Haus Düsse stellt digitalen Stall beim Fachkongress „jakobb“ vor
In der Tierhaltung kommen immer häufiger digitale Technologien zum Einsatz. Wie Auszubildende an diese herangeführt werden, präsentierte das Haus Düsse der Landwirtschaftskammer NRW anhand einer virtuellen Exkursion durch den digitalen Stall auf dem Fachkongress „jakobb“.
Junge Menschen, die sich in der Ausbildung zur Landwirtin bzw. zum Landwirt befinden, absolvieren Teile ihrer Ausbildung in überbetrieblichen Berufsbildungsstätten. Dazu gehört u.a. ein zehntägiger Lehrgang zum Thema „Tierproduktion“ im dritten Lehrjahr, der im Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft (VBZL) Haus Düsse in Bad Sassendorf stattfindet. Bei diesem erhalten die Auszubildenden Einblick in drei verschiedene Tierhaltungsformen und lernen, sowohl konventionell als auch digital unterstützt mit den Tieren zu arbeiten.
Um die digitale Transformation in der Tierhaltung im überbetrieblichen Ausbildungsangebot adäquat abzubilden, hat das VBZL Haus Düsse der Landwirtschaftskammer NRW digitale Technologien für seine Ställe und Lehrräume angeschafft. Diese wurden über das Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.
Zu den neuen Technologien gehören u.a. ein Fütterungsroboter, digitale Ausgabegeräte (Tablets, Smartboards) sowie einen Melkroboter. Wie der Melkroboter in der überbetrieblichen Ausbildung (ÜBA) zum Einsatz kommt, präsentierten Kathrin Asseburg und Elke Cosmann vom Haus Düsse sowie drei Auszubildende am 7. Dezember 2021 bei einer virtuellen Exkursion auf dem Fachkongress „jakobb“.
Chancen digitaler Technologien für Tier und Mensch
Die Handhabung des Melkroboters wird im Haus Düsse parallel zum manuellen Melken gelehrt. Die Auszubildenden lernen so einerseits das „klassische Handwerk“, andererseits erfahren sie, wie sie digitale Technologien gewinnbringend im landwirtschaftlichen Betrieb einsetzen. So könne laut Kathrin Asseburg der Melkroboter dazu beitragen, die Tiergesundheit zu erhöhen, die Milchqualität engmaschiger zu kontrollieren und die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte zu erleichtern.
Die Daten zur Tiergesundheit sowie zur Milchqualität werden mittels Sensoren erfasst, die entweder am Tier befestigt oder im Melkroboter verbaut sind. Qualitätsparameter wie Fett- und Eiweißgehalt der Milch lassen zum Beispiel Rückschlüsse auf die Energieversorgung der milchgebenden Kuh und ihre Gesundheit zu. Erfasst werden auch die Aktivität und Wiederkauaktivität der Kuh sowie Temperatur, Leitfähigkeit, Farbe und Zellzahl der Milch. Anhand dieser Daten können die Landwirtinnen und Landwirte z.B. frühzeitig Eutererkrankungen erkennen.
Wenn die Landwirtinnen und Landwirte ihre Kühe nicht mehr per Hand melken und füttern müssen, können sie ihre Arbeitszeit flexibler gestalten. Außerdem machen digitale Technologien die Arbeit vielfältiger. Dadurch haben sie das Potenzial, die Ausbildung und die Arbeit in der Landwirtschaft für junge Menschen attraktiver zu machen – ein entscheidender Aspekt, auch im Hinblick auf die Gewinnung zukünftiger Fachkräfte.
Vorausschauendes Handeln fördern
In der ÜBA im Haus Düsse lernen die Auszubildenden auch, worauf beim Einsatz digitaler Technologien zu achten ist. Die Landwirtinnen und Landwirte müssen z.B. regelmäßig kontrollieren, ob ausreichend Reinigungs- und Desinfektionsmittel im Melkroboter sind. Nur so können sie einen störungsfreien Ablauf sicherstellen. Erfolgt das Füttern und Melken nicht mehr per Hand, können die Landwirtinnen und Landwirte zudem aktiv den Kontakt zu den Tieren suchen, um die visuelle Tierkontrolle durchzuführen, die die Roboter nicht übernehmen können. Vorausschauendes und proaktives Handeln zu fördern, ist daher eines der obersten Ziele der ÜBA.
Nicht zuletzt lernen die Auszubildenden die zahlreichen Daten, die der Melkroboter erhebt, auszuwerten und zu beurteilen. Im Haus Düsse erhalten dafür alle Auszubildenden für die Dauer der ÜBA ein Tablet. Auf dem Tablet können die Auszubildenden über ein Herdenmanagementsystem alle Sensordaten anschauen und gemeinsam mit den Ausbildenden besprechen.
Mit dem Tablet haben die Auszubildenden außerdem Zugriff auf die „digitale grüne“ Lernplattform. Zu Zeiten der Corona-Pandemie habe sich die Lernplattform besonders bewährt, berichtete Kathrin Asseburg. Als die ÜBA ausschließlich digital stattfinden durfte, hat sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Elke Cosmann Lernvideos produziert und den Auszubildenden über die Plattform zur Verfügung gestellt. Dennoch ersetzen digitale Technologien niemals die Ausbildung im Stall, betonte Kathrin Asseburg: Die Geräusche, die Gerüche und der Kontakt zu den Tieren können nur direkt vor Ort erlebt werden. Zudem bildet die Vermittlung von praktischen Fertigkeiten nach wie vor den Schwerpunkt der ÜBA für die angehenden Landwirtinnen und Landwirte.
Das Haus Düsse führt auch das im Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung geförderte Entwicklungs- und Erprobungsprojekt „SilA“ durch. Mehr über das Projekt erfahren Sie auf der Projektseite.