BP:

Schlagworte A-Z. Bitte wählen Sie einen Anfangsbuchstaben:

 

Geschäftsmodelle entwickeln – ein Thema für Berufsbildungsstätten

05.12.2024 | Caroline Paskamp

Einblicke in die Informationsveranstaltung „Geschäftsmodellentwicklung im Bildungsbereich“: Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus Kompetenzzentren (Komzet) und überbetrieblichen Berufsbildungsstätten (ÜBS) ergründete das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) am 13. November 2024, welche Rolle Geschäftsmodelle im beruflichen Bildungsbereich spielen und wie diese nutzbar gemacht werden können.

Hinweis: Dieses Video ist über den Youtube-Kanal des BIBB eingebunden.
Wenn Sie dieses Video hier abspielen, erfolgt eine Datenübertragung an Youtube
bzw. Google. Weitere Hinweise hierzu entnehmen Sie bitte unserer
Datenschutzerklärung.

Geschäftsmodellentwicklung im Bildungsbereich

Länge 3:48 Min.

Geschäftsmodelle entwickeln – ein nicht ganz einfaches, aber notwendiges Thema mit Potenzial für Bildungsanbieter. Rund 40 Teilnehmende, größtenteils mit Vorerfahrung in der Materie, kamen zur Veranstaltung ins BIBB, um über das Thema Geschäftsmodellentwicklung zu diskutieren und ihre Expertise einfließen zu lassen.

Zielgruppe der Veranstaltung waren die Kompetenzzentren in Deutschland, als fachlich speziell weiterentwickelte und innovationsfördernde ÜBS sowie ÜBS mit Interesse und Know-how bzgl. der Thematik. Die Veranstaltung diente u. a. dem Transfer der Projektergebnisse der Komzet-Projekte und speziell dem Austausch über Herangehensweise, mögliche Herausforderungen sowie Chancen und Risiken bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen.

Uns ist das Thema wichtig. Im Bildungsbereich stehen Sie stets zwischen den betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten, die Unternehmensführung einerseits zu gestalten und andererseits die individuelle Lernentwicklung der Aus- und Weiterbildungsteilnehmenden bestmöglich zu unterstützen.

Ulrich Schuck, Referatsleiter 314 - Innovationen in der beruflichen Bildung Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

Ulrich Schuck vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wies in seiner Begrüßung auf die Relevanz des Themas Geschäftsmodellentwicklung für Bildungsanbieter hin. Zu diesem Zweck sei die Erarbeitung von Geschäftsmodellen in der Richtlinie zur Förderung von ÜBS und ihrer Weiterentwicklung zu Kompetenzzentren festgehalten worden.
Hieran anknüpfend ging Christiane Köhlmann-Eckel vom BIBB auf die Kernfragen ein, die bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen relevant sind und übertrug die notwendigen Handlungsfelder einleitend in die Veranstaltung auf den Bildungsbereich, explizit die Weiterentwicklung zu Kompetenzzentren.

Die Präsentationsfolien des BIBB können Sie hier herunterladen.

Keynote – Geschäftsmodellentwicklung in der beruflichen Bildung

In seinem Vortrag vermittelte Dirk Werner, Leiter des Clusters Berufliche Qualifizierung und Fachkräfte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW), die Anforderungen, die sich für das Bildungssystem und Akteure in der beruflichen Qualifizierung durch die Thematik ergeben.

Es braucht eine Art Start-up-Mentalität – sich immer wieder neu zu erfinden und die Trends aufgreifen zu können, zu wollen und für die eigene Arbeit zu fassen.

Dirk Werner, Leiter des Clusters Berufliche Qualifizierung und Fachkräfte, Institut der deutschen Wirtschaft Köln

Herr Werner vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln bei seinem Keynote Vortrag
Dirk Werner, Leiter des Clusters Berufliche Qualifizierung und Fachkräfte, Institut der deutschen Wirtschaft Köln

Diese Anforderung würden die Kompetenzzentren aufgreifen und durch ihre stetige technologiespezifische und digitale Expertise eine Strahlkraft über die eigene Region und über die Projektphase hinaus entfalten. Es handele sich um einen permanenten Veränderungsprozess, der natürlich auch einen gewissen Druck beinhalte, so Werner.

Auslöser von Veränderungen seien die simultan wirkenden Megatrends, welche den Strukturwandel beschleunigten, Geschäftsmodelle veränderten und den Kompetenzbedarf für das duale System laufend wandelten. Das Berufsbildungssystem reagiere mit modernisierten Lernorten für die Aus- und Weiterbildung. Dies benötige vor allem Zeit für die Umsetzung, Finanzierung und persönliches Engagement. Eine betriebliche Weiterbildungskultur im Sinne einer lernenden Organisation sei dauerhaft von Interesse, um Bildungspersonal fit zu machen bzw. zu halten.

