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Digitale ÜBS: Wie kommen wir dahin?

07.12.2022 | Ralf Marohn

Die dritte Ausbildungswerkstatt 4.0 beschäftigte sich mit der Weiterentwicklung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten (ÜBS) mit besonderem Blick auf die Personal- und Organisationsentwicklung im Zeitalter des digitalen Wandels. Das Projekt ProMech-I stellte seine Ergebnisse zur Diskussion.

Überbetriebliche Ausbildung (ÜBA) muss zeitgemäß, digital und attraktiv sein. Für überbetriebliche Bildungsstätten gilt es, sich den Anforderungen des digitalen Wandels zu stellen. Neben der Anschaffung zeitgemäßer Ausstattung und einer didaktisch-methodischen Modernisierung von Ausbildungskonzepten, bedarf es auch Veränderungen in der Aufbau- und Ablauforganisation von ÜBS. Diese Anpassungen spielen bei der Durchführung des Entwicklungs- und Erprobungsprojektes ProMech-I eine entscheidende Rolle.

Um Ergebnisse anderen ÜBS bereitzustellen, werden fortlaufend „Ausbildungswerkstätten 4.0“ durchgeführt. Dabei werden die Ergebnisse nicht nur vorgestellt, sondern auch diskutiert und mit den Erfahrungen aller Beteiligten der Veranstaltungen ergänzt. Die dritte Veranstaltung dieser Art fand am 19. Oktober 2022 in Schwerin statt. Zum Thema „Digitale ÜBS: Wie kommen wir dahin?“ diskutierten in einer Expertenrunde Verantwortliche der beruflichen Ausbildung u.a. folgende Fragen:

  • Welche (neuen) Anforderungen werden zukünftig an ÜBS gestellt?
  • Was bedeutet eine wirtschaftsorientierte Ausbildungsunterstützung?
  • Wie gelingt die Professionalisierung des Bildungspersonals in ÜBS?

Die Diskussionsgrundlage bildeten Erfahrungsberichte aus der Projektarbeit. So erläuterte Ralf Marohn, Projektleiter von ProMech-I, den strategischen Ansatz zur Weiterentwicklung des saz-Schweriner Aus- und Weiterbildungszentrums e. V. Dabei stellte er die Grundüberlegungen zur Entwicklung einer digitalen ÜBS und ein hieraus abgeleitetes Modell zur Organisationsentwicklung vor (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 1: Grundüberlegungen zur Entwicklung einer digitalen ÜBS

Anhand dieses Modells wurden Erfolgsfaktoren und das zeitlich-inhaltliche Vorgehen im saz erläutert. Ausgehend von den derzeitigen und zukünftigen Anforderungen an die ÜBS mussten die Unternehmens- und Technologiestrategie sowie das Geschäftsmodell angepasst werden. Dabei war ein zielführendes Werkzeug die Entwicklung und Umsetzung einer auf das Unternehmen ausgerichteten „Digitalen Agenda“.  Die Handlungsfelder der Agenda für das saz sind:

  • Die zielorientierte Beschaffung der digitalen Ausstattung.
  • Die konzeptionelle Anpassung der ÜBA unter Einbindung der digitalen Ausstattung.
  • Die Entwicklung digitaler Kompetenzen des überbetrieblichen Ausbildungspersonals.
  • Die Entwicklung einer digitalen Lehr-/Lernkultur auf Grundlage eines „Digitalen Mindsets des saz“.

Zwei zentrale Botschaften wurden zum Abschluss des Beitrags formuliert:

  • Die Entwicklung und kontinuierliche Anpassung der „Digitalen Agenda des saz“ haben dem Unternehmen geholfen, sich weiterzuentwickeln.
  • Digitalisierung allein macht die ÜBA nicht besser, sie muss die Lehr-/Lerntätigkeit zielorientiert unterstützen.

