Mit viel Geschick von der Rohhaut zum Leder
Der „Gerber“ wird zur „Fachkraft für Lederherstellung und Gerbereitechnik“
29/2015 | Bonn, 17.07.2015
Leder ist eines der ersten Materialien, die Menschen zu einer „zweiten Haut“ verarbeiteten. Heute sind Gegenstände aus Leder allgegenwärtig: Schuhe und Kleidung, Etuis, Taschen und Gürtel, Möbel, Pkw-Innenausstattungen, Sattelzeug oder Sportgeräte. Der Beruf für die Bearbeitung dieses hoch geschätzten Naturproduktes wandelt sich stetig, erhöhte Qualitäts- und Umweltanforderungen sind in der Ausbildung zu berücksichtigen. Daher wird aus dem Traditionsberuf „Gerber/Gerberin“ jetzt die „Fachkraft für Lederherstellung und Gerbereitechnik“.Gemeinsam mit den Sozialpartnern und Sachverständigen aus der betrieblichen Praxis hat das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) im Auftrag der Bundesregierung die dreijährige Berufsausbildung modernisiert. Die neue Ausbildungsordnung tritt zum 1. August in Kraft.
Die Lederherstellung ist ein aufwändiger und langwieriger Veredelungsprozess, bei dem die Tierhaut rund 40 Verarbeitungsstufen durchlaufen muss. Unterschieden wird je nach Einsatzgebiet zwischen Auto- und Möbelleder (Anteil: 70 %), Schuhleder (20 %) sowie Leder für Sattlerwaren, Bekleidung und Sportgeräte (10 %). Fachkräfte für Lederherstellung und Gerbereitechnik richten die Maschinen und Anlagen ein, bedienen sie und führen die verschiedenen Gerb-, Trocknungs- und Zurichtungsprozesse aus. Sie überwachen die Prozessabläufe und korrigieren sie bei Bedarf. Auch die Kontrolle zwischen den einzelnen Bearbeitungsstufen, die Sortierung und Endkontrolle ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit.
Die moderne Lederherstellung stellt höchste Ansprüche an Produktqualität und Nachhaltigkeit. Umwelt- und ressourcensparende Gerbverfahren kommen ebenso zur Anwendung wie ausnahmslos ökologisch und gesundheitlich unbedenkliche chemische Hilfsmittel. Auch dem Umgang mit Nebenprodukten wie Leimleder oder Geweberesten, die bei der Lederherstellung gewonnen werden, kommt eine besondere Bedeutung zu. Sie werden zu verschiedenen Produkten weiterverarbeitet wie beispielsweise zu Gelatine, Wurstdärmen oder Ummantelung für Tabletten.
Die neue Berufsbezeichnung „Fachkraft für Lederherstellung und Gerbereitechnik“ soll die ganze Bandbreite des Berufsbildes verdeutlichen. Die dreijährige Berufsausbildung absolvieren zurzeit bundesweit 39 Auszubildende, die Bundesfachklasse ist in Reutlingen beheimatet. Die moderne Lederindustrie bietet jungen Menschen, die einen sicheren Arbeitsplatz suchen, gute Einstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten, so zum Beispiel zum/zur Industriemeister/-in Fachrichtung Chemie mit der Zusatzqualifikation Ledertechnik. Die Fachkräfte sind in handwerklichen und industriellen Gerbereien, Lederzurichtbetrieben und Entwicklungsabteilungen der chemischen Hilfsmittelindustrie beschäftigt.
Die modernisierte Ausbildungsordnung und der darauf abgestimmte, von der Kultusministerkonferenz (KMK) für den schulischen Teil der dualen Ausbildung erarbeitete Rahmenlehrplan lösen die bestehende Verordnung aus dem Jahr 1981 ab.
Weitere Informationen im Internetangebot des BIBB unter www.bibb.de/neue-berufe
Bildmaterial steht unter www.bibb.de/pressefotos zur Verfügung.
Ansprechpartnerin im BIBB:
Christiane Reuter
Bei Abdruck Belegexemplar erbeten.