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„Berufswahlkompetenz ist ein Bildungsziel“

Schulen spielen Schlüsselrolle

Bei einer optimalen Berufswahl spielen Schulen eine Schlüsselrolle. Daher muss Berufswahlkompetenz ein Bildungsziel aller Schultypen sein. Das betonte BIBB-Präsident Esser beim Schulleiterkongress in Düsseldorf.

© Deutscher Schulleiterkongress | Wolters Kluwer Deutschland GmbH

Die Entscheidung für eine bestimmte Ausbildung oder Studienrichtung ist elementar im Leben. Je besser der damit verbundene Beruf der eigenen Persönlichkeit entspricht, desto wahrscheinlicher ist es, dass jemand die Tätigkeit später erfolgreich ausübt. Aber welcher Beruf ist der richtige? Die Antwort auf diese Frage müssen Jugendliche zwar letztlich selbst finden. Doch sie dabei zu unterstützen, ist eine „bedeutsame Aufgabe aller Schultypen“. Das hob der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser, beim 6. Schulleiterkongress in Düsseldorf hervor.

Eine möglichst begründete Berufswahlentscheidung erfordert mithin „Berufswahlkompetenz als Bildungsziel“, so Esser weiter. Was darunter zu verstehen ist, erläuterte er in seinem Vortrag und im anschließenden Round-Table-Gespräch anhand des „Thüringer Berufsorientierungsmodells“. Das unterscheidet bei Berufswahlkompetenz zwischen kognitiven Fähigkeiten (Wissen), motivationalen Orientierungen (Motivation) und Handlungsfähigkeiten. Diese Kompetenzen erwerben Jugendliche in verschiedenen, teils aufeinanderfolgenden, teils parallel verlaufenden Phasen. „Zentrale Aufgabe der Schule in diesem Prozess ist es, Lernarrangements zu schaffen, in denen die Fähigkeiten erlernbar sind“, erklärte Esser.

© fotolia | C. Ehrenberg

Der didaktische Ort für solche Lernarrangements sind Angebote der Berufs- und Studienorientierung. Diese stehen allen Schulen offen, werden jedoch in unterschiedlicher Ausprägung genutzt. „Manche Schulen setzen nur die von den Arbeitsagenturen angebotenen Regelinstrumente der Berufsberatung oder des Berufsinformationszentrums ein. Andernorts existieren bereits differenzierte, ganzheitliche schulische Berufsorientierungskonzepte“. Ein Beispiel dafür, wie berufliche Tätigkeiten in einem geschützten, pädagogischen Raum handlungsorientiert erprobt werden können, lieferte Esser mit Einblicken in das „Berufsorientierungsprogramm“ (BOP), das vom BIBB fachlich und administrativ umgesetzt wird.

Vor allem handlungsorientierte Berufsorientierung ist allerdings noch nicht an allen Schulformen die Regel. Gymnasien insbesondere sehen bei der Berufs- und Studienorientierung ihren Schwerpunkt nach wie vor in der Studienberatung. Esser führte aus, dass es indes Gründe gebe, warum Berufsorientierung auch an Gymnasien zu einem festen Bestandteil werden sollte: „Nicht alle, die in der fünften Klasse ein Gymnasium besuchen, schließen die Schullaufbahn auch tatsächlich mit dem Abitur ab. Immerhin gehen rund 15 Prozent der Startkohorte eines Gymnasiums auf dem Weg bis zur Jahrgangsstufe 10 verloren“.

Etwa zwei Drittel dieser 15 Prozent verlassen das Gymnasium nach der 8. und vor der 10. Jahrgangsstufe. „Zu diesem Zeitpunkt haben wichtige Phasen der Berufsorientierung an anderen Schulformen oft bereits stattgefunden“, sagte der BIBB-Präsident. Frühzeitige Berufsorientierung setze häufig in der 7. Klasse an, zum Teil auch schon früher. Schülerinnen und Schüler, die später die Schule wechselten, profitierten dann nur noch wenig von den Berufsorientierungsmaßnahmen ihrer neuen Schule.

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Wer am Gymnasium oder an anderen Schulformen eine Hochschulzugangsberechtigung erworben hat, beginnt nach dem Abschluss freilich nicht unbedingt ein Studium. Etwa ein Viertel der Auszubildenden besitzen laut aktuellem Berufsbildungsbericht 2016 einen studienberechtigenden Schulabschluss, haben sich jedoch trotzdem für eine duale Ausbildung entschieden. „Diese Zahlen zeigen, dass weder die Schulform noch der erworbene Schulabschluss automatisch den späteren Bildungsweg vorbestimmen“, so Esser. Wer auf dem Gymnasium beginne, müsse nicht mit Abitur abschließen. Und wer Abitur habe, werde nicht zwangsläufig studieren. Berufs- und Studienorientierung sollten daher gleichberechtigt nebeneinander stehen.

Schulen sind nach Ansicht Essers die „Schnittstelle für alle, die am Berufs- und Studienorientierungsprozess beteiligt sind“. In schulischer Verantwortung läge es daher, die unterschiedlichen Angebote miteinander zu verzahnen, Lernarrangements für praxisnahe Erfahrungen zu schaffen und – sehr wichtig — diese Erfahrungen mit begleitender Reflexion pädagogisch nachzuarbeiten. Dabei seien Schulen angemessen zu unterstützen — und zwar „insbesondere durch zeitliche Ressourcen, aber auch durch eine stärkere Implementierung des Themas in die Lehreraus- und -fortbildung“, sagte der BIBB-Präsident abschließend.