BP:

Schlagworte A-Z. Bitte wählen Sie einen Anfangsbuchstaben:

 

Drei Fragen an... Ralf Marohn, Projektleiter „ProMech-I“

Mit dem Projekt „ProMech-I“ strebt das Schweriner Aus- und Weiterbildungszentrum (saz) an, sein überbetriebliches Ausbildungsangebot für Mechatroniker/-innen zu modernisieren. Wie das erfolgen soll und welche Rolle die Betriebe für den Projekterfolg spielen, verrät uns Ralf Marohn im Interview.

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Herr Marohn, im Sonderprogramm sind Sie ein Exot: Mit „ProMech-I“ leiten Sie aktuell das einzige Entwicklungs- und Erprobungsprojekt aus dem Industriebereich. Wie erklären Sie das?

Ralf Marohn: Zum einen wird die überbetriebliche Berufsausbildung unter diesem Begriff nicht immer wahrgenommen. In der Industrie spricht man eher von der Verbundausbildung. Und das Thema Verbundausbildung wird in den verschiedenen Bundesländern wiederum sehr unterschiedlich gehandhabt. In manchen Bundesländern ist das Ministerium dafür zuständig, in anderen die Industrie- und Handelskammern. Die strukturelle Vielfalt gestaltet es schwierig, einen bundesweiten Begriff zu etablieren, den alle gleich verstehen und unter dem sich alle gleichermaßen angesprochen fühlen.

Zum anderen liegt es an einer Fehlwahrnehmung: Oft geht man davon aus, dass die Ausbildung in der Industrie von alleine läuft. Blickt man aber in die Betriebe hinein, brauchen vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen Unterstützung. Wir haben partnerschaftliche Beziehungen zu knapp 250 Betrieben, die einen hohen Automatisierungs- und Digitalisierungsgrad aufweisen. Von diesen 250 Betrieben haben nur noch circa 15 eine Ausbildungswerkstatt. Das heißt, dass nicht mehr alle Ausbildungsinhalte im Betrieb ausgebildet werden können. Daher wird die überbetriebliche Ausbildung an Bedeutung zunehmen.

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Sie entwickeln überbetriebliche Ausbildungsangebote individuell und passgenau für Betriebe der Industrie. Dazu müssen Sie betriebliche Anforderungen frühzeitig erkennen und berücksichtigen. Gleichzeitig müssen Sie die Betriebe für Ihre digitalen Ideen gewinnen. Wie gelingt Ihnen das?

Ralf Marohn: Voraussetzung sind enge Kundenbeziehungen, in der Kontinuität eine entscheidende Rolle spielt. Daher treffen wir uns einmal im Jahr mit den Betrieben und informieren darüber, was sich in der beruflichen Bildung sowohl auf der Bundesebene als auch in den Fachbereichen tut. Wir sprechen auch über Lernortkooperationen und nehmen dazu die Berufsschulen mit ins Boot. Bei ProMech-I schicken wir unser Ausbildungspersonal in die Betriebe. Sie sollen Wirtschaftsluft schnuppern und in der Praxis sehen, wo sich Ausbildungsinhalte in den Arbeitsprozessen wiederfinden. Gleichzeitig hören sie so auch von den Sorgen, Nöten und Wünschen der Ausbildungsbetriebe.

Bei neuen Ideen müssen wir die Betriebe von Anfang an mitnehmen und uns gleichzeitig auf sie einlassen. Dabei achten wir darauf, dass wir sie mit unseren digitalen Ideen nicht überfordern. Ebenso wichtig sind Angebote, die über die Projektlaufzeit bestehen, also nachhaltig sind. Da wir als saz seit über 30 Jahren Entwicklungen in der beruflichen Bildung aufgreifen, können wir entsprechende Angebote anbieten, z.B. Beratungsangebote oder auch Veranstaltungen.

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Augmented und Virtual Reality (VR) oder auch Simulationen – mit Ihrem Projekt sollen viele verschiedene digitale Technologien in die überbetrieblichen Ausbildungskurse für Mechatroniker/-innen integriert werden. Wie genau gehen Sie dabei vor?

Ralf Marohn: Zunächst wollen wir mit unserem Ausbildungspersonal VR praktisch ausprobieren und dann darüber sprechen, wo VR sinnvoll eingesetzt werden kann, welche Lernziele sich damit erreichen lassen und welche Lernsequenzen sich für VR eignen. Schließlich brauchen wir in der Lernanwendung verschiedene Level, um die berufliche Handlungskompetenz zu entwickeln. Bei diesem Prozess müssen wir auch die Ausbildungsbetriebe mitnehmen. Dazu werden wir ihnen den Prototyp vorstellen und ihn dann in einem Ausbildungskurs erproben. Der Auszubildende könnte mit VR zum Beispiel lernen, einen Schaltschrank normkonform in Betrieb zu nehmen. Das erfolgt auf Grundlage einer Checkliste. Diese könnte der Azubi in der virtuellen Realität mit einem Controller durchgehen. In der VR kann man außerdem Fehler einbauen, die der Auszubildende erkennen muss. Da VR künftig auch durch das Ausbildungspersonal selbst erstellt werden soll, werden wir sie in der Mediendidaktik qualifizieren.

Die Digitalisierung muss den Menschen etwas bringen.

Ralf Marohn

Um Lernprozesse zu begleiten, möchten wir außerdem unsere Lernplattform stärker in die Gestaltung der Verbundausbildung integrieren und so die Qualität optimieren. So ist derzeit geplant, eine digitale Lernstandsermittlung vor Beginn der Kurse durchzuführen, um festzustellen, wo wir die Auszubildenden abholen müssen, um das Lernziel optimaler erreichen zu können. Zur Vorbereitung des Kurses und zum Abbau von Lerndefiziten sollen Auszubildenden digitale Tools bereitstellt werden, mit denen sie sich fortentwickeln können. Dieser Ansatz bedarf einer Weiterentwicklung der Ausbildungskultur und muss durch die anderen Lernorte unterstützt werden.

Das wären zwei Beispiele. Generell kann ich sagen, dass wir digitale Medien dort einsetzen möchten, wo ein Mehrwert entsteht. Denn uns ist wichtig: Digitalisierung muss den Menschen etwas bringen und muss die Arbeit erleichtern. Mit der Digitalisierung die berufliche Bildung attraktiver zu gestalten, Auszubildende zu motivieren und die Lerneffizienz zu steigern ist der Dreiklang, den wir mit ProMech-I erreichen möchten.

Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung: Herzlichen Dank für das Interview.