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Mehr Reputation für das duale System – Professor Esser sprach in Brüssel

„Wir müssen berufliche und universitäre Bildung auf Augenhöhe weiterentwickeln!“ Das betonte der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), Professor Friedrich Hubert Esser, unlängst auf einer internationalen Konferenz in Brüssel. Neben den Perspektiven behandelte er in seinem Vortrag die Merkmale und die Leistungsfähigkeit des dualen Systems.

Vor einem internationalen Publikum aus politischen Entscheidungsträgern, Fachleuten und Interessierten sagte Professor Esser, dass Länder mit dualen Ausbildungssystemen wie Deutschland, Österreich und die Schweiz im europäischen Vergleich überzeugten – mit wirtschaftsstarken Handwerks- bzw. mittelständischen Betrieben, deutlich niedrigen Jugend-Arbeitslosenquoten, großer Exportstärke und einer hohen Wertschöpfung pro Kopf.
Dies führte der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) unter anderem zurück auf Alleinstellungsmerkmale der deutschen dualen Berufsausbildung: Außer der engen Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft und der Akzeptanz nationaler Standards nannte er das Lernen im Arbeitsprozess und das qualifizierte Ausbildungspersonal, darunter den Meister. Ferner gebe es eine institutionalisierte Forschung und Beratung. „Und dazu zählt das BIBB“.

Als international vorbildlich bezeichnete Esser es, dass Wirtschaft und Staat gemeinsam die Berufsbildung in Deutschland garantierten. So bilden 450.000 Betriebe aus und decken mehr als 70 Prozent der Kosten der Berufsbildung. Ausbildung sei zudem für Unternehmen eine „rentable Investition“. Dies werde in vielfacher Hinsicht deutlich.
Erstens sei unverkennbar: „Wer ausbildet, sichert die Zukunftsfähigkeit seines Betriebes“. Ausbildung diene nicht zuletzt der weiteren Qualifikation von Betrieben, denn so blieben diese immer auf dem neuesten Stand. Der deutsche Mittelstand mit über 70 Prozent der Auszubildenden sei hier der treibende Motor der Berufsbildung.
Zweitens unterstrich Professor Esser, dass die Ausbildung junger Menschen für die Betriebe einen langfristigen Gewinn bedeute. Auszubildende seien passgenau auf die Anforderungen eines Unternehmens hin qualifiziert und leisteten bereits während der Ausbildungszeit produktive Arbeit. Externe Fachkräfte hingegen seien auch deshalb teurer, weil sie erst eingearbeitet und qualifiziert werden müssten.
Wie rentabel die Investition in Ausbildung sei, zeige sich drittens bei der Personalgewinnung. „Auszubildende sind die Fachkräfte von morgen“, so Präsident Esser. „Wer ausbildet, lernt sein künftiges Personal kennen und kann es seinen Kompetenzen entsprechend einsetzen“. Da wundere es nicht, dass die Betriebe heute 66 Prozent der erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen einer Ausbildung übernehmen. Damit zusammen hänge ein vierter Aspekt: „Wenn sich Mitarbeiter mit einem Betrieb stark identifizieren, bleiben sie eher.“ Auch das spare Kosten.

"Wir müssen berufliche und hochschulische Bildung auf Augenhöhe weiterentwickeln!"

Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser

Die zentrale Herausforderung für Industrie und Handwerk ist in Essers Augen die Fachkräftesicherung. Obwohl immer mehr junge Menschen studierten, sei jedoch nicht von einem „Akademisierungswahn“ zu sprechen. „Wir brauchen gute Leute in allen Feldern. Also ist klar: Wir müssen berufliche und hochschulische Bildung auf Augenhöhe weiterentwickeln!“ Das sei auch deswegen entscheidend, weil die Digitalisierung der Arbeitswelt neue Berufsqualifikationen erfordere.

Der Vortrag stand im Zentrum der Konferenz „Jugendarbeitslosigkeit in der EU – Berufliche Bildung als Chance für Wirtschaft und Gesellschaft?“ in der rheinland-pfälzischen Landesvertretung in Brüssel. Dazu eingeladen hatten die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke und Ralf Hellrich, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer der Pfalz.