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Ausbildungsabbrüche in der Pflege

Laufzeit 09/2021 - 08/2024
Kurzbeschreibung Ziel des Auftrags ist es, in einem dreijährigen Projekt Faktoren für vorzeitige Vertragsauflösungen aus der Perspektive von Auszubildenden, Betrieben und Bildungsinstitutionen zu analysieren. Darauf aufbauend sind präventive Maßnahmen zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen zu entwickeln, zu erproben und iterativ weiterzuentwickeln.
Auftragnehmer

contec – Gesellschaft für Organisationsentwicklung

IEGUS – Institut für europäische Gesundheits- und Sozialwirtschaft

ISG – Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik

Ansprechpersonen

Pflegeforschung (pflegeforschung@bibb.de)

Benjamin Herten (IEGUS)
Michael Brantzko (IEGUS)
Denise Beuthner (contec)
Anna Sophie Pöschel (contec)
Dr. Philipp Fuchs (ISG)
Dr. Katja Seidel (ISG)
Sabine Wellmer (ISG)
Maik Oliver Mielenz (ISG)

 

Im Rahmen des 2017 verabschiedeten Pflegeberufegesetzes wurde die neue generalistische Pflegeausbildung eingeführt, die seit 2020 die zuvor getrennten dreijährigen Ausbildungen Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie Kinderkrankenpflege vereinheitlicht. Ein zentrales Ziel der Reform war die Steigerung der Attraktivität der Ausbildung, um den hohen Fachkräftebedarfen im Pflegebereich gerecht zu werden. Vertragslösungen schmälern das ohnehin knapper werdende Fachkräftepotenzial in der Pflege. Zudem sind Ausbildungsabbrüche, wenn sie das endgültige Verlassen des Bildungsbereichs bedeuten, auch aus individueller Sicht der Auszubildenden möglichst zu vermeiden.

Den Projektauftakt bildeten Recherchetätigkeiten als Ergänzung zu einem integrativen Review zu (Ausbildungs-)Abbrüchen in der Pflege . Zudem wurden Expert/-innen und Praktiker/-innen aus der Pflege mittels einer zehnteiligen Workshopreihe einbezogen. Hierbei wurden Risikotypen aus Schul- und Einrichtungsperspektive entwickelt (SEIDEL et al. 2024). Weiterhin wurden eine quantitative Panelbefragung von Pflegeauszubildenden im ersten und zweiten Ausbildungsjahr der Generalistik durchgeführt (FUCHS et al. 2024a) sowie qualitativ-biografische Interviews mit Personen, die die Ausbildung tatsächlich endgültig abgebrochen haben (FUCHS et al. 2024b). Diese Forschungs- und Entwicklungsarbeiten bildeten die Basis für eine Pilotierung, in deren Rahmen zehn ausbildende Einrichtungen, Pflegeschulen und Träger der praktischen Ausbildung in sechs Monaten Präventionsmaßnahmen praktisch erprobten und reflektierten.

Die quantitativen Ergebnisse machen deutlich, dass die Abbruchneigung unter den befragten Pflegeauszubildenden ausgeprägt ist. Fast die Hälfte der Auszubildenden dachte „häufig“ oder zumindest „ab und zu“ darüber nach, die Ausbildung abzubrechen. Zudem zeigte sich, dass Abbruchgedanken im Ausbildungsverlauf zunehmen. Ein identifizierter Erklärungsfaktor ist der sogenannte „(Theorie-)Praxisschock“, der in Form negativer Erwartungsabweichungen in der Befragung operationalisiert wurde (FUCHS et al. 2024a).

Die qualitativen Forschungsergebnisse verschieben den Fokus weg von Ausbildungsbedingungen hin zu den Voraussetzungen auf Ebene der Auszubildenden. Die rekonstruktive Perspektive auf Einzelfälle abbrechender Auszubildender hebt die Bedeutung der habituellen Ebene hervor. So lässt sich herausarbeiten, dass eine fehlende Passung von individuellen habituellen Dispositionen und habituellen Anforderungen an eine Arbeit in der Pflege entscheidend sein können für Ausbildungsabbrüche (FUCHS et al. 2024b).

In den Ko-Kreationsworkshops mit Praktiker/-innen und Expert/-innen der Pflegeausbildung wurden zu ausgewählten Risikotypen von abbruchgefährdeten Auszubildenden archetypische Personas entwickelt (SEIDEL et al. 2024). Auf Grundlage dieser Personas erarbeiteten die Teilnehmenden praxisorientierte Maßnahmen, die diese Personas in der Ausbildung unterstützen können. Schließlich wurde als Synthese aus diesen Ergebnissen und der aktuellen Forschung ein Modell aufgestellt und mit den Teilnehmenden der Workshopreihe reflektiert, das mögliche Ansatzpunkte für ausbildungsförderliche Maßnahmen zusammenführt und visualisiert: Das „Haus der guten Ausbildung“. 