Die vollständige Präsentation von Dirk Werner können Sie hier herunterladen.

Im weiteren Verlauf griff Herr Werner zentrale Fragen und Herausforderungen bei der Weiterentwicklung von ÜBS auf. Der Keynote-Vortrag beinhaltete vier zentrale Elemente für die Entwicklung von Geschäftsmodellen in der beruflichen Bildung:

Kernfragen

Was soll das Geschäftsmodell leisten und für wen? Wer ist die Kundin bzw. der Kunde? Welcher Nutzen wird kreiert? Wie lässt sich welche Zielgruppe begeistern?
1) Wert und Nutzen für die Kundschaft
Worin besteht das (neue) Angebot? Wie wird es erstellt? Wie wird der Vertrieb gestaltet? Welche Kompetenzen und Schlüsselpartner sind bereits vorhanden?
2) Wert erschaffen
Woher kommt der Umsatz und wer zahlt das neue Angebot? Wie wird der Preis gestaltet? Wie wird die Zahlungsbereitschaft gefördert? Sind die Angebote skalierbar, digitalisierbar, marktfähig?
3) Erwirtschaftung von Geld
Was treibt die Führungskräfte der Institution an? Möchte man wachsen und innovieren oder bewahren? Welche Werte vertritt die Institution? Welches Team mit welchen Kompetenzen wird benötigt?
4) Persönlicher Antrieb

1) Wert und Nutzen für die Kundschaft

Je nach Produkt und Dienstleistung sind die Bedürfnisse der Zielgruppen unterschiedlich. Wichtig sei es, die eigenen Kundengruppen gut zu kennen und zu differenzieren, darunter z. B. die Leitung der Häuser, Lehrende vor Ort, Auszubildende, Geldgeber, Medienlandschaft usw.

Innovative Angebote für neue Zielgruppen anzubieten, erfordere Zeit und eine schrittweise Entwicklung, da neue Märkte erschlossen werden müssten. Wichtig sei, die Bedarfe der Praxis zu berücksichtigen, wie auch die Zahlungsbereitschaft der Zielgruppen.

2) Wert erschaffen

Der Vertrieb des Angebotes sei ein weiteres wichtiges Kernelement. Er muss durch Personen gestaltet sein, die eine Kompetenz dahingehend mitbrächten. Eventuell würden auch neue Partnerschaften erforderlich, um Kompetenzen abzudecken (Bsp. Thema KI).

3) Erwirtschaftung von Geld

Die Zielgruppe des jeweiligen Angebotes solle auf Anhieb deutlich werden. Konkret auffindbare Informationen, wie die Bepreisung der angebotenen Produkte oder Dienstleistungen, seien hilfreich. Eine Marktentwicklung benötige Zeit und der Umstieg von einem geförderten in ein eigenfinanziertes Modell bzw. Bildungsangebot sei mit erheblichen Herausforderungen verbunden.
Zudem sei die Skalierbarkeit/ Weiterentwicklung ebenso relevant, um marktfähig zu bleiben.

4) Persönlicher Antrieb

Ein gelebtes Leitbild sei eine gute Wertegrundlage und hilfreich bei Grundsatzentscheidungen im Alltag. Die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells einer ÜBS sei ein Change-Prozess, der Innovations- und Veränderungsbereitschaft des Teams und der Führungskräfte erfordere. 

-----------------------------------------------------------------------------------------------

Sessions – Einblicke in die Praxis

In den hieran anschießenden praxisorientierten Sessions gaben zwei Komzet-Projekte Einblick in die Entwicklung ihres Geschäftsmodells. Dabei handelte es sich um ein im Aufbau befindliches Kompetenzzentrum, das ganz aktuell ein Geschäftsmodell entworfen hat, sowie um ein erfahrenes Kompetenzzentrum, welches ein entwickeltes Produkt seit Jahren erfolgreich am Markt hält.

„Business Modell Canvas“ – Ideen sammeln für Geschäftsmodelle

Sabrina Wurm vom BTZ Osnabrück beim Vortrag im Rahmen des Workshops
Sabrina Wurm, Berufsbildungs- und TechnologieZentrum (BTZ)

Das „Business Model Canvas“ ist ein Werkzeug, mit dem Gruppen strukturiert Ideen zu neun verschiedenen Elementen – Kundensegmente, Nutzenversprechen, Kanäle, Kundenbeziehungen, Einnahmequellen, Schlüsselaktivitäten, Schlüsselressourcen, Schlüsselpartner und Kostenstrukturen – eines Geschäftsmodells sammeln können. Es kann damit die Grundlage für die (Weiter-)Entwicklung von Geschäftsmodellen bilden.

