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Drei Fragen an... Dr. Jürgen Jarosch, Projektleiter „GSIdigital“

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung startet ab dem 1. August 2021 der neue Ausbildungsberuf Elektroniker/-in für Gebäudesystemintegration. Er soll zukünftig als Bindeglied des Handwerks zu den Planern im Bereich intelligenter Gebäudetechnologien dienen.

Das Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung spricht mit Dr. Jürgen Jarosch, Leiter des Projekts „GSIdigital“, das für diesen Beruf ein passendes überbetriebliches Ausbildungsangebot entwickeln möchte.

Sonderprogramm ÜBS-Digitailisierung: Der Ausbildungsberuf Elektroniker/-in für Gebäudesystemintegration wird im August 2021 eingeführt. Welche Lücke wird mit diesem Beruf geschlossen und welche Rolle spielt die überbetriebliche Ausbildung (ÜBA) für die Entwicklung dieses neuen Berufs?

Jürgen Jarosch: Bisher gab es in diesem Technologiefeld den Beruf Elektroniker/-in Energie und Gebäudetechnik. Dieser beinhaltete im dritten und vierten Ausbildungsjahr Themen, die in den Bereich der Gebäudesystemtechnik hineinreichten wie Grundlagen von Gebäudeautomationssystemen und die Einbindung eines IT-Netzwerks in eine elektrotechnische Anlage. Allerdings wurde so nur ein ganz geringer Teil des Aufgabenfelds der Elektronikerin und Elektronikers für Gebäudesystemintegration erfasst. Bedingt durch die Nachfrage aus Wirtschaft und Handwerk kam der Anstoß, dieses Feld komplett durch einen neuen Ausbildungsberuf zu ergänzen. Die Auszubildenden werden von Ausbildungsbetrieben benötigt, in deren Geschäftstätigkeit auf die Gebäudesystemintegration ein substanzieller und wachsender Anteil entfällt. Dieser Ausbildungsberuf umfasst das Aufgabenfeld der Elektronikerin und des Elektronikers Fachrichtung Energie und Gebäudetechnik und wird um Lerninhalte aus der Gebäudesystemintegration erweitert. Im Bereich der Elektroniker-Ausbildung sind diejenigen, die eine Ausbildung abgeschlossen haben, sogenannte Elektrofachkräfte und dürfen somit an elektrotechnischen Anlagen arbeiten, die unter Spannung stehen können. Demzufolge müssen sie die grundlegende Installationstechnik wie Elektroniker Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik beherrschen. Die Gebäudesystemtechnik kommt sozusagen on Top, muss jedoch von Anfang der Ausbildung bei der Vermittlung der Ausbildungsinhalte integriert werden.

Der Schwerpunkt des neuen Ausbildungsberufs liegt auf der Gebäudesystemintegration.

Jürgen Jarosch

Aber der Schwerpunkt des neuen Ausbildungsberufs liegt eindeutig auf der Gebäudesystemintegration und somit in der Abdeckung sämtlicher Technologiefelder, die in diesen Bereich fallen wie Smart Building-Systeme, Energiemanagementsystem in vernetzten Gebäuden und Integration konventioneller und regenativer Wärme- und Stromerzeugungssysteme. Auch in der ÜBA wird in Teilbereichen Neuland betreten. Es gibt natürlich Ausbildungsbetriebe, die bereits jetzt das komplette Themenspektrum abdecken. Allerdings deckt der größere Teil der Ausbildungsbetriebe zum jetzigen Zeitpunkt nur Teilbereiche des Felds Gebäudesystemintegration ab, so dass die sonstigen Bereiche durch überbetriebliche Ausbildungslehrgänge gelehrt werden. Die fachpraktische Seite ist also eine Kombination aus unmittelbarer betrieblicher Ausbildung und überbetrieblichen Lehrgängen.

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Der Aufgabenbereich der Elektronikerin und des Elektronikers für Gebäudesystemintegration beinhaltet die intelligente Vernetzung von Gebäuden. Welche Schwerpunktthemen ergeben sich daraus für die überbetriebliche Ausbildung?

Jürgen Jarosch: Grundsätzlich kommen hier zwei Welten zusammen. Einmal die klassische Elektroinstallationstechnik mit der Gebäudeautomatisierung und der im Regelfall dazugehörigen Bus-Systeme (Anm. d. Red.: Binary Unit System – System zur Vernetzung und Überwachung der Funktion technischer Geräte) auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Informations- und Kommunikationstechnik, die mit den entsprechenden IT-Netzwerken arbeitet. Die große Herausforderung ist die gemeinsame Vermittlung und die Berücksichtigung des Systemgedankens. Wir müssen hier noch stärker in Prozessen und Systemen denken und bei der Vermittlung in den überbetrieblichen Lehrgängen das Themengebiet ganzheitlich abbilden.

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Das Projektteam hat sich zum Ziel gesetzt, ein am Kundenauftrag orientiertes methodisch-didaktisches Konzept für die Ausbildungskurse zu erarbeiten. Was macht dieses Konzept aus und wie wird es sich von den bisherigen Lehr-/Lernmethoden unterscheiden?

Jürgen Jarosch: Es gibt zwei Aspekte. Zum einen greifen wir die sich bei uns schon seit vielen Jahren im Einsatz befindliche Methode des Lernens am Kundenauftrag auf. Hier ist es eine besondere Herausforderung das System mit abzubilden. Bislang lag der Fokus auf dem Arbeitsprozess, der linear durch den Betrieb läuft.

In der Zukunft wird es insbesondere im Bereich der Gebäudesystemintegration vielfältige Verknüpfungen zu parallellaufenden Prozessen geben.

Jürgen Jarosch

Während einzelne Gewerke wie Starkstromtechnik, Kommunikations- und Informationstechnik, Steuerungstechnik, Heizungstechnik, Sanitärtechnik, Lüftungs- und Klimatechnik bisher unabhängig voneinander abgearbeitet und die Umsetzung von Planern koordiniert wurde, bündeln die Elektroniker für Gebäudesystemintegration dies auch in der Durchführung in einer Hand. Dabei entstehen gewisse Rückkoppelungseffekte, wenn man besonders im Rahmen des Kundenauftrags eines Gewerks an bestimmten Punkten noch einmal in den Prozess eingreifen muss, um ihn auf die parallellaufenden anzupassen. Aus diesem Grund wird der Fokus zukünftig darauf liegen, das Systemverständnis über alle Gewerke hinweg bei den Auszubildenden zu wecken und die hierfür geforderten Kompetenzen aufzubauen.

Zum anderen ist es eine Herausforderung, den Auszubildenden sowohl ein Basiswissen zu vermitteln als auch das Verständnis für die Funktionsweise eines Stromkreislaufes und die Arbeit mit einem stromleitenden System.

In dem überbetrieblichen Lehrgang, den wir in unserem Projekt entwickeln, werden Auszubildende das eine oder andere installieren können. Sie werden aber auch verstärkt mit vorkonfektionierten Realmodellen arbeiten und ein Schwerpunkt auf die Verbindung der einzelnen Systemkomponenten legen. Parametrierung und Programmierung wird im Fokus stehen. Hierbei wird es mit Sicherheit eine Herausforderung sein, dieses Wissen in dem zeitlich begrenzten Zeitraum des elfwöchigen überbetrieblichen Lehrgangs zu vermitteln. Die Vorbereitungen für die Lehrgänge sind ausgearbeitet und wir gehen davon aus, dass diese im Frühjahr 2022 starten können.

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Vielen Dank für das Interview.