FAQ zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen
Was sind Standardberufsbildpositionen?
Unabhängig vom anerkannten Ausbildungsberuf lassen sich Ausbildungsinhalte identifizieren, die einen grundlegenden Charakter besitzen und somit für jede qualifizierte Fachkraft ein unverzichtbares Fundament kompetenten Handelns darstellen. Als sogenannte Standardberufsbildpositionen sind solche Inhalte im jeweiligen Berufsbild und betrieblichen Ausbildungsrahmenplan zusätzlich zu den berufsprofilgebenden Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten verankert. Ihre Vermittlung ist von allen ausbildenden Betrieben sicherzustellen und im betrieblichen Ausbildungsplan aufzugreifen. Zudem sind sie Gegenstand der Prüfungen. Bei den vier modernisierten Berufsbildpositionen handelt es sich um:
- Organisation des Ausbildungsbetriebes, Berufsbildung sowie Arbeits- und Tarifrecht,
- Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit,
- Umweltschutz und Nachhaltigkeit sowie
- Digitalisierte Arbeitswelt.
Verbunden mit der Ausbildung besteht auch der Bildungsauftrag, zur Persönlichkeitsentwicklung der Auszubildenden beizutragen. Diese sollen sich zu selbstständigen Persönlichkeiten entwickeln, die sich reflektierend und aktiv mit aktuellen gesellschaftlichen Problemen auseinandersetzen. Ein solcher Bildungsauftrag ist bereits seit vielen Jahren ein verbindlicher Bestandteil anerkannter Ausbildungsberufe. Komplexer werdende Arbeitsprozesse erfordern selbstständige, verantwortungsvolle und sozialkompetente Fachkräfte. Kompetentes Handeln zielt in diesem Verständnis auf die Kommunikation, die Gesundheit und Unversehrtheit aller und nicht zuletzt auch auf den sicheren Umgang mit Daten des Unternehmens sowie Dritter.
Als ein inhaltlicher Bestandteil anerkannter Ausbildungsberufe verändern sich die in den Standardberufsbildpositionen formulierten Lernziele aufgrund technologischer und konzeptioneller Weiterentwicklungen ebenso wie die berufsspezifischen Inhalte der Ausbildungsberufe. Um sicherzustellen, dass angehende Fachkräfte in allen Ausbildungsberufen im Rahmen moderner und zukunftsgewandter Berufsausbildungen umfassend Kompetenzen erwerben können, wurden die zuletzt Ende der 1990er Jahre modernisierten Standardberufsbildpositionen auf Aktualität geprüft und in 2020 weiterentwickelt. Damit wird ein Beitrag geleistet, die duale Berufsausbildung weiterhin attraktiv zu gestalten und die Beschäftigungsfähigkeit von Fachkräften in einer sich verändernden Arbeitswelt dauerhaft zu sichern.
Vor diesem Hintergrund hat der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) im Frühjahr 2020 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um die Standardberufsbildpositionen zu modernisieren und den Erfordernissen Rechnung zu tragen. Die Arbeitsgruppe setzte sich aus Vertretern und Vertreterinnen der Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen und Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie des Bundes und der Länder zusammen.
Die modernisierten Standardberufsbildpositionen greifen aktuelle Entwicklungen auf und setzen für die zukunftsfähige Gestaltung der Ausbildung in einer sich wandelnden Arbeitswelt bildungspolitisch wichtige zusätzliche Akzente. Sie leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Förderung von demokratischen Kompetenzen in unserer Gesellschaft, indem sie auf die Eigenverantwortung des Einzelnen am Arbeitsplatz im Sinne von Rechten und Pflichten sowie die Bedeutung von Prävention und Weiterbildung hinweisen. Des Weiteren definieren sie Mindestanforderungen an die nachhaltige Gestaltung des Arbeitslebens und die Tätigkeit in einer digitalisierten Arbeitswelt.
Mit der Neufassung der Standardberufsbildpositionen werden bereits bestehende Berufsbildpositionen und Lernziele erweitert und um die neue Position „Digitalisierte Arbeitswelt“ ergänzt.
Die bisherigen Berufsbildpositionen „Organisation des Ausbildungsbetriebes“ sowie „Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht“ sind zu einer Position zusammengeführt und z. B. um das Lernziel „Erläutern grundlegender Arbeits- und Geschäftsprozesse des Ausbildungsbetriebes, des Ausbildungsplans und der eigenen Entgeltabrechnung“ erweitert worden.
