Partizipatives Ausbildungskonzept zur Förderung und Entstigmatisierung von Schülerinnen und Schülern mit längeren Bildungswegen vor der Pflegeausbildung (ParAScholaBi)
Laufzeit | 12/2021-11/2025 |
Kurzbeschreibung | Im Auftrag sind Konzepte für die Vorbereitung und Begleitung von umschulenden Personen, die sich in einer Fördermaßnahme zur beruflichen Weiterbildung befinden, zu entwickeln. Dies unter Berücksichtigung der geschlechtsspezifischen Bedürfnisse mit dem Ziel, auch zunehmend männliche Umschulende für die Pflege zu gewinnen. Um derartige Konzepte entwickeln zu können, sind im Rahmen der Konzeptionsphase empirische Erhebungen und sich anschließende Analysen durchzuführen. |
Auftragnehmer | Christian-Albrechts-Universität zu Kiel |
Hintergrund
Im Zuge der Neuregelung durch das Pflegeberufereformgesetz (PflBRefG) in Richtung einer generalistischen Pflegeausbildung wurden im Vorfeld der Reform Befürchtungen laut, es sei nur schwer möglich, die Umschulungen und SGB-geförderten Weiterbildungen unter dem Dach der Generalistik unterzubringen. Der seit 2003 bundeseinheitlich geregelte Ausbildungsberuf der Altenpflege wird seit Dezember 2012 dreijährig gefördert. Auffällig ist, dass sich die Förderung vom europaweit nicht anerkannten Beruf der Altenpflegerin/des Altenpflegers wegbewegt hin zum Abschluss Pflegefachfrau/Pflegefachmann. So wurden seit der Reform nur noch 2.700 für die Spezialisierungsrichtung Altenpflege gefördert und 4.000 für den generalistischen Berufsabschluss Pflegefachfrau/Pflegefachmann. Die neue Ausbildungsstruktur bietet mit der Möglichkeit, sich für SGB V-Bereiche (z. B. Krankenhäuser) zu qualifizieren, für Umschüler/-innen ganz neue Potenziale. Die Befürchtung, dass es nach der Pflegereform zu einem Zusammenbruch der Förderungen kommen würde, ist somit nicht evident.
Teilnehmende an umschulenden Maßnahmen können als heterogene Gruppe hinsichtlich ihrer soziodemografischen Merkmale als auch ihrer Berufsbiografien charakterisiert werden. Zudem zeigt sich insgesamt ein deutlicher Mangel an Konzepten und Möglichkeiten an die meist individuell gestalteten Bildungswege anzuschließen. Didaktisch sinnvolle und machbare Anschlüsse über erwachsenenpädagogische Konzepte der Subjektorientierung oder methodisch individuelle Lernmethoden scheitern oftmals an der nicht ausreichenden Qualifizierung der Lehrenden.
Ziel
Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines Mehrebenen-Konzepts für die Vorbereitung und Begleitung von Umschulenden in Fördermaßnahmen unter besonderer Berücksichtigung von geschlechts- und diversitätsspezifischen Aspekten mit dem Ziel, die Gruppe der Umschüler/-innen aus Prozessen der Stereotypisierung und Stigmatisierung zu befreien.
Methode
Grundlage bildet in einem ersten Schritt eine systematische Literaturrecherche zu relevanten Begriffsfeldern und Fragekomplexen sowie normativen Konzepten und theoretischen Annahmen. In einem zweiten Schritt schließen sich quantitative und qualitative Elemente an. Während auf quantitativer Basis Sekundärdatenanalysen zur Ermittlung des Ist-Standes der Bedingungen geförderter Personen im Pflegebereich erfolgen, werden im qualitativen Forschungsabschnitt acht Fokusgruppeninterviews und 20 bis 30 problemzentrierte Einzelinterviews durchgeführt. Mittels Fokusgruppeninterviews sollen zielgruppenspezifische Wahrnehmungen und Einschätzungen von Umschülerinnen und Umschülern, Lehrenden, Praxisanleitenden sowie Trägern von umschulenden Maßnahmen identifiziert werden. In problemzentrierten Einzelinterviews stehen individuelle Bedarfe und Deutungen sowie deren subjektive Verarbeitung und Strategien über Herausforderungen im Kontext von Umschulungen im Mittelpunkt der Analyse. Ausgewertet werden die Fokusgruppeninterviews und problemzentrierten Interviews mit der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Philipp MAYRING. Eine inhaltlich-strukturierende Inhaltsanalyse nach Mayring ist gegenstandsangemessen, weil es darum geht, das Material systematisch im Hinblick auf einzelne Aspekte zu beschreiben. Diese Aspekte werden im Zusammenhang mit der Forschungsfrage festgelegt und im Verlauf der Analyse induktiv wie deduktiv ausdifferenziert. Methodologisch gerahmt werden soll die Erhebung wie Auswertung der quantitativen wie qualitativen Daten durch die Grounded Theory nach Barney GLASER und Anselm STRAUSS. Das Grundanliegen der Methodologie der Grounded Theory ist von Anfang an auf die enge Verschränkung von empirischer Forschung und Theoriebildung bzw. Konzeptentwicklung gerichtet. Zentral ist hier der ineinander verwobene Prozess von Sampling und Theoriegenerierung nach dem Prinzip des Theoretical Sampling.
Bei der Literaturrecherche, der Entwicklung der Interviewleitfäden, wie auch bei der Entwicklung der einzelnen Konzeptbäume sollen die Faktoren „Anerkennung“, „Feedback und Wertschätzung“, „Gender, Diversität und Stereotypisierung“, „Pflege als Verwertung“, „Vorbildung“, „Alter und Erfahrung“ und „Individualität“ Berücksichtigung finden. Darüber hinaus werden die Themen mit aufgenommen, die von den an den Umschulungsmaßnahmen beteiligten Zielgruppen (Lehrenden, Praxisanleitenden, Entscheidungsträgerinnen und -trägern, Umschülerinnen und Umschülern) thematisiert und als relevant betrachtet werden.
Was trägt das Projekt zur Entwicklung der Pflege-/Bildungspraxis bei?
- Anliegen des Projekts ist es erstens, mehr über Bedürfnisse und Anliegen der an den Umschulungsmaßnahmen beteiligten Zielgruppen (Lehrenden, Praxisanleitenden, Entscheidungsträgerinnen und -trägern, Umschülerinnen und Umschülern) zu erfahren.
- Zweitens ist es ein Anliegen des Projekts, zu einer Entstigmatisierung von Umschülerinnen und Umschülern beizutragen. Hier wäre es beispielsweise auch wichtig, Sprache in ihrer normativen Kraft zu reflektieren, und vielmehr von „Schülerinnen und Schülern mit besonderem Bildungshintergrund“ zu sprechen als von „Umschülerinnen und Umschülern“.
- Drittens geht es um eine diversitätssensible Konzeptentwicklung. Teilnehmende an umschulenden Maßnahmen können als heterogene Gruppe hinsichtlich ihrer soziodemografischen Merkmale als auch ihrer Berufsbiografien charakterisiert werden. Es sollen nicht nur geschlechts- wie diversitätsspezifische Bedürfnisse der Schüler/-innen mit längeren Bildungswegen berücksichtigt werden, sondern es bedarf auch eines Konzepts, das verschiedene Dimensionen sozialer Ungleichheit in den Fokus rückt. Nur so kann es gelingen, Ausbildungsabbrüche zu vermeiden, dem Fachkräftemangel effektiver zu begegnen, das Bild des Pflegeberufs zu verändern und Pflege generell attraktiver zu machen.