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Überbetriebliche Ausbildung durch Betriebserkundungen praxisnah gestalten

Erfolgsfaktor 3 für eine bedarfsorientierte überbetriebliche Ausbildung

Ralf Marohn

In der überbetrieblichen Ausbildung (ÜBA) sollen bei den Auszubildenden berufliche Fertigkeiten und Fähigkeiten entwickelt werden, die sie im Betrieb anwenden können. Das Projekt „ProMech-I“ setzt die Betriebserkundung als Methode ein, um den Praxisbezug in der ÜBA zu optimieren.

Die Berufsausbildung muss sich konsequent an beruflichen Arbeits- und Geschäftsprozessen orientieren, um bei den Auszubildenden die berufliche Handlungskompetenz zu entwickeln. Dieses lässt sich vor allem über die Bearbeitung berufstypischer Aufgabenstellungen sicherstellen. Prozessorientierung als didaktisches Konzept in der Berufsausbildung stellt jedoch das Ausbildungspersonal von überbetrieblichen Bildungsstätten (ÜBS) vor große Herausforderungen, da sie stellenweise schon sehr lange nicht in Arbeitsprozessen in der Wirtschaft tätig waren. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, dass das Ausbildungspersonal ergänzend die betrieblichen Abläufe aus unterschiedlichen Unternehmen kennt, um Lernaufgaben mit großem Praxisbezug zu entwickeln. Aus diesen Grundüberlegungen heraus werden im Projekt „ProMech-I“ Betriebserkundungen durch das Ausbildungspersonal durchgeführt.

Ausbildende gehen auf Erkundungstour

Mittels Betriebserkundungen soll Ausbildungspersonal Arbeitsprozesse und -techniken des auszubildenden Berufsbildes inklusive der damit verbundenen technologischen Entwicklungen der betreffenden Branche erkennen und analysieren. Die Erkundungen dienen damit dem Zweck, typische Arbeitsplätze und -situationen sowie konkrete Arbeitsaufgaben von Facharbeiterinnen und Facharbeitern kennenzulernen. Voraussetzung für die Anwendung der Methode ist eine ausgeprägte, auf Vertrauen basierende Beziehung zwischen der ausführenden ÜBS und den Unternehmen.

Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht die Schwerpunkte der Erkundung:

Von der Betriebserkundung zur praxisnahen Gestaltung der ÜBA

Während der Analysephase plante das Projektteam Betriebserkundungen in unterschiedlich großen Ausbildungsbetrieben der Kunststoff-, Lebensmittel- und Metallbranche, deren Digitalisierungsgrade unterschiedlich stark ausgeprägt waren. Aufgrund der Corona-Pandemie konnten bisher jedoch nur sechs Betriebserkundungen durchgeführt werden. Die Ausbildungsbetriebe gewährten dem Projektpersonal stellenweise bis zu vier Stunden Einblicke in ihre betrieblichen Abläufe und ihre Ausbildungssituationen. Durch Gespräche und Beobachtungen analysierte das Projektteam die Strukturen der Arbeitsprozesse und die daraus resultierenden Arbeitsaufgaben von Mechatronikerinnen und Mechatronikern. Hierbei erfassten sie auch die notwendigen Kompetenzen zur Auftragsdurchführung als auch die jeweiligen Rahmenbedingungen der Arbeitsumgebungen. Während der Durchführung der Betriebserkundungen setzte das Ausbildungspersonal außerdem eine im Projekt erarbeitete Checkliste ein, die einen Fragenkatalog mit einer Sammlung wesentlicher Aspekte der Erkundung beinhaltet.

Da quantitativ mehr Erkundungen durch das Ausbildungspersonal geplant waren, die aufgrund der geltenden Kontaktverbote nicht durchgeführt werden konnten, führte das Projektteam auch Online-Befragungen durch. Dabei wurde festgestellt, dass die digitale Alternative das Erleben von Ausbildungs- und Arbeitsprozessen nicht ersetzen kann.

Betriebserkundungen geeignet, um ÜBA zu optimieren

Bei den Betriebserkundungen konnte das Projektteam folgende Ergebnisse festhalten:

  • Bei der Einführung der Digitalisierung liegen in den Betrieben die Schwerpunkte in ganz unterschiedlichen Bereichen, da sie sich in der Unternehmensorganisation sehr unterscheiden.
  • Der Digitalisierungsgrad der Unternehmen ist heterogen. Es gibt Unternehmen, in denen Geschäftsprozesse fast vollständig digital ablaufen und bei denen bereits von Industrie 4.0 gesprochen werden kann. In anderen Unternehmen werden digitale Werkzeuge zur Bearbeitung von Arbeitsaufgaben eingesetzt.
  • Der Unterstützungsbedarf der Ausbildung in den Unternehmen hängt sehr stark von Ausbildungsbedingungen, die aus der Personal- und Organisationsstruktur resultieren, ab. Hierbei spielen u.a. folgende Fragen eine Rolle:
    • Wer ist für die Ausbildung verantwortlich?
    • Wie wird die Ausbildung methodisch organisiert und durchgeführt?
    • Wie werden die Auszubildenden in die Organisationsstruktur des Unternehmens integriert?
    • Gibt es eine Ausbildungswerkstatt, Lerninseln, etc.?

Die durch das Ausbildungspersonal gewonnen Ergebnisse aus den Erkundungen der Arbeitsprozesse dienen als Grundlage für die Optimierung der überbetrieblichen Ausbildung. Sie sollen letztendlich bei den Auszubildenden zum besseren Verständnis beruflicher Handlungen führen und so Anknüpfungspunkte für eine kooperativ abgestimmte Ausbildung der Lernorte schaffen.

Das Projektteam kam abschließend zu dem Fazit, dass es dem ÜBS-Bildungspersonal mittels Betriebserkundungen besser gelingt, die ÜBA praxisorientierter zu gestalten.