Rekrutierung und Einarbeitung im internationalen Vergleich
Ergebnisse von INDUCT II nun zugänglich
Wie gestaltet sich in Deutschland, England, Spanien und Südkorea im Kfz-Service-, Gesundheits- und Krankenpflegebereich der betriebliche Rekrutierungs- und Einarbeitungsprozess? Dieser Frage ging das international vergleichende Forschungsprojekt „Muster betrieblicher Rekrutierungs- und Einarbeitungsprozesse in ausgewählten Ländern Europas“ (INDUCT II) nach. Das Forschungsdatenzentrum hat die erhobenen Daten nun aufbereitet und stellt diese für Forschungszwecke (z.B. im Rahmen eines Gastwissenschaftler-Aufenthaltes) bereit.
Ein Ausgangspunkt war die Vermutung, dass die Organisation des Bildungssystems eines Landes einen maßgeblichen Einfluss auf den Zusammenhang zwischen Rekrutierungspraxis, Einarbeitung und Arbeitsorganisation hat. Das bedeutet, dass Rekrutierung und Einarbeitung dadurch beeinflusst werden, ob Berufseinsteiger/-innen eher über eine berufliche oder eine allgemeinbildende Ausbildung verfügen und ob die (berufliche) Ausbildung eher schulisch oder eher dual organisiert ist. Diese Vermutung bestätigte sich in der Studie. Belegt wird dies beispielsweise in der Einschätzung der Qualifikationen und Kompetenzen von Absolventen und Absolventinnen des Bildungssystems durch die befragten Betriebe: 70 % der Betriebe des spanischen Kfz-Services (eher schulisch organisierte berufliche Bildung mit kurzen Praktika) gaben an, dass Berufsanfänger/-innen nicht über das praktische Können verfügen, das von einem/einer Berufsanfänger/-in erwartet wird. Auch bei den koreanischen Betrieben (ebenfalls eher schulisch orientierte Berufsbildung) ist diese Einschätzung verbreitet. In Großbritannien zeigt sich hingegen ein anderes Bild. Hier gaben lediglich rund 7 % der befragten Unternehmen an, unzufrieden zu sein, während rund 10 % angaben, weder zufrieden noch unzufrieden zu sein. Ein Erklärungsansatz für dieses Ergebnis in Großbritannien kann sein, dass von den Unternehmen duale Ausbildungsformen angeboten werden, die jedoch im Gegensatz zu Deutschland stärker gemäß den Bedürfnissen des jeweiligen Betriebs gestaltet werden.
Dieses Ergebnis korrespondiert auch mit den Bewertungen der Betriebe zum berufspraktischen Können der Absolventen und Absolventinnen. Aussagekräftig ist zudem der Befund, dass in den Ländern, in denen die Ausbildung schulisch organisiert ist und Absolventen und Absolventinnen ein hohes formales Bildungsniveau erreichen, die Zufriedenheit mit dem beruflich-theoretischen Wissen sowie auch mit den generellen Fähigkeiten hoch ist. Allgemein kann die Zufriedenheit mit Absolventen und Absolventinnen durch die Betriebe als ein indirekter Indikator gewertet werden, inwieweit die berufliche Bildung von den Betrieben bzw. den Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen als eine berufsqualifizierende Voraussetzung für den Einstieg in eine Beschäftigung angesehen wird. Des Weiteren haben die Daten ergeben, dass die Betriebe ihre Einarbeitung inhaltlich und möglicherweise auch in Bezug auf die Dauer an die Kompetenzen und Qualifikationen der Absolventen und Absolventinnen anpassen.
Die Angaben zu betrieblichen Einarbeitungszeiten in beiden Berufsfeldern fallen jedoch sehr unterschiedlich aus. Im Kfz-Bereich dauert die Einarbeitung im Schnitt länger als im Pflegebereich. Dieser Befund relativiert die Vermutung, dass höherqualifizierte Berufe notwendigerweise mit einem höheren Einarbeitungsaufwand einhergehen.
Sehr deutlich wurde die Bedeutung der betrieblichen Einarbeitung im Kfz-Bereich. Bei einer Differenzierung der erforderlichen Einarbeitungszeiten nach verschiedenen Kompetenzfacetten stellt sich insbesondere die Relevanz des berufspraktischen Könnens heraus. Hier waren interessanterweise die Unterschiede zwischen den Ländern auch nicht auffällig hoch. Das lässt auf die Wichtigkeit der beruflichen Tätigkeitsanforderungen schließen. Diese scheinen nahezu unabhängig von den jeweiligen Ländern oder betrieblichen Organisationsmerkmalen zu sein. Die Unterschiede bei den identifizierten Formen und Mustern (z.B. formalisiert oder informell) der Einarbeitung sind allerdings in stärkerem Maße von den jeweiligen Ländern abhängig als von den Berufen.
Das Projekt wurde anhand eines standardisierten Befragungsinstruments durchgeführt, das in einem Vorgängerprojekt des BIBB aus dem jährlichen Forschungsprogramm 2009 in Zusammenarbeit mit Auftragnehmern aus Finnland, Großbritannien und Spanien für zwei Berufsfelder (Kfz-Service und Kaufmännische Berufe in Äquivalenz zu den Industriekaufleuten) entwickelt und erprobt wurde. Es wurde überdies an Ergebnisse aus einem vergleichenden BIBB-Forschungsprojekt zu den Rekrutierungsprozessen von Betrieben in Deutschland, Großbritannien und der Schweiz angeschlossen. Die Befragung in diesem Projekt fand im Gegensatz zur Vorstudie im Pflegebereich (n= 1116) und im Kfz-Service (n = 1102) statt. Hinzu kam eine Erhebung in Südkorea (Pflegebereich n=302, Kfz-Service n=301). Dieser internationale Datensatz aus der zweiten Erhebung kann nun auch von externen Forscherinnen und Forschern im Rahmen eines Gastaufenthaltes am BIBB genutzt werden.