Konzeptentwicklung zur Stärkung der interprofessionellen Edukation in der beruflichen und hochschulischen Pflegeausbildung („interEdu“)
Laufzeit | 12/2021-11/2024 |
Kurzbeschreibung | Im Auftrag werden, auf der Basis eines systematischen Reviews bzw. einer internationalen Recherche und Synopse, ein Ausbildungskonzept sowie eine mögliche curriculare Verankerung des interprofessionellen Lernens mit dem Fokus auf die berufliche und hochschulische Pflegeausbildung entwickelt. |
Auftragnehmer |
Universität zu Lübeck, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel |
Ansprechperson | Pflegeforschung@bibb.de |
Beschreibung
Gemeinsam miteinander voneinander und übereinander lernen – und dies mit dem Ziel, die Versorgung der Patientinnen und Patienten zu verbessern, das ist das zentrale Anliegen interprofessionellen Lernens in den Gesundheitsberufen.
Um dieses interprofessionelle Lernen in der Pflegeausbildung zu fördern, wird seit Januar 2022 das Forschungsprojekt interEdu am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein durchgeführt.
In diesem dreijährigen Projekt wird ein longitudinales Rahmencurriculum für das interprofessionelle Lehren und Lernen in der beruflichen und der hochschulischen Pflegeausbildung entwickelt und in einer Pilotstudie erprobt. Durchgeführt wird das Projekt gemeinsam von der Sektion für Forschung und Lehre in der Pflege (Leitung: Prof. Dr. Katrin Balzer) am Institut für Sozialmedizin, Universität zu Lübeck, und der Arbeitsgruppe Didaktik der Pflege und Gesundheitsberufe (Leitung: Prof. Dr. Wolfgang von Gahlen-Hoops) am Institut für Allgemeinmedizin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Hintergrund
Die Optimierung der interprofessionellen Zusammenarbeit in der Praxis der Gesundheitsversorgung gilt als ein Schlüssel, um den vielzähligen aktuellen Herausforderungen im Gesundheitswesen zu begegnen (World Health Organisation 2010, MAHLER et al. 2014). Anpassungen der curricularen Gestaltung und gelebten Praxis der Ausbildung in den Gesundheitsberufen sind daher eine wichtige Strategie um die Entwicklung von Kompetenzen für die interprofessionelle Zusammenarbeit gezielt zu fördern.
Interprofessionelles Lehren und Lernen (IPEL) bezeichnet Lernangebote, die es Lernenden unterschiedlicher Berufsrichtungen erlauben, über-, von- und miteinander zu lernen, mit dem Ziel, hierdurch Kompetenzen für eine effektive Zusammenarbeit und eine Verbesserung der Versorgungsergebnisse zu erwerben (WHO 2010). Für die berufliche und die hochschulische Pflegeausbildung fehlt jedoch ein entsprechendes Curriculum, sodass im Rahmen des Projektes „Konzeptentwicklung zur Stärkung der interprofessionellen Edukation in der beruflichen und hochschulischen Pflegeausbildung („interEdu“)“ ein longitudinales IPEL-Kerncurriculum für die Pflegeausbildung entwickelt werden soll. Nach EWERS und WALKENHORST (2019) herrschen bei der Thematik Interprofessionalität derzeit drei Perspektiven vor: die Versorgungsperspektive, die Arbeitsmarktperspektive und die Bildungsperspektive. Weitgehend unberücksichtigt bleiben kritische erziehungswissenschaftliche Perspektiven (PARADIS/WHITEHEAD 2018). Auch berufsfeldwissenschaftliche Zugänge als Voraussetzung für die Konzipierung von interprofessionellen Lehr-/Lernformaten bleiben eher die Ausnahme. Ein besonderes Augenmerk in dem Projekt wird daher auf die systematische, theoretische und empirische Begründung der Curriculuminhalte unter Einbindung aller relevanten Perspektiven (z. B. wissenschaftliche Pflegepädagogik, Pflegewissenschaft, Lehrende, Lernende, Anleitende, Praxisvertreterinnen und Praxisvertreter, Patientenvertreterinnen und Patientenvertreter) gelegt.
Ziel
Ziel des Projektes ist die theoretisch und empirisch fundierte Entwicklung sowie anschließende Pilotierung eines longitudinalen Curriculums für die Ausbildung von Kompetenzen für die interprofessionelle Zusammenarbeit im Rahmen der beruflichen und hochschulischen Pflegeausbildung. Das Curriculum soll als Kerncurriculum flexibel unter verschiedenen Ausbildungsbedingungen einsetzbar sein, also unabhängig von der Anzahl der Ausbildungsplätze vor Ort, dem Ausbildungsniveau und der Art der angebotenen Berufsabschlüsse, sowie der Art und der Anzahl kooperierender Ausbildungsträger und der Verfügbarkeit von Kooperationen mit Ausbildungseinrichtungen für andere patientennahe Gesundheitsberufe.
