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TASKS VI-Konferenz zur digitalen und ökologischen Transformation des Arbeitsmarktes

02.11.2022

Wirtschaft und Arbeitsmarkt befinden sich in einem grundlegenden technologischen und ökologischen Wandel – und sind überdies mit den Folgen der Covid-19-Krise konfrontiert. Forschende aus aller Welt und aus verschiedenen Disziplinen diskutierten auf der sechsten TASKS-Konferenz, die im September 2022 in Nürnberg stattfand, wie sich diese Herausforderungen auf Arbeitsinhalte und Qualifikationsanforderungen sowie auf Beschäftigte und Betriebe auswirken. Sie lieferten wissenschaftliche Analysen zur Zukunft der Arbeit und gaben Empfehlungen für Politik und Praxis.

Im Mittelpunkt der Konferenz, die das IAB gemeinsam vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW Mannheim) veranstaltete, stand der aktuelle Wandel des Arbeitsmarktes: Wie verändert der technologische Wandel den Arbeitsmarkt? Welche Tätigkeiten, Qualifikationen und Anforderungen verlieren oder gewinnen angesichts des digitalen und ökologischen Wandels an Bedeutung? Wie wirkt sich dies auf Betriebe und Beschäftigte aus? Und welche Entwicklungen werden durch die Covid-19-Pandemie verschärft oder verändert?

Diese und andere Fragen diskutierten 50 Forschende aus dem In- und Ausland auf der sechsten internationalen TASKS-Konferenz am 15. und 16. September 2022 im IAB in Nürnberg (der englische Begriff „tasks“ ist hier am ehesten mit dem deutschen Begriff „Tätigkeiten“ zu übersetzen). Die Themen reichten von der Veränderung der Arbeitsinhalte und den Auswirkungen des Einsatzes von Robotern auf die Beschäftigten bis hin zu internationalen Perspektiven auf den technologischen und ökologischen Wandel.

In seiner Begrüßungsrede betonte IAB-Direktor Professor Bernd Fitzenberger die Relevanz der akademischen Forschung zur Zukunft der Arbeit, aus der sich wichtige Empfehlungen für Politik und Praxis ergäben. Er hob die hohe Qualität der eingereichten Beiträge hervor, die zumeist auf dem "Tasks Approach" basieren, der als ein wichtiges theoretisches Grundkonzept dient, um die die Auswirkungen technologischer Entwicklungen auf Arbeitsmärkte, Betriebe und Beschäftigte zu analysieren. Die Tatsache, dass die TASKS-Konferenz nun zum sechsten Mal stattfindet, unterstreicht laut Fitzenberger die Bedeutung dieses Ansatzes für die Analyse der Zukunft der Arbeit. BIBB, IAB und ZEW werden nach Fitzenbergers Überzeugung auch weiterhin maßgeblich an der Gestaltung und Weiterentwicklung des "Tasks Approach" mitwirken.

"Umschulung und gezielte betriebliche Weiterbildung sind unerlässlich, um die Wirksamkeit grüner Förderprogramme zu verbessern."

Prof. Francesco Vona, Universität Mailand

Drei Keynote-Vorträge setzten wichtige Impulse für den Austausch auf diesem Forschungsfeld. Francesco Vona, Professor an der Universität Mailand, erläuterte, wie sich „grüne“ Beschäftigung identifizieren und messen lässt. Die Identifizierung der hierfür erforderlichen Tätigkeiten und Fähigkeiten sei von entscheidender Bedeutung, um die Umstellungskosten zu bewerten und geeignete Weiterbildungsprogramme zu konzipieren. Insbesondere ingenieurwissenschaftliche und technische Fähigkeiten, für die nicht unbedingt eine Hochschulausbildung benötigt werde, sind nach Vonas Einschätzung ein äußerst wichtiges Element „grüner“ Berufe. Um die Ausbildung von Arbeitskräften hin zu grünen Berufen zu stärken, brauche es auf die Umwelt ausgerichtete Förderprogramme. Bislang erforderten grüne Berufe oft mehr Qualifikationen als solche in fossilen Industrien, was sich indes nur teilweise in höheren Löhnen niederschlage. Ohne ein entsprechendes Gegensteuern könnte dies möglicherweise den Übergang von umweltschädlichen zu grünen Arbeitsplätzen behindern.

