Von der überbetrieblichen Berufsbildungsstätte zum Kompetenzzentrum
Kompetenzzentren (Komzet) agieren als innovationsfördernde Überbetriebliche Bildungsstätten (ÜBS). Sie setzen moderne berufspädagogische Konzepte für die überbetriebliche Berufsbildung um und entwickeln praxis- und betriebsnahe Qualifizierungsangebote für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).
weiterlesen
Die Förderung von Kompetenzzentren durch das BMBF und das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) verfolgt das Ziel, die Qualität der beruflichen Bildung zu steigern und sie kontinuierlich neuen technologischen und sozioökonomischen Anforderungen anzupassen.
Die Aufgabe von ÜBS, die sich zu einem Kompetenzzentrum weiterentwickeln, bleibt es, die Ausbildung sowie Fort- und Weiterbildung in einem fachlichen Schwerpunkt durchzuführen. Hinzu kommt die Entwicklung von Kernprozessen wie ein innovatives Bildungsmanagement, die Konzeption mediendidaktischer Szenarien als auch innovative Ansätze zur Verbesserung der Lernortkooperation. Weitere Aufgaben beinhalten Informations- und Demonstrationsdienstleistungen, Strategien des Innovations- und Technologietransfers sowie die Etablierung eines Qualitätsmanagements der Bildungsprozesse. Des Weiteren sind Kompetenzzentren mit der Anwendung und Vermarktung neuer Technologien und Verfahren vertraut.
Um ein Kompetenzzentrum zukünftig zu einer „lernenden Organisation“ wachsen zu lassen, sind im Laufe der Projektentwicklung zahlreiche Anforderungen zu erfüllen, die in neun Handlungsfeldern definiert sind und künftige dynamische Entwicklungen ohne staatliche Förderung ermöglichen sollen.
Aktuell laufende Projekte
Weiterentwicklung zum Kompetenzzentrum
Aktuell werden durch das BIBB folgende ÜBS zur Weiterentwicklung zu einem Kompetenzzentrum gefördert:
Moderne Fahrzeuge parken selbstständig ein und fahren (teilweise) autonom. Sie sind mit anderen Geräten wie Smartphones vernetzt und verfügen über immer mehr Technologien, die das Fahren sicherer, komfortabler und ökologischer machen. Die Entwicklung der digitalen Fahrzeugkomponenten verläuft dabei rasant, wodurch sich u. a. der (internationale) Wettbewerbsdruck erhöht. Folglich befindet sich die Kfz-Branche im Umbruch, Berufsbilder verändern sich. Insbesondere Themen wie Digitalisierung und Vernetzung gewinnen an Bedeutung und stellen Fachkräfte vor Herausforderungen.
Die überbetriebliche Ausbildung (ÜBA) und Weiterbildung der Fachkräfte steht vor der Aufgabe, diese Veränderungen aufzunehmen und Auszubildende wie Beschäftigte zeitgemäß zu qualifizieren. Die Handwerkskammer Frankfurt (Oder) plant daher, ein „Kompetenzzentrum Kfz“ aufzubauen, um die Aus- und Weiterbildung im Kfz-Bereich an die Erfordernisse der Digitalisierung anzupassen. Dazu sollen zukunftsweisende Technologien in die ÜBA und in die Weiterbildung implementiert und Auszubildende wie Fachkräfte befähigt werden, diese anzuwenden.
Konkret ist vorgesehen, Themen wie Automotive-Ethernet, mobile und kommunizierende Elektronik sowie Vernetzungssysteme in Schulungskonzepte und Curricula zu integrieren und mit modernen Lernformaten (z. b. digitales Lernen, Lernmanagementsysteme) zu vermitteln. Auszubildende wie Fachkräfte sollen so das notwendige Know-how im Bereich „Digitalisierung und Vernetzung im Fahrzeug“ sowie zur technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Fahrzeugentwicklung erwerben. Ferner zielt das Kompetenzzentrumprojekt darauf ab, kleine und mittelständische Betriebe aus der Region zu befähigen, technologische Entwicklungen der Automobilbranche anzuwenden, Fachkräfte zu halten und am Markt leistungsfähig und wettbewerbsfähig zu bleiben.