Das Curriculum wird in einem mehrstufigen, empirisch fundierten Prozess mit einem partizipativen Mixed Methods-Ansatz entwickelt, bestehend aus zwei Phasen. Anschließend erfolgt eine Handreichung des finalen Curriculums.
Konzeptionsphase
In dieser Phase wurden zunächst mittels einer systematischen Literaturrecherche nationale und internationale Rahmenmodelle, Empfehlungen und empirische Ergebnisse zur longitudinalen Ausbildung interprofessioneller Kompetenzen in Form eines „Rapid Review“ identifiziert und zusammengefasst. Ergänzend wurden standardisierte Interviews zur zusammenfassenden Beschreibung vorhandener nationaler Projekte für IPEL mit Bezug zur Pflegeausbildung durchgeführt.
Zur Beschreibung der aktuellen Lehr- und Lernpraxis und Ableitung wichtiger Anforderungen an das angestrebte Curriculum wurde zudem eine qualitative Studie bestehend aus Fokusgruppeninterviews mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Perspektiven der Pflegeausbildung (Theorie und Praxis) und Experteninterviews durchgeführt.
Im Anschluss wurden die Ergebnisse der empirischen Datenerhebung trianguliert. Die identifizierten Kernmerkmale wurden in einem Expertenworkshop vorgestellt und diskutiert. Aus den Ergebnissen wurde das longitudinale Curriculum für die Ausbildung interprofessioneller Kompetenzen in der hochschulischen und schulischen Pflegeausbildung entwickelt.
Pilotierungsphase
Dieses Arbeitspaket umfasst die Implementierung, begleitende Evaluation sowie die abschließende Aufbereitung der Ergebnisse und Überarbeitung und Dissemination des longitudinalen Curriculums.
Die Implementierung des interprofessionellen Rahmencurriculum erfolgt derzeit an 3 Hochschulen und 4 Pflegeschulen. Zur Unterstützung der Praxispartner werden regelmäßig Supervisionstreffen durchgeführt. Begleitend zur Implementierung erfolgt eine Evaluation mittels standardisierter Befragungen, nichtteilnehmender Beobachtungen, Fokusgruppen- und Einzelinterviews. Hierbei werden die Perspektiven von Lehrenden, Lernenden und Leitenden in Theorie und Praxis sowie am sogenannten dritten Lernort (z.B. Simulative Lernumgebungen „Skillslab“), berücksichtigt. Untersucht werden zum einen die Umsetzbarkeit des Curriculums und Anforderungen an die Rahmenbedingungen, zum anderen mögliche Auswirkungen auf die interprofessionellen Kompetenzen und die interprofessionelle Zusammenarbeit in der Praxis.
Wie trägt das Projekt zur Entwicklung der Pflege-/Bildungspraxis bei?
Im Ergebnis dieses Projektes wird ein longitudinales Curriculum zur Kompetenzentwicklung und Förderung der interprofessionellen Zusammenarbeit für verschiedene Lernorte der beruflichen und hochschulischen Pflegeausbildung bereitstehen. Ziel ist es, ein stärkeres Bewusstsein für die interprofessionelle Zusammenarbeit in der Praxis und Theorie und zusätzliche Möglichkeiten zur Integration interprofessioneller Inhalte in die berufliche und hochschulische Ausbildung zu schaffen.
Veröffentlichungen
Püschel, L.; von Gahlen-Hoops, W.; Balzer, K. (2024) Interprofessionalität Lehren und Lernen. Projekt „interEdu“. In: Die Schwester/ Der Pfleger 4/ 24, S. 1-4.
Lüth, F.; Püschel, L.; Leimer, M.; von Gahlen-Hoops, W.; Balzer, K.; Rahn, A. C. (2024). Konzeption interprofessioneller Curricula in der Pflegeausbildung. Wissenschaftsbasierte Empfehlungen für die Entwicklung und Umsetzung. In: Brühe, R. & von Gahlen-Hoops, W. Handbuch Pflegedidaktik II. Pflegedidaktisch denken. transcript Verlag: Bielefeld, S. 189–220.
Lüth, F.; Püschel, L.; von Gahlen-Hoops, Balzer, K.; W. Rahn, A. (2022) Curricula for interprofessional competencies in nursing education: Rapid review protocol. URL: https://osf.io/jfnym
Wolter, L.; Busch, J.; Lehnen, T.; Püschel, L.; Lüth, F.; Rahn, A.C.; von Gahlen-Hoops, W.; Balzer, K. (2022) Über die Grenzen der eigenen Berufsprofession hinaus. „interEdu“: eine Konzeptentwicklung zur Stärkung der interprofessionellen Edukation in der beruflichen und hochschulischen Pflegeausbildung. In: berufsbildung Heft 196 (4/2022), S. 18-21.