In die Position „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ ist neben dem „Prüfen und Beurteilen von Gefährdungen am Arbeitsplatz“ nun auch der Arbeitsweg als zu berücksichtigender Aspekt aufgenommen worden. Außerdem wurde das Lernziel „sicheres und gesundheitsgerechtes Arbeiten erläutern“ ergänzt.
Im Zuge der Erweiterung von „Umweltschutz“ um „Nachhaltigkeit“ ist die Nutzung von Produkten, Waren oder Dienstleistungen, Materialien und Energie um das Berücksichtigen und Abwägen der drei Dimensionen von Nachhaltigkeit (ökonomisch, ökologisch und sozial) ergänzt worden und schließt Aspekte von nachhaltigen Wertschöpfungsketten, fairem Handel und die Reflexion von Zielkonflikten zwischen den einzelnen Nachhaltigkeitsdimensionen ein. Proaktives Handeln soll zudem durch das Entwickeln von Vorschlägen für nachhaltiges Handeln im eigenen Arbeitsbereich angeregt werden. Hierbei sind etwa Vor- und Nachteile von Optimierungsansätzen und Handlungsalternativen zu berücksichtigen.
Als vollkommen neuer Standard wurde die Position „Digitalisierte Arbeitswelt“ aufgenommen. Hier geht es einerseits um den Umgang mit digitalen Medien und Daten, die Berücksichtigung von Datensicherheit und Datenschutz sowie die Fähigkeit zur Informationsbeschaffung und -prüfung, die vor dem Hintergrund von zunehmender Informationsflut und „Fake News“ einen immer höheren Stellenwert einnimmt. Darüber hinaus sind aber auch kommunikative und soziale Kompetenzen in der digitalen Arbeitswelt im Hinblick auf gesellschaftliche Vielfalt und gegenseitige Wertschätzung berücksichtigt. Letztere Anforderungen sind nicht ausschließlich auf die digitale Zusammenarbeit ausgerichtet, treten aber in der digitalen Arbeitswelt besonders hervor, da angemessene Kommunikationsregeln dort einen besonderen Stellenwert innehaben.
Omnipräsente globale Themen finden somit in der Ausbildung deutlicher Berücksichtigung – sie werden auf den betrieblichen Ausbildungsalltag heruntergebrochen, an den jeweiligen Ausbildungsberuf angepasst und mit konkreten Inhalten gefüllt.
Die neuen Standardberufsbildpositionen sind in allen ab dem 1. August 2021 in Kraft tretenden modernisierten und neu entwickelten, anerkannten Ausbildungsberufen verbindlich zu verwenden. Dem Grundsatz der Technikoffenheit folgend, stellen sie auf Verordnungsebene den inhaltlich kleinsten gemeinsamen Nenner dar, der durch berufs- oder branchenspezifische Besonderheiten in den berufsprofilgebenden Inhalten erweitert werden kann. Dies ist im Rahmen von Ordnungsverfahren fallweise zu prüfen.
Für alle vor 2021 nach dem Berufsbildungsgesetz beziehungsweise der Handwerksordnung geregelten dualen Ausbildungsberufe haben die neuen Standards Empfehlungscharakter.
Vom 28. Juni 2021 bis zum 2. Juli 2021 veranstaltet das BIBB eine Themenwoche zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen. Im Rahmen einer breiten Medienkampagne wird dabei die Einführung der modernisierten Standardberufsbildpositionen durch unterschiedliche Formate gemeinsam mit relevanten Akteuren aus der beruflichen Bildung begleitet. Dazu wird das BIBB eine Broschüre zu den modernisierten Standardberufsbildpositionen erarbeiten, die in der Reihe „Ausbildung gestalten“ erscheint und detaillierte Erläuterungen zu den einzelnen Berufsbildpositionen enthält. Des Weiteren werden zu jeder Standardberufsbildposition Erklärvideos entwickelt, in denen Beispiele aus der betrieblichen Praxis die Integration der modernisierten Standardberufsbildpositionen in den betrieblichen Alltag veranschaulichen. Unterstützt wird diese Kampagne von zahlreichen Akteuren aus der beruflichen Bildung, wie beispielsweise Vertreterinnen und Vertretern des Bundes, der Sozialpartner sowie der Länder.