Einbezogene Berufe
- Kfz-Mechatroniker/-in
Kontakt
Handwerkskammer Frankfurt (Oder) – Region Ostbrandenburg
Bahnhofstr. 12
15230 Frankfurt (Oder)
info@hwk-ff.de
Kompetenzzentrum Kfz im Aufbau - Weiterbildung in Ostbrandenburg (weiterbildung-ostbrandenburg.de)
Projektlaufzeit
01.01.2023 – 31.12.2026
Die Anforderungen an die Wartung und Instandsetzung von Land- und Baumaschinen nehmen stetig zu. Aus den Arbeitsmaschinen haben sich in den vergangenen Jahren hochkomplexe Systeme entwickelt, die anhaltend wachsende Anforderungen an das Fachpersonal stellen. Damit verbunden steigt auch der Anspruch an Land- und Baumaschinenmechatroniker/-innen, die sich bereits in der Erstausbildung mit diesen Herausforderungen auseinandersetzen müssen. Die drei Evolutionsschritte Mechanisierung, Elektrifizierung und Digitalisierung, die die Land- und Bautechnik maßgeblich bestimmen, verändern das Berufsbild im Handwerk massiv.
Das Projekt „Kompetenzzentrum für Steuerungs-, Regelungs- und Messtechnik in Land- und Baumaschinen“ will dieser Entwicklung Rechnung tragen und die oben erwähnten Inhalte in der Ausbildung abbilden. Dafür werden Funktionsmodelle entwickelt, an denen die Auszubildenden die Funktionsregeln der Technologie selbst begreifen können. Im Besonderen betrifft dies die Mobilhydraulik: Sie ist bei fast allen Arbeitsmaschinen in dieser Größenordnung die wichtigste Form der Kraftübertragung und sorgt dafür, dass sich tonnenschwere Traktoren und Radlader in Bewegung setzen. Die Steuerung komplexer Abläufe und einzelner hydraulischer Baugruppen erfolgt über elektronische Steuergeräte. Diese wiederum sind über Bussysteme miteinander verbunden und werden von zentralen Steuergeräten koordiniert. In der modernisierten Werkstatt des Berufsbildungs- und TechnologieZentrums (BTZ) der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim sollen Auszubildende mit diesen Systemen unmittelbar in Kontakt kommen.
Darüber hinaus entwickelt das Projektteam neue Konzepte und Lehrmaterialien, die dieses Wissen anschaulich darstellen. Neben klassischen Lernprogrammen erfolgt die Integration von XR-Lernanwendungen in die Lehrgangsgestaltung der überbetrieblichen Ausbildung (ÜBA), um den Auszubildenden neue Zugänge zu komplexen Themengebieten zu verschaffen. Das Projekt legt außerdem einen Schwerpunkt auf die Qualifizierung des Ausbildungspersonals. Durch ihre Weiterbildung und eine Einbindung der anderen Lernorte (Betrieb und Berufsschule) will das Vorhaben einen Mehrwert an jedem Punkt der dualen Ausbildung schaffen. Begleitend plant das BTZ Osnabrück, sein Wissensmanagement und seine digitale Infrastruktur weiterzuentwickeln und das Bildungsmarketing zukunftsgerichtet aufzustellen.
Einbezogene Berufe:
- Land- und Baumaschinenmechatroniker/-in
Kontakt:
Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim
Bramscher Straße 134-136
49088 Osnabrück
info@hwk-osnabrueck.de
https://www.btz-osnabrueck.de
Leitprojekte von Kompetenzzentren
Lassen sich im Laufe der Entwicklung des Kompetenzzentrums, sowie nach erfolgreicher Evaluation, weitere Fragestellungen, Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie der Bedarf an ergänzenden Qualifizierungsangeboten identifizieren, können nach den geltenden Bestimmungen in einem Leitprojekt unter Bezug auf den fachlichen Schwerpunkt des Kompetenzzentrums weitere Fördermittel zur Durchführung eines solchen Leitprojekts beantragt werden.
