„Die Technik rast, die Didaktik humpelt hinterher“
KI-Vortrag im BIBB von Prof. Dirk Ifenthaler, Universität Mannheim
18.12.2024
Beim Vortrag zum Thema „Mit dem Wandel Schritt halten: Digitalisierung, Data Analytics und Künstliche Intelligenz“ von Prof. Dr. Dirk Ifenthaler (Universität Mannheim) im BIBB standen u.a. die Frage nach Datensicherheit und die Einsatzmöglichkeiten von KI gerade im Bildungsbereich im Vordergrund.
Ein aktuelles Thema mit hoher Relevanz, ein ausgewiesener Experte und ein voller Vortragssaal – das waren die Erfolgsgaranten für den Vortrag von Prof. Dr. Dirk Ifenthaler von der Universität Mannheim Mitte Dezember im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren erschienen, um den Vortrag zum Thema „Mit dem Wandel Schritt halten: Digitalisierung, Data Analytics und Künstliche Intelligenz“ zu verfolgen. Die Einladung an Prof. Ifenthaler hatte BIBB-Forschungsdirektor Prof. Dr. Hubert Ertl ausgesprochen.
Digitalisierung, Data Analytics und Künstliche Intelligenz fordern Bildungsorganisationen im Allgemeinen und die Berufsbildung im Besonderen heraus, mit diesen disruptiven Elementen kritisch reflektiert umzugehen. Vielfältige und umfassende Forschungsprogramme widmen sich den daraus resultierenden Veränderungsprozessen und untersuchen dabei, wie Lern- und Lehr-Prozesse sowie die Organisationsentwicklung nachhaltig unterstützt werden können
Prof. Dr. Dr. h.c. Dirk Ifenthaler, Jahrgang 1974, ist Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftspädagogik mit dem Schwerpunkt „Technologiebasiertes Instruktionsdesign“ an der Universität Mannheim sowie UNESCO Co-Chair on Data Science in Higher Education Learning and Teaching an der Curtin University in Perth (Australien). Sein Forschungsschwerpunkt verbindet Fragen der kognitiven Psychologie, Lernforschung, Bildungstechnologie und Data Science. Er ist zudem Editor-in-Chief von Technology, Knowledge and Learning sowie Editor-in-Chief von Educational Technology & Society.
Prof. Ifenthaler nahm die Teilnehmenden in seinem rund einstündigen Vortrag mit, einen Blick auf internationale Befunde mit dem Schwerpunkt Digitalisierung, Data Analytics und Künstliche Intelligenz im Bildungskontext zu werfen. Dabei standen folgende Fragestellungen im Mittelpunkt: Wie kann das grundlegende Problem der Kontextabhängigkeit, Fragmentierung und Verzerrung von verfügbaren Bildungsdaten gelöst werden? Wie werden Datensicherheit und ethische Wertevorstellungen rezipiert, und welche Gelingensbedingungen für Change Prozesse sind bereits bekannt? Im Vordergrund des Vortrags standen dabei Systeme im Sinne von sozio-technologischen Data-Mining-, Analyse- und Interventionspraktiken mit dem Ziel, individuelle und systemische Berufsbildungsprozesse zu unterstützen.
Prof. Dr. Dirk Ifenthaler
„KI ist ein schlafender Riese im (Berufs-)Bildungskontext!“
Anhand der vier Kategorien „Humanisierung“, „Digitalisierung“, „Datafizierung“ und „KI-fizierung“ erläuterte Prof. Ifenthaler, welche Kompetenzen Individuen und Organisationen benötigen, um für den Umgang mit Bildungsdaten gut gerüstet zu sein und wie bedeutend Einsatz und Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien sind, an denen man den Reifegrad der Organisation abschätzen kann. Denn: „Der Einsatz und die Integration digitaler Technologien in Organisationen sind nicht nur für die Kommunikation, die Verwaltung und das Management von entscheidender Bedeutung, sondern auch für die Unterstützung des Lernens und Lehrens sowie für den organisationalen Wandel.“
Data Analytics-Ansätze, so Ifenthaler weiter, könnten im Gegensatz zu Menschen vielfach größere Datenmengen in Echtzeit verarbeiten und erste Schlussfolgerungen ziehen. Dabei seien aber bei der Implementierung von Data Analytics in Organisationen die Interaktion und Fragmentierung von Daten sowie deren kontextuellen Eigenarten besondere Herausforderungen, die es gelte, mit entsprechender individueller und organisationaler „Bildungsdatenkompetenz“ zu bewältigen. Diese Kompetenz umfasse ein ethisch verantwortliches Sammeln, Managen, Analysieren, Verstehen, Interpretieren, Anwenden und Kommunizieren von Daten aus dem Kontext des Lernens und Lehrens.
Prof. Dr. Hubert Ertl
„Die ethische Dimension des Vortrags von Prof. Ifenthaler hat mich inspiriert, aber auch noch einmal sensibilisiert. Gerade für das Bundesinstitut für Berufsbildung stellt diese Dimension eine besondere Herausforderung dar.“
Prof. Ifenthaler hob die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten von KI gerade im Bildungsbereich hervor, wies aber auch kritisch darauf hin, dass KI-Technologien nicht „neutral“ seien, sondern dass „schon ihre bloße Existenz Überzeugungen und Wünsche sowie die kollektive Intentionalität verändern“ könnten.
Um mit dem Wandel Schritt zu halten, so Prof. Ifenthaler abschließend, seien in der Zukunft erforderlich:
- Fusion Skills – das sind Fähigkeiten, durch die das produktive Potenzial der Zusammenarbeit zwischen Menschen und intelligenten Maschinen nutzbar gemacht werden kann,
- Datenschutz und ethische Anforderungen – diese umfassen eine Ethik der Daten, eine Ethik der Algorithmen sowie eine Ethik der Pädagogik, sowie
- praktikable Rahmenmodelle und Richtlinien, Verfahren und Kontrollen für deren Einführung, um KI in der (Berufs-)Bildung angemessen und nachhaltig zu integrieren.