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„B³AUS“: Drei Fragen zum Projektabschluss an Sven Böttcher

Im Projekt „B³AUS“ wurden BIM-basierten Arbeitsaufgaben für die 19 Bauhauptberufe entwickelt. Um diese mit Auszubildenden zu erproben, musste auch das Ausbildungspersonal qualifiziert werden. Sven Böttcher spricht im Interview über Meilensteine und Bedeutung des Projekts.

Soll-Ist-Vergleich mit der BIM-Baumethode
Soll-Ist-Vergleich über Punktmessungen und Dokumentation in Messprotokoll

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Mit dem Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung zielte das BMBF darauf ab, die digitale Transformation in den ÜBS weiter voranzutreiben. Inwiefern ist es Ihnen gelungen, mit Ihrem Projekt die überbetriebliche Ausbildung zu modernisieren und welchen Mehrwert konnten Sie für Ihre ÜBS generieren?

Sven Böttcher: Der stetige technische Fortschritt im Bereich Digitalisierung sowie die Verfügbarkeit von Geräten und Softwareprodukten halten für Bauunternehmen viele Möglichkeiten und Herausforderungen bereit. Beispielsweise lassen sich Arbeitsprozesse durch die ortsunabhängige und verzögerungsfreie Bereitstellung, Verarbeitung und Aktualisierung von Informationen, innerhalb Informationstechnischer Systeme (IT-Sys), optimieren. Mit einem robusten Tablet oder dem Smartphone und den entsprechenden webbasierten Anwendungen, mit Zugriff auf Datenbanken, Cloud-Speicher und Kommunikationswerkzeuge, lassen sich digitalisierte Informations- und Kommunikationsprozesse umsetzen. Diese Aspekte sind unter anderem Teil der BIM-Arbeitsmethode.

Für die Bauausführung vereinfacht dargestellt wird ein Auftrag nicht mehr ausgedruckt und dessen Bearbeitung(-szustände) physisch dokumentiert, sondern auf das Tablet geschickt und digital gestützt bearbeitet und dokumentiert. Das im Auftrag geforderte Werkstück liegt virtuell und dreidimensional im Anhang vor und ist Grundlage der Arbeitsplanung. Auftrag, virtuelles Werkstück sowie das Ergebnis der Arbeitsplanung sind zugriffsfähig abgespeichert, können jederzeit reaktiviert und nach Auftragsabschluss in die Auswertung einbezogen werden. Diese Art der digital gestützten Bauausführung erfordert:

  • Überblickswissen zu den technologischen und organisatorischen Rahmenbedingungen,
  • Anschaffung und Unterhaltung der relevanten Arbeitsmittel,
  • Qualifizierung der am Bau beteiligten Mitarbeitenden mit Anwendungs- und Prozesswissen.

Damit diese Prozesskette und ihre Teilglieder in der überbetrieblichen Ausbildung greifbar gemacht werden, sind Lern-, Arbeits- und Gestaltungsaufgaben notwendig, welche die genannten Geräte, Softwareprodukte und Informationsträger zu lernhaltigen Aneignungsgegenständen für Auszubildende machen. Dafür ist qualifiziertes Ausbildungspersonal erforderlich.

Über die Arbeit im Projekt wurde Ausbildungspersonal entsprechend qualifiziert, um die erforderlichen BIM-basierten Arbeitsaufgaben für die 19 Bauhauptberufe zu entwickeln, mit Auszubildenden zu erproben und anschließend zu optimieren. Die Ausbildenden erwarben dabei Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten bezüglich der Verwendung eines IT-Sys in den Schwerpunkten:

  • Struktur, Aufbau, Datensicherheit und -verfügbarkeit,
  • Nutzung zur Informationsablage und als Informationsfundgrube sowie Regelungen für die Speicherung von Informationen,
  • Einsatzmöglichkeiten und Vorgehensweisen zur Planung, Bearbeitung und Gestaltung von Arbeitsaufgaben mit anderen Beteiligten,
  • Umgang mit Störungen im Kommunikationsprozess

