10 Jahre BIBB-Qualifizierungspanel
Beiheft „Betriebliche Berufsbildungsforschung“ erschienen
15.06.2022
Wie rekrutieren Betriebe Nachwuchs und Fachkräfte und welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf Organisation und Durchführung von Weiterbildung sowie Weiterbildungsverhalten? Diese und andere Fragen beleuchtet das frisch erschienene ZBW-Beiheft „Betriebliche Berufsbildungsforschung“.
Das BIBB-Betriebspanel zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung (kurz BIBB-Qualifizierungspanel) ist 2021 zehn Jahre alt geworden. Seit 2011 werden in der jährlich durchgeführten repräsentativen Wiederholungsbefragung von rund 3.500 Betrieben in Deutschland Strukturen, Entwicklungen, Rahmenbedingungen und Zusammenhänge des betrieblichen Qualifizierungsgeschehens erhoben. Damit hat sich das BIBB-Qualifizierungspanel als wichtige Datengrundlage in der betrieblichen Berufsbildungsforschung etabliert.
Anlässlich seines zehnjährigen Bestehens hat das Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) im Jahr 2020 gemeinsam mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) die Tagung „Konkurrenz um Auszubildende und Fachkräfte“ durchgeführt. Der Tagungsband wurde als Beiheft der ZBW (Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik) veröffentlicht und zusammen von Lutz Bellmann (IAB), Hubert Ertl (BIBB), Christian Gerhards (BIBB), Peter F. E. Sloane (Universität Paderborn) herausgegeben.
Im Tagungsband liegt der Fokus auf der Rolle der Betriebe als zentraler Lernort im dualen System der Berufsausbildung in Deutschland. Im Zentrum der Ausgabe stehen die folgenden Themenblöcke:
- Rekrutierung von Auszubildenden und Fachkräften
- Digitale Transformation und neue Kompetenzanforderungen
- Weiterbildungsmöglichkeiten von Beschäftigten
- Migration und Integration von Geflüchteten
In einer Vielzahl der Beiträge wurde das BIBB-Qualifizierungspanel als Datengrundlage genutzt, was sehr eindrücklich seine Relevanz für die Berufsbildungsforschung widerspiegelt.
Rekrutierung von Auszubildenden und Fachkräften
Studienergebnisse aus dem BIBB-Qualifizierungspanel zeigen, dass bei der Besetzung von Stellen mit Nachwuchskräften weniger die konkrete fachliche Tätigkeit bedeutsam ist als die betriebliche Ausbildungsstrategie. Betriebe, insbesondere größere, die vermehrt auch akademische Bildungsformen fördern, bevorzugen eher Bachelorabsolventen, während Betriebe, die weiterhin stärker auf berufliche Qualifizierungswege setzen, entsprechend qualifizierte Bewerber präferieren. Tobias Maier und Alexandra Mergener (beide BIBB) überprüfen in ihrem Beitrag „Fortbildungs- oder Bachelorabschluss? Ein Faktorielles Survey Experiment zu betrieblichen Rekrutierungspräferenzen“ die Konkurrenzbeziehung zwischen Bachelorabsolventen und Beschäftigten, die eine Aufstiegsfortbildung absolviert haben auf der Basis einer eigenen Betriebserhebung mit faktoriellem Design.
Anett Friedrich (BIBB) untersucht in ihrem Beitrag „Der Zusammenhang von Ausbildungsberufsclustern und Arbeitsqualität in Kleinstbetrieben“ mit den Daten des BIBB-Qualifizierungspanels den Zusammenhang von Ausbildungsberufen mit betrieblicher Arbeitsqualität in Kleinstbetrieben. Die Ergebnisse legen nahe, dass sich anhand der Merkmale „Schulabschluss“, „Anzahl an Bewerberinnen und Bewerbern für eine Ausbildungsstelle“, „Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen“ und „Ausbildungsstrategie“ vier Ausbildungsberufscluster abgrenzen lassen. Diese wiederum zeigen einen Zusammenhang mit dem „Einkommen“.
In ihrem Beitrag „Alternative Modelle zur Fachkräftesicherung?“ befassen sich Hannelore Mottweiler (BIBB) und Sylvia Annen (Universität Bamberg) mit alternativen Strategien der Personalsicherung von mittleren Fach- und Führungskräften in Unternehmen. Hierzu analysieren die Autorinnen wie, warum und unter welchen Umständen Abiturientenprogramme, duale Studiengänge sowie Trainee-Programme von Unternehmen genutzt werden. Ihre Ergebnisse unterstreichen die zentrale Bedeutung branchenbezogener Kontextfaktoren und der Unternehmensgröße für die Präferenz und Kombination bestimmter Rekrutierungs- und Qualifizierungsprogramme. Insbesondere Abiturientenprogramme scheinen auch für kleine Unternehmen geeignet, um leistungsstarke Bewerber für ihr Qualifizierungsprogramm und das Unternehmen zu gewinnen.
Digitale Transformation und neue Kompetenzanforderungen
Auf der Grundlage von Daten des BIBB-Qualifizierungspanels gehen Myriam Baum und Felix Lukowski (beide BIBB) im Beitrag „Der Einfluss des technischen Wandels auf die Teilnahme an kursförmiger betrieblicher Weiterbildung“ der Frage nach, ob der technische Wandel das betriebliche Weiterbildungsengagement erhöht – auch unter Kontrolle anderer Einflussfaktoren. Sie können nachweisen, dass Betriebe, die neue Technologien einführen, auch stärker als andere Betriebe in das Humankapital ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investieren.
Weiterbildungsmöglichkeiten von Beschäftigten
Den Zusammenhang von Betriebsräten und betrieblicher Weiterbildung analysiert Kathrin Weis (BIBB) in ihrem Beitrag „Betriebsräte und betriebliche Weiterbildungen“. Dabei konnte mit dem BIBB-Qualifizierungspanel der positive Zusammenhang eines vorhandenen Betriebsrates mit der Förderung kursförmiger Weiterbildungen bestätigt werden. Darüber hinaus zeigt der Beitrag, dass die explizite Beteiligung des Betriebsrates an Weiterbildungsentscheidungen sowie die thematisch breite Aufstellung von Betriebsräten jeweils mit einem höheren Anteil der Beschäftigten einhergehen, die an kursförmigen Weiterbildungen teilnehmen. Für die Weiterbildungschancen von Beschäftigten mit einfachen Tätigkeiten scheint insbesondere die thematisch breite Aufstellung des Betriebsrates eine große Bedeutung zuzukommen.