Aktuell werden durch das BIBB folgende ÜBS bei der Umsetzung eines Leitprojektes gefördert:
Das Leitprojekt DIGITAMA zielt darauf ab, sowohl die Funktionalitäten als auch die Inhalte des bislang entwickelten „digitalen Assistenzsystems“ (DAS) weiterzuentwickeln. Zudem verfolgt das Projekt das Ziel, die bisherige Software zu einem marktfähigen Produkt auszubauen, um den branchenunabhängigen Einsatz und Transfer in andere überbetriebliche Berufsbildungsstätten (ÜBS) zu ermöglichen. Dazu wird das System inhaltlich um Anforderungen anderer Ausbildungsbereiche erweitert und technologisch weiterentwickelt, hin zu einer Cloud-basierten Plattform.
Das Leitprojekt baut auf der bisherigen Projektarbeit am Kompetenzzentrum (Komzet) (Juni 2019 bis September 2022) der Gemeinschaftslehrwerkstatt (GLW) Arnsberg auf. Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB-INA) in Lemgo und der TU Dortmund, UNESCO-Lehrstuhl „Internationale Bildungskooperation, Berufs- und Betriebspädagogik“ hat die GLW Arnsberg ein digitales Assistenzsystem zur begleitenden Unterstützung von Auszubildenden entwickelt, welches in den Lehrwerkstätten in Arnsberg Anwendung findet.
Konkret wurde mit dem DAS eine Software zur Begleitung des Lernprozesses der Auszubildenden an konventionellen Dreh- und Fräsmaschinen entwickelt. Das System visualisiert über ein Tablet betriebliche Arbeitsaufträge als Lernaufgaben (z. B. Lernvideos, Texte, Eingabefelder usw.). Diese Lernaufgaben (etwa die Herstellung von Werkzeugen) lassen sich dann direkt an unterschiedlichen Dreh- und Fräsmaschinen ausführen und entsprechende Teile produzieren. Auszubildende der Metall- und Elektroindustrie erlernen dadurch Schritt für Schritt Kompetenzen anhand praxisnaher, projektbezogener Situationen. Den künftigen Fachkräften werden sowohl die nötigen Fertigkeiten als auch Anforderungen des betrieblichen Alltags vermittelt. Das Ausbildungspersonal wird durch den digitalen Assistenten unterstützt und zeitlich entlastet.
Das Leitprojekt zielt nun u. a. darauf ab, die Lernform anhand des digitalen Assistenzsystems neben den bisherigen Kursbereichen (Drehen und Fräsen) in alle Grundbildungskurse der GLW auszuweiten. Zudem soll das DAS anderen ÜBS im Bereich der Metall- und Elektroausbildung zugänglich gemacht und ein möglicher Transfer in weitere ÜBA Bereiche getestet werden. Um das digitale Assistenzsystem auf einen transferfähigen und marktreifen Entwicklungsstand zu befördern, müssen die Funktionalitäten (Features) erweitert und weiterentwickelt werden. Dies erfordert eine Erprobung des Systems, weshalb im Zuge des Leitprojektes eine strategische Partnerschaft mit zwei Bildungszentren und einer Transfergesellschaft eingegangen wird.
Die anstehende technisch-funktionale Ausarbeitung des Systems konzentriert sich vorrangig auf die Benutzerfreundlichkeit (aus der Perspektive Auszubildender und Ausbildender) und die Erweiterung um handlungsorientierte Lern- und Arbeitsaufgaben. Die Gestaltung der virtuellen Lernräume wird von den Ausbildenden der GLW übernommen, wobei diese in den Systemneuerungen geschult werden.
Einbezogene Berufe:
- Metall- und Elektroausbildung
Kontakt:
Gemeinschafts-Lehrwerkstatt Arnsberg GmbH
Wiebelsheidestraße 44
59757 Arnsberg
info@glw-online.de
www.glw-online.de
Die Holzbaubranche unterliegt einem stetigen Wandel, u. a. durch Veränderungen aufgrund des Klimaschutzes, des nachhaltigen Bauens, mehrgeschossigen Gebäuden sowie Nachverdichtungen in der Stadt. Mit Einführung der Energieeinsparverordnung (EnEV), heute durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abgelöst, wurden vermehrt Materialien, Baustoffe und Verarbeitungstechniken eingesetzt, welche für die Holzbaubetriebe eine Neuerung darstellten.
Anschließend an die erfolgreiche Entwicklung zum Kompetenzzentrum Energiesparender Holzbau in 2008 wird daher im Zimmerer-Bildungszentrum in Biberach an der Riß mit dem aktuellen Leitprojekt die Qualifizierung für nachhaltiges Bauen vorangetrieben. Dem genannten Wandel soll durch eine qualifizierte Fachkräfte-Ausbildung Rechnung getragen werden.
Mittels zeitgemäßer Bildung sollen die Qualität des modernen Holzbaus und die Leistungsfähigkeit der gesamten Branche gesteigert werden. Auszubildende und Fachkräfte sollen gleichermaßen für die Themen Wärme-, Kälte-, Brand- und Schallschutz sowie Schnittstellen und Integration von Bauelementen sensibilisiert werden. Die Themenfelder mehrgeschossiges Bauen mit Holz und Einbau von Bauelementen sowie die Koordination von Gewerke-Schnittstellen sind daher Teil des Projektinhalts. Auch die Digitalisierung der Bauprozesse im Holzbau zusammen mit der CNC gesteuerten Fertigung von Dach- und Wandelementen sollen in die Kursinhalte einfließen. Gelehrt und geübt wird hybrid, sowohl im digitalen Modellhaus als auch an realen Modellen und Projekten.
Einbezogene Berufe:
- Zimmerer/Zimmerin
Kontakt:
Gem. Berufsförderungswerk GmbH
Bildungszentrum Holzbau
Leipzigstraße 13 und 21
88400 Biberach an der Riß
info@zimmererzentrum.de
www.zimmererzentrum.de
Smart Working & Learning : Handreichung für innovatives handlungsorientiertes Lernen am Kundenauftrag in multimedialen Lernwelten für die überbetriebliche Ausbildung
Gohlke, Petra | Bonn; Bundesinstitut für Berufsbildung | 2022
Berufsbildung in der Praxis; 1 Online-Ressource (162 Seiten)
ISBN: 978-3-96208-317-5
Entwicklung und Erprobung eines digitalen Assistenzsystems für die berufspraktische Ausbildung
Hömann, Karsten; Land, Marvin; Schröder, Thomas | 2022
Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis : BWP; 51 (2022), H. 2; Seite 34-36
Qualifizierungskonzepte für den modernen Holzhausbau
Lieb, Rebekka; Marpe, Petra | 2021
Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis : BWP; 50 (2021), H. 4; Seiten 56-57
30 Jahre Planung und Förderung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten : von der überbetrieblichen Ausbildungsstätte zum Kompetenzzentrum für berufliche Bildung
Kielwein, Kurt; Bundesinstitut für Berufsbildung [Hrsg.] | 2005
Überbetriebliche Berufsbildungsstätten (ÜBS) auf dem Wege zu dienstleistungsorientierten Kompetenzzentren : Ergebnisse eines bundesweiten Ideenwettbewerbs
Autsch, Bernhard [Hrsg.]; Meerten, Egon [Hrsg.]; Bundesinstitut für Berufsbildung [Hrsg.] | 2002