Fachkräftebedarfe aus den Zielsetzungen der neuen Ampelregierung
17.03.2022
Die neue Bundesregierung setzt ambitionierte Ziele für den Klimaschutz und den sozialen Wohnungsbau. Wie sich dies auf die Fachkräftebedarfe niederschlägt und ob diese vom vorhandenen Angebot gedeckt werden können, zeigt eine neue Studie des BIBB.
Am 26. September 2021 wurde in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Eine Koalition aus der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), Bündnis 90 / Die Grünen und der Freien Demokratischen Partei (FPD) einigte sich auf das erste sozialdemokratisch-grün-liberale Regierungsbündnis auf Bundesebene. Im neuen Koalitionsvertrag, der unter dem Leitspruch „Mehr Fortschritt wagen“ steht, wurden neue Ziele unter anderem für den Klimaschutz und den sozialen Wohnungsbau festgeschrieben. So wurde bspw. das Ausbauziel der Erneuerbaren Energien von zuvor 65 auf 80 Prozent am Bruttostromverbrauch in 2030 erhöht und der Bau von 400.000 Wohnungen pro Jahr vereinbart.
Eine neue Studie der Qualifikations- und Berufsprojektionen (QuBe-Projekt) untersucht, inwieweit sich die Zielsetzungen der neuen Bundesregierung auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland in Abgrenzung zu den Plänen der Vorgängerregierung (Große Koalition) auswirken könnten. Anhand einer Szenarioanalyse werden die daraus hervorgehenden Fachkräftebedarfe abgeschätzt und aufgezeigt, inwieweit diese vom Angebot gedeckt werden können. Diese Wirkungsanalyse beschränkt sich dabei auf einen Zeitraum bis zum Jahr 2030 und wurde als IAB-Forschungsbericht veröffentlicht.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Maßnahmen bis 2030 positive ökonomische Impulse erzeugen und insgesamt zu einer gesteigerten Wirtschaftskraft führen werden. Dies hat entsprechend positive Folgen für den Arbeitsmarkt: So werden ab 2025 etwa 400.000 Erwerbstätige zusätzlich benötigt. Ebenso werden durch die besseren Wirtschaftsaussichten langfristig zwischen 200.000 und 250.000 Personen zusätzlich ihre Arbeitskraft anbieten.
Der Koalitionsvertrag sieht erhebliche Anstrengungen für das Baugewerbe vor. So sollen zwischen 2022 und 2030 rund 100.000 Wohnungen zusätzlich pro Jahr fertig gestellt werden. Dies schlägt sich entsprechend auf das Baugewerbe nieder, wo in 2030 über 160.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Entsprechend werden im Bauwesen verortete Berufe einen höheren Fachkräftebedarf verzeichnen. Dazu zählen insbesondere die Hoch- und Tiefbauberufe, Klempnerei, Sanitär, Heizung und Klimatechnik, Maler- und Lackierertätigkeiten, Bauplanung und Architektur, Aus- und Trockenbauberufe, Holzbe- und -verarbeitung sowie Bodenverlegung. Außerdem werden in der Energie- und Elektrotechnik sowie dem Maschinenbau und der Betriebstechnik zusätzliche Fachkräfte benötigt, was insbesondere auf den Ausbau Erneuerbarer Energien zurückzuführen ist. Darüber hinaus wird ebenso in der Landwirtschaft der Fachkräftebedarf stark zulegen. Dies ist auf den stärkeren Ausbau des personalintensiveren Ökolandbaus zurückzuführen.
Damit zeigt sich, dass – besonders mit Blick auf das Baugewerbe – Mehrbedarfe in Berufen und Branchen auftreten, in welchen die Fachkräftesituation aus Betriebssicht bereits aktuell angespannt ist. Eine weitere Verschärfung könnte die Verwirklichung der ambitionierten Ziele der neuen Regierung verhindern oder mindestens zeitlich verzögern. Damit zeigt sich, dass Maßnahmen zur Fachkräftesicherung ebenso zentrale Bausteine zum Gelingen des angestrebten Kurses sein werden. Dazu zählen die Stärkung der Dualen Ausbildung, die Fortführung der Fachkräftestrategie und der Nationalen Weiterbildungsstrategie, ergänzt um eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren, die Möglichkeit zur Neuorientierung im Erwerbsleben und die Arbeitskräfteeinwanderung.
Die Publikation steht hier zum Download bereit.
Weitere Informationen zum QuBe-Projekt finden Sie hier.