World Health Organization (2010) Framework for action on interprofessional education & collaborative practice. URL: https://www.who.int/publications/i/item/framework-for-action-on-interprofessional-education-collaborative-practice
Vorträge
LEHNEN, Tanja; MAY, Melanie; VON GAHLEN-HOOPS (2023): Interprofessionelle und simulationsbasierte Lehr-Lern-Arrangements und erforderliche Schulungsbedarfe für Lehrende. Vortrag im Rahmen des 2. SimNAT Pflege Symposiums, Fulda
LEHNEN, Tanja; WOLTER, Lisa; BUSCH, Jutta; PÜSCHEL, Laura; LEIMER, Miriam; RAHN, Anne Christin; BALZER, Katrin; VON GAHLEN-HOOPS, Wolfgang (2024): How to promote interprofessional competencies in vocational and academic undergraduate nursing education sustainably: development of a nation-wide core curriculum for interprofessional education in German nursing education (interEdu). Vortrag im Rahmen der FINE-Conference, Barcelona
LEHNEN, Tanja; WOLTER, Lisa; BUSCH, Jutta; PÜSCHEL, Laura; LÜTH, Frederike; LEIMER, Miriam; RAHN, Anne Christin; BALZER, Katrin; VON GAHLEN-HOOPS, Wolfgang
(2023): Evaluation interprofessioneller Lehr-Lernangebote in der Ausbildung der Gesundheitsberufe – Zielgrößen und Methoden Workshop im Rahmen der GMA-Jahrestagung, Osnabrück
LÜTH, Frederike; PÜSCHEL, Laura; LEIMER, Miriam; RAHN, Anne C.; BALZER, Katrin (2022, 22.-23. November): Effects of learning opportunities for the training of interprofessional competencies in nursing education: An Overview of Reviews. Baltic Sea Region Network Conference, Klaipeda, Litauen.
LÜTH, Frederike; WOLTER, Lisa; LEHNEN, Tanja; BUSCH, Jutta; PÜSCHEL, Laura; BALZER, Katrin; VON GAHLEN-HOOPS (2023): Anforderungen eines Mustercurriculums für die Entwicklung interprofessioneller Lernangebote in der Pflegeausbildung: Eine Mixed-Methods-Bedarfsanalyse. Vortrag im Rahmen des BIBB Forschungskongress, Bonn
VON GAHLEN-HOOPS, Wolfgang; WOLTER, Lisa, LEHNEN, Tanja (2022, 29.-30. September): Begegnungen durch gemeinsame Lehr-/Lernangebote in patientennahen Gesundheitsberufen durch interprofessionelle Lehre - Gegenwartsherausforderungen und Zukunftsvisionen. Lernwelten-Kongress, Luzern.
VON GAHLEN HOOPS, Wolfgang; LEHNEN, Tanja; WOLTER, Lisa (2022, 26.-28. September): Widersprüche zwischen vermittelten Lehrinhalten und gelebter Praxis im Kontext interprofessionellen Lehrens und Lernens in Gesundheits- und Pflegeberufen. Jahrestagung der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, Freiburg.
EWERS, Michael; und WALKENHORST, Ursula: Interprofessionalität in den DACH-Ländern - eine Momentaufnahme. In: EWERS, Michael; PARADIS, Elise; HERINEK, Doreen: Interprofessionelles Lernen, Lehren und Arbeiten. Gesundheits- und Sozialprofessionen auf dem Weg zur kooperativen Praxis. Weinheim Basel: Beltz Juventa 2019, S. 21-33
MAHLER, Cornelia; GUTMANN, Thomas; KARSTENS, Sven und JOOS, Stefanie (2014): Begrifflichkeiten für die Zusammenarbeit in den Gesundheitsberufen – Definition und gängige Praxis. In: GMS Journal for Medical Education 31 (2014) 4, S. 1-3
PARADIS, Elise und WHITEHEAD, Cynthia R: Beyond the Lamppost (2018) : A Proposal for a Fourth Wave of Education for Collaboration. Academic Medicine 93 (2018) 10, S.1457-1463
WORLD HEALTH ORGANIZATION (2010): Framework for Action on Interprofessional Education & Collaborative Practice. Geneva 2010.
URL: https://www.who.int/publications/i/item/framework-for-action-on-interprofessional-education-collaborative-practice (Stand: 23.07.2024)