkräften besetzten Bereich erkennbar ist (abnehmende Routine- und Verwaltungstätigkeiten vs. Zunahme von komplexeren Tätigkeiten), ist bei der Fachkraft für Lagerlogistik - neben der Gefahr zur Abwanderung von Tätigkeiten in den akademischen Bereich - verstärkt eine vertikale Verschiebung hin zu An- und Ungelernten (Tätigkeiten verlieren durch den Einsatz digitaler Technologien an Bedeutung bzw. erfahren eine Komplexitätsreduktion) absehbar. In anderen Berufsfeldern finden diese Verschiebungen horizontal innerhalb der Facharbeiterebene statt (z. B. bei Maschinen- und Anlagenführern - Textiltechnik, Orthopädietechnik-Mechanikern, Land- und Baumaschinenmechatronikern). Dies bewirkt einerseits eine Erweiterung des Tätigkeitsspektrums um größtenteils verantwortungsvollere Aufgaben aber auch andererseits eine Abnahme der Bedeutung von Fachkompetenzen und Verantwortungen. Bei den Straßenbauern ist eher mit einer Verschiebung der Aufgaben hin zu mehr maschineller Arbeit und einer Zunahme von dokumentierenden Arbeiten zu rechnen.
Herausforderungen und Impulse für die zukünftige Gestaltung und Regulierung von beruflicher Bildung
Auf Grundlage der Ergebnisse des Berufescreenings konnten Handlungsempfehlungen sowohl für die Gestaltung von Aus- und Weiterbildung als auch für die Weiterentwicklung systemischer Rahmenbedingungen entwickelt und in den bildungspolitischen Diskurs eingebracht werden. Drei zentrale Argumente für Veränderungen bei der Gestaltung und Regulierung beruflicher Bildung in Aus- und Fortbildungsordnungen werden aus der Untersuchung geschlussfolgert:
- Die Ungleichzeitigkeit der Digitalisierung nach Betrieben und Berufen verstärkt die Diversifizierung von Anforderungsprofilen an den Arbeitsplätzen;
- die Wirkungen der Digitalisierung auf zentrale Kompetenzen der beruflichen Handlungsfähigkeit müssen berücksichtigt werden;
- das zu erwartende beschleunigte Innovationstempo hat Auswirkungen auf die Prozesse, durch die Berufsbilder weiterentwickelt werden (vgl. Zinke 2019: S. 104).
Die Digitalisierung wird weiter voranschreiten und Arbeitsplätze werden immer häufiger und vollständiger davon betroffen sein. Anwendungen der künstlichen Intelligenz bringen eine neue Qualität der Digitalisierung in die Arbeitsumgebungen.
Instrumente zur Differenzierung in Ausbildungsordnungen
Zur Differenzierung von Berufsbildern stehen auf Ordnungsebene schon lange verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, z. B. Schwerpunkte, Fachrichtungen und Wahlqualifikationen. Relativ neu ist der Einsatz von optionalen Zusatzqualifikationen als Instrument der Differenzierung, z.B. die Änderungsverordnungen der Metall- und Elektroberufe von 2018. Sie werden u. a. als Reaktion auf Ungleichzeitigkeiten im Hinblick auf veränderte digitale Qualifikationsanforderungen verstanden. Auch auf Grundlage des Berufescreenings wird der Einsatz von Zusatzqualifikationen als Möglichkeit einer Differenzierung betrachtet und deren Nutzung empfohlen. Erfahrungen zur Akzeptanz, Art und Weise der Verwendung, der Qualität der Umsetzung und zur Passgenauigkeit liegen allerdings noch nicht vor und müssen erst evaluiert werden3. Die Gefahr bei der Verwendung von zu vielen Differenzierungsinstrumenten besteht darin, dass Berufsbilder mit unterschiedlichem Qualifikationsniveau entstehen und damit die Transparenz von Berufsabschlüssen gefährdet wird. Auch muss gewährleistet bleiben, dass die Beschulung von stärker differenzierten Berufsbildern sichergestellt ist.
Zusatzqualifikationen können als Brücke in die Weiterbildung und in der Weiterbildung genutzt werden. Geprüft werden sollte, welche Vor- und Nachteile sich daraus ableiten und ob dieses Instrument ordnungspolitisch künftig stärker Anwendung finden sollte. Zusatzqualifikationen haben auch den Vorteil, als flexibilisierte Elemente in einer Ausbildungsordnung in kürzeren Abständen angepasst oder neu erstellt werden zu können, ohne die gesamte Ausbildungsordnung bearbeiten zu müssen.
