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Berufsspezifische Fähigkeiten in deutschen Ausbildungsberufen: Messung, (geschlechtsspezifische) Ausprägung und Verwertung am Arbeitsmarkt

Jacqueline Fank

Die Berufsbildung spielt in Deutschland eine wichtige Rolle für den beruflichen Werdegang junger Menschen, da der Erfolg auf dem deutschen Arbeitsmarkt stark vom Erwerb beruflicher Abschlüsse (z.B. durch eine Berufsausbildung) abhängt. Verglichen mit anderen Ländern sind Ausbildungsberufe in Deutschland insgesamt sehr geregelt, vereinheitlicht und auf die spätere Ausübung von bestimmten Berufen ausgerichtet. Obwohl sich Verwertungschancen von unterschiedlichen Ausbildungsabschlüssen im Erwerbsleben unterscheiden, wurden die Ausbildungsberufe untereinander in der Forschung noch nicht ausreichend hinsichtlich der verschiedenen Merkmale, die diesen unterschiedlichen Verwertungschancen zugrunde liegen können, untersucht.

Ein Grund für die unterschiedlichen Verwertungschancen im Arbeitsmarkt könnten die im Ausbildungsberuf erlernten Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse sein, die in diesem Promotionsvorhaben in den Blick genommen werden. Es wird angenommen, dass einige Ausbildungsberufe sehr spezifische Fähigkeiten vermitteln, die später in nur wenigen Erwerbsberufen verwertet werden können. Andere Ausbildungsberufe hingegen vermitteln Fähigkeiten, die weniger spezifisch und damit breiter im Erwerbsleben verwertbar sind. 

Um die Berufsspezifität von Ausbildungsberufen besser verstehen zu können, widmet sich das Promotionsvorhaben drei Schwerpunkten:

  1. Messung: Für das deutsche Ausbildungssystem fehlt bislang ein Indikator, der anhand der konkreten Ausbildungsinhalte den Anteil der berufsspezifischen Fähigkeiten am gesamten Ausbildungsinhalt messen kann. Für die Messung der berufsspezifischen Fähigkeiten in Ausbildungsberufen wird ein text-basierter Indikator entwickelt. Hierfür wird ein Datensatz aufgebaut, der aus einem Textkorpus der Ausbildungsordnungen der dualen Ausbildungsberufe (geordnet nach BBiG/HwO) sowie einer Auswahl der stark besetzten Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufe besteht.
  2. Ausprägung: Der entwickelte Indikator wird im nächsten Schritt verwendet, um den (unterschiedlichen) Anteil berufsspezifischer Fähigkeiten an den Ausbildungsinhalten der untersuchten Ausbildungsberufe zu beschreiben. Aufgrund der ausgeprägten und zeitlich konstanten Geschlechtersegregation sind hier Unterschiede in Bezug auf frauen- und männerdominierte Ausbildungsberufe von besonderem Interesse.
  3. Verwertung am Arbeitsmarkt: In einem letzten Schritt sollen Zusammenhänge mit dem Arbeitsmarkt untersucht werden. Zum einen soll die Verwertung der im Ausbildungsberuf erlernten Fähigkeiten und zum anderen die Platzierung der Erwerbstätigen auf dem Arbeitsmarkt betrachtet werden. Auch hierbei stehen geschlechtsspezifische Unterschiede im Vordergrund: Inwieweit variieren die Zusammenhänge in Abhängigkeit der Geschlechtertypik des Berufs und des individuellen Geschlechts? Zur Untersuchung dieser Zusammenhänge wird die Erwerbstätigenbefragung (ETB) des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) verwendet. Diese enthält - neben einer detaillierten Erfassung der Bildungsabschlüsse und der momentanen Erwerbstätigkeit der befragten Personen - Frageitems, mit denen die Verwertung der erlernten Fähigkeiten im Erwerbsberuf sowie die Arbeitsmarktplatzierung gut abgebildet werden kann.

Die Untersuchung der berufsspezifischen Fähigkeiten trägt zu einem differenzierten Wissen über die Unterschiedlichkeit von Ausbildungsberufen und ihren Verwertungschancen im Arbeitsmarkt bei. Der neu entwickelte Indikator erweitert das Repertoire an Berufsmerkmalen, die für die Fragestellungen der Berufsbildungsforschung relevant sind. Das Wissen über die berufliche Spezifität von Ausbildungsberufen kann in der Praxis dazu genutzt werden, um Jugendliche bei ihrer Berufsorientierung zu unterstützen oder Handlungsempfehlungen für die Ausgestaltung von Ausbildungsinhalten zu entwickeln.