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Digitaler Wandel in Lateinamerika und der Karibik

Konferenz der Allianz für duale Ausbildung zur Umsetzung von digitalem Wandel

27.11.2023

Die Chancen und Risiken der Digitalisierung in Lateinamerika angesichts struktureller Ungleichheiten und neue Ansätze zur Umsetzung des digitalen Wandels in die Praxis der dualen Berufsbildung waren Themen der 2. Konferenz der Allianz für duale Ausbildung in Lateinamerika und der Karibik 2023.

Digitaler Wandel in der dualen Berufsausbildung - Diskussionsveranstaltung der Allianz für duale Ausbildung Lateinamerika und Karibik Oktober 2023

Neue Technologien, ein höherer Automatisierungsgrad, Veränderungen in der Arbeitsorganisation und in den Anforderungen an Fachkräfte gehen mit der Digitalisierung einher.

Berufsbildungsexpertinnen und -experten aus Brasilien, Mexiko und Deutschland tauschten sich am 19. Oktober 2023 auf der zweiten Konferenz der Veranstaltungsreihe der Allianz für duale Ausbildung in Lateinamerika und der Karibik 2023 über die für die Berufsbildung resultierenden Herausforderungen aus.

Vor über 430 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 15 Ländern der Allianz gaben die Referentinnen und Referenten Einblicke in Programme und Best Practice Beispiele aus verschiedenen Branchen, diskutierten didaktische Herausforderungen durch den Einsatz digitaler Medien in Arbeitswelt und Lehre und stellten Schulungskonzepte für das Ausbildungspersonal in Betrieben und Berufsschulen vor.

Rodrigo Filgueira, Spezialist für Digitalisierung und Berufsbildung bei ILO/Cinterfor (Interamerikanisches Zentrum für Wissensentwicklung in der Berufsbildung der Internationalen Arbeitsorganisation), gab in seinem Impulsreferat einen Überblick über Chancen und Risiken der Digitalisierung. Er betonte dabei vor allem die Problematik der strukturellen Ungleichheiten in Lateinamerika. Diese müssten bei den neu zu entwickelnden Strategien und Programmen in der Berufsbildung mitgedacht werden, um die duale Ausbildung auch in den KMU voranzubringen.

Kelly Lima Teixeira, Expertin für Bildungsprogramme und Richtlinien bei SENAC (Serviço Nacional de Aprendizagem Comercial), der größten (privaten) Berufsbildungsinstitution für Handel, Dienstleistungen und Tourismus in Brasilien, beschrieb verschiedene Initiativen des SENAC, um die neuen digitalen Kompetenzen in die Aus- und Fortbildungsprogramme einzuführen. Dazu gehört die Aktualisierung hunderter Weiterbildungskurse mit den Schwerpunkten Upskilling und Reskilling sowie eine strategische Neuausrichtung der Ausbildungsprogramme in der beruflichen Erstausbildung.

José Luis Hernández Santana, Direktor für angewandte Technologien in CONALEP (Colegio Nacional de Educación Profesional Técnica), der größten staatlichen Berufsbildungsinstitution Mexikos mit ca. 330.000 Schülerinnen und Schülern, präsentierte verschiedene Lernplattformen und Labore für virtuelle Realitäten als Lösungsansatz für den Ausgleich struktureller Ungleichheiten durch die Schaffung von Zugängen zu Wissen.

Wie man den digital gap angesichts struktureller Ungleichheiten verringern kann, war auch Schwerpunkt des Beitrags von Carlos Rebellón, dem Direktor für Governance Angelegenheiten für spanischsprachige Länder und Kanada der Intel Corporation. Die Zusammenarbeit zwischen Bildungszentrum und Betrieb sei dringend notwendig, um die durch die Digitalisierung neu entstehenden Arbeitsplätze – geschätzt etwa 9,4 Mio. allein in Mexiko, so Rebellón – besetzen zu können. Dies erfordere die Fähigkeit mit künstlicher Intelligenz (KI) umzugehen. Laut Statistiken seien dazu nur 0,5 % der Bevölkerung weltweit in der Lage. Im März 2023 unterzeichneten Intel und CONALEP eine nationale Kooperationsvereinbarung, die die Karriere in den Bereichen Datenwissenschaft und KI durch die Gestaltung von Lehrplänen, die Entwicklung von Lehrmaterialien und die Ausbildung von Lehrkräften im Bereich KI und Datenwissenschaft stärken soll.

Jens Hofmann, Leiter der Digitalisierungsprojekte bei der Sächsischen Bildungsgesellschaft für Umweltschutz und Chemieberufe Dresden mbH (SBG), einer überbetrieblichen Bildungseinrichtung, stellte Praxisbeispiele für den Einsatz immersiver Medien in der beruflichen Bildung vor. Anhand des Erasmus+-Projekts Qualification needs for VET trainers and teachers for coping with industry4.0, craftsmanship 4.0 and trade 4.0, Digi4VET und des transnationalen Projekts DIOS – Lehr- und Lernlabore für didaktische Innovationen, konnten die Vorteile der Nutzung von neuen Medien anschaulich am Beispiel des Malerhandwerks und des Berufs Chemikant/-in und Chemielaborant/-in aufgezeigt werden. Daneben war auch der transnationale Charakter beider Projekte für die Teilnehmenden von Interesse.

Daran anknüpfend präsentierte der internationale Experte Hans-Jürgen Lindemann den Einsatz der Methode BIM (Building, Information, Modeling) in den Bauberufen und verdeutlichte am Beispiel des Berufs Bauzeichner/-in und Bautechniker/-in die Notwendigkeit einer innovativen Didaktik, die den Einsatz digitaler Medien sinnvoll in die bestehenden Lehr- und Lernprozesse einbettet.

Andreas Müller, stellvertretender Geschäftsführer der Deutsch-Mexikanischen Industrie- und Handelskammer (CAMEXA), referierte abschließend über die in Mexiko seitens der AHK angebotene Qualifikation Industriemeister/-in Mechatronik im Kontext der sogenannten Twin Transition, der gleichzeitigen digitalen und nachhaltigen Transformation. Die an das deutsche duale System angelehnte mexikanische Meisterqualifikation ist modular aufgebaut, schließt mit einem deutschen DIHK-AHK Zertifikat ab und bildet einen weiteren Baustein zur Schaffung von Karrierepfaden im dualen System Mexikos ausgehend von der dualen Erstausbildung über Fort- und Weiterbildungen bis hin zur höheren akademischen Ebene.

Die Veranstaltung zeigte, dass auch für die Zukunft die Herausforderung besteht, wie man die neuen Ansätze in die Breite trägt und über qualifiziertes Ausbildungspersonal die Umsetzung gewährleistet. Vor allem scheint noch mehr Reflektion darüber notwendig zu sein, dass alle Branchen von Digitalisierung betroffen sind und nicht nur klassische IT Berufe.

Die zweite Konferenz der Allianz für duale Ausbildung in Lateinamerika und der Karibik 2023 wurde vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), gemeinsam mit der Präsidentschaft der Allianz, dem mexikanischen Partnerinstitut CONALEP und dem technischen Sekretariat der Allianz, ILO/Cinterfor als Videokonferenz durchgeführt und vom BIBB moderiert.