In der Session berichteten Sabrina Wurm und Benedikt Falz vom Berufsbildungs- und TechnologieZentrum (BTZ) der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim von ihren Erfahrungen mit dem Business Model Canvas bei der Entwicklung ihres Geschäftsmodells. Das BTZ ist Kompetenzzentrum für Versorgungstechnik und baut aktuell das Kompetenzzentrum für Steuerungs-, Regelungs- und Messtechnik in Land- und Baumaschinen auf. Um seine Bildungsangebote zu verbreiten, hat sich ein Dutzend Personen aus dem BTZ – von der Geschäftsführung bis zur Sachbearbeitung – einen Vormittag lang zusammengesetzt und mit der „Geschäftsmodell-Leinwand“ gearbeitet. Aus dieser Erfahrung heraus empfahl Sabrina Wurm u. a. die Arbeitsgruppe „so bunt wie möglich“ zusammenzusetzen, um vielseitige und interessante Ideen zu sammeln. Branchenübergreifendes Denken sei zudem enorm unterstützend, um eine bestmögliche Grundlage für das Geschäftsmodell auszuarbeiten.

Im weiteren Verlauf der Session haben die Teilnehmenden in Gruppen das Tool ausprobiert und Ideen für ein fiktives Bildungsangebot gesammelt. Als Ergebnis konnte festgehalten werden, dass sich das Tool besonders eignet, um verschiedene Perspektiven einzufangen und in relativ kurzer Zeit viele Ideen zu generieren, die die Grundlage für die Erarbeitung des Geschäftsmodells bilden können. Die Teilnehmenden stellten außerdem fest, dass sich mit dem Tool gut Themen für die Zukunft identifizieren lassen.

Diskutiert wurde v. a. über die Elemente „Kundenbeziehungen“ und „Kundensegmente“. Die Definition der Zielgruppe sei oft – je nachdem, welche Perspektive eingenommen werde – unterschiedlich. Zudem seien manche Zielgruppen schwer erreichbar, z. B. die Mitarbeitenden in kleinen und mittleren Unternehmen. So zeigte sich, dass durch die Ideensammlung mit der Canvas-Methode oft weiterführende Fragen entstehen, an denen dann auf dem Weg zum Geschäftsmodell weitergearbeitet werden muss bzw. aus dem sich entsprechende Maßnahmen ableiten lassen. Das Tool schaffe somit einen „klaren Blick: Wo stehen wir und wo wollen wir hin?“, so Sabrina Wurms Resümee. Es sollte daher vor allem direkt zu Beginn der Geschäftsmodellentwicklung bzw. zur Überprüfung bestehender Geschäftsmodelle eingesetzt werden.

Die Präsentationsfolien der Session können angesichts rechtlicher Gründe nicht weitergegeben werden. Das „Business Modell Canvas“ ist im Internet frei verfügbar.

Webbasierte Lehrgänge – Kompetenzzentrum Bürokaufleute Online

Volker Thienenkamp von der Handwerkskammer (HWK) Dortmund bei seinem Resumee zum Workshop
Volker Thienenkamp, Handwerkskammer (HWK) Dortmund

Das Kompetenzzentrum der Handwerkskammer (HWK) Dortmund vertreibt ein Online-Lernportal für den online unterstützten Präsenzunterricht in der überbetrieblichen Ausbildung (ÜBA) zum/zur Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement im Handwerk. Dozierende erhalten über die webbasierte Lernumgebung eine didaktisch-methodische Ausstattung zur Durchführung handlungsorientierter Lernsequenzen. Circa die Hälfte aller Handwerkskammern in elf Bundesländern setzt das gleichnamige Komzet-Lernportal bereits erfolgreich ein.

