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Azubis besuchen NS-Dokumentationszentrum in Köln

05.04.2018

Kevin Dos Santos, Auszubildender zum Kaufmann für Büromanagement im 3. Ausbildungsjahr, berichtet vom Oster-Workshop der BIBB Azubis, der traditionell am ersten Tag der Osterferien stattfindet. In diesem Jahr besuchten alle drei Ausbildungsjahre sowie die Ausbildungsleitung gemeinsam das NS-Dokumentationszentrum in Köln und beschäftigten sich mit dem Thema „Rassismus und Diskriminierung“.

Am Montag den 26. März fand der jährliche Workshop der Osterferien statt. Das Thema lautete „Diskriminierung und Rassismus.“ Sowohl alle Auszubildenden als auch die gesamte Ausbildungsleitung nahm an diesem Workshop teil. Der Workshop fand im NS-Dokumentationszentrum (NS-Dok) in Köln statt, das auch gleichzeitig eine Info- und Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus ist.

Um 8:30 Uhr machten wir uns auf den Weg vom Bundesinstitut für Berufsbildung zur Olof-Palme-Allee, um von dort die Straßenbahnlinie 16 zum Kölner Appellhofplatz zu nehmen. Obwohl die Museen montags normalerweise geschlossen haben, machte das NS-Dok für uns eine großzügige Ausnahme, sodass wir dort als einzige Gruppe zu Besuch waren. Zur Begrüßung bildeten wir einen Stuhlkreis und stellten uns alle nacheinander vor. Anschließend wurden wir in zwei Gruppen eingeteilt und machten eine Führung durch das Dokumentationszentrum.

Führung durch das "El-De Haus"

Das „El-De (L-D) Haus“ wurde in den 1930er Jahren erbaut und sollte seinem Erbauer, Leopold Dahmen, zur Erweiterung seines Unternehmens dienen. Zudem sollten in den oberen Etagen Wohnungen vermietet werden. Zur damaligen Zeit war der Nationalsozialismus bereits an der Macht und die Geheime Staatspolizei (Gestapo) wurde ins Leben gerufen um mit ihren weitreichenden Machtbefugnissen, politische Gegner zu bekämpfen. Berüchtigt war die Gestapo für ihre brutalen Folter- und Ermittlungsmethoden, um beim Verhör Aussagen zu erzwingen. Die Gestapo hatte sich von der Polizei als eigenständige Institution gelöst und suchte ein repräsentatives Gebäude in der Innenstadt Kölns. Sie ließ Leopold Dahmen die Expansionspläne auf Eis legen und die bereits unterschriebenen Mietverträge mussten gekündigt werden.

Zu Beginn der Führung gingen wir in den Keller des Hauses. Dort befanden sich zehn kleine Zellen, in denen jeweils bis zu 32 Personen eingesperrt waren. Da man dort nur morgens und abends waschen, sowie seine Notdurft verrichten konnte und die Häftlinge wochenlang die Kleidung trugen, die sie zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung anhatten, roch es damals dementsprechend. Als einzige Mahlzeit erhielten die Häftlinge eine wässrige Suppe und ein Stück Brot. An den Wänden befanden sich viele Texte die mit Bleistiften, spitzen Gegenständen oder Fingernägeln von Inhaftierten auf Deutsch, Russisch, Französisch und Niederländisch eingeritzt wurden. Einige zählten damit die Tage des Gefängnisaufenthaltes, andere verfassten Abschiedssätze in der Hoffnung, dass jemand es an die Familie der Gefangenen ausrichten würde. Andere machten den nachkommenden Häftlingen Mut und ritzten Parolen wie „Lang lebe Frankreich“, „es lebe die Freiheit“ oder „Lang lebe Russland“ an die Wände. Nach tage-, wochen- und manchmal auch monatelangen Verhören unter Folter, sollten die Häftlinge ihr Ihnen vorgeworfenes Vergehen gestehen. Daraufhin schickte man sie in Arbeits- oder Konzentrationslager. Ca. 400 Menschen wurden jedoch ohne Anklage im Hinterhof der Gestapodienstelle hingerichtet. Nur selten verließ ein Häftling das Gefängnis in Freiheit.

