Herausforderungen alternder Gesellschaften: Erwerbsbeteiligung und soziale Beziehungen im hohen Alter
Wiebke Schmitz
Die Dissertation untersucht zwei zentrale Herausforderungen alternder Gesellschaften, die vor dem Hintergrund der demographischen Veränderung weitreichende Implikationen für Erwerbs- und Zusammenleben haben. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Anpassung der Erwerbsbiografien älterer Arbeitnehmer/-innen an den demographischen Wandel, insbesondere durch die Analyse der Karriereverläufe im Kontext früherer Lebensereignisse und geschlechtsspezifischer Unterschiede sowie der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Arbeitsmarktteilnahme.
Erwerbsbeteiligung Älterer: Geschlechtsspezifische Risiken
Der erste Teil der Dissertation beleuchtet die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer/-innen (50 Jahre und älter), wobei frühere Familienereignisse (z.B. Geburt des Kindes, Partnerschaft) als geschlechtsspezifische Risiken eine zentrale Rolle spielen. Frauen sind besonders durch familiäre Verpflichtungen wie Kinderbetreuung betroffen, die ihre Erwerbschancen im späteren Leben erheblich einschränken. Männer hingegen bleiben oft in Vollzeitarbeit, unabhängig von familiären Ereignissen.
Besonders während der Covid-19-Pandemie traten geschlechtsspezifische Ungleichheiten verstärkt zutage. Insbesondere Frauen im Alter von 50+ waren häufiger gezwungen, ihre Erwerbstätigkeit zugunsten von Care-Arbeit (z.B. für die Eltern und Enkelkinder) aufzugeben, was längerfristige Auswirkungen auf ihre berufliche Zukunft haben kann.
Darüber hinaus verdeutlicht die Dissertation die Bedeutung nationaler sozialer Sicherungssysteme. Nordeuropäische Länder mit familienfreundlichen sozialen Politiken, wie Kinderbetreuungsangeboten und flexiblen Arbeitszeiten, zeigen geringere geschlechtsspezifische Unterschiede in der Erwerbsbeteiligung von älteren Menschen als südeuropäische und westeuropäische Länder.
Soziale Beziehungen von Hochaltrigen: Einsamkeit und Netzwerke
Der zweite Teil der Dissertation untersucht die sozialen Beziehungen von Hochaltrigen (80 Jahre und älter) in Deutschland, insbesondere das Risiko von Einsamkeit. Hochaltrige, die mit einem Partner/einer Partnerin zusammenleben, sind tendenziell besser sozial eingebunden und fühlen sich seltener einsam. Fehlt jedoch die Partnerschaft, sind viele auf kleinere und weniger diverse Netzwerke angewiesen, was das Einsamkeitsrisiko erhöht. Eine besondere Risikogruppe stellen Hochaltrige dar, die in getrennten Haushalten mit ihrem Partner zusammenleben (sog. living apart together) und über weniger soziale Kontakte verfügen als solche in festen Wohngemeinschaften oder ohne Partner/-in.
Synthese
In der Zusammenschau zeigen die Ergebnisse der Dissertation, dass Erwerbsbeteiligung und soziale Beziehungen eng miteinander verknüpft sind. Frauen, die ihr Leben lang die Hauptverantwortung der Care-Arbeit übernommen haben, sind im Alter wirtschaftlich und sozial benachteiligt. Sie verfügen oft über eine unterbrochene Erwerbsbiografie, was zu Altersarmut führt; sie haben gleichzeitig kleinere soziale Netzwerke, was ihr Risiko für Einsamkeit erhöht. Die Dissertation arbeitet heraus, dass politische Maßnahmen, die sowohl Geschlechterungleichheiten abbauen als auch soziale Netzwerke fördern, notwendig sind, um die Herausforderungen des demografischen Wandels erfolgreich zu meistern.
Dissertationsschrift
Schmitz, Wiebke (2024). Working Life and Social Relationships in Old Age. Dissertation, Universität zu Köln.
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Veröffentlichungen daraus
Schmitz, W., Naegele, L., Frerichs, F. & Ellwardt, L. (2023) Gendered late working life trajectories, family history and welfare regimes: evidence from SHARELIFE. European Journal of Ageing, 20(5).
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Schmitz, W., Mauritz, S. & Wagner, M. (2021) Social relationships, living arrangements and loneliness. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 54 (Suppl 2), 120–125.
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