Diese beiden Botschaften griff Peter Canté als Ausbildungsinnovator des Projektes Pro Mech-I auf und erläuterte das Vorgehen der konzeptionellen Anpassung am Beispiel eines ÜBA-Kurses. Ausgangspunkt bildete hierbei der im Projekt ermittelte Unterstützungsbedarf der Ausbildungsbetriebe bzgl. einer ausbildungsrelevanten Ausbildungsplanung auf Grundlage des Ausbildungsrahmenplans. Für notwendig erachtet wurde, dass das Ausbildungspersonal ein Verständnis von den Arbeitsprozessen in den Unternehmen hat. Des Weiteren wurde deutlich, dass eine intensive arbeits- und berufspädagogische Begleitung des Ausbildungspersonals ein Erfolgsfaktor für die Weiterentwicklung der ÜBA war, ist und zukünftig sein wird. Hieraus lassen sich u.a. folgende Fragestellungen für die Personal- und Organisationsentwicklung ableiten:

  • Welche spezifischen berufspädagogischen Kompetenzen benötigt das Ausbildungspersonal in einer ÜBS, um den digitalen Transformationsprozess zu meistern?
  • Werden zukünftig Personalstellen zur Begleitung des Ausbildungspersonals hinsichtlich der Berufs- und Medienpädagogik oder der Unterstützung bei der Entwicklung digitaler Medien benötigt?

Professionalisierung im Kontext der digitalen Transformation

Unter dem Titel „Professionalisierung im Kontext der digitalen Transformation“ griff Manuela Zauritz von der Gesellschaft zur Förderung von Bildungsforschung und Qualifizierung mbH (GEFIBO) diese Fragestellungen auf. Sie erläuterte ihre Herangehensweise an die Entwicklung eines Professionalisierungskonzeptes für das ÜBS Ausbildungspersonal. Ausgangspunkte bildeten hierbei die Beschreibung der Anforderungen durch die Digitalisierung in Form einer veränderten Rolle des Ausbildungspersonals und angepassten Aufgabenstellungen. Erfolgsversprechend stellte sich ein Trainingsdesign heraus, das fachlichen Input, betriebliche Lernphasen und anschließenden Transfer in den Ausbildungsalltag verknüpft. Dieser pädagogische Ansatz wurde am Beispiel des Qualifizierungsthemas „Grundlagen des Lernens mit digitalen Medien“ erläutert. Folgende Erkenntnisse lassen sich aus dem Beitrag zusammenfassen:  

  • Kompetenzentwicklung beim Ausbildungspersonal bedarf einer intensiven internen und/oder externen Lernprozessbegleitung.
  • Qualifizieren mit einer betrieblichen Lern- und Arbeitsaufgabe ist ein erfolgversprechender Transferansatz.
  • Personal- und Organisationsentwicklung müssen zusammengedacht werden.

Erfahrungsaustausch der Teilnehmenden

Im Anschluss an die Erfahrungsberichte aus der Projektarbeit kam es zu einem intensiven Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmenden der Werkstatt. Dabei wurde deutlich, dass es wichtig ist, die zukünftigen Anforderungen an die ÜBS zu analysieren. Hieraus lassen sich Aufgaben und Unternehmensziele ableiten. ÜBS übernehmen derzeit Aufgaben in der beruflichen Orientierung und Beratung. Sie sind Lern- und Prüfungsort der Berufsausbildung. Sie bieten Anpassungs- und Aufstiegsfortbildungen zur Fachkräftequalifizierung an. Zunehmend unterstützen sie den schulischen Lernort bei der Vermittlung von Ausbildungsinhalten. Häufig sind sie auch der regionale Treiber von Innovation in der beruflichen Bildung. Aus der Vielfalt der Geschäftsmodelle ergeben sich veränderte Anforderungen an die Mitarbeitenden in der ÜBS.

Ob es eines Spezialistenprofils „Ausbilder/-in in der überbetrieblichen Ausbildung“ bedarf und wie sich die digitalen Kompetenzen des Ausbildungspersonals an den einzelnen Lernorten unterscheiden, konnte während der Veranstaltung nicht abschließend und eindeutig beantwortet werden. Das Kompetenzanforderungsprofil sollte die arbeitsplatzspezifischen Anforderungen auf Basis des Geschäftsmodells der ÜBS berücksichtigen. Das Profil des Aus- und Weiterbildungspädagogen erscheint stellenweise zu umfangreich. Hier können einzelne Spezialistenprofile (beispielsweise Lernprozessbegleiter/-in), je nach Einsatzgebiet, hilfreich sein. DigComp als Kompetenzmodell für die Beschreibung digitaler Kompetenzen des Ausbildungspersonals bietet hierbei einen guten Ansatz. Dieses Modell muss aber auf Grundlage der jeweiligen Verwendung spezifisch angepasst werden.

Das Projektteam von ProMech-I wird das Thema „Personal- und Organisationsentwicklung“ weiter bearbeiten und in seinem Transferprodukt „Ausbildungsmodell: Verbundausbildung für die Industrie 4.0“ umfassend darstellen.