Pflegesprache - eine empirische Untersuchung der Sprache Pflegender in der intraprofessionellen Kommunikation
Anke Jürgensen
Berufssprache wird definiert als eine Sprache, die von für einen Beruf bzw. Berufszweig typischen Ausdrücken und Ausdrucksweisen geprägt ist. Die situations- und adressatengerechte Anwendung von Sprache ist Voraussetzung für die Bewältigung beruflicher Herausforderungen. Was und wie gesprochen wird, hängt vom beruflichen Handlungsfeld, der beruflichen Situation, der Konstellation der Kommunikationspartner, dem Gesprächsformat und nicht zuletzt von einer etablierten Gesprächskultur ab.
Als Merkmal von Professionen wird eine eigene Fachsprache angesehen, die von ab- und eingrenzender als auch von emanzipatorischer Bedeutung für den Beruf ist. Professionelles Pflegehandeln ist durch den klar strukturierten Pflegeprozess charakterisiert und von einer Handlungslogik bestimmt, die ihre Begründung sowohl aus theoretischem Wissen als auch aus der subjektiven Erfahrungswelt der zu pflegenden Menschen zieht, was sich in der Berufssprache niederschlägt. Mithilfe einer für den Beruf typischen (Fach-)Sprache wird intraprofessionell über berufliche Sachverhalte kommuniziert. Eine eindeutige Sprache sichert die Arbeitsprozesse, was im Fall der Pflege für die Versorgungskontinuität und -sicherheit von Patientinnen und Patienten relevant ist.
Im Fokus dieses Promotionsvorhabens stehen Arbeitsbesprechungen, die aufgrund der Beteiligten (ausschließlich Expertinnen und Experten), der berufs- und arbeitsbezogenen Inhalte und ihrer Rahmenbedingungen eine besondere Form von Gesprächen im beruflichen Kontext darstellen. Typische Arbeitsbesprechungen in der Pflege sind Übergabegespräche, die zwischen zwei Arbeitsschichten stattfinden, und in denen relevante Aspekte der pflegerischen Arbeit „übergeben“ werden.
Mit der der Promotion zugrundeliegenden Untersuchung werden pflegewissenschaftliche, professionssoziologische und sprachwissenschaftliche Erkenntnisse verbunden. Mithilfe der nicht-teilnehmende Beobachtung in Kombination mit Tonaufzeichnungen wurden Übergabegespräche von Pflegefachpersonen erfasst und mit den Methoden der Wortschatz- und Gesprächsanalyse sowie der strukturierenden Inhaltsanalyse dahingehend untersucht, welche funktionsspezifischen Sprechweisen (sogenannte „Register“) in Übergabegesprächen angewandt werden. Von besonderem Interesse war dabei, wie im Rahmen intraprofessioneller Zusammenarbeit in der Pflege patienten-, pflegeprozess- und arbeitsorganisationsbezogene Aspekte mündlich kommuniziert, wie Aushandlungsprozesse kommunikativ gelöst werden und welche Aussagen zur eigenen beruflichen Rolle Pflegende in einem natürlichen Gespräch tätigen.
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts sollen die Professionalisierung des Pflegeberufes weiter befördern und einen Beitrag zur Versorgungssicherheit von Patientinnen und Patienten leisten. Sie können darüber hinaus eine methodische Grundlage dafür bieten, aus beruflichen Handlungssituationen die Berufssprache zu ermitteln und damit einen Wortschatz zur Verfügung zu stellen, der Einzug in Curricula der Pflegeaus- und Weiterbildung, aber auch der Fachsprachenvermittlung halten kann.