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Drei Fragen an... Helmut Steinkamp, Bildungsstättenleiter, und Arne Oltmanns, Projektleiter „AudiTraMi“

Das Projekt „AudiTraMi“ reagiert auf die digitalisierungsbedingten Veränderungen in der Milchwirtschaft mit einer Neugestaltung der überbetrieblichen Ausbildung. Neben der Integration digitaler Technologien strebt das Projektteam dabei an, moderne Formen der Wissensvermittlung zu etablieren.

Helmut Steinkamp (links) und Arne Oltmanns (rechts) sprechen im Interview über die digitale Transformation in der Milchwirtschaft und wie sie dieser mit dem Projekt „AudiTraMi“ begegnen.

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Digitale Steuerungstechnik und Sensorik werden zunehmend auch in der Milchwirtschaft eingesetzt. Was bedeutet das für die überbetriebliche Ausbildung (ÜBA) und wie greifen Sie diese Entwicklungen im Projekt auf?

Helmut Steinkamp: Die Milchwirtschaft bietet gute Voraussetzungen, um Produktionsverfahren und Prozesse zumindest in Teilbereichen zu automatisieren und zu digitalisieren. In vielen Betrieben ist das auch bereits erfolgt. Ausbildungsbetriebe haben daher ein großes Interesse an überbetrieblichen Ausbildungsangeboten, die der wachsenden Digitalisierung in der betrieblichen Praxis Rechnung tragen. Um also die ÜBA in den milchwirtschaftlichen Berufen bedarfsgerecht zu gestalten und für die Zukunft fit zu machen, arbeiten wir mit „AudiTraMi“ daran, automatisierte Produktionsverfahren in die ÜBA einzubinden.

Wir haben zum Beispiel geplant, neben der händischen Herstellung von Käse eine vollautomatische Produktionslinie aufzubauen, die dann Teil der ÜBA wird. Bei den Analyseverfahren zur Bewertung der hergestellten Milchprodukte werden wir neben den klassischen Messmethoden automatisierte Messinstrumente einsetzen. Schließlich soll der gesamte Weg von der Probenentnahme im Betrieb bis zur Analyse im Labor digital erfasst werden. Auch neuartige gentechnische Verfahren zur Bestimmung der mikrobiologischen Qualität der Milch werden wir in die ÜBA einbinden. Wichtig ist uns bei der Neugestaltung der ÜBA, dass wir die klassischen, manuellen Verfahren gleichwertig neben den digitalen Verfahren unterrichten. Die Auszubildenden sollen so die Möglichkeit erhalten, die Vorgänge hinter der Automatisierung zu verstehen.

Wichtig ist uns bei der Neugestaltung der ÜBA, dass wir die klassischen, manuellen Verfahren gleichwertig neben den digitalen Verfahren unterrichten.

Helmut Steinkamp

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Eine besondere Rolle im Projekt spielen Lernvideos. Wie kommen diese in der ÜBA zum Einsatz und welche Lerneffekte versprechen Sie sich davon?

Helmut Steinkamp: Aus Gesprächen mit Ausbildenden und Ausbildungsbetrieben wissen wir, dass mit den jungen Menschen, die heute in die Ausbildung starten, eine neue Generation in die Betriebe gekommen ist. An vielen Stellen spüren sie, dass das Lernverhalten in dieser Generation anders ist und sie anders angesprochen werden muss.

Arne Oltmanns: Für die neue Generation an Auszubildenden ist Digitalisierung kein Wort, für sie ist das Leben. Deswegen sollten Lerninhalte so aufbereitet sein, dass sie zur ihrer Lebenswelt passen. Die Auszubildenden stellen zum Beispiel fest, dass die Lernvideos auf ihrer Lieblingsplattform, beispielsweise auf YouTube oder auf TikTok, erscheinen. So holen wir sie in ihrer Welt ab. Der zeit- und ortsunabhängige sowie niedrigschwellige Zugang soll dazu beitragen, die intrinsische Motivation zu steigern und die Verfestigung des Gelernten zu erhöhen.