Nachdem wir uns die Zellen im Keller angesehen hatten, besuchten wir die oberen Etagen in denen viele Bilder zum Alltag der Kölner in Zeiten des Nationalsozialismus dargestellt wurden und erfuhren mehr über die Methoden, Kinder und Jugendliche auf den Nationalsozialismus zu indoktrinieren. Ebenfalls wurde uns eine Luftaufnahmekarte Kölns nach der Zerstörung durch Bombenangriffe gezeigt, auf der wir einen Überblick über die Verteilung der Synagogen und Gebetsräume der jüdischen Bevölkerung hatten. Die Anzahl der jüdisch stämmigen Menschen belief sich auf 16.000, also kaum 3 % der damaligen Bewohneranzahl Kölns. Eine weitere verfolgte Minderheit waren bspw. die Sinti und Roma.

Workshop zum Thema "Diskriminierung und Rassismus"

Nach der Führung und einer Mittagspause setzten wir den Workshop zum Thema „Diskriminierung und Rassismus“ fort. Wir teilten uns in vier Gruppen auf und erhielten Bilder aus Werbekampagnen großer Sportartikelhersteller und Zeitungscovern mit fragwürdigen Aussagen zu Menschen mit Migrationshintergrund. Wir sollten die Aussagen analysieren und bewerten, inwiefern diese Aussagen unbewusst Vorurteile und Klischees in den Köpfen der Bevölkerung festsetzen. Gemeinsam mit den Mitarbeitern der Info- und Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus erarbeiteten wir die Situation der Menschen mit Migrationshintergrund und mit welchen Problemen sie im Alltag konfrontiert werden. Wir kamen zum Entschluss, dass Menschen mit Migrationshintergrund in vielerlei Hinsichten nicht die Chancengleichheit genießen wie Menschen ohne Migrationshintergrund oder wie der politisch korrekte Ausdruck dafür lautet „Weiße Privilegierte“. Aktuelle Studien belegen, dass die Arbeits- sowie Wohnungssuche für Menschen mit Migrationshintergrund viel schwerer ist. Aussagen wie „Sie sprechen aber gut deutsch“ oder „Wann gehen sie denn wieder zurück?“, obwohl man in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, vermitteln den betroffenen Personen den Eindruck, sie seien kein Teil der Gesellschaft. Der Begriff „White Privileged“ oder „Weiße Privilegierte“ spricht hauptsächlich Europäer und Amerikaner an, die mit solchen alltäglichen Problemen nicht konfrontiert werden.

Zuletzt bekamen wir in 2er-Gruppen je ein Blatt mit einer Aussage ausgeteilt. In der Mitte des Stuhlkreises wurden drei Blätter in den Farben Grün, Gelb und Rot ausgelegt. Die Farben standen für ein Ampelsystem und bedeuteten „die Aussage ist in Ordnung“ (grün), „die Aussage ist grenzwertig“ (gelb) und „die Aussage geht gar nicht“ (rot). Wir sollten uns die Zitate anschauen und entscheiden bei welcher Kategorie wir unsere Aussage platzieren würden. Die Zitate betrafen alle das Arbeitsleben und Situationen im Ausbildungsverhältnis und behandelten darüber hinaus auch beispielsweise Witze über Menschen mit Behinderung, rassistische Aussagen, die auf den ersten Blick keine böswillige diskriminierende Absicht vermuten ließen oder moralische Zwickmühlen. Als alle Aussagen platziert waren, wurde mitunter kontrovers diskutiert, ob die jeweils getroffenen Platzierungen passend seien. Zum Ende hin wurde der Tag im Rahmen eines Feedbacks mit allen Beteiligten besprochen und beendet.

Mir hat es sehr gefallen, dass der Workshop zur Abwechslung außerhalb des BIBB stattgefunden hat. Das „El-De Haus“ war dafür die passende Kulisse zu diesem aktuellen Thema. Die Aufklärung junger Menschen über dieses Thema ist unerlässlich, da wir dafür verantwortlich sind, dass sich die dunklen Abschnitte der Geschichte niemals wiederholen dürfen.