In der anschließenden sechsmonatigen Pilotierung diente dieses Modell den Ausbildungsverantwortlichen an zehn verschiedenen schulischen und betrieblichen Lernorten in ganz Deutschland als Anregung, um jeweils eigene einrichtungsspezifische Maßnahmen abzuleiten und umzusetzen. Das Projektteam unterstützte die Einrichtungen durch eine Bedarfserhebung und bei der Planung und Umsetzung der Maßnahmen. In der begleitenden formativen Evaluation wurde die freie und ergebnisoffene Herangehensweise mehrheitlich positiv bewertet. Diese ermöglichte es den Einrichtungen, auf bereits bestehende Ansätze aufzubauen und so passgenaue Lösungen zu finden.

Veröffentlichungen

FUCHS, Philipp; SEIDEL, Katja, WELLMER, Sabine & MIELENZ, Maik Oliver (2023): Dem Praxisschock vorbeugen. In: Die Schwester – der Pfleger 5/2023. https://www.bibliomed-pflege.de/sp/artikel/47812-dempraxisschock-vorbeugen

FUCHS, Philipp; MIELENZ, Maik Oliver; SEIDEL, Katja; WELLMER, Sabine (2024a): Erwartungen an die Pflegeausbildung – Praxisschock als Grund für Ausbildungsabbrüche, in: REIBER, Karin; MOHR, Jutta; EVANS-BORCHERS, Michaela; PETERS, Miriam (Hrsg.): Fachkräftesicherung, Versorgungsqualität und Karrieren in der Pflege. Bielefeld 2024, S. 245-264. https://www.wbv.de/shop/openaccess-download/I74337

FUCHS, Philipp; MIELENZ, Maik Oliver; SEIDEL, Katja; WELLMER, Sabine (2024b, im Erscheinen): Ausbildungsabbrüche in der Pflege: die Rolle von Autonomie und habitueller Passung, in: Pflege und Gesellschaft.

SEIDEL, Jonas; KIRSTEIN, Katharina; ACHOUMRAR, Bouchra; BECK, Patricia; BRANTZKO, Michael; HERTEN, Benjamin (2024): Risikotypenspezifische Abbruchgründe und Gelingensfaktoren in der Pflegeausbildung – Maßnahmenentwicklung mit Methoden des Design Thinking, in: REIBER, Karin; MOHR, Jutta; EVANS-BORCHERS, Michaela; PETERS, Miriam (Hrsg.): Fachkräftesicherung, Versorgungsqualität und Karrieren in der Pflege. Bielefeld 2024, S. 265-285. https://www.wbv.de/shop/openaccess-download/I74337

 

Vorträge

KLEIN, Zoé; SEIDEL, Katja, HERTEN, Benjamin (2023, 15. September): BIBB-Forschungsprojekt     zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen [Vortrag]. Norddeutsches Zentrum zur Weiterentwicklung der Pflege (NDZ), online.

FUCHS, Philipp; SEIDEL, Katja; HERTEN, Benjamin; BRANTZKO, Michael (2023, 26. April): Ausbildungsabbrüche in der Pflege [Vortrag]. Ausbildungsoffensive Pflege, online.

HERTEN, Benjamin; BRANTZKO, Michael; SEIDEL, Jonas; BEUTHNER, Denise; HUCKEBRINK, Eva, MATYSEK, Sina (2023, 25./26. Mai): Ausbildungsabbrüche in der Pflege: Die auszubildendenzentrierte Entwicklung von Maßnahmen für eine erfolgreiche Ausbildung [Vortrag und Workshop]. Forschungskongress Bildung und Versorgung in der Pflege gemeinsam gestalten, Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), Bonn. https://www.bibb.de/dienst/publikationen/de/18987

MIELENZ, Maik Oliver; BRANTZKO, Michael (2023, 12. Oktober): Ausbildungsabbrüche in der Pflege und was dagegen getan werden kann [Vortrag]. Brandenburger Pflegefachtag, online.

MIELENZ, Maik Oliver; HERTEN, Benjamin (2024, 2. Juli): Ausbildungsabbrüche in der Pflege [Vortrag]. 2. Pflegeforschungs-Brownbag. Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), online. 

MIELENZ, Maik Oliver; SEIDEL, Katja; FUCHS, Philipp; WELLMER, Sabine (2023, 25./26. Mai): Praxisschock – Zentrales Abbruchmotiv in der Pflege? [Vortrag]. Forschungskongress Bildung und Versorgung in der Pflege gemeinsam gestalten, Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), Bonn. https://www.bibb.de/dienst/publikationen/de/18987

SEIDEL, Katja; HERTEN, Benjamin; BRANTZKO, Michael; MIELENZ, Maik Oliver (2023, 22. März): Ausbildungsabbrüche in der Pflege [Konferenzbeitrag]. Hochschultage Berufliche Bildung, Bamberg. 

SEIDEL, Katja; BRANTZKO, Michael (2023, 7. Dezember): BIBB-Forschungsprojekt zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen [Vortrag]. Pflegeausbildung stärken und weiterentwickeln, Deutscher Verein, Weimar.