Bei der Vermittlung von Ausbildungsinhalten folgen Ausbildungsordnungen meistens dem Prinzip "vom Einfachen zum Komplexen", also einem induktiven Vorgehen. Die Vermittlung von Prozess- und Systemverständnis findet dann erst im zweiten Teil der Ausbildungszeit statt. Die Ergebnisse aus der Untersuchung zeigen dagegen, dass das Prozess- und Systemverständnis für die berufliche Handlungsfähigkeit als ganz wesentlich eingeschätzt wird und gegenwärtig eher nicht ausreichend in der Ausbildung Berücksichtigung findet. Mit einem veränderten didaktischen Ansatz, nämlich Berufsbilder jeweils vom Gesamten zum Einzelnen zu vermitteln, das System bzw. den Prozess, z. B. durch Verwendung eines Referenzmodells, zeitlich an den Anfang zu setzen (konzeptionelle Wende), kann diesem Defizit begegnet werden. Dieses deduktive, entdeckende Prinzip sollte stärker in der Ordnungsarbeit Berücksichtigung finden. Pilotprojekte und anwendungsorientierte Forschungsarbeiten können die weitere Verbreitung dieses Ansatzes fördern und dessen Evidenz unterstützen. Damit können zusätzliche Grundlagen geschaffen werden, die eine didaktische und wissenschaftlich begründete Ordnungsmittelgestaltung stärken.
Generell hat die Untersuchung bestätigt, dass eine dringende Neuordnung aus den zuvor genannten Gründen in den wenigsten Berufen erforderlich ist. Um den Anforderungen der Digitalisierung gerecht zu werden, wurde bereits in einigen Ausbildungsordnungen eine neue Standardberufsbildposition "Digitalisierung der Arbeit, Datenschutz und Informationssicherheit“ (z.B. in Metall- und Elektroberufen, Chemieberufen) aufgenommen. In einigen der untersuchten Berufe werden Arbeitsumgebungen und Aufgabenprofile erkennbar, die im Verhältnis zu bisherigen Arbeitsplätzen neu sind (z.B. Fachkraft Lagerlogistik, Industriekaufleute). Gleichzeitig bestehen konventionelle Arbeitsumgebungen auf längere Zeit fort. Es sollte geprüft werden, ob auf Grundlage der neuen Arbeitsumgebungen Eckwerte für neue Berufe bestimmt und schließlich neue Berufe geschaffen werden können, ohne bestehende und weiterhin relevante Ausbildungsordnungen aufzuheben.
Vor diesem skizzierten Hintergrund kommt der Weiterbildung eine besondere Rolle zu. Die Untersuchung zeigt auch, dass viele der neuen Qualifikationsanforderungen nicht in der Erstausbildung zu verorten sind (z.B. die Datenbewertung und -analyse), sondern im Bereich der Fortbildungen. Heutige Fortbildungsprofile berücksichtigen nicht ausreichend die Inhalte der Digitalisierung und der Bedarf an Fachkräften auf der Spezialistenebene wird künftig stärker steigen als der an Fachkräften auf Facharbeiterniveau (vgl. Zinke 2019: S. 106). Aus- und Weiterbildung muss künftig im Sinne von Fach- und Führungskarrieren stärker zusammengedacht und konzeptioniert werden.
Literatur
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi): Monitoring-Report Wirtschaft DIGITAL 2018. 2018.
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ZINKE, Gert: (2019). Berufsbildung 4.0 - Fachkräftequalifikationen und Kompetenzen für die digitalisierte Arbeit von morgen: Branchen- und Berufescreening: vergleichende Gesamtstudie. Wissenschaftliche Diskussionspapiere; 213 , 136 S.
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Die IT-Berufe wurden im Rahmen eines Vorprojektes untersucht (Projekt 4.2.497) und die Neuordnung der Berufsbilder hat bereits begonnen (Projekt 4.2.583). Auch die industriellen Elektroberufe sowie der/die Mechatroniker/-in wurden im Rahmen einer Berufsfeldanalyse bereits im Hinblick auf die Wirkungen der Digitalisierung der Arbeitswelt/Industrie 4.0 untersucht (Projekt 4.2.395). In einem gemeinsam mit der VW Group Academy durchgeführten Projekt (Projekt 4.2.488) waren ausgewählte Elektroberufe und der/die Mechatroniker/-in ebenfalls Untersuchungsgegenstand. Im Rahmen von Teilnovellierungen wurden die industriellen Metall- und Elektroberufe bereits fit für die Herausforderungen der digitalisierten Arbeitswelt gemacht (Inkrafttreten zum 01.08.2018) – Projekt: 4.2.568 (Elektro) und 4.2.567 (Metall).
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2
Der Wirtschaftsindex DIGITAL drückt in einer Zahl den Digitalisierungsgrad der deutschen Wirtschaft aus. Er basiert auf der Befragung hochrangiger Entscheider aus 1.061 Unternehmen. In den Wirtschaftsindex fließen drei Themen ein: die Nutzung digitaler Geräte, der Stand der unternehmensinternen Digitalisierung sowie die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Firmen (BMWi 2018, S. 4).
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3
Ein Evaluationsprojekt zu den Zusatzqualifikationen im Metall- und Elektrobereich ist im BIBB geplant.