Dabei bietet das Komzet Bürokaufleute Online u. a.:

  • Materialien/ Vorlagen für alle Lehrgänge
  • Lerninhalte zu den aktuellen HPI-Unterweisungsplänen
  • Aktualisierung und Anpassung aller Inhalte der Plattform 
  • Einarbeitung von Dozierenden/ Einführung von Ausbildenden
  • Unterrichtsvorschläge mit Verlaufsbeschreibungen
  • Workshops, Hospitationen, Hilfsangebote, Praxisforum, Support Mo-Fr
  • Ständigen Zugriff auf alle Inhalte von zu Hause/ im Betrieb

Volker Thienenkamp und Natascha Herwig von der HWK Dortmund erläuterten die notwendigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der eigenen Idee, darunter vor allem die Zustimmung des eigenen Hauses, Durchhaltevermögen und die Konzentration auf den Nutzen und die Vorteile des eigenen Angebotes für die definierten Zielgruppen. Die stetige Verbesserung des Produktes durch Anregungen und Befragungen der eigenen Kundschaft, die das Lernportal aktiv nutzen, genauso wie die technische und inhaltliche Aktualisierung des Fachportals würden eine erhebliche Rolle für den Erfolg des entwickelten Geschäftsmodells spielen.

Die Präsentationsfolien der HWK Dortmund können Sie hier herunterladen.

Weitere Einblicke

Eine Gruppe von fünf Personen, die an einer Tischinsel sitzt und disktuiert.
Die Teilnehmenden des Workshops "Business Modell Canvas" des BTZ Osnabrück diskutierten angeregt über Zukunftsthemen der ÜBA.
Vier Personen sitzen an einem Gruppentisch und tauschen sich aus.
Bei den Workshops stand vor allem der gemeinsame Erfahrungsaustausch im Vordergrund.
Ein Workshop-Teilnehmer protokolliert die Ergebnisse auf einer Canvas-Vorlage.
Die im Workshop erarbeiteten Ergebnisse wurden schriftlich festgehalten.
Eine Gruppe von Menschen, die zusammen in einem großen Stuhlkreis sitzt.
Am Ende der Veranstaltung kamen die Teilnehmenden für ein Fazit im Plenum zusammen.
Mehrere Personen sitzen in einem Veranstaltungsraum und folgen einer Präsentation.
Aufmerksam verfolgten die Teilnehmenden des Workshops die Präsentation der Handwerkskammer Dortmund.
Fünf Personen tauschen sich während eines Workshops an einem Gruppentisch miteinander aus.
In den Workshops sammelten die Teilnehmenden viele Ideen zur Umsetzung von Geschäftsmodellen in der Berufsbildung.
Anregende Diskussion in den Sessions von mehreren Teilnehmenden
Am Ende der einzelnen Workshops wurden die Ergebnisse besprochen und zusammengetragen.

Plenum im Gespräch

Zum Ende der Veranstaltung kamen alle Teilnehmenden noch einmal zusammen. Im Plenum wurden die Ergebnisse aus den Sessions zusammengefasst und die Etablierung sowie Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen für Bildungsprodukte von ÜBS erneut thematisiert. Dirk Werner (IW) warf dabei seinen „externen Blick“ auf die ÜBS und unterbreitete ihnen einige Empfehlungen:

Kräfte bündeln
Jedes Haus entwickle für sich Projekte mit dem eigenen Bildungspersonal, welches zur Verfügung stünde - der Austausch jedoch sei überschaubar. Der Aufbau und die Nutzung von Netzwerkstrukturen könne helfen, aktuellen Herausforderungen zu begegnen.
Zudem sei ein zentrales Lernmanagementsystem bzw. eine Lernplattform mit einem einheitlichen Standard hilfreich. Hier benötige es eine zentrale Instanz, die sich dessen übergreifend annehme.

Mutig denken
Das Interesse und die Neugierde, neue Projekte zu entwickeln oder auf weitere Berufe auszuweiten, sei ausbaufähig. Hierzu bedürfe es auch dem Mut, der Freiheit sowie der Ressourcen, um Aspekte verändern und Innovationspotenzial entwickeln zu können. Die Unterstützung durch die Hausleitungen für Projektideen sei hierfür erforderlich.
Vor dem Hintergrund, dass Geschäftsmodelle endlich seien, wurden zudem Überlegungen aufgeworfen, wie Geschäftsmodelle weiterwachsen und auf andere Bereiche/ Gewerke übertragen werden könnten.

Digitalisierung
Aufgrund veränderter Lernprozesse sei ein Online-Angebot sowie die Digitalisierung des Wissens der Lehrkräfte erforderlich. Dazu bedürfe es der Bereitschaft, Wissen sowie auch Trainerinnen und Trainer weiterzuvermitteln.

Leitfaden zur Geschäftsmodellentwicklung

Das BIBB plant zusätzlich zur Veranstaltungsdokumentation die Veröffentlichung einer umfangreichen Handreichung zum Thema „Geschäftsmodellentwicklung im Bildungsbereich“. Diese soll Berufsbildungsstätten eine Orientierung und Struktur bei der Entwicklung ihres Geschäftsmodells bieten. Weitere Informationen diesbezüglich folgen.