"Mehr als 60 Prozent der Arbeitsplätze im Jahr 2018 entfallen auf Berufsbezeichnungen, die es 1940 noch nicht gab."

Prof. Dr. Anna Salomons, Universität Utrecht

Im zweiten Hauptvortrag beleuchtet Anna Salomons, Professorin an der Universität Utrecht, die Entstehung und den Inhalt von neuer Arbeit. Anhand von repräsentativen Daten aus dem US-Zensus zeigte sie, dass mehr als 60 Prozent der Beschäftigten im Jahr 2018 Berufe ausübten, die es unter dieser Bezeichnung im Jahr 1940 noch nicht gab. Auch konstatierte sie eine Polarisierung der Arbeitswelt – von 1940 bis 1980 kam es demnach zu einer Verschiebung von durchschnittlich bezahlten Produktions- und Büroberufen hin zu hochbezahlten Fachkräften und, seit 1980 auch zu niedrig bezahlten Dienstleistungen. Neue Arbeit entsteht für Salomon als Reaktion auf Erweiterungsinnovationen, die menschliche Tätigkeiten ergänzen und somit den Output von Berufen erhöhen, und auf Nachfrageschocks, die die Nachfrage nach bestimmten Berufen steigern. Umgekehrt verlangsamen Automatisierungsinnovationen, die menschliche Tätigkeiten ersetzen, oder Nachfrageschocks, die die Nachfrage nach bestimmten beruflichen Tätigkeiten verringern, das Entstehen neuer Arbeit. Salomons zufolge steigen Beschäftigung und Lohnsumme in denjenigen Berufen, in denen Ergänzungstechnologien zum Einsatz kommen. Hingegen sinken sie in Berufen, in denen Automatisierungstechnologien an Bedeutung gewinnen. Da sich die Verdrängung von Arbeitskräften durch die Automatisierung seit 1980 offenbar beschleunigt hat, besteht ein zentrales Thema für die künftige Forschung darin, besser zu verstehen, warum sich die relative Bedeutung von Erweiterungs- und Automatisierungstechnologien im Laufe der Zeit verschoben hat.

"Die Auswirkungen des technologischen Wandels auf die Beschäftigten hängen nicht nur von deren Qualifikationen ab, sondern auch davon, für welchen Betrieb sie arbeiten."

Prof. Matias Cortes, York-Universität

Matias Cortes, Professor an der York-Universität (Kanada), stellte seine Forschungsarbeiten über technologischen Wandel, Heterogenität von Betrieben und Lohnungleichheit vor. Er beleuchtete dabei den Zusammenhang zwischen technologischem Wandel und der zunehmenden Lohnungleichheit zwischen Betrieben. Dies sei einer der wichtigsten Arbeitsmarkttrends der letzten zwei Jahrzehnte. Cortes stellte ein theoretisches Modell vor, in dem Betriebe heterogen sind Arbeitsmärkte potenziell durch Friktionen gekennzeichnet sind. In diesem Modell trägt der qualifikationsverzerrte technologische Wandel nicht nur zu einer zunehmenden Ungleichheit zwischen Qualifikationsgruppen beiträgt, sondern auch zu einer zunehmenden Ungleichheit zwischen Betrieben bei – selbst innerhalb derselben Qualifikationsgruppe. Demzufolge hängen die Löhne der Beschäftigten immer stärker von der Art der Betriebe ab, in denen diese tätig sind – ein Befund der laut Cortes durch Daten des IAB empirisch bestätigt wird. Diese Erkenntnis ist für die Arbeitsmarktpolitik von großer Bedeutung, da die Förderung von Bildung somit nicht ausreicht, um der steigenden Lohnungleichheit entgegenzuwirken. Stattdessen braucht es zur Verringerung der Lohnungleichheit verstärkt Maßnahmen, die technologisch rückständigen Betrieben dabei helfen, ihren technologischen Rückstand aufzuholen.

Die erste TASKS-Konferenz nach dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie erwies sich – wie auch schon frühere TASKS-Konferenzen – als inspirierende Plattform für den wissenschaftlichen Austausch in einem dynamischen Forschungsfeld zur Zukunft der Arbeit. Auch zeigte sich einmal mehr, dass eine länder- und disziplinübergreifende Forschung gerade auf diesem Gebiet unerlässlich ist.