Resilienz in der beruflichen Berufsbildung
Vierte gemeinsame Jahresvorlesung Berufsbildungsforschung des BIBB mit der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
10.06.2024
Die gemeinsame Jahresvorlesung des BIBB und der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn stand unter dem Motto Resilienz in der beruflichen (Aus- und Weiter-)Bildung. Zahlreiche Teilnehmende aus Wissenschaft, Politik und Praxis besuchten die nunmehr vierte Veranstaltung dieser Reihe.
Die Jahresvorlesung wurde von Prof. Dr. Clemens Albrecht vom Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn sowie Prof. Dr. Hubert Ertl, Forschungsdirektor des BIBB, eröffnet. Beide hoben die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den Institutionen hervor und betonten den Wunsch nach einer vertieften Beziehung zwischen den Soziologen der Universität Bonn und dem BIBB.
Für die diesjährige Vorlesung konnten Prof. Dr. Karl Wilbers von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg (FAU) und Dr. Laura Naegele, Leiterin der Nachwuchsgruppe "Betriebliches Kompetenzmanagement älterer Beschäftigter in digitalisierten Lernumwelten - BeKomIng Digital" des BIBB gewonnen werden, die das Thema Resilienz in der beruflichen Bildung aus unterschiedlichen Perspektiven betrachteten.
Prof. Wilbers beleuchtete in seinem Vortrag die systemischen und institutionellen Aspekte der Resilienz in der Berufsbildung. Hinter der Resilienz steht die Frage, was Systeme und Institutionen krank macht und was sie gesund hält. Hierbei lässt sich zwischen disruptiven und kontinuierlichen Stressoren unterscheiden. Während disruptive Stressoren plötzlich aus dem Nichts auftreten oder als sehr unwahrscheinlich angesehen werden, so wie z. B. die Coronakrise, bahnen sich kontinuierliche Stressoren, wie z. B. Veränderungen in Wirtschaftssektoren, über einen längeren Zeitraum an. Für erstere ist ein Krisenmanagement erforderlich, für den zweiten Fall ein adaptives Management. Aktuell befinden wir uns laut Prof. Wilbers in einer Multitransformationsgesellschaft mit Überlagerungen von disruptiven und kontinuierlichen Stressoren.
Prof. Wilbers betonte, wie wichtig es ist, Ausbildungsstrukturen flexibel und anpassungsfähig zu gestalten, um auf Veränderungen in der Arbeitswelt effektiv reagieren zu können. Insbesondere für das adaptive Management gibt es im BIBB schon einige Beispiele. So werden Neuordnungsverfahren in Kollaboration mit den Sozialpartnern angestoßen, um Änderungen in Berufsfeldern gerecht zu werden. Auch Förderprogramme werden als Antwort auf Bedarfe der Praxis entwickelt. Zu guter Letzt ist es auch das Ziel vieler Forschungsprojekte, Lösungen für kontinuierliche Veränderungsprozesse zu finden.
Dr. Laura Naegele fokussierte in ihrem Vortrag die individuellen Aspekte der Resilienz. Untersuchungen ihrer Nachwuchsgruppe "BeKomIng Digital - Resilienz, Altersstereotype und Altersdiskriminierung in der beruflichen Bildung" zeigen, dass Altersdiskriminierung institutionalisiert, interpersonal und auch internalisiert sein kann. Insbesondere die individuelle Resilienz bestimmt, wie gut man mit Altersdiskriminierung und Altersstereotypen umgehen kann. Diese Form von Resilienz kann sowohl Schutz vor Altersdiskriminierung sein, aber auch die Anpassung an abrupte oder kontinuierliche Veränderungen an Arbeits- und Kompetenzanforderungen erleichtern. Weitere aktuelle Studien ihrer Nachwuchsgruppe zu den Effekten von Selbststigmatisierung auf Lernen im Alter, zur Teilnahme an Weiterbildungen und dem späteren Erwerbsstatus sowie zur altersgerechten Kompetenzentwicklung in digitalisierten Lernumwelten wurden von Dr. Naegele präsentiert.
In der anschließenden Diskussion hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, Fragen zu stellen und die vorgestellten Konzepte zu vertiefen. Die rege Beteiligung und das positive Feedback verdeutlichten die Relevanz des Themas und das Interesse an einer resilienten Gestaltung der Berufsbildung.