Dieser Wissensaufbau erfolgte durch (Hersteller-)Schulungen und/oder projektinterne Workshops sowie im Rahmen der Aufgabenentwicklung, -erprobung und -optimierung.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mit dem Projekt das Prozessverständnis für eine digital gestützte Bauausführung am Beispiel der BIM-Arbeitsmethode sowie der Umgang mit dafür relevanten Geräten, Softwareprodukten und Informationsträgern beim Ausbildungspersonal grundständig aufgebaut werden konnte. Gleichzeitig konnten Lern-, Arbeits- und Gestaltungsaufgaben (LAGA) für die Bauhauptberufe entwickelt und eingeführt sowie Erkenntnisse über die unterschiedliche Relevanz von BIM-basierten Arbeitsmitteln für die verschiedenen Baugewerke gewonnen werden. Für einige ÜBS-Standorte der Verbundpartner dienten die LAGAs als Fallbeispiele beziehungsweise Hinweisgeber, um den Auf- bzw. Ausbau der IT-Infrastruktur (bspw. WLAN(-Access-Point), Datenbank(-schnittstelle) zur Nutzerverwaltung, technische Betreuung von Endgeräten, eigener Fileserver vs. Cloud-Anwendung) zu gestalten. Für die optimale Verwendung der intelligenten Vermessungstechnik (Robotik Totalstation) wurden Werkhallen detailliert (Arbeitsbereich, Lagerbereich, Transport- und Gehwege) aufgemessen und in digitale Pläne überführt. Das sind Mehrwerte, welche ohne das Projekt nicht erreicht worden wären.

Mit dem Projekt konnte das Prozessverständnis für eine digital gestützte Bauausführung am Beispiel der BIM-Arbeitsmethode beim Ausbildungspersonal grundständig aufgebaut werden.

Sven Böttcher

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Wenn Sie die Produkte und Ergebnisse aus Ihrem Projekt betrachten: Was davon wird aktuell in Ihrem Bildungszentrum genutzt und was soll zukünftig noch genutzt werden?

Sven Böttcher: Am Standort ÜAZ Dresden werden die Bauwerksinformationsmodelle und LAGAs für die Zimmerer/-innen, Ausbaufacharbeitenden und Trockenbaumonteure genutzt. Zukünftig, wenn die Neuordnung der Bauberufe abgeschlossen ist, werden LAGAs für die Tiefbaufacharbeitenden, Straßenbauende, Hochbaufacharbeitenden, Maurerinnen und Maurer, Beton- und Stahlbetonbauende sowie Fliesenlegende folgen und für die Ausbildungsverhältnisse am Standort angepasst. Die Einführung der Aufgaben erfolgt dabei in Niveaustufen, welche als Szenarien des Einsatzes der BIM-basierten Arbeitsmittel wie folgt definiert sind:

  1. Ausbildende nutzen diese als erkenntnisunterstützende Mittel (Was soll, laut Arbeitsauftrag, hergestellt werden? Welche Technologie soll bei der Herstellung unterstützend zum Einsatz kommen?)
    Das Modell wird an der interaktiven Tafel betrachtet und visuell (oberflächlich) ausgewertet.
  2. Auszubildende lernen diese kennen (Aufbau, Funktionsweise, exemplarischer Umgang)
    Interaktionsmöglichkeiten über den webbasierten BIM-Viewer mit dem Informationsträger (Modell) werden ausgelotet und Funktionen zur Informationsbereitstellung, -nutzung und -ablage erarbeitet.
  3. Auszubildende müssen diese im Rahmen eines Arbeitsauftrages einsetzen (Teilaufgabe)
    Der exemplarische Umgang mit den BIM-basierten Arbeitsmitteln ist geübt und gefestigt. Die Arbeitsaufträge werden digital über den Zugriff von Endgeräten auf webbasierten Datenplattformen bereitgestellt und abgewickelt.

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Sie haben 3 Jahre lang als Verbundkoordinator an dem Projekt mitgewirkt. Welche Erkenntnis oder welche Erfahrung ist Ihnen besonders haften geblieben?

Sven Böttcher: Die Zusammenarbeit in einem Verbundvorhaben ist herausfordernd, denn beim gemeinsamen Verfolgen der Ziele im Sinne des Gesamtvorhabens zahlen auch partikuläre Arbeitsweisen, Interessen und Kenntnisstände auf Fort- und Rückschritte im Projektverlauf ein. Wichtig ist deshalb, bei allen Beteiligten (Projektmitarbeitenden) und unmittelbar Betroffenen (Standort- und Bereichsleitungen) einen umfangreichen Kenntnisstand zum Projekt, seiner Vision und der geplanten und erreichten Ziele sowie der dafür notwendigen Schritte/Mitwirkungen herzustellen und die Entwicklungen im Projektverlauf transparent zu kommunizieren. Gleichzeitig werden über die projektspezifische Arbeit im Kontakt mit dem Ausbildungspersonal Potenziale und Entwicklungsmöglichkeiten in anderen Bereichen identifiziert/dokumentiert und für neue Projektideen akquiriert.

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Vielen Dank für das Interview!