Darüber hinaus dienen die Lernvideos der Vorbereitung auf die ÜBA und der Ergebnissicherung. Die Ausbildenden lernen, diese Videos zum selbstgesteuerten Lernen einzusetzen und binden sie aktiv zur Vorbereitung eines ÜBA-Tages ein.

Sie stellen den Auszubildenden zum Beispiel vorab die Videos zur Verfügung und versehen sie mit einer Aufgabe. Die Auszubildenden lernen dann zum Beispiel in einem Video, wie sie ihren Arbeitsplatz richtig vorbereiten. Ein weiteres Video beschäftigt sich mit einem Analyseverfahren zur Bestimmung von Chloriden, ein anderes mit dem Betriebsraum in der Lehrmolkerei, der komplex ist und die Auszubildenden mit vielen Informationen konfrontiert. Mit Lernvideos können wir sie darauf vorbereiten. So haben die Auszubildenden etwas mehr Vorwissen und können die Zeit, in der sie in der ÜBA im Lehrlabor und in der Lehrmolkerei sind, besser nutzen. Im Nachgang können die Videos helfen, das Gelernte zu verfestigen und Lernwege nachzuvollziehen.

Helmut Steinkamp: Auch die Berufsschule hat bereits Interesse an den Lernvideos, zum Beispiel zum Thema Butterproduktion. Mit dem Lehrvideo, das die Herstellung von Butter in einzelnen Stufen beschreibt, können sie die Auszubildenden ebenfalls auf die ÜBA vorbereiten. So können wir schulische und überbetriebliche Ausbildung über die Lernortkooperation miteinander verzahnen.

Ziel des Qualifizierungskonzepts ist, den Ausbildenden aufzuzeigen, wie sie im Laufe der Zeit bestehen und sich auch im Jahr 2030 an neue Themen anpassen können.

Arne Oltmanns

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Das Projektteam entwickelt auch ein Qualifizierungskonzept für Ausbildungspersonal. Können Sie das Konzept beschreiben? Wie ist es aufgebaut?

Arne Oltmanns: Das Qualifizierungskonzept ist in zwei Module aufgeteilt: Das erste Modul beschäftigt sich mit der Stärkung der Anpassungsbereitschaft und stellt die Frage: „Wie muss eine Ausbildungstätigkeit im Jahr 2022 aussehen?“ Dabei geht es auch um Grundlagen: Warum ist es wichtig, dass ich mich als Ausbildende/-r als Coach sehe? Wie hole ich mir Feedback ein? Wie gebe ich Feedback? Ziel ist es, den Ausbildenden aufzuzeigen, wie sie im Laufe der Zeit bestehen und sich auch im Jahr 2030 an neue Themen anpassen können.

Das zweite Modul bezieht sich auf die Digitalisierung und daraus resultierende Möglichkeiten, Prozesse und Methoden zu modernisieren. Die Ausbildenden lernen, wie die Lehr-Lernvideos didaktisch eingebettet werden können. Außerdem widmen wir uns neben digitalen Tools, wie Quizzen, auch der Erstellung von Wiki-Artikeln. Es werden bald viele Ausbildende in Rente gehen. Da besteht die Gefahr, sehr viel Wissen zu verlieren. Deshalb lernen die Ausbildenden, wie sie Wiki-Artikel schreiben, didaktisch aufbereiten und so einsetzen, dass sie im Zuge der Ausbildung genutzt werden können. In dem Qualifizierungsmodul erfahren die Ausbildenden zudem praktische Möglichkeiten zum Einsatz der Lehr-Lernvideos. Man kann also sagen, dass die Ausbildenden durch die Module erfahren, wie die Lehr-Lernvideos didaktisch einzubetten sind.

Die Qualifizierungsmodule wurden intern bereits einmal erfolgreich durchgeführt und evaluiert. Bald startet die zweite Runde. Perspektivisch sollen die Module auch Externen zugänglich sein.  

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Herzlichen Dank für das Gespräch!