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Qualitätssicherung- und entwicklung in der beruflichen Bildung

Fragen der Qualitätssicherung in der beruflichen Bildung haben sowohl auf nationaler wie auch europäischer Ebene deutlich an Relevanz gewonnen. Die berufliche Befähigung der Menschen in Europa wird als entscheidende Ressource für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften betrachtet.

Der Kopenhagen-Prozess fußt auf der These, dass eine hohe Qualität der beruflichen Bildung die Voraussetzung für ein gutes Abschneiden im globalen Wettbewerb darstellt. Auf nationaler Ebene wurde dem Thema ebenfalls ein höherer Stellenwert eingeräumt. Das belegen Weiterentwicklungen auf der Systemebene, z. B. die 2005 vorgenommene Novellierung des BBiG (Vgl. §§ 79/83). Der Gesetzgeber beauftragte die Landesausschüsse sowie die Berufsbildungsausschüsse bei den zuständigen Stellen fortan damit, „auf eine stetige Entwicklung der Qualität der beruflichen Bildung hinzuwirken“.

Einflussfaktoren auf das deutsche Berufsbildungssystem

Das deutsche Berufsbildungssystem genießt international insbesondere seit Einsetzen der gravierenden Folgen der Finanzkrise auf die Arbeitsmärkte ein hohes Ansehen. Die im europäischen Vergleich geringe Jungendarbeitslosigkeit wird als Indikator für die positiven Wirkungen des dualen Systems gewertet, das sich durch die beiden Lernorte und die Verknüpfung von Theorie und Praxis auszeichnet1.

Trotz dieser hohen Reputation sollte berücksichtigt werden, dass der demographische Wandel2 und die Tendenz zu höheren Bildungsabschlüssen die berufliche Bildung unter Druck setzt. Auf der einen Seite entscheiden sich Jugendliche immer häufiger für die Aufnahme eines Studiums3 und auf der anderen Seite haben Betriebe immer größere Probleme, geeignete Bewerber für ihre Lehrstellen zu rekrutieren, wofür die steigende Zahl unbesetzter Ausbildungsplätze steht4. Es besteht die Gefahr, dass Betriebe sich weiter aus dem dualen System zurückziehen und sich der Fachkräftemangel verschärft5.

Zentrale Rolle der Qualitätssicherung

Vor diesem Hintergrund gilt es, die Attraktivität der beruflichen Bildung zu erhalten und zu stärken. Dabei fällt dem Faktor „Qualität der beruflichen Bildung“ und der Frage, wie diese gesichert und entwickelt werden kann, eine zentrale Rolle zu.

Spezifisch für das hiesige Berufsbildungssystem ist, dass Deutschland über verbindliche Strukturen und Standards verfügt, die der landesweiten Sicherstellung von Qualität in der beruflichen Bildung dienen. Die Qualität der betrieblichen Bildung wird durch die Regularien des BBiG, die entsprechenden Empfehlungen des BIBB-Hauptausschusses und die in den Aus- und Fortbildungsordnungen festgelegten Qualitätsmindeststandards geregelt.

Zu den wichtigsten verbindlichen Vorgaben, die das BBiG nennt, gehören:

Die Entwicklung bundesweit geltender Aus- und Fortbildungs- sowie auch Umschulungsordnungen unter Einbindung von Sozialpartnern und Experten aus der betrieblichen Praxis. Sofern Fortbildungs- und Umschulungsprüfungsregelungen von Zuständigen Stellen erlassen werden, gibt das BBiG hierzu ebenfalls zu beachtende Standards vor. Die derzeit rund 330 Ausbildungsordnungen legen so zum Beispiel das Ausbildungsberufsbild, die Ausbildungsdauer und die Prüfungsanforderungen fest und enthalten zudem eine Anleitung zur Vermittlung der Mindestinhalte der Qualifikation in sachlicher und zeitlicher Hinsicht.

Die Aufsichts- und Beratungsfunktion der Kammern vor Ort. Sie entscheiden u. a. über die Eignung der Betriebe und der Ausbilder (auf Grundlage der AEVO), prüfen die Ausbildungsverträge und führen in entsprechenden Ausschüssen die Prüfungen durch. Letzteres geschieht nach dem Grundsatz, dass Auszubildende von Dritten zu prüfen sind und nicht von an der Ausbildung Beteiligten.

Im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben, die das BIBB nach Weisung des zuständigen Bundesministeriums zu erfüllen hat, zählt die Mitwirkung an der Vorbereitung von Ausbildungsordnungen und sonstigen Rechtsverordnungen, z. B. Fortbildungsordnungen. Sie gehört zu den Schlüsselaufgaben des BIBB (§ 90 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a) BBiG). Der wichtigste Prozess in dem Zusammenhang ist die Entwicklung von Ausbildungsordnungen.

Der Hauptausschuss BIBB hat deshalb auf seiner Sitzung am 27. Juni 2008 eine Empfehlung zur Qualitätssicherung und zum Qualitätsmanagement in Ordnungsverfahren beschlossen. Mit dem Ziel der Qualitätssicherung werden im Rahmen der Ordnungsarbeit die inhaltliche und strukturelle Ausgestaltung sowie die Umsetzung dualer Ausbildung in Evaluationen und Forschungsprojekten untersucht.

Zu den gesetzlichen Aufgaben, die das BIBB nach Weisung des zuständigen Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf Grundlage des § 90 Abs. 3 Nr. 1 d Berufsbildungsgesetz (BBiG) zu erfüllen hat, zählt ferner die Konzeption und Durchführung von außerschulischen Modellversuchen und wissenschaftlichen Begleituntersuchungen. Modellversuche in der Wirtschaft gehören zu den Kernaufgaben des BIBB und dienen der qualitativen und innovativen Weiterentwicklung der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Ausgelöst durch die BBiG-Novellierung waren seit 2005 in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft Qualitätsdefizite der betrieblichen Berufsausbildung verstärkt thematisiert worden. Diese Probleme verschärf(t)en sich häufig in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Vor diesem Hintergrund wurde von 2010-2014 ein Modellprogramm mit 10 Projekten initiiert und realisiert zur „Entwicklung und Sicherung der Qualität in der betrieblichen Berufsausbildung“. Ziel des Modellprogramms war die modellhafte Entwicklung, Erprobung und Erforschung von praktikablen Konzepten, Methoden und Instrumenten zur Steigerung der Qualität der dualen Berufsausbildung. Die Ergebnisse dieses Modellprogramms liegen aufbereitet vor.

  • 1

    Vgl. „Vocational Education and Training in Europe – Perspectives for the Young Generation", Memorandum on Cooperation in Vocational Education and Training in Europe, Berlin, 10 -11 December 2012
    https://www.bmbf.de/

  • 2

    Demographischer Rückgang der 15- bis 19-Jährigen nach Bundesländern (Basisjahr 2005): Im Vergleich zum Basisjahr ist für Deutschland 2011 ein Rückgang von -16% zu verzeichnen. Quelle: Statistisches Bundesamt: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes, GENESIS-Online-Datenbank, Tabelle 12411-0011.

  • 3

    Studienanfänger und Anteil der Studienanfänger an der altersspezifischen Bevölkerung, Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 4.3.1, 1980 -2011.

  • 4

    Vgl. BIBB REPORT 22: „Jugendliche mit Hauptschulabschluss in der betrieblichen Berufsausbildung: Wer bildet sie (noch) aus, welche Erfahrungen gibt es und wie können ihre Chancen verbessert werden?“

  • 5

    Esser, Friedrich Hubert: „Wo Licht ist, ist auch Schatten!“, BWP